Protokoll der Sitzung vom 22.02.2012

(Beifall bei CDU und FDP)

(Rasmus Andresen)

Ich mache noch einmal den Versuch, Sie darum zu bitten, sich wirklich einmal die Zahlen anzusehen. Wenn man sich die Statistik der Jahre von 2011 bis 2020 ansieht - Sie kennen ja das, was die Kultusministerkonferenz beraten hat -, dann ist das in Tabellenform so einfach aufgegliedert, dass selbst Nichtfachpolitiker sofort erkennen können, wie die Lage in Deutschland ist. Das ist wirklich so.

Wenn Sie sich ansehen, wie sich die Zahlen bis 2020 in Schleswig-Holstein bewegen, dann bin ich mir sicher, in jedem anderen Landtag in der Bundesrepublik Deutschland wird die Regierung kritisiert und es wird gesagt: Schaut einmal nach Schleswig-Holstein, wie prognosesicher die die nächsten Zahlen hervorgesagt haben. SchleswigHolstein wird 6.000 Studierende mehr haben, als es ursprünglich im Jahr 2009 geplant war. Das ist so. Die zweitschlechteste Bilanz in dem Bereich hat Bremen mit der Hälfte der Studierenden mit 10.000 zusätzlichen Plätzen. Alle anderen haben deutlich schlechtere Prognoseleistungen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Robert Habeck?

Selbstverständlich.

Herr Kollege Günther, können Sie mir, wenn das alles so prognosesicher vorhergesagt wurde, erklären, warum die Pressesprecherin des CDU-Ministeriums dann von einer überraschenden Entwicklung gesprochen hat, als die Zahlen vorgelegt wurden? Das ist der eigentliche Grund der Aktuellen Stunde. Die Überraschung liegt doch auf Ihrer Seite. Wie können Sie sich hier hinstellen und sagen, das haben wir alles vorher gewusst, wenn das Ministerium genau das Gegenteil sagt?

- Das Ministerium sagt nicht das Gegenteil, sondern das Ministerium bezieht sich auf die Gesamtzahl der studierenden Anfänger bis zum Jahr 2020. Das sind bundesweit mehrere Hunderttausend Studierende zusätzlich, die untergebracht werden müssen.

Wenn Sie sich anschauen, aus welchen Bereichen sich das zusammensetzt, dann sehen Sie, dass das mitnichten durch Abschaffung oder durch Aussetzen der Wehrpflicht begründet ist, sondern es ganz andere Faktoren in dem Bereich gibt. Das sehen Sie

auch daran: In Schleswig-Holstein sind wir bis zum Jahr 2015 absolut prognosesicher. Im Jahr 2012 haben wir 400 Studierende weniger, als wir ursprünglich angenommen haben. Bis zum Jahre 2015 werden in Schleswig-Holstein nur 200 studierende Anfänger mehr sein, als es prognostisiert worden ist. Das heißt, wir reden über die Jahre 2016 bis 2020.

Herr Habeck, Sie beantragen hier eine Aktuelle Stunde und machen eine Dramatik, weil 2019 das einzige Jahr ist, wo es 1.700 studierende Anfänger mehr sein werden. Deswegen machen Sie hier heute eine Aktuelle Stunde. Es ist doch unglaublich, was Sie da gemacht haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich darf vielleicht, weil insbesondere BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hehre Ansprüche an das haben, was Bildung zu leisten hat, einmal darauf verweisen, welche Gründe in Wahrheit genannt werden, warum die Studierendenzahlen ansteigen werden. Es geht nicht um Wehrpflicht, was ich eben gesagt habe, sondern der wesentliche Teil derjenigen, die zusätzlich prognostiziert werden, liegt daran, dass sich das Verhalten derjenigen mit Hochschulzugangsberechtigung verändert. Wir werden in den nächsten Jahren mehr Studienanfänger haben, als wir ursprünglich erwartet haben. Das haben Sie uns immer hier vorgeworfen, indem Sie gesagt haben: Wir müssen das 40-%-Ziel erreichen. Jetzt merken wir deutschlandweit, dass diese Bereitschaft wächst, und wir müssen deswegen die Zahlen anpassen. Jetzt machen Sie an der Stelle einen solchen Popanz. Es ist doch völlig unglaubwürdig, was Sie an der Stelle durchführen,

