Protokoll der Sitzung vom 22.02.2012

einmal eine Zusage für 1.263 neue Studienplätze gegeben.

(Heike Franzen [CDU]: Sehr gut!)

Jetzt gibt es nach dem KMK-Bericht, der Auslöser des Zeitungsberichts war - wenn er denn der Auslöser war -, ab 2015 einen zusätzlichen Bedarf von 400, 800 und 900 Studierenden - davon abgesehen, dass die Situation für die Studierenden an den Hochschulen des Landes schon jetzt angespannt ist, um es milde auszudrücken.

2.000 Studierende mehr in gut drei Jahren sind erstens eine gute Nachricht, zweitens sicherlich keine geringe Herausforderung für ein kleines Land wie Schleswig-Holstein und drittens sicherlich auch kein Grund, Panik zu schieben, wie es das Ministerium jetzt zu tun scheint. Es ist ein lösbares Problem, wenn man aufhört, zu lavieren, sich treiben zu lassen, auszusitzen und dann überrascht zu tun.

Es war falsch und nochmals falsch, dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz und seinen Steuerausfällen zuzustimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Es war falsch, die Grunderwerbsteuer nicht schon früher zu erhöhen, wie es von uns im Zusammenhang mit neuen Studienplätzen gefordert wurde,

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

oder eine Änderung des Finanzierungsschlüssels für Forschungseinrichtungen nicht anzugehen. Nichts davon haben Sie unternommen.

Dass wir die Ankündigung, das Kooperationsverbot zu kippen, begrüßen, ist logisch; es war ja letztlich unser Antrag. Er wurde im Übrigen im Dezember 2010 mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen. Wenn ein Minister über ein Jahr braucht, um einen Antrag auf den Weg zu bringen, und sich dann dafür in der Zeitung feiern lässt, dann trapst die Nachtigall.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Herr Minister de Jager, Sie haben in den zweieinhalb Jahren als Wissenschaftsminister den Hochschulen Verdruss für eine volle Legislatur bereitet. Planungssicherheit, Perspektive, überhaupt Sicherheit konnten die Hochschulen nicht erwarten. Was Minister Klug den Schulen, sind Sie den Hochschulen.

(Dr. Robert Habeck)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Daniel Günther das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum wiederholten Male - ich habe die Reden der letzten Landtagssitzungen mitgebracht - unterhalten wir uns über das Thema Hochschulfinanzierung, immer wieder aus derselben Ecke beantragt. Immer, wenn irgendetwas in der Zeitung steht, irgendein Artikel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gelesen wird, wird das Thema in den Landtag gezogen. Das ist aus meiner Sicht Politik nach Presselage und hat überhaupt nichts mit langfristiger Politik zu tun, die Sie ja von der Regierung einfordern.

Wenn wir auf Sie hören würden, wenn irgendwo einmal ein dramatischer Artikel in der Zeitung steht, und wir Ihren Anträgen folgen würden, wie vor drei Monaten, als wir hier zusammensaßen und Sie einen Antrag zum Thema Wohnraumförderung eingebracht und von „dramatischer Situation an den Hochschulen“ gesprochen haben, hätten wir mit Millioneninvestitionen staatliche Förderprogramme in die Welt gesetzt, um dieses Problem zu lösen.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Wahrheit ist: Drei Monate später lesen wir in den Zeitungen, dass die Hochschulen das Problem selbst gelöst haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Deswegen war es richtig, dass wir uns von Ihnen nicht haben in die Irre führen lassen.

Diese Koalition von CDU und FDP ist die Koalition der Bildungsinvestitionen im Hochschulbereich.

(Beifall bei CDU und FDP - Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich mache dem Kollegen Habeck keinen Vorwurf; er ist kein Hochschulexperte, aber er hat Leute in der Fraktion, die etwas davon verstehen. Anstatt sich mit den tatsächlichen Zahlen zu beschäftigen, beziehen Sie sich nur auf Artikel, die Sie in der Zeitung gelesen haben. In den Haushaltsjahren 2011/2012 steigen die Landesmittel für die Hochschulen von 409 Millionen auf 427 Millionen €.

