Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

(Anita Klahn)

Schulplätze hat die FDP dafür gesorgt, dass die Altenpflegehilfeausbildung weiterentwickelt wird, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Es ist ein verbesserter Seiteneinstieg möglich, und auch die Ausbildungszeit wurde dem Bundesschnitt entsprechend angepasst und verkürzt. Ebenso haben wir dafür gesorgt, dass die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften erleichtert wird.

Es bleibt aber auch die Aufgabe der Unternehmen, durch die Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen selbst etwas gegen den Fachkräftemangel zu unternehmen. Entsprechende Unterstützung gibt es durch Sozialminister Dr. Garg, durch die Initiative Zukunftsbranche Altenpflege gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und den Trägerverbänden, durch die Initiierung des Runden Tisches Pflege im Rahmen des Bündnisses für Fachkräfte sowie durch eine Informationsoffensive für Auszubildende. Auch wurde durch Minister Dr. Garg das bundesweit sehr beachtete Pflegeportal „Wege zur Pflege“ initialisiert.

Der gestern vom MDK veröffentlichte Qualitätsbericht der Pflege zeigt Licht und Schatten. Es gibt erfreuliche Entwicklungen, er beschreibt aber auch, wo es noch nicht so gut läuft.

Mit den von uns in Bund und Land angestoßenen Reformen befinden wir uns auf dem richtigen Weg. Wir machen Politik für Menschen, und wir schaffen Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben, auch in der Pflegesituation.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Dr. Marret Bohn das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut so heißt es. Das ist längst nicht immer so. Bei der Pflege ist es leider nicht so. 2011 sollte das Jahr der Pflege werden. Das fiel aus, weil die FDP nicht in die Puschen kam. Jetzt wird ein neuer Anlauf unternommen, und die Fachwelt schüttelt den Kopf.

Es ist schon jetzt absehbar, dass die Planungen ein Tropfen auf den heißen Stein sein werden. Wieder kein Jahr der Pflege. Schade! Dabei sollte aufgrund des Drucks durch den demografischen Wandel jedes Jahr ein Jahr für Gesundheit und Pflege sein.

Bei der Situation der Pflege in Schleswig-Holstein sind wir uns einig. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt. Derzeit sind es 80.000, im Jahr 2020 werden es etwa 100.000 sein. Das sind keine zehn Jahre mehr. Aber schon heute fehlen uns die Fachkräfte. Wir müssen handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen. So, wie jetzt, kann es nicht weitergehen.

Unseren Antrag „Bessere Anerkennung und Rahmenbedingungen in der Pflege“ ohne Alternative abzulehnen, ist für mich kein Zeichen von Handlungskompetenz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Unseren gemeinsamen Antrag „Demenzplan für Schleswig-Holstein erstellen“ ebenfalls abzulehnen zugunsten „einer regional organisierten Pflegeinfrastruktur“, ist ebenso wenig ein Zeichen dafür, dass Sie entschlossen handeln. Schade, denn genau das haben Sie selbst in Oppositionszeiten gefordert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich frage mich, wozu wir eine breit angelegte Expertenanhörung durchgeführt haben. Am Ende werden alle Stellungnahmen in den Wind geschlagen. CDU und FDP machen das, was sie sowieso gefordert haben. Die Experten haben wir gehört, aber auf sie hören tun Sie nicht. Sehr schade!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Den Pflegebedürftigen und den Pflegenden in Schleswig-Holstein ist damit nicht geholfen. Für Pflegebedürftige ist eine menschenwürdige Pflege Grundlage für eine gute Lebensqualität. In der professionellen Pflege herrscht Fachkräftemangel. Diese Situation wird sich absehbar weiter verschärfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen mehr Anerkennung und bessere Rahmenbedingungen für die Pflege.

Wir Grüne wollen mehr Ausbildungsplätze in der Altenpflege. Wir wollen eine Ausbildungsumlage in der Altenpflege. Es ist schön, dass das verbal begrüßt wird, dass das aber nicht umgesetzt wird, ist sehr schade, Herr Minister.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Kommen wir zum nächsten Punkt unseres Antrags! Liebe Kollegin Sassen, ich freue mich, dass Sie auch in der nächsten Konstellation hier im Landtag über eine Pflegekammer sprechen wollen. Schade,

(Anita Klahn)

dass Sie nicht zustimmen konnten. Denn wenn Sie sich die Protokolle unserer Anhörung im Sozialausschuss angesehen hätten,

(Ursula Sassen [CDU]: Habe ich!)

hätten Sie gesehen, wie positiv die Stellungnahmen gewesen sind. Auch da wird den Leuten in der Pflege verbal gesagt, eigentlich wäre das ja ganz schön, aber gehandelt wird auch in diesem Punkt nicht. Schade, schade, schade!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Des Weiteren fordern wir in unserem Antrag die Aufnahme des Pflegerats in den Landespflegeausschuss. Wir fordern die Einführung eines Landespflegeberichts, damit der Landtag regelmäßig über den aktuellen Stand informiert wird und daraus Handlungsschlüsse abgeleitet werden können.