(Beifall bei CDU und FDP)

wenn Sie mir erzählen wollen, dass es jetzt bedauerlich ist, dass viele beruflich Qualifizierte sich entscheiden, ein Hochschulstudium zu beginnen.

(Zuruf des Abgeordnetem Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Entschuldigung, Herr Andresen, das ist doch die logische Konsequenz. Dass jetzt diese Zahlen viel besser sind, als wir prognostiziert haben, ist doch eine erfreuliche Entwicklung, die es in dem Bereich gegeben hat. Da muss nachjustiert werden.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass man heute schon prognosesicher sagen kann, wie viele sich wirklich in acht Jahren in Deutschland mit bestimmten Qualifikationen für ein Hochschulstudium entscheiden.

(Daniel Günther)

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Die Grünen wollen uns das mit Sicherheit erzählen. Darum rankt es sich im Moment. Das muss nachjustiert werden.

(Zuruf des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

Deswegen werden im Übrigen Zielvereinbarungen auch immer für fünf Jahre geschlossen. Der Hochschulpakt läuft bis zum Jahr 2015, damit ab 2016 bis 2020 nachjustiert werden kann, weil wir heute nicht prognosesicher sagen können, wie viele Leute wirklich im Jahr 2019 anfangen.

Das, was Sie hier miteinander machen, ist aus meiner Sicht eine absolute Show. Deswegen haben ich das vorhin kritisiert, und dazu stehe ich auch. Ich glaube, wir sind auf einem sehr viel besseren Weg, als Sie es den Leuten weismachen wollen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort erteile ich jetzt dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich bei der Aktuellen Stunde anhört, was die Regierung hier zu sagen hat, dass Sie sich loben lassen von Ihren Koalitionären, Sie hätten die Bildungschancen verbessert, finde ich zwar das Urteil von Herrn Habeck ein bisschen hart, Herrn de Jager mit Herrn Klug zu vergleichen. Ganz so schlecht sind Sie nicht. Aber das, was Sie zu bieten haben, ist natürlich trotzdem sehr miserabel. Wenn man sich Ihre Bilanz einmal ansieht, Herr de Jager, kann man von Verbessern der Bildungschancen überhaupt nicht reden.

Ihre Großtaten waren: Erstens. Sie haben versucht, die Uni Lübeck abzuwickeln. Dann hat Ihnen die Bundeswissenschaftsministerin den - muss ich wohl so sagen - Allerwertesten gerettet. Dann versuchen Sie, groß vor der Wahl etwas mit einer Ehrendoktorwürde zu initiieren. Sie haben möglicherweise schnell genug gemerkt, dass das peinlich ist. Dass die schwarz-gelben Shirts in Lübeck keine Fanshirts für Schwarz-Gelb sind, sondern eine Protestbewegung gegen Ihre Politik, Herr Minister, war, das ist der Teil, den Sie zu verantworten haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das vergessen die Menschen übrigens auch nicht.

Zweitens. Uni Flensburg. Dort hieß „Bildungschancen verbessern“, das Ihnen die Wirtschaft dort ausgeholfen hat, dass sie das gerettet hat. Nicht etwa Sie haben dafür gesorgt, dass das in Flensburg vernünftig funktioniert.

Ihre dritte Großtat war, dass Sie das Leuchtturmprojekt von Herrn Carstensen und Herrn von Beust in Kiel abgewickelt haben. Sie sind froh, dass Sie das nicht mit „Miesen“ tun.

