Protokoll der Sitzung vom 16.10.2015

Heute können wir feststellen, dass alles das, was uns an negativer Befürchtung entgegengehalten wurde, nicht eingetroffen ist. Die ersten Studiengänge zum Sekundarlehramt in Flensburg sind

(Heike Franzen)

akkreditiert, und auch die Frage der Anerkennung in anderen Bundesländern ist kein Problem. Wir haben vor der Verabschiedung des Gesetzes immer gesagt, dass dieses Kombilehramt aus einem Fach der Sekundarstufe I und einem Fach der Sekundarstufe II in anderen Bundesländern für die Sekundarstufe I anerkannt wird. Insofern weiß jeder, der das Fach studiert, worauf er sich einlässt.

Hinzu kommt, dass wir als Bundesland vor allem auch für unsere eigenen Schulen ausbilden. Da gilt natürlich für das eine Fach die Sek-I-Lösung, für das andere Fach die Sek-II-Lösung. Ich frage mich auch nach Ihrer Rede, Frau Franzen, wo denn da jetzt eigentlich das konkrete Problem ist.

Auch vor dem reinen Sekundarlehrer schreckt niemand zurück, ganz im Gegenteil. Meine Kollegin Eka von Kalben hat mir erzählt, dass ihrer Tochter in der Studienberatung der Humboldt-Universität Berlin - das ist jetzt schon eine bekannte Universität - auf Grundlage der neuen Lehramtsreform sogar empfohlen wurde, an die CAU nach Kiel zu wechseln.

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist eine sozia- listische Hochschule da! - Minister Reinhard Meyer: Herr Vogt, postsozialistisch bitte! - Christopher Vogt [FDP]: Ich weiß nicht, ich weiß wirklich nicht!)

Warum ist das so? - Das liegt auch daran, dass wir uns sehr zu Herzen genommen haben, Theorie und Praxis in unserer Lehramtsreform besser zu verzahnen. Das ist genau das, wofür die Christian-Albrechts-Universität jetzt über die Qualitätsoffensive Lehrerbildung 3,5 Millionen € Fördermittel an Land gezogen hat. Wir sagen an dieser Stelle dazu noch einmal herzlichen Glückwunsch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Aber auch in Flensburg gibt es Grund zur Freude. Wenn man sich dann die Einführung des Praxissemesters anschaut, dann kann man sehen, dass Unileitung und Studierende das sehr positiv bewerten. Die Flensburger Studierendenvertretung, der Flensburger AStA, schreibt beispielsweise zum Praxissemester, die besonderen Einblicke in den Schulalltag einer Lehrkraft bildeten eine wichtige Grundlage für die pädagogisch-didaktische Entwicklung der Studierenden, und sie sprechen davon, dass an den Schulen bereits erste gute Kontakte für mögliche Folgeanstellungen geknüpft wurden. Wenn das nichts ist, dann weiß ich es auch nicht.

Ernst nehmen müssen wir aber natürlich auch, dass die Studierenden Nachbesserungen fordern. Wie das so ist, wenn man etwas Neues macht, wenn man neue Wege beschreitet, gibt es auch immer Sachen, die noch besser werden können. Dort geht es dann vor allem um die Wohnortproblematik am Praktikumsort oder beispielsweise auch darum, dass Sonderpädagogikstudierende bisher ihre Fahrtkosten selbst tragen müssen. Auch das könnte sicherlich ein Punkt sein, über den an den Hochschulen nachgedacht werden muss.

Frau Franzen, jetzt noch einmal, auch wenn Sie vielleicht gerade auf dem Weg woandershin sind da ist sie -, etwas zum Zeitpunkt des Praxissemesters, weil Sie gerade meine Zwischenfrage nicht beantworten wollten.

(Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

- Ich gehe gern auch gleich auf eine Zwischenfrage ein, aber ich möchte erst einmal die mit Frau Franzen abhandeln. Dort ist es ja so, dass wir darüber in der Anhörung gesprochen haben, dass der Zeitpunkt des Praxissemesters von den Hochschulen so entschieden worden ist. Im hochschulinternen Verfahren ist der Zeitpunkt des Praxissemesters auf den jetzigen Zeitpunkt festgelegt worden. Wer sind wir, das besser zu wissen als die Hochschulen, die sich vor Ort im Konsens auf diese Lösung verständigen?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Jetzt ist Herr Vogt inzwischen nicht mehr da, dann mache ich einfach einmal weiter.

(Christopher Vogt [FDP]: Das hat mir alles zu lang gedauert!)

Mir oder uns Grünen ist auch sehr wichtig, dass wir noch einmal schauen, was das Thema Weiterqualifizierung von Sek-I-Lehrern für den Sek-II-Bereich angeht. Dort gibt es jetzt einen Studiengang, den man in Kiel belegen kann, wenn man Gebühren bezahlt. Ich glaube, wir müssen noch einmal darüber reden, wie wir auch in dem Bereich Übergänge besser gestalten und auch Weiterqualifizierung ohne Gebühren ermöglichen können.

Wir wünschen uns auch, dass es eine noch engere und bessere Verzahnung zwischen dem IQSH und unseren lehrerbildenden Hochschulen gibt. Auch da sehen wir noch Luft nach oben. Frau Franzen, wir wollen auch darüber reden, wie das Referendariat gestaltet ist. Auch das kann ich sagen: Auch bei der Frage der Referendariatsplätze ist die Kürzung keine rot-grün-blaue Erfindung gewesen. Das hätten

(Rasmus Andresen)

Sie zumindest einmal kurz mit erwähnen können. Das blenden Sie dann ja immer aus.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Aber Ihr Punkt ist ja richtig, dass wir über die Anzahl der Referendariatsplätze nachdenken und diskutieren müssen. Das teilen wir Grüne ausdrücklich. Ein bisschen mehr Ehrlichkeit würde Ihnen da trotzdem gut zu Gesicht stehen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Natürlich gibt es Reibungsverluste bei der Lehramtsreform, natürlich ist das hier nur eine Zwischenevaluation, und natürlich sind viele Schritte noch gar nicht gegangen worden. Das ist alles korrekt. Trotzdem glaube ich, dass es wert ist, im Plenum nach den heftigen Debatten im letzten Jahr festzustellen, dass die Lehramtsreform schon viel mehr Positives gebracht hat als einfach nur einen Wechsel im CDU-Fraktionsvorsitz. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Christopher Vogt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie es sich gehört, möchte auch ich der Ministerin für ihren Bericht danken. Das war für einen Oppositionsabgeordneten ein interessanter Einblick in die Parallelwelt des Ministeriums. Sie haben uns heute erzählen wollen, diese Reform sei ein großer Erfolg. Es ist erstaunlich, dass Reformen erfolgreich sein können, bevor sie überhaupt umgesetzt sind.

(Beifall FDP)

Aber das war ja von Anfang an das Ziel des Berichtsantrags der Koalitionsfraktionen.

Frau Ministerin, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Wir haben einen Änderungsantrag gestellt, weil die Koalitionsfraktionen mit ihrem Berichtsantrag ein bisschen Rosinenpickerei betrieben haben. Das kann ich politisch nachvollziehen. Wenn das Hohe Haus einen Änderungsantrag der FDP-Fraktion einstimmig annimmt und um Berichterstattung zu weiteren Punkten bittet, erwarten wir, dass Sie auch dazu berichten. Sie haben dazu kein Wort gesagt.

(Beifall FDP und CDU)

Frau Ministerin, das ist schon eine Missachtung des Parlaments, die sich gewaschen hat. Vielleicht können Sie das ja gleich nachholen. Ich will Ihnen das Wochenende nicht versauen, aber Sie können gleichwohl noch auf die Punkte eingehen. Sie haben ja die Möglichkeit, sich noch einmal zu Wort zu melden. Ich finde, es gehört sich, dass Sie dem nachkommen, wenn das Parlament das beschließt.

