Ich möchte, dass allen in der Tierhaltung Beschäftigten, die Verantwortung für Tiere tragen, ein Sachkundenachweis abverlangt wird, weil sie es sind, die bei Bedarf schnell die richtigen Entscheidungen treffen müssen und sollen.
Wir wollen natürlich mit unseren Forderungen die ganze Branche nicht benachteiligen oder in eine Absatz- oder Einkommenskrise führen. Deshalb halten wir Vermarktungsprogramme für notwendig, um Verbraucherinnen und Verbraucher mit dem Konzept „möglichst tiergerecht“ vertraut zu machen und deren Kaufgewohnheiten zu beeinflussen.
Die Einführung zum Beispiel einer Produktkennzeichnung nach dem Vorbild des zweistufigen Labels, das der Tierschutzbund entwickelt hat, stellt eine absolut geeignete Maßnahme da, Absätze und Preise zu stabilisieren, und kann darüber hinaus für Schleswig-Holstein die Chance eröffnen, bundesweit oder sogar europaweit eine Vorbildfunktion in Sachen artgerechter Tierhaltung einzunehmen. Das würde ich mir wünschen.
Ich beantrage, die Anträge in den zuständigen Ausschuss zu überweisen, weil sich der Antrag der Grünen und unser Antrag in keiner Weise widersprechen, sondern eher ergänzen. Ich glaube, dass wir im Ausschuss einen vernünftigen gemeinsamen Antrag hinbekommen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Voß, meine Rede, die ich vorgeschrieben habe, ist mal wieder Makulatur. Das habe ich mir schon gedacht.
Ich beginne daher mit Ausführungen zu Ihren Anträgen. Auch die Fraktion DIE LINKE hat Anträge gestellt, deren Inhalte nicht alle von der Hand zu weisen sind. Hierauf werde ich in Kürze eingehen.
Ich freue mich, dass wir endlich ein Nachschlagewerk für alle haben, Frau Ministerin, die im Bereich Tierhaltung, Nutztierhaltung in SchleswigHolstein Fakten, Daten, Zahlen brauchen. Ich als agrarpolitischer Sprecher der CDU-Faktion bin stolz darauf, was die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein geleistet hat.
Das hat nichts damit zu tun, Herr Voß, dass ich irgendwann einmal gesagt habe, es gibt bestimmte Bereiche, in denen die Preise nicht so sind, wie sich die Erzeuger das manchmal vorstellen. Es hat sich etwas getan, selbst nach der letzten Debatte um Antibiotika in der Tierhaltung, besonders in der Hähnchenmast. Die neuesten Meldungen von gestern besagen: 15 ct pro Hähnchen mehr für Programme, die auf Tierwohl abzielen. Das ist ein erster Schritt. Aber man kann sehen, dass es Bewegung in der Gesellschaft gibt. Und es sind nicht nur Leute wie diejenigen, die gestern vor dem Landeshaus waren, sondern es gibt auch andere, die anders denken. Der Handel und der Verbraucher haben zum Glück Einfluss und nehmen ihn auch wahr. Insofern geht es in die richtige Richtung. Deswegen bin ich glücklich und auch stolz auf die Landwirte in Schleswig-Holstein, weil sie den Strukturwandel mitgestalten und überlebt haben.
Wenn Sie bedenken, dass im produzierenden Gewerbe in Schleswig-Holstein die Landwirtschaft nach den Bereichen Nahrungsmitteln, Genuss, Chemie und Maschinenbau mit 3,2 Milliarden € in der Wertschöpfung unwahrscheinlich viel dazu beiträgt, dass es uns allen und damit natürlich auch den ländlichen Räumen so gut geht, kann man durchaus sagen, dass wir darauf stolz sind.
Wir haben 30 Jahre Politik gemacht von der Überschusspolitik, Subventionitis hin zu einem Markt, der internationalisiert auch die Bauern in Schleswig-Holstein fordert. Die haben es geschafft, diese Aufgabe so anzupacken, dass sie wettbewerbsfähig sind.
Wir sprechen von Landwirtschaft. Landwirtschaft hat natürlich etwas mit Land und mit Wirtschaft zu tun. Die Bauern entscheiden betriebswirtschaftlich. Das ist oberste Maxime. Anschließend kommt alles das, was über Generationen mit auf die Fahnen geschrieben wurde. Das kennen Sie. Nachhaltigkeit ist oberste Maxime, oberstes Gebot. Ich versuche, im Einzelnen darauf einzugehen.
Der Strukturwandel ist angepasst. Wir wissen, dass es Probleme gibt. Es gibt Nachbarn, die nicht damit leben wollen, dass sie zukünftig neben einer großen Hähnchenmastanlage, einem großen Kuhstall oder einem Schweinestall wohnen müssen.