2009 bis 2012 - das ist der Zeitraum, für den diese Landesregierung Verantwortung trägt - sind die Landeszuschüsse für die Forschungsinstitute von 23 Millionen auf 30 Millionen € angehoben worden, für die Hochschulen von 254 Millionen auf 269 Millionen €, für den Forschungsbereich insgesamt von 63 Millionen auf 70 Millionen €. Trotz der schwierigen Haushaltslage haben wir einen Schwerpunkt bei der Bildung, bei den Hochschulen gesetzt. Ich halte das für eine richtige Maßnahme, die wir getroffen haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn Sie uns nicht daran hindern, wird das auch in den nächsten Jahren so weitergehen. Denn es ist geplant, dass in Lübeck - das haben Sie eben angesprochen - 2013 das Fraunhofer Institut errichtet wird. Das kostet das Land 43,5 Millionen €, die wir gern investieren, weil uns die Hochschulen am Herzen liegen.

Im Wesentlichen müssen wir uns heute über drei Punkte unterhalten. Der erste, den ich als Hintergrund dafür vermutet habe, dass Sie das heute auf die Tagesordnung nehmen wollten, ist die erfolgreiche Bundesratsinitiative unseres Wissenschaftsministers, in der es darum geht, die Hochschulfinanzierung neu zu regeln.

Herr Habeck, seien Sie bitte ehrlich, auch Sie haben vor dem Hintergrund der ganzen Diskussion, bei der wir wissen, dass es im Schulbereich erhebliche Widerstände von einigen Bundesländern geben wird, nicht damit gerechnet, dass das ohne Weiteres möglich wird. Dass sich doch viel mehr Bundesländer zum Hochschulbereich bekannt haben, dass parallel die Bundesbildungsministerin eine Erklärung abgegeben und für den Bund gesagt hat: „Ja, die Initiative aus Schleswig-Holstein ist richtig; es ist falsch gewesen, dass wir als Bund in die Hochschule nicht investieren können, gut, dass Schleswig-Holstein das macht!“, ist goldrichtig. Sie reden immer nur über Initiativen, wir ergreifen sie auch.

(Beifall bei CDU und FDP)

Beim Thema Hochschulfinanzierung müssen wir uns sicherlich auch über das Urteil zur W-Besoldung unterhalten. Denn das hat nicht nur Auswirkungen auf Hessen, sondern es wird auch Auswirkungen auf Schleswig-Holstein haben. Wir haben mit einer Veränderung des Besoldungsrechts einige der vom Urteil kritisierten Tatbestände, insbesondere was die Anrechenfähigkeit für das Ruhegehalt angeht, schon aus der Welt geschafft. Aber es sind weitere Regelungen notwendig, die in der nächsten Wahlperiode beschlossen werden müssen. Es wird

(Dr. Robert Habeck)

zu einer Anhebung des Grundgehalts kommen müssen. Bei unserer finanziellen Haushaltslage werden wir darüber debattieren müssen, ob die Leistungszulagen, die ja nicht auf einer gesetzlichen Grundlage, sondern auf der Grundlage einer Verordnung gewährt werden, in Zukunft in dieser Höhe noch fließen können. Wenn man das ausrechnet und wir das Gehalt so anpassen, wie das vom Gericht gefordert wird, kostet das das Land Schleswig-Holstein etwa 4 Millionen €. Das werden wir uns in den nächsten Jahren nicht leisten können. Um aber weiterhin Leistungszulagen zahlen zu können, werden wir uns darüber unterhalten müssen, wie wir das anpassen.

Der letzte Punkt - ich vermute, das war dann der wirkliche Aufschrei, der Sie dazu getrieben hat, sich heute über dieses Thema zu unterhalten - ist die Prognose der Studierendenzahlen. Da frage ich mich ganz ehrlich: Haben Sie den Bericht eigentlich gelesen? Das Drama, das Sie hier in Schleswig-Holstein veranstalten, hätte man in NRW veranstalten müssen, dort, wo Rot-Grün regiert. Da hätte man das machen können.

