Kollege Habeck hat vorhin gesagt, er begrüße immerhin die Einsicht, dass die Regierungsfraktionen per Gesetz nicht hätten durchsetzen wollen, dass sie die Möglichkeit der Zweidritteldominanz im Richterwahlausschuss bekommen hätten. Genau das Gegenteil ist richtig. In der jetzigen Form des Gesetzes hätten CDU und FDP es machen können, wenn sie es gewollt hätten. Sie haben es erklärt. Genauso ist es. Nach der jetzigen Regelung hätten sie das machen können. Um das zu verhindern, ist diese Gesetzesregelung gewählt worden. Das ist der eigentliche Hintergrund. Wenn Sie d’Hondt in jedem einzelnen Segment durchsetzen, kommt genau das heraus, dass sie nämlich politisch eine Zweidrittelmehrheit hätten haben können. Deshalb sagen wir und das war der Grund dafür, diesen Gesetzentwurf einzubringen -: Einsicht ist gut, meine Herren von Boetticher und Kubicki, aber wir hätten lieber eine gesetzliche Regelung, denn das macht es rechtssicher und politisch klar. Deshalb haben wir diesen Vorschlag eingebracht.
Aus den Erfahrungen mit der Praxis der Vergangenheit will ich sagen, dass es bei dem jetzigen Gesetz nicht das erste Mal so war, dass wir das Problem hatten, die verschiedenen Parameter zu berücksichtigen. Wir hatten auch schon Richterwahlausschüsse, bei denen wir die Prinzipien nicht haben durchsetzen können, weil wir in den einzelnen Gruppen nicht die entsprechende Auswahl hatten. Ich nenne ein Beispiel: In der letzten Legislaturpe
Sie wollten Herrn Hentschel auf Gedeih und Verderb in den Ausschuss bringen, was dazu geführt hat, dass andere die Quote haben herstellen müssen, die Sie nicht haben herstellen wollen. Ich habe das nur gesagt, weil Sie sich hier als Rächer der Enterbten hinstellen. So geht es nicht.
Was mich an der Debatte noch mehr stört, ist, dass jetzt der Vorwurf parteipolitischer Einflussnahme kommt. Das haben mehrere gesagt. Dazu möchte ich etwas Grundsätzliches sagen: Wer ein bisschen die Geschichte der Justiz in Schleswig-Holstein, 1945 folgende, zur Kenntnis genommen hat, kann nicht wirklich wollen, dass Richterstellen „durch Zellteilung“ neu geschaffen werden, sondern es braucht demokratische Gremien und demokratische Strukturen, auch bei der Auswahl des Personals der Justiz in Schleswig-Holstein, und zwar basierend auf einem breiten Konsens, der nicht nur parteiübergreifend, sondern lagerübergreifend ist. Genau das sichern wir durch diesen Gesetzänderungsentwurf, und deswegen werden wir dabei bleiben, was immer Sie öffentlich erzählen und was immer an Lobbyinteressen anders formuliert wird.
Es ist nicht problematisch, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt. Es ist ärgerlich und problematisch, dass vom DGB bis zu den Richterverbänden öffentlich Unsinn erzählt wird und Nebelkerzen verbreitet werden. Das muss hier auch einmal deutlich gesagt werden dürfen.
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Kollegen Thorsten Fürter von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sollten am Schluss der Debatte nicht vergessen, worüber Einigkeit besteht. Es herrscht in diesem Haus Einigkeit darüber, dass der Richterwahlausschuss so zusammengesetzt sein sollte, dass er die Mehrheitsverhältnisse, die in der Bevölkerung bestehen und die sich in Wahlen ausgedrückt haben, annäherungsweise abbildet. Es herrscht in diesem Haus auch Einigkeit darüber - auch das sollten
wir festhalten -, dass wir in Schleswig-Holstein das wird heute die Meinung sein, die sich in dieser Abstimmung bekundet - daran festhalten, dass im Richterwahlausschuss und auch in diesem Parlament, wenn es um die Besetzung von Positionen geht, Mehrheiten mit zwei Drittel der Stimmen zustande kommen sollen. Auch darüber haben wir Einigkeit.