Das Vierte finde ich am deprimierendsten, Herr Minister. Sie sind der Spitzenkandidat der Union in Schleswig-Holstein, und Sie erzählen den Menschen etwas über Bildungsfinanzierung und bessere Bildungschancen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wo bleibt eigentlich die Unterstützung der Union für Ihren Antrag, das Kooperationsverbot abzuschaffen? Wo kommt eigentlich die Mehrheit her? Bekommen Sie eine Mehrheit im Bundesrat oder nicht? Die SPD ist dabei. Mit einer Zweidrittelmehrheit sind wir dabei. Ich habe nicht gehört, dass Ihre bayerischen Parteifreunde dort mitmachen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist wirklich deprimierend.

Wenn Sie dann auch noch einen Sprecher haben, der sich so intelligent öffentlich zum SSW äußert und andere Dinge hier erzählt, dann, muss ich sagen, ist es schon relativ schwach, was Sie hier zu bieten haben. Sie haben Glück, dass wir noch in der Aufwärmphase sind und Sie heute noch nicht richtig gefordert haben. Aber das wird noch kommen, Herr Minister. Ihre Bildungsbilanz ist jedenfalls sehr bescheiden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Wolf- gang Kubicki [FDP])

Zu einem weiteren Wortbeitrag erteile Frau Kollegin Anke Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erste Bemerkung! Der alte Spruch von Winston Churchill, dass man nur der Statistik glauben soll, die man selbst gefälscht hat, trifft wieder einmal zu.

(Daniel Günther)

Von daher haben wir jetzt noch einmal bestätigt bekommen, dass die steigenden Zahlen bei den Studierenden so und so diskutiert werden und sich auch so und so erklären lassen. Das Gleiche gilt auch, wenn es um den Einsatz von mehr Haushaltsmitteln im Hochschulbereich geht.

Ich finde, es ist gut, dass Herr Kollege Andresen noch einmal deutlich gesagt hat, was hinter diesen Zahlen steckt. Dass man sich mit fremden Federn schmückt, das - denke ich - sollte noch einmal deutlich gemacht werden.

Richtig ist, dass die Hochschulpolitik unseres Landes bisher eher wie ein Herumstochern ausgesehen hat. Die Landesregierung stochert mal da und mal da herum und verkauft es, als hätte man schon alles von vornherein so geplant.

Ich nenne noch einmal Lübeck. Zu sagen, die Demonstrationen haben auch bewirkt, dass der Bund jetzt eingestiegen ist, das ist wirklich hanebüchen gewesen und ist etwas, was auf dem Rücken der jungen Leute ausgetragen wurde. Das kann nicht angehen.

(Beifall bei SSW, SPD und der LINKEN)

Das Gleiche gilt natürlich für Flensburg. Die Landesregierung hat sich noch nicht einmal eindeutig zu dem Modell zur Rettung der Flensburger Universität bekannt. Es hat hier im Landtag eine Diskussion gegeben, in der man gesagt hat: „Okay, das nehmen wir erst mal hin, und dann gucken wir weiter.“ Das heißt, man hat nicht den Hut aufgesetzt und hat nicht gesagt: „Für dieses Konzept treten auch wir ein.“ Das fehlt immer noch. Auch das darf man nicht vergessen. Wir werden uns im Laufe dieser Landtagstagung, nicht heute, aber dann in den nächsten Tagen, noch mehr mit Hochschulthemen beschäftigen, mit den Medizinstudienplätzen, und wir werden auch einen ganz niedlichen Berichtsantrag diskutieren, in dem dann die regierungstragenden Fraktionen sagen: „Liebe Landesregierung, trifft es nicht zu, dass das Konzept der CAU und der Uni Lübeck eigentlich das ist, was uns weiterhilft?“ Also, wenn das nicht eine bestellte Arbeit ist, dann weiß ich nicht, wie man das sonst nennen soll.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Lieber Kollege Kubicki, gucken Sie sich die Formulierung des Antrags noch einmal an! Reizend, kann ich sagen, niedlich.