(Beifall bei CDU und FDP - Glocke des Prä- sidenten)

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Von 2011 bis 2015 haben wir in Schleswig-Holstein 200 Studienplätze mehr als prognostiziert, in Nordrhein-Westfalen sind es 66.000 Studienplätze. Wir haben mit unserer Prognose richtig gelegen. Von daher ist die Kritik, die Sie hier äußern, völlig ungerechtfertigt. Wir befinden uns auf einem guten Weg, und wir werden die zusätzlichen Studienplätze auch in den Jahren 2015 bis 2020 zur Verfügung stellen. Da können sich die Menschen auf die CDU verlassen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Martin Habersaat.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war ja in Ansätzen tatsächlich gerade Aschermittwoch. Diese Koalition als die „Koalition der Investitionen

in Bildung“ zu beschreiben, diese Idee hatten Sie ja bisher nicht einmal selbst. Dazu kam der Applaus auch entsprechend spärlich. Fragen Sie doch einmal in Flensburg oder in Lübeck oder in den Schulen nach, ob man das, was hier passiert ist, als die Koalition der Investitionen in Bildung wahrgenommen hat.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben aus meiner Sicht vier Themenblöcke, über die wir heute Vormittag sprechen müssen. Das eine ist tatsächlich die Frage der steigenden Zahl der Studierenden. An der Entwicklung ist in der Tat wenig Überraschendes. Es gibt die Doppeljahrgänge an den Schulen. Da war von vornherein absehbar, wann das für welches Bundesland aktuell wird. Schleswig-Holstein wird 2016 mit einem Doppeljahrgang dran sein. Das ist relativ planbar und kam erwartet.

Wir haben als Zweites den Bereich der abgeschafften Wehrpflicht. Da hatten wir mit Herrn von Guttenberg einen Bundesminister, der tatsächlich relativ unerwartet und schnell tätig geworden ist, als er noch tätig werden durfte. Das musste kurzfristig eingeplant werden. Da würde ich auch zugestehen, dass man in der Kürze der Zeit vielleicht nicht alles optimal vorbereiten konnte.

Drittens haben wir einen Bereich, den wir nicht unter der Überschrift „Studierendenschwemme“ oder einem ähnlich negativ belegten Wort diskutieren sollten, denn das ist einer, über den wir uns freuen sollten. Wir haben mehr junge Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung, die auch studieren wollen. Das ist ein Grund zur Freude und eine Chance für unser Land.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das liegt einerseits daran - wir haben es gehört -, dass sich mehr Abiturienten dafür entscheiden zu studieren. Das liegt aber auch daran, dass wir die Zugänge für Menschen mit einer beruflichen Ausbildung zu den Hochschulen erleichtert haben. Das ist durchaus positiv. Jährlich 100 bis 1.700 Plätze zusätzlich werden wir schaffen müssen. Daran sollten wir arbeiten.

Der zweite Bereich, über den wir heute sprechen müssen, ist der, der die Professoren betrifft. Das könnte man möglicherweise auch mit der Überschrift „weniger Professoren“ beschreiben. Wenn wir feststellen, dass eine Summe X im Topf ist, die für die Professoren für das Land zur Verfügung

(Daniel Günther)

steht, diese zukünftig aber mehr Geld bekommen müssen, besteht die Gefahr, dass man das in diese Richtung löst. Die andere Variante wäre, von den Leistungszulagen abzugehen und die Grundgehälter zu erhöhen. Dann müssten wir mit unseren Hochschulen sprechen, ob sie damit dann noch die besten Leute bekommen können. Es gibt Aussagen einiger Hochschulen, die sagen, das werde dann nicht mehr gehen, weil man nicht mehr bestimmte Spitzenkräfte locken kann.

Das ist ein Bereich, auf den wir in Schleswig-Holstein nur bedingt Einfluss ausüben können. Ich würde mich freuen, wenn wir bundesweit zu einer einheitlichen Lösung kommen könnten, damit wir nicht im Hochschulbereich in einen föderalistischen Wettbewerb kommen, der dazu führt, dass Länder mit einem schwächeren Haushalt zwangsweise auch die mit schwächeren Universitäten werden.