Anschließend begrüße ich auf der Tribüne ganz herzlich die Mitglieder des Seniorenbeirats Heiligenhafen. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Landeshaus!
Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort Herrn Abgeordneten Lars Harms von der Fraktion des SSW.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Liberalisierung des Strommarktes hat für den Verbraucher nicht den gewünschten Einspareffekt gebracht. Immer wieder wurden in den letzten Jahren die Strompreise erhöht, und das, obwohl der Strom zu über 30 % aus abgeschriebenen Kernkraftwerken kommt und zu rund 40 % aus Kohlekraftwerken stammt, die heimische Braunkohle oder gar subventionierte Steinkohle nutzen.
Wir haben einen Strommarkt, der nicht den Kräften des Marktes ausgesetzt ist, weil die vier großen Energiekonzerne sich den Markt in Deutschland aufgeteilt haben - von der Stromerzeugung bis hin zu den Leitungsnetzen. Solange der Markt monopolisiert ist, hat das nichts mit Marktwirtschaft zu tun, und der Verbraucher ist der Dumme.
Die Konzerne produzieren den Strom und haben auch die Infrastruktur in Form von Tochterunternehmen in ihrem Besitz. Das ist definitiv keine Basis, auf der sich marktwirtschaftliche Strukturen entwickeln können. Und wenn diese Strukturen sich nicht entwickeln können, der Markt also nicht funktioniert, dann muss der Staat eingreifen. Allerdings darf er dies nicht dirigistisch tun und Preisvorschriften machen oder durch Aufsichtsbehörden in die Preisbildung eingreifen, sondern er muss die
Deshalb ist eine Vielfalt der Stromanbieter so wichtig, und deshalb ist es noch wichtiger, dass die Infrastruktur bei den überregionalen Netzen nicht in den Händen einiger weniger ist, die dann den Zugang selbst regeln und die Preise nach eigenem Gutdünken ohne Wettbewerb festlegen können. Genau an diesem Punkt setzt unser Antrag an.
Obwohl die EU-Kommission die Energiewirtschaft bereits seit Jahren zu einer Trennung der Stromübertragung von der Stromproduktion drängt, ist noch nicht viel geschehen - auch weil die Bundesregierung hier tatenlos zusieht. In anderen EU-Ländern ist diese Trennung bereits geschehen. Auch wenn bereits Bewegung in den Markt gekommen ist, brauchen wir endlich bundesgesetzliche Regelungen, die eine Zerschlagung der bisherigen Strukturen und die völlige eigentumsrechtliche Trennung vorsehen.
Um es deutlich zu sagen: Es geht uns hierbei nicht um die kommunalen Netze, sondern um die großen Übertragungsnetze. Diese Leitungsnetze sind aus den großen Konzernen herauszulösen. Dabei meine ich nicht, dass diese Netze verstaatlicht oder enteignet werden sollen. Dies sage ich auch im Hinblick auf den Antrag der LINKEN. Vielmehr müssen die Netze eigentumsrechtlich von den Energiekonzernen getrennt werden. Es muss also eine bundesgesetzliche Regelung geschaffen werden, dass diese Netze verkauft werden müssen und so unabhängig von den Konzernen betrieben werden. Unter diesen Voraussetzungen kann das auch in öffentlicher Trägerschaft geleistet werden. Nur mit der Trennung hätte man die Chance, dass sich die Durchleitungsgebühren an den wirklichen, marktgerechten Preisen orientieren. Hierzu fordern wir die Landesregierung auf.
Ein weiterer Punkt des Antrags der LINKEN, dem wir auf keinem Fall zustimmen werden, bezieht sich auf die geforderte Überführung der Stromerzeugung in die öffentliche Hand. Damit trifft der Antrag nicht nur die großen Konzerne, sondern auch alle anderen Stromerzeuger wie Stadtwerke, Windmüller und Betreiber von Biomasse- oder Photovoltaikanlagen. Das wollen wir nicht. Privates Eigentum soll privates Eigentum bleiben. Aus diesem Grund werden wir dem Antrag der LINKEN auch nicht zustimmen können.