(Beifall FDP und Volker Dornquast [CDU])

Herr Kollege Andresen, Sie waren ein bisschen selbstkritischer als andere Vorredner, aber die Form der anlasslosen Selbstzufriedenheit, die heute zur Schau gestellt wurde, ist wirklich besorgniserregend.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

Wenn man sich vor Augen führt, über was für eine wichtige Frage wir für unser Land, für die jungen Menschen in unserem Land reden, ist es wirklich schlimm, wie Sie uns und den Menschen in unserem Land erzählen wollen, wie toll das alles sei, und die Probleme nicht ansprechen. Das finde ich bedauerlich, da wäre etwas mehr Selbstreflexion angebracht.

Meine Damen und Herren, es wurde schon darüber gesprochen. Man muss gegenüber der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen nicht einmal besonders gehässig sein, was ich ja nicht bin,

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Nein, nie!)

um festzustellen, dass das Gesetzgebungsverfahren eine Farce war. Kollege Andresen, gerade Sie fragen immer: Wo sind die Gegenvorschläge der Opposition? Wir legen gern eigene Gesetzentwürfe vor, und dann wollen Sie die nicht vernünftig beraten. Das finde ich wirklich unglaublich.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Es ist immer toll, Gegenvorschläge zu fordern und dann keine ordentliche Beratung zu wollen. Sie wollten mit dem Schnellverfahren eine Ministerin retten, die politisch nicht mehr zu retten war. Sei es drum. Ich glaube, dass Ihnen das Schnellverfahren der Gesetzgebung bei der Umsetzung auf die Füße fällt. Ich möchte das begründen.

Das grundsätzliche Problem ist, dass Sie auf Quantität setzen, dass Sie in Flensburg Doppelstrukturen aufbauen, die man aus meiner Sicht überhaupt nicht bräuchte. Das Geld könnte man besser in die Qualität stecken.

(Rasmus Andresen)

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Sie bauen in Flensburg in einigen Fächern eine Sekundarstufe-II-Ausbildung mit sehr geringen Mitteln aus. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass man die Qualität, die wir in Kiel im Bereich der Oberstufenausbildung kennen, mit den geringen Mitteln erreichen wird.

Es ist schon ein Problem, dass Sie einerseits Geld in Doppelstrukturen investieren und andererseits Geld für die Qualität fehlt, die in Flensburg notwendig wäre. Das ist wirklich bedauerlich. Das ist ein Punkt, den ich besonders kritisiere.

Ein Punkt, den die Kollegin Franzen angesprochen hat, ist hochinteressant: das Thema MINT-Fächer, im Wesentlichen Naturwissenschaften. Der Ministerpräsident hat damals, als das Gesetz eingeführt wurde, gesagt, das sei alles notwendig, man müsse vor allem den MINT-Bereich stärken. Nun stellen wir fest, dass der MINT-Bereich überhaupt nicht gestärkt wird. Das war eine der Hauptbegründungen für diese Reform, und das findet gar nicht statt. Herr Kollege Andresen, das ist schon wieder so eine Geschichte, die mich wirklich ärgert. Der MINT-Bereich wird gar nicht so gestärkt, wie das immer großartig angekündigt wurde. Auch da haben Sie eine völlig falsche Grundeinstellung.

(Beifall FDP und CDU)

Ich möchte das Thema Praxissemester ausführlicher ansprechen. Das Thema Praxissemester ist hochinteressant. Wir haben in unserem Gesetzentwurf, der im Gesetzgebungsverfahren nicht vernünftig beraten wurde, vorgeschlagen,

(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es kam nach der Anhörung! - Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Gesetz wollte nur keiner!)

den Praxisbereich mehr zu stärken. Herr Kollege Andresen, die Einführung eines Praxissemesters als große Stärkung des Praxisanteils im Studium zu verkaufen, ist ein bisschen irre. Ich möchte daran erinnern, dass es Bachelor-Absolventen, Hochschulabsolventen sind, die ins Praxissemester gehen und für 0 € an den Schulen eingesetzt werden. Wenn das seitens der SPD-Landtagsfraktion die Vorstellung von guter Arbeit ist, habe ich das irgendwie grundsätzlich falsch verstanden.