Wir Grüne wollen, dass die Pflege eine eigene Stimme bekommt. Wir wollen, dass die Entwicklung in diese Richtung weitergeht. Wir halten es für ein demokratisches Grundrecht, dass sich die Pflege selbst vertritt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Grüne begrüßen ausdrücklich den geforderten Demenzplan, zu dem der SSW einen Antrag eingebracht hat. Wer dement ist, braucht Hilfe im nahen Umfeld, unabhängig vom Wohnort, und braucht eine integrierte Planung. CDU und FPD schieben die Verantwortung in ihrem Antrag ab auf die regionale Sozialraumplanung und die Bundesebene. Das ist schlichtweg falsch und wird nicht funktionieren.

Wir Grüne wollen, dass das Land mehr koordiniert und gemeinsam mit den Kommunen die Umsetzung des Demenzplans in der nächsten Legislaturperiode vorantreibt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich appelliere an Ihre Verantwortung: Stimmen Sie für einen Landesdemenzplan, und stimmen Sie für bessere Rahmenbedingungen in der Pflege! Es ist noch nicht zu spät.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Antje Jansen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorgestern hat der Deutsche Ethikrat seine Stellungnahme „Demenz und Selbstbestimmung“ veröffentlicht. Zu Recht sieht der Ethikrat in der Demenz eine der großen gesundheits- und sozialpolitischen Herausforderungen der Gegenwart. Die individuellen, sozialen und politischen Probleme im Zusammenhang mit der Demenz wachsen. Es besteht Handlungsbedarf in allen Bereichen: in der Gestaltung, in der Ausstattung, in der Finanzierung und in der Koordinierung. Der Ethikrat bekräftigt die Notwendigkeit eines Nationalen Aktionsplans Demenz, aber wohlgemerkt „neben regionalen Aktionsplänen“. Einen Demenzplan für Schleswig-Holstein zu erstellen, in dem sich die Landespolitik dieser zunehmend gewichtigen Problematik stellt, ist dringend notwendig.

(Beifall bei der LINKEN und der Abgeord- neten Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vor dem Hintergrund des gesundheitspolitischen Versagens der schwarz-gelben Bundesregierung wird ein solcher Demenzplan hier im Land umso dringender. Er benennt die Aufgabenfelder, und er kann und soll zur Verbesserung in der Lebenssituation demenzkranker Menschen und ihrer Angehörigen führen. Die Menschen mit Demenzerkrankungen in Deutschland und ihre Familien benötigen mehr als nur nette Worte.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Flemming Meyer [SSW])

Sie brauchen Aufklärung, Beratung und praktische Hilfe, um ein möglichst selbstbestimmtes Leben im gewohnten Umfeld führen zu können.

Dafür braucht das Land einen nachhaltigen und überprüfbaren Handlungsrahmen. Es geht dabei nicht um einen Neubeginn. Das Ziel ist die flächendeckende Verbesserung der medizinischen, pflegerischen und sozialen Versorgung der Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Flemming Meyer [SSW])

Nun zu dem zweiten Antrag zum Thema Pflege, über das wir hier in den letzten zwei Jahren in fast jeder Landtagstagung diskutiert haben. Da muss man sagen, das ist auch gut so, aber ich muss auch sagen, dass sich die Situation seither nicht entscheidend verändert hat.

(Dr. Marret Bohn)

(Birte Pauls [SPD]: Dafür können wir aber nichts!)

- Nein. - Bis zum Jahr 2020 werden wir 11.000 zusätzliche Arbeitskräfte im Pflegebereich benötigen, um die dann etwa 100.000 pflegebedürftigen Menschen im Land angemessen versorgen zu können.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat gerade jetzt einen neuen Pflegereport vorgelegt. Danach habe sich die Situation der Pflegebedürftigen zwar verbessert, das mache es aber noch nicht gut. Anhaltende Missstände sind alarmierende Anzeichen des Pflegenotstandes und der Überlastung der Alten- und Pflegeeinrichtungen.

Gerade Demenz verursacht häufig einen immensen Pflegeaufwand über einen längeren Zeitraum. Dieser ist vielerorts mit dem vorhandenen Personal nicht zu bewältigen. Der Pflegefachkräftemangel ist in weiten Teilen hausgemacht und politisch zu verantworten. Der Arbeitsdruck für das verbleibende Personal steigt, obwohl es schon an der Belastungsgrenze arbeitet.

DIE LINKE fordert schon lange, dass die Pflegeberufe und ihre Ausbildung attraktiver gemacht und verbessert werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu zählen neben einer anständigen Bezahlung auch die Perspektive für Aufstiegsmöglichkeiten sowie gute Arbeitsbedingungen, der Abbau von Belastungen, soziale Absicherung und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur so erreichen wir, dass die Arbeit in der Pflege hierzulande attraktiver wird.

(Beifall bei der LINKEN)