Zu guter Letzt fordern wir in unserem Antrag, dass bei Investitionen in das Leitungsnetz eine Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus einer Investition erfolgt. Das bedeutet, dass nicht nur die betriebwirtschaftlichen Kosten einer Investition herangezogen werden dürfen; vielmehr müssen Verlegekosten, Abschreibungen, Betriebskosten, Reparaturkosten, Unterhaltungskosten, Übertragungsverluste und die Nutzungsdauer in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einfließen, und zwar über den gesamten Lebenszyklus. Dann kommt man zu dem Schluss, dass die Gesamtkosten im Bereich der Hochspannungsnetze für Erdkabel niedriger sind als die für Freileitungen.
Mit einer solchen Vorschrift würde man in der Diskussion über Freileitungen und Erdkabel zu einer für alle tragbaren Lösung kommen. Das streben wir an. Wir wollen wirklich eine gemeinsame Lösung erreichen. Diese allerdings muss nach unserer Auffassung dann auch gesetzlich festgelegt werden.
Wir wollen mit unserem Vorschlag die Grundlage für eine funktionierende Marktwirtschaft im Stromsektor schaffen und dafür sorgen, dass die Stromkunden in Zukunft nicht überfordert werden und marktgerechte und nachvollziehbare Preise zahlen. Wir wollen aber auch, dass die Unternehmen gleiche Chancen haben und dass der Staat so weit regulierend eingreift, dass sich ein Markt vernünftig entwickeln kann. Dann kann es auch nicht zum Schaden der Bevölkerung sein.
Bevor wir die Debatte fortführen, bitte ich Sie, mit mir Mitglieder der IHK Flensburg auf der Tribüne zu begrüßen. Erschienen sind der Präsident Herr Uwe Möser, der Hauptgeschäftsführer Herr Peter Michael Stein sowie die Geschäftsführer Herr Klaus Markmann und Herr Ulrich Spitzer. - Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Besondere Herausforderungen stehen uns bevor. Auch wenn Sie, verehrter Herr Kollege Harms, federführend dieses Thema zum wiederholten Male auf die Tagesordnung bringen, bedanke ich mich dafür, da die heutige Debatte uns im weiteren energiepolitischen Geschehen begleiten wird.
Der Wettbewerb auf den deutschen Strom- und Gasmärkten hat mit Sicherheit nicht die Intensität, die wir uns alle wünschen.
Wir haben gerade bei der Stromerzeugung große Konzerne, die eine bedeutende Marktmacht innehaben. Aber immerhin: Wir haben Wettbewerb! Das ist in den meisten anderen europäischen Ländern leider nicht der Fall. Auf dem europäischen Markt wird mit ungleichen Mitteln gekämpft, und das ist aus meiner Sicht ein Problem. Es kann doch nicht sein, dass große Staatskonzerne und renditehungrige Finanzinvestoren sich in unsere Energieinfrastruktur einkaufen. Ich weiß nicht, ob sich alle dessen bewusst sind. Dass das wirklich in unserem Interesse ist, wage ich zu bezweifeln.
In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Schaffung einer Regulierungsbehörde ein wirksames Instrument zur Schaffung von Wettbewerb auf monopolistischen Märkten sein kann. Die Bundesnetzagentur prüft die Netzzugangsbedingungen und verhindert zu hohe Netzentgelte. Dadurch werden Markteintrittsbarrieren gesenkt. Darüber hinaus sind Ihre Forderungen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, vollkommen überflüssig.