Und wir wissen auch, dass wir im Baurecht den Kommunen mehr Gestaltungsmöglichkeiten geben müssen. Die haben sie bereits jetzt. Sie können auch jetzt überplanen und Sonderausweisungen von Gebieten vornehmen. Aber wir wissen, dass wir an den § 35 für gewerbliche Bauten heranmüssen. Das hat bereits die Ministerin dargestellt. Wir wollen also eine Begrenzung für diejenigen, die nicht genügend Fläche für gewerbliche Tierhaltung haben. Gewisse Größengrenzen sind an Umweltverträglichkeitsprüfungen festgemacht. 500 Großvieheinheiten für einen landwirtschaftlichen Betrieb ist heute keine industrielle Massentierhaltung mehr, sondern Standard. Wir werden mit der Zukunft gehen und versuchen, über Innovation und Fortschritt eine bessere Belüftung, Entlüftung für das Tierwohl zu erreichen.
Wir wissen, dass es im Tierschutz auch Problemfälle gibt. Wir wissen, dass wir dort heranmüssen. Wir müssen ran an die Problematik Ferkelkastration ohne Betäubung. Wir müssen ran an das Problem der Kälberenthornung. Das müssen wir aber sowohl im Biobereich als auch im konventionellen Bereich. Dieser Aufgabe stellen wir uns natürlich offensiv. Wir werden - das finde ich gut - nicht nur über die Landesregierung, sondern auch über den Bund mittels großer Forschungsprojekte offensiv damit umgehen.
Wir sind also auf dem richtigen Weg. Sie wissen, die Probleme bei den Kühen sind relativ geringfügig. In der Rinderhaltung gibt es dreimal das „L“. Der Kuh geht es nur gut, wenn sie dreimal das „L“
bekommt, nämlich Licht, Luft und Liebe. Eine Kuh gibt nur Milch, wenn sie einmal im Jahr ein Kalb bekommt, deswegen die Liebe. Bei den Schweinen ist es schwieriger. Auch die Probleme bei den Hähnchen kennen wir alle. Aber wir sind dort dran. Wir dürfen die Augen davor nicht verschließen.
Derzeit stellt sich die Frage, warum die Eier vor Ostern doppelt so teuer sind. Auf europäischer Ebene wird umgesetzt, dass die Eier aus Käfighaltung in der EU nicht mehr exportiert werden dürfen. Das ist genau der richtige Weg. Da haben der Bürger und auch die Politik mit entschieden. Ich hoffe, dass das auch auf das Tierwohl, auf die Stallbauten durchschlägt. Hier müssen wir alle offensiv an einem Strang ziehen. Dann werden wir für unsere Landwirtschaft in Schleswig-Holstein den richtigen Weg finden.
Ich bin froh, dass wir zumindest bei uns in der Koalition einer Meinung sind. Ich vertrete die Meinung der Landwirtschaft. Das kommt von „Land“ und von „Wirtschaft“. Für dieses Ziel werde ich vehement weiterkämpfen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Debatte werden die Unterschiede zwischen den Regierungsfraktionen und den Oppositionsfraktionen sehr deutlich, was die weitere Entwicklung der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein betrifft.
Das ist für mich in erster Linie keine Systemfrage, sondern es geht darum, sowohl im Bereich der konventionellen Landwirtschaft als auch im Bereich der Ökolandwirtschaft Entwicklungsmöglichkeiten in Schleswig-Holstein zu schaffen, um diesen Wirtschaftszweig zu stärken, damit dieser am Markt teilnehmen kann. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen, dass es in Zukunft wieder eine Beibehaltungsförderung für Ökobetriebe gibt.
Die Intensivtierhaltung führt in vielen Bundesländern zunehmend zu Problemen. Intensivtierhaltungsanlagen mit industriellen Produktionsweisen
verdrängen die bäuerliche Landwirtschaft und die regionalen Wirtschaftskreisläufe. Diese Anlagen führen zu einem Strukturwandel im ländlichen Raum, neue Transportwege werden benötigt, Staubund Keimimmissionen treten verstärkt auf.
Viele Kommunen - das geht durch das ganze Land; das Neueste ist für mich die Gemeinde Wees fürchten um die Attraktivität ihrer ländlichen Räume für andere Ansiedlungen oder als Erholungsgebiete. Bürgerinnen und Bürger vor Ort engagieren sich gegen diese Entwicklung, nicht nur in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen, sondern zunehmend auch in Schleswig-Holstein. In Niedersachsen haben wir inzwischen das Problem, dass die dort vorhandene Güllemenge nicht mehr auf den Äckern ausgebracht werden kann. Da gibt es einen Überschuss. Auch das ist eine Folge der Landwirtschaft.
