Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich stellt sich jeder hier im Parlament mit aller Entschlossenheit gegen rechte Hetze. Ich glaube, das machen wir alle in der Praxis, bei dem, was wir politisch unternehmen. Jeder weiß, was im Moment in unserem Land passiert. Schauen Sie sich die Facebook-Seiten, überhaupt die Seiten im Internet an.

Herr Dr. Stegner, wenn man sich Ihre Seite im Netz anschaut, sieht man, wie Menschen mit Ihnen - das meine ich ernsthaft - umgehen und Sie, teilweise anonym, beschimpfen, weil Sie eine Plattform bieten und mit Menschen über die Situation diskutieren wollen. Es ließen sich noch viele andere Beispiele finden.

Aber nichtsdestotrotz bin ich davon überzeugt, dass wir mit Anträgen wie die, über die wir heute diskutieren, daran überhaupt nichts ändern werden. Vielmehr senden wir, der Landtag, ein Signal nach außen: Ziehen wir in Zweifel, dass wir uns entschlossen dagegenstellen, sodass wir es uns heute noch einmal versichern müssen? Wie häufig haben

wir das in der Vergangenheit bereits getan? - Immer, wenn in Schleswig-Holstein etwas passiert ist, standen wir zusammen und haben in aller Klarheit deutlich gemacht, dass das nicht unsere Vorstellung von diesem Land ist.

Ich glaube, auf natürlich besorgniserregende Umfragewerte wie die, die die AfD im Moment erzielt, damit zu reagieren, dass man sich hier im Landtag hinstellt und den Menschen draußen sagt: „Der Landtag ist sich einig; wir fühlen uns hier ohne die AfD wohler“, hilft überhaupt nicht. Was nützt uns ein solches Bekenntnis, das wir hier abgeben? Was nützt uns eine solche Debatte?

Ich sage Ihnen: Man muss mit in seinem eigenen Umfeld handeln, politische Entscheidungen treffen und der Bevölkerung deutlich machen, dass wir die Situation im Griff haben. Das ist ein Konjunkturprogramm gegen die AfD - nicht Anträge wie der vorliegende, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU und FDP)

Sie hätten Ihre Formulierungskunst beispielsweise auch bei der Formulierung von Anträgen nutzen können, als es gestern um das Asylpaket II ging. Wir befinden uns in einer Situation, in der es entscheidend ist, welche Maßnahmen wir ergreifen. Wie können wir die Probleme lösen? - Die drei regierungstragenden Fraktionen gucken zu. Der Ministerpräsident ergreift in der Debatte nicht das Wort. Sie von den regierungstragenden Fraktionen schlagen in keinem einzigen Antrag vor, wie Sie die Flüchtlingszahlen reduzieren und Problem in Schleswig-Holstein, in Deutschland und in Europa lösen wollen. An dieser Stelle hätten Sie Ihre Kreativität einbringen sollen. Da hätte es eines Antrags bedurft. Dann hätten wir uns die Debatte heute sparen können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU und FDP)

Ich habe manchmal das Gefühl, dass jemand in den regierungstragenden Fraktionen große Politik spielen will; dazu passen solche Debatten. Aber der Schleswig-Holsteinische Landtag ist kein Trainingscamp für angehende Bundespolitiker.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Hallo? - Heiter- keit und Beifall)

- Lieber Wolfgang Kubicki, ich habe bewusst von den regierungstragenden Fraktionen gesprochen, damit der Verdacht nicht auf dich gelenkt wird.

(Dr. Ralf Stegner)

(Zuruf SPD: Die anderen dürfen trainieren, oder was?)

- Nein, damit sind alle gemeint. Es gibt ja mehrere, die sich als Bundespolitiker bewerben.