Bis Ende nächsten Jahres muss die Entflechtung von Stromerzeugung und Leitungsnetz umgesetzt sein. Das ist eine klare Vorgabe der Europäischen Union. Wozu brauchen wir dann noch eine Bundesregelung? Am anderen Ende der Leitung verhandeln die Kommunen mit E.ON-Hanse über die Gründung einer Netzgesellschaft für die Verteilernetze. Sie wollen doch den Bund nicht ernsthaft auffordern, mit einem Gesetz hier in den kommunalen Zuständigkeiten zu wildern? Ob die Kommunen eine Netzgesellschaft wollen oder nicht, ob sie dies für sinnvoll erachten oder nicht, das überlassen wir den Kommunen natürlich selbst.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch ein paar Worte zum Ausbau der erneuerbaren Energien verlieren. Die Koalition steht uneingeschränkt zu ihrer Aussage, den Aus
bau der erneuerbaren Energien zu forcieren. Doch mit der Dezentralisierung der Energieerzeugung und dem Bau großer Offshore-Windparks entstehen besondere Anforderungen an die Leitungsnetze. Der notwendige Ausbau der Netze wird in den nächsten Jahren Unsummen verschlingen. Auf circa 80 Milliarden € werden die Kosten geschätzt. Seatec und Desertec sind wohlklingende Bezeichnungen. Ihr Finanzierungsbedarf ist jedoch horrend. Und dann ist es egal, wer die Netze betreibt. Die Kosten werden auf die Netzentgelte umgelegt und erhöhen somit die Stromkosten für den Endverbraucher und für die Industrie. Ich will damit nur davor warnen, von einer Entflechtung von Stromerzeugung und Leitungsnetz Wunder zu erwarten.
Jedoch ein Hinweis: Wenn wir unsere Windkraftanlagen mit den norwegischen Pumpspeicherkraftwerken verbinden, ist das für die Skandinavier eine Lizenz zum Gelddrucken. Überschüssiger, subventionierter Windstrom wird dort gespeichert, und wenn wir Flauten haben, dürfen wir den Strom teuer importieren. Ich finde daher, man sollte sich noch intensiver mit dem Ausbau von hiesigen Speicheranlagen befassen.
Ich stelle hier noch einmal deutlich heraus: Denkverbote darf es für unsere Energiewirtschaft nicht geben. Im Wirtschaftsausschuss können wir dann gern gemeinsam mit dem Minister die aktuelle Situation erörtern.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag greifen wir ein Anliegen auf, das wir bereits seit vielen Jahren verfolgen und zuletzt aufgrund eines Antrags von SSW, FDP und den Grünen hier im Oktober 2006 diskutiert haben. Ich habe damals große Sympathien für den Antrag zu Protokoll gegeben und wurde daraufhin vom Kollegen Heiner Garg aufgefordert, dem Antrag beizutreten. Das ist heute geschehen, und ich freue mich schon sehr auf die Position der FDP zum neuen, weitgehend inhaltsgleichen Antrag.
Allerdings ist in der Zwischenzeit viel geschehen, sodass wir nicht mehr die Netzbetreiber verpflichten müssen, die Kosten für den Anschluss von Windparks im Offshore-Bereich zu tragen. Dies ist ein großer Fortschritt, der nun aber auch umgesetzt werden muss.
Auch sind wir der Meinung, dass sich die Pflicht zur Trennung von Stromerzeugung und Leitungsnetz nur auf die Übertragungsnetze und nicht auf die Versorgungsnetze vor Ort beziehen sollte.
Selbst im Bereich der Übertragungsnetze ist Bewegung entstanden; die vier großen Energieerzeuger haben endlich - auch angesichts der drohenden EUSanktionen - ihren Fundamentalwiderstand aufgegeben. E.ON wird voraussichtlich schon Ende des Monats sein knapp 11.000 km langes Netz für rund 1 Milliarde € verkauft haben. Vattenfall hat angesichts dieses zu erwartenden Preises seinen schon fast abgeschlossenen Verkauf zunächst auf Eis gelegt, wird aber sicher folgen. Die größten Transportnetzbesitzer RWE und EnBW haben dagegen erklärt, an ihren Netzen festhalten zu wollen. Daher ist die Forderung einer vollständigen Trennung von Stromerzeugung und Übertragungsnetz weiter notwendig und braucht Unterstützung auf allen Ebenen.