Der von der Landesregierung vorgelegte Bericht zur landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, für den ich mich im Namen der SPD-Fraktion bedanke, zeigt die Handlungsfelder für die Landespolitik deutlich auf, und zwar auch für die nächste Legislaturperiode.
Auf viele Bereiche des Berichtes werde ich aus Zeitgründen nicht eingehen, zum Beispiel den Antibiotika-Einsatz oder die Tiergesundheit. Ich hoffe nur, Frau Ministerin, dass die vorgelegten Zahlen aus der Agrarstatistik stammen. Es darf nicht so sein wie in Niedersachsen, wo es bezüglich der Tierseuchenkasse erheblich höhere Zahlen gibt. Aber darauf können wir sicherlich im Rahmen der Ausschussberatung eingehen.
In dem Ursprungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der zu diesem Bericht geführt hat, geht es um die negativen Auswirkungen der Privilegierung für landwirtschaftliche Gebäude nach § 35 Bundesbaugesetzbuch. Hier will ich ansetzen und einiges dazu sagen. Denn wenn man die von mir eingangs skizzierte Entwicklung stoppen will, dann muss man hier ran.
Es reicht aus meiner Sicht nicht aus, künftig die Privilegierung großer gewerblicher Tierhaltungsanlagen im Außenbereich zu begrenzen und sie an die Aufstellung eines Bebauungsplanes zu knüpfen. Derzeit sind Intensivtierhaltungsanlagen nicht nur durch den § 35 privilegiert, sondern auch durch unzureichende immissionsschutzrechtliche Vorschriften.
Derzeit sind Intensivtierhaltungsanlagen nicht nur durch den § 35 BauGB privilegiert, sondern auch durch umfangreiche immissionsschutzrechtliche
Vorschriften. Die in der 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung genannten Bestandsobergrenzen sind zu überprüfen - Herr Voß hat auch darauf hingewiesen - und aus meiner Sicht nach unten zu verändern. Konkret heißt das: Genehmigungsverfahren mit und ohne Öffentlichkeitsbeteiligung schon bei weniger Tieren, und wenn es nach meiner grundsätzlichen Auffassung, was Kommunalpolitik betrifft, geht, immer mit Öffentlichkeitsbeteiligung.
Generell gilt nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, dass der „Stand der Technik“ immer eingehalten werden muss, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Technische Anleitung Luft ist zu überarbeiten und so zu verändern, dass Tierhaltungsanlagen mit wirksamen und geeigneten Abluftreinigungsanlagen ausgestattet sind. Ziel muss es sein, neben Staub und Gerüchen gleichzeitig die Immission von Bioaerosolen zu mindern.
Wichtig ist auch, dass bei den Genehmigungsverfahren für den Bau von Intensivtierhaltungsanlagen ein schlagspezifischer Flächennachweis für eine ordnungsgemäße Verwertung von Wirtschaftsdünger erbracht werden muss. Dann haben wir die Probleme nicht, die es in Niedersachsen gibt. Das sollte uns Warnung genug sein. Der Druck auf Schleswig-Holstein wird zunehmen, weil in Niedersachsen und in Brandenburg vieles schon nicht mehr geht.
Ursprünglich wollte der Gesetzgeber durch die Ausnahmeregelung im Baugesetzbuch die Entwicklungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Betriebe unterstützen. Dieses muss aus Sicht der SPD-Fraktion auch in Zukunft möglich sein. Dafür brauchen wir aber eine Präzisierung der Definition des Begriffes der Landwirtschaft in § 201 Baugesetzbuch. Die bisherige Definition, dass der Betrieb das benötigte Futter zu mehr als 50 % auf betrieblichen Flächen erzeugen kann, hat die von mir kritisierte Entwicklung nicht verhindern können. Frau Ministerin, die Privilegierung unabhängig von der Tierzahl, wie im Bericht dargestellt, halte ich für falsch.
Aus meiner Sicht müssen bei der Neufassung des § 201 Baugesetzbuch auch tierschutzrechtliche Belange, artgerechte Tierhaltung, mit einfließen.
Bei den Intensivtierhaltungsanlagen sind durch eine Neufassung des § 35 Baugesetzbuch den Kommunen praktisch wirksame, effektiv handhabbare planungsrechtliche Möglichkeiten zur Steuerung und
nun kommt es - auch zum Ausschluss von Intensivtierhaltungsanlagen zu geben, wenn es örtlich nicht mehr verträglich ist.