Wenn wir ehrlich sind, können wir auch eine Einigkeit darüber feststellen, dass dieser Gesetzentwurf wie er vorgelegt wurde - weder vom Verfahren her noch von dem, was in ihm steht, ein ideales Gesetz ist, für das man nachher Schönheitspreise für gute Gesetzgebung gewinnen könnte. Das ist sicherlich nicht der Fall. Ich glaube, auch darüber können wir Einigung erzielen. Deswegen ist auch hinzunehmen, dass einige Parteien sagen: Im Ergebnis ist das ein Stück zu weit gedreht, und wir stimmen dem nicht zu, auch wenn wir - auch darüber besteht Einigkeit - einen Richterwahlausschuss in dieser Tagung des Landtags wählen müssen.
Zum Schluss: Autonomie der Justiz, parteipolitische Einflussnahme - ich glaube schon, dass wir darüber nachdenken müssen, wie wir, wenn wir eine Autonomie der Justiz bekommen - das ist ja von Ihrer Fraktion, von der Regierung angestoßen worden, die FDP hat es in ihrem Wahlprogramm, die Grünen haben es in ihren Wahlprogrammen -, zu einer stärkeren Selbstverwaltung der Justiz kommen, wie wir auch da den Einfluss der Politik ein Stück weit zurückdrehen, ohne natürlich die demokratische Legitimation dadurch infrage zu stellen. Klar ist: Es gibt nur über die Parlamente die Möglichkeit, die demokratische Legitimation herzustellen. Ich glaube, daran müssen wir arbeiten, wenn wir - und das hoffe ich - in dieser Legislaturperiode auch noch eine Selbstverwaltung der Justiz in diesem Parlament angehen und beschließen.
Der Innen- und Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf bereits am 21. Januar 2010 im Wege der Selbstverfassung beraten und dem Plenum mit der Drucksache 17/201 eine Beschlussempfehlung vorgelegt. Die zweite Lesung ist für den heutigen Nachmittag vorgesehen. Der Tagesordnungspunkt wird daher an dieser Stelle unterbrochen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bildungsausschuss hat während der Dezembertagung, in der der Landtag die Änderung des Schulgesetzes in erster Lesung debattierte, beschlossen, schriftliche Stellungnahmen zum Gesetzentwurf einzuholen. Zur Ausschusssitzung am 14. Januar 2010 lagen zahlreiche Stellungnahmen und außerdem ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor.
Der Antrag der SPD-Fraktion, die Beschlussfassung über den Gesetzentwurf auf die Februartagung zu vertagen, wurde mehrheitlich abgelehnt. Kontrovers diskutierte der Bildungsausschuss auch in der Sache, in der Frage der Fristverlängerung um ein Jahr für die Umwandlung von noch bestehenden Haupt-, Real- und kooperativen Gesamtschulen in Regional- oder Gemeinschaftsschulen.
Mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der vier Oppositionsfraktionen empfiehlt der Bildungsausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf in der Fassung der Ihnen mit Drucksache 17/163 vorliegenden Beschlussempfehlung anzunehmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die CDU-Fraktion erhält Frau Kollegin Heike Franzen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen von CDU und FDP haben in der letzten Landtagstagung einen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Fristen um ein Jahr zur Umwandlung von Haupt-, Real- und kooperati
ven Gesamtschulen in Regional- und Gemeinschaftsschulen eingebracht. Damit tragen wir dem Volksbegehren Rechnung, das den Erhalt der Realschulen fordert.
Man kann zu dem Erhalt der Realschulen durchaus unterschiedlicher Auffassung sein, ich finde es aber schon befremdlich, dass ausgerechnet die Fraktionen in diesem Hause, die immer wieder mehr Bürgerbeteiligung über Volksbegehren und Volksentscheide einfordern, gerade an dieser Stelle, wo ihnen die politische Ausrichtung des Volksbegehrens nicht schmeckt, dem Ausgang dieses Volksbegehrens vorgreifen wollen. Sie wollen die Möglichkeit der Fristverlängerung verweigern und somit im nächsten Schuljahr Fakten schaffen, die es nicht mehr möglich machen, dem Volksbegehren eventuell zu entsprechen. Wo bleibt da Ihr Sinn für den Bürgerwillen?
Ich will auch noch einmal deutlich hervorheben, dass dieser Gesetzentwurf lediglich die Möglichkeit der Fristverlängerung für die Schulen und Schulträger eröffnet, nicht mehr und nicht weniger, und das auch ganz bewusst zu diesem Zeitpunkt, lieber Kollege Höppner, da dies die Schulen und Schulträger, die davon Gebrauch machen wollen, gerade vor dem Beginn des Einschulungsverfahrens im nächsten Monat wissen müssen, um es dann auch den Eltern mitzuteilen und es erörtern zu können.
Bestehende Beschlüsse von Schulen und Schulträgern zur Umwandlung ihrer Schulen in Regionalund Gemeinschaftsschulen werden damit weder außer Kraft gesetzt, noch werden die bereits laufenden Verfahren für das nächste Schuljahr damit eingestellt.
CDU und FDP haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass beim Erreichen des erforderlichen Quorums des Volksbegehrens von rund 111.000 gültigen Unterschriften die Möglichkeit geschaffen werden soll, Realschulen als Angebotsschulen einzurichten. Das bedeutet, dass auch hier die Schulträger eine solche Entscheidung treffen würden.
Ich will deutlich machen: Die CDU-Fraktion steht zu den strukturellen Veränderungen in der Schullandschaft der letzten Legislaturperiode, und daher kann für uns eine Angebotsschule auch nur bedeuten, dass selbstverständlich die anderen Schularten vorrangig vorhanden sein müssen, bevor eine Angebotsschule eingerichtet werden kann. Aber ich will es noch einmal sagen: Das ist hypothetisch, da wir bis jetzt noch gar nicht wissen, was die Auszäh
Der vorliegende Gesetzentwurf bietet darüber hinaus den Schulen und Schulträgern, bei denen sich die Willensbildung für die zukünftige Schulsituation noch schwierig gestaltet oder wo der Fortbestand einzelner Schulen infrage steht, ein Jahr mehr Zeit, gemeinsam mit dem Ministerium offene Fragen zu klären und zu gemeinsam getragenen Entscheidungen zu kommen. Zumindest daran sollten alle hier im Hause ein Interesse haben.
Es hat in der Sitzung des Bildungsausschusses einige Kritikpunkte gegeben, von denen wir eigentlich gedacht hatten, dass sie geklärt seien. Aber da wir heute noch einmal debattieren, würde ich sie gern noch einmal aufgreifen. Das eine waren die Anhörungsfristen des Ausschusses, die kritisiert worden sind. Kritisiert wurde auch, dass einige Verbände keine Stellungnahmen abgegeben haben. Ich will noch einmal deutlich sagen: Der weit überwiegende Teil der angeschriebenen Verbände hat eine Stellungnahme abgegeben,
und die Anhörungsfristen hat der Ausschuss gemeinsam beschlossen. Auch in der Vergangenheit ist immer wieder einmal vorgekommen, dass der eine oder andere Anzuhörende von der Möglichkeit der Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht hat.
Des Weiteren wurde der von der CDU- und FDPFraktion eingebrachte Änderungsantrag kritisiert. Ich will noch einmal auf das damit verbundene Missverständnis eingehen, dass die kooperativen Gesamtschulen erst mit diesem Änderungsantrag in die Fristverlängerung einbezogen worden seien. Das entspricht nicht den Tatsachen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf bestand bereits darin, dass auch die kooperativen Gesamtschulen in die Fristverlängerungen einbezogen waren. Was uns allerdings entgangen ist - das will ich auch gern sagen -, ist beispielsweise die Tatsache, dass wir ebenso wie bei den Haupt- und Realschulen selbstverständlich auch die Elternbeteiligung dieser Schulen, beispielsweise im Landeselternbeirat beziehungsweise auch im Landesschulbeirat, sicherstellen müssen. Auf diese Tatsache und auf andere Formalien wie die undifferenzierte Benennung von integrierten Gesamtschulen und kooperativen Gesamtschulen in dem Begriff Gesamtschulen im § 147 bezieht sich die Änderung unserer Fraktionen, also nicht auf die inhaltliche Ausrichtung. Es ist im Übrigen so, dass kooperative Gesamtschulen sowohl einen Real
Da ich weiß, dass Wiederholung festigt, will ich an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass dieser Gesetzentwurf keine Schule und keinen Schulträger in irgendeiner Weise daran hindert, bestehende Beschlüsse aufzuheben, beziehungsweise nicht auffordert, von bestehenden Beschlüssen abzuweichen oder sie auszusetzen.
Der schafft unter der Berücksichtigung des auf den Weg gebrachten Volksbegehrens lediglich eine zusätzliche Möglichkeit, sich ein Jahr mehr Zeit für eine Entscheidung zu nehmen. In Anbetracht dieser Tatsache erscheint die Aufregung, die wir im Bildungsausschuss erlebten, doch eher als ein Sturm im Wasserglas. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses, die die Fristverlängerung zur Umwandlung von noch nicht umgewandelten Realschulen, Hauptschulen und kooperativen Gemeinschaftsschulen um ein Jahr verlängert.