Ich glaube manchmal, dass wir ein Stück stolz darauf sein sollten, dass wir manche Debatten, die in anderen Bundesländern geführt werden, in diesem Maße in Schleswig-Holstein nicht haben. Schauen Sie sich die Bundesländer an, in denen rechtsextremistische Demonstrationen stattfinden, in denen eine ganz andere Stimmung herrscht. Im Landtag sollte doch eigentlich nach außen das Bild eines Parlaments gezeichnet werden, das stolz auf Schleswig-Holstein ist. In dieser Flüchtlingskrise haben wir auch durch unsere Gemeinsamkeit, die wir bereits in der Vergangenheit hatten, ein Klima geschaffen, sodass Probleme viel seltener auftreten als in den anderen 15 Bundesländern. Das sollten wir stolz miteinander vertreten.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Birgit Herde- jürgen [SPD]: Woran das wohl liegt?)

Ich mache mir bei all den wirklich schlimmen Entgleisungen, ehrlich gesagt, tiefgründige Gedanken darum, was dieses Problem mit der Mitte unserer Gesellschaft macht. Diese Sorgen habe ich. Manchmal bin ich auf Veranstaltungen - übrigens nicht nur auf CDU-Veranstaltungen, sondern ich bin auf Veranstaltungen aller bürgerlichen Kreise und bekenne mich zur Flüchtlingspolitik und sage: Wir brauchen eine europäische Lösung und die Äußerungen der Kanzlerin sind richtig. Ich erlebe dann häufig, dass ein Teil des Saals begeistert klatscht, dass sich aber ganz viele Leute einfach zurücklehnen. Sie klatschen nicht, aber sie kommunizieren auch nicht offen darüber. Das sind doch Menschen, die wir mit unserer Arbeit wieder zurückgewinnen müssen und auch zurückgewinnen können. Das sind ja nicht Menschen, die wir dauerhaft verloren haben.

Natürlich ist das etwas, was uns alle miteinander mit großer Sorge bewegen muss. Unser Auftrag aber muss doch sein, diese Menschen davon zu überzeugen, dass nicht nur das demokratische System richtig ist, sondern dass die Parteien, die in den Parlamenten sind, diese Probleme auch ohne die AfD lösen werden. Dann schaffen wir es, die Menschen wieder zurückzugewinnen und unsere Demokratie in Deutschland dauerhaft und insgesamt zu stärken.

(Beifall CDU)

Alle wissen, wie schwierig das im Moment ist: Wie reagiert man darauf, auch auf seiner eigenen Homepage? Wann muss man Menschen entgegentreten? Sie alle wissen: Das geht nicht nur den Medien und der Polizei so. Sie alle wissen, dass viele Schilderungen von angeblichen Problemen auf dem Tisch landen. Es wird dann gesagt: Es gibt eine ganz große Kriminalität in der Nähe von Erstaufnahmeeinrichtungen. Man muss sich jedes Mal fragen: Geht man dem nach? Ist das wieder ein Fake, der im Internet unterwegs ist? All dies ist im Moment eine unglaublich sensible Aufgabe.

Daher finde ich es wichtig, dass wir alle hier im Landtag heute ein eindeutiges Bekenntnis zu unseren Medien und zu unserem Qualitätsjournalismus abgeben, denn all das, was im Internet und in den Medien teilweise anonym stattfindet, sind Exzesse, die uns alle miteinander mit Sorge umtreiben. Wir brauchen kritische Medien, die auch auf unsere Politik einen kritischen Blick haben. Deswegen ist es unglaublich wichtig, dass wir uns mit aller Entschiedenheit gegen die Hetze, die auch gegen Medien in Deutschland stattfindet, wenden.

(Beifall CDU)

Wir sollten immer sehen, dass wir von unserer Seite aus selbst nicht zum Teil das Gleiche tun, was wir den anderen vorwerfen, was wir Rechtspopulisten und Rechtsextremisten vorwerfen. Lieber Kollege Andresen, ich sehe, dass Sie diesen Antrag unterschrieben haben. Das macht diesen Antrag aus meiner Sicht eher ein Stück weniger glaubwürdig. Ich habe mir angesehen, was Sie auf Facebook teilweise posten. Das ist immer sehr eng an genau den gleichen Sachen dran. Sie schlagen mit einer Keule auf Medien und die bürgerlichen Parteien, ohne zu prüfen, ob die Sachverhalte, die Sie dort darstellen, überhaupt richtig sind.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Facebook-Post vom 29. Januar 2016, Rasmus Andresen:

„Ich kotze! Jetzt werfen sie sogar Handgranaten! Rechter Terror nimmt in Deutschland massiv zu. … Wo bleibt da der Aufstand der sogenannten bürgerlichen Parteien und Teilen der Medien?“

(Beifall SPD, PIRATEN und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was er da postet, war am Ende einer Auseinandersetzung zwischen zwei Sicherheitsdiensten, und er steigt auf eine solche Art und Weise darauf ein.

(Daniel Günther)

Ich lese Ihnen zweitens vor, was die Anarchistische Koordination in Flensburg geschrieben hat:

„Wer schon immer mal wissen wollte, welche charakterlosen Arschlöcher die LSF ausradiert sehen wollen, der kann sich hier ein Bild machen: Faber, Döring, Richert - nehmt euch in Acht. Wenn ihr unbedingt weiterhin den Sturm haben wollt, dann sät nur weiter Wind.“

Danach sind Bilder vom FDP-Mann Richert, vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Döring und vom Oberbürgermeister Simon Faber vom SSW gepostet. Dem Kollegen Andresen fällt dazu nichts Besseres ein, als zu sagen: Die haben sicherlich über die Stränge geschlagen, aber das hat die Polizei bei ihrem Einsatz schließlich auch gemacht. Dazu sage ich Ihnen wirklich, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir alle miteinander sollten vorsichtig damit sein.

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

- Das ist genau daraus zitiert, Herr Kollege Andresen.

Herr Kollege!

Wir alle miteinander sollten aufpassen, dass wir diesem gesellschaftlichen Klima nicht durch unser eigenes Handeln einen Vorschub leisten. Da müssen wir alle miteinander aufpassen.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, Sie müssen bitte auf die Zeit achten.

Deswegen appelliere ich an Sie alle: Solche einseitigen Anträge, die ausblenden, dass wir auch Probleme im linksextremistischen Bereich haben, dass wir auch Probleme im salafistischen Bereich haben, gucken Sie sich das an -

Herr Kollege, ich bitte Sie. Ihre Redezeit ist deutlich abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich weiß, dass es Sie nervt, wenn man auch über Gewalt von dieser Seite spricht. Sie wollen immer nur über diese Form von Gewalt reden, aber wir haben in Deutschland auch andere Gewaltexzesse. Die sollten wir miteinander nicht ausblenden. Von daher appelliere ich an Sie: Ersparen Sie uns in Zukunft solche Debatten über solche Anträge.

Herr Kollege!

Lassen Sie uns lieber Politik für die Menschen in unserem Land machen. Damit bekommen wir die AfD nämlich wirklich klein.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Eka von Kalben.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in unserer Fraktion darüber diskutiert, ob es Sinn macht, zum jetzigen Zeitpunkt so einen Antrag zu stellen.

(Zurufe CDU)

- Ich würde mich freuen, wenn Sie zuhören könnten. Ich musste den Kram eben auch anhören.

(Weitere Zurufe CDU)

- Sie werden gleich hören, was das heißt. - Wir haben sehr ernsthaft überlegt, ob es hier in diesem Parlament dann wieder eine Debatte gibt, in der der eine dem anderen irgendetwas vorwirft und Populismus unterstellt. Wir haben dies auch mit unserem Koalitionspartner sehr ernsthaft diskutiert. Unser Partner, Fraktionsvorsitzender Stegner, hat hier eine Rede gehalten, die genau das wiedergespiegelt hat, was wir mit diesem Antrag ausdrücken wollten. Wir wollten ein Zeichen setzen. Wir wollten deutlich machen, dass wir hier im Landtag alle gemeinsam ein Zeichen gegen rechts setzen. Dass es da draußen eine Gefahr gibt, wer will das bitte schön abstreiten?