Protokoll der Sitzung vom 09.03.2016

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

2012 lagen wir bei Bandbreiten von 50 Mbit und mehr noch bei 47,6 %. Das zeigt: Wir haben mit dieser Landesregierung beim Ausbau des Breitbands einiges erreicht.

(Beifall SPD und SSW)

Es geht weiter: Parallel zu dieser Veranstaltung ist mein Staatssekretär in Dithmarschen beim kommunalen Zweckverband Glasfasernetz Dithmarschen, und in Schafstedