Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn sich die Schulen auf die jetzigen Entscheidungen berufen, schaffen wir Fakten, die eine mögliche Entscheidung in Richtung des Volksbegehrens nicht mehr zulassen. Dass die Opposition daran ein Interesse hat, kann ich verstehen.

Es ist der Vorwurf geäußert worden, im Ursprungsantrag sei der Bereich der Kooperativen Gesamtschulen nicht enthalten gewesen. Ich habe das in meiner Rede vorhin schon deutlich gemacht. Aber „Wiederholung festigt“ ist offensichtlich doch ein guter pädagogischer Ansatz. Deshalb verweise ich noch einmal auf den Ursprungsantrag Drucksache 17/107. Auf Seite 3 heißt es unter der Überschrift „Änderung des Artikels 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schulwesens in Schleswig-Holstein“ zur Fristverlängerung:

„4. a) § 15 mit Ablauf des 31. Juli 2010“

Das betrifft die Integrierten Gesamtschulen.

Unter Ziffer b) geht es weiter mit:

„§§ 8 Abs. 4, 12 Abs. 1, 13 Abs. 1, 16 … mit Ablauf des 31. Juli 2011.“

Das betrifft die Hauptschulen, die Realschulen und die Kooperativen Gesamtschulen.

Wenn Sie die entsprechenden Stellungnahmen aufmerksam gelesen haben, wissen Sie, dass einige ge

(Katharina Loedige)

nau auf diese Trennung von Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen abgehoben haben. Es ist nicht so, dass das nachgeschoben worden wäre. Tatsächlich ist § 147 des Schulgesetzes nachbearbeitet worden, weil wir es vorher schon benannt hatten und § 147 nicht zwischen Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen unterscheidet, sondern lediglich Gesamtschulen benennt. Deswegen ist an der Stelle diese Unterscheidung getroffen worden.

Ich hoffe, dass meine Ausführungen zur Klarstellung geführt haben. Darüber würde ich mich jedenfalls sehr freuen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Vorsitzenden der SSW-Fraktion, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Beiträge von Frau Kollegin Franzen und Frau Kollegin Loedige waren dann doch nicht richtig zur Beruhigung geeignet; mich zumindest haben sie nicht beruhigt.

(Beifall beim SSW – Zuruf des Abgeordne- ten Günther Hildebrand [FDP])

- Doch, manchmal lasse ich mich beruhigen.

Unter dem Strich bleibt es bei dem, was ich vorhin gesagt habe: Durch diese Gesetzesänderung bekommen wir ein Chaos in unserer Schulpolitik und in unserer Schullandschaft. Sie sagen: Wir ändern an der real existierenden Wirklichkeit nichts, sondern schaffen eine Möglichkeit.

Aber vor Ort stellt man sich eine zweite Frage. Sie wissen das genau, auch wenn Sie das heute und hier nicht zu sagen brauchen. Auch Frau Kollegin Franzen weiß das. Natürlich wissen wir alle aus Gesprächen vor Ort, worum es geht. Dort kommen doch nicht nur Eltern, sondern auch Schulleiter, Lehrer und Schulträger, das heißt Kommunen, auf uns zu und fragen: Was macht ihr da jetzt in Kiel? Wie soll das denn laufen?

Die Schulleiter haben vielleicht viel Kraft aufgewandt, um die Lehrerkollegien für eine Veränderung zu motivieren. Dann wird die Frage gestellt: Müssen wir das alles wieder zurückschrauben? Können wir nicht wieder die Realschule haben? – Unruhe ist also vorprogrammiert. Das ist so. Sollte

das Volksbegehren Erfolg haben, kommen natürlich all diese konkreten Fragen auf Sie zu.

Mein Verständnis von Gesetzgebung ist nicht, dass wir nur virtuelle Gesetze zu schaffen haben. Wir brauchen Gesetze, die - um diese Formulierung zu aktivieren - Klarheit und Wahrheit beinhalten und die umsetzbar sind. Wir brauchen keine schwammigen Gesetze, keine diffuse Situation, wie wir sie jetzt haben.

Eine letzte Bemerkung zu den Lehrerverbänden. Ich räume ein, dass ich mit dem Realschullehrerverband immer Probleme hatte - nicht, weil ich die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen an Realschulen nicht schätze; ich begreife aber bis heute nicht, wieso sich ein Lehrerverband dermaßen auf eine bestimmte Schulstruktur festlegt.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit katapultiert er sich doch selbst ins Abseits. Es wäre doch richtiger und selbstbewusster, wenn man sagen würde: Wir haben etwas anzubieten. Das können wir auch bei anderen Schulstrukturen anbieten. Es geht um den mittleren Abschluss. Es geht um unsere fachlichen Qualifikationen. Es geht doch nicht um eine Schulstruktur.

(Beifall beim SSW)

Das ist doch etwas, was im gesellschaftlichen und im politischen Raum beschlossen werden muss. Das ist nicht Aufgabe eines Lehrerverbandes.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Bildung und Kultur, Herrn Dr. Ekkehard Klug, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf wird vor allem die bisherige Regelung, derzufolge alle am 31. Juli 2010 noch bestehenden Haupt- und Realschulen automatisch in Regionalschulen umgewandelt werden, um ein Jahr hinausgeschoben. Im Kern lässt sich diese Änderung darauf zurückführen, dass wir das Volksbegehren zum Erhalt der Realschulen und damit den Willen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen wollen.

(Heike Franzen)

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Ergebnis dieses Volksbegehrens wird voraussichtlich erst Ende Februar vorliegen. Dessen Erfolg würde ohne eine Verlängerung der Umwandlungsfrist komplett ins Leere laufen, weil die Schulträger dann überhaupt keine Chance mehr hätten, die dadurch eröffnete Option, Realschulen als Angebotsschulen zu erhalten oder einzurichten, tatsächlich wahrzunehmen - falls sie es denn wünschen. Für die Unterzeichner und Unterstützer des Volksbegehrens wäre das eine absurde Situation, die nur dazu geeignet wäre, den Grad an Politikverdrossenheit extrem zu erhöhen.

Meine Damen und Herren! Wenn man die in der Landesverfassung verankerten Möglichkeiten demokratischer Willensbildung durch Initiativen aus dem Volk nicht ad absurdum führen will, ist die vorgeschlagene Gesetzesänderung meines Erachtens unumgänglich.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das ist nichts Neues. Insoweit hat auch die heutige Debatte nicht viel Neues hervorgebracht. Wir haben schon im Ausschuss darüber diskutiert.

Andererseits wird durch die Gesetzesänderung kein Schulträger daran gehindert, Anträge auf Genehmigung von Regionalschulen oder Gemeinschaftsschulen zu stellen. Herr Kollege Henning Höppner hat in seinem Redebeitrag ausführlich auf die Situation hingewiesen. Daher gibt es für den Vorwurf, die Gesetzesänderung blockiere die Entwicklung neuer Schulstrukturen, überhaupt keine Grundlage. Sie müssen sich einmal dafür entscheiden, von welcher Seite her Sie argumentieren wollen, entweder von der einen oder von der anderen, beides zusammen geht nicht.

Frau Kollegin Erdmann, in der Tat, wenn man zum Thema Unruhe im Schulbereich spricht, dann sollten die Grünen vielleicht einmal den Blick in Richtung Hamburg wagen.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich noch einen Punkt kurz ansprechen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass manche der von Schulträgern gestellten Anträge gar nicht genehmigungsfähig waren, insbesondere deshalb, weil in einer ganzen Reihe von Fällen die erforderlichen Mindestgrößen, die Schülerzahlen nicht im Entferntesten erreicht worden sind. Im vorigen Jahr gab es zum Beispiel Schulen, die zur Umwandlung in eine Regionalschule angemeldet wurden, wo es

entsprechende Anträge gab, die aber nur Anmeldungen von 24 oder 25 Schülerinnen und Schülern hatten.

In solchen Fällen - die könnte es auch in diesem Jahr geben - würde die derzeitige Gesetzeslage im kommenden Schuljahr, nach den Sommerferien, geradezu widersinnige Ergebnisse erzwingen: Am 1. August 2010 würden diese Schulen nach der jetzigen Gesetzeslage automatisch zu Regionalschulen, obwohl entsprechende Umwandlungsanträge zuvor aus vernünftigen Gründen abgelehnt werden mussten.

Auch in diesen Fällen schafft der erweiterte zeitliche Spielraum die Gelegenheit, zu einer besseren Abstimmung zwischen Schulaufsicht und Schulträgern und vernünftigen Lösungen für das regionale Schulangebot zu kommen.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jürgen Weber zu?

Ja.

Bitte, Herr Weber, Sie haben das Wort.

Herr Minister, Ihr Argument, dass Anträge von Schulen auf Umwandlung, die nicht über genügend Schüler verfügen, nicht genehmigungsfähig sind, ist ja nicht von der Hand zu weisen. Darf ich im Umkehrschluss daraus entnehmen, dass Anmeldezahlen von neu gemeldeten Schülern für Realschulen, die deutlich darunter liegen, auch dazu führen, dass die als Realschulen nicht fortgesetzt werden können? Was machen Sie in einer solchen Situation? Das Problem entsteht ja nicht nur bei umgewandelten Schulen, sondern auch bei bereits bestehenden Schulen. Heißt das, dass die Mindestverordnung, die bisher für Realschulen und Hauptschulen gilt, die unter Umständen noch nicht umgewandelt werden, außer Kraft gesetzt werden soll?

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

Nein, das ist natürlich nicht der Fall. Wir haben eine Reihe von Problemfällen aus der „Restabwicklung“ des Bestandes, wenn die Automatik am 1. August greift. Das lässt sich aus meiner Sicht vernünftiger nachsteuern, wenn man die zeitliche Zusatzfrist hat.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich lasse über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/107, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW in der Fassung der Drucksache 17/163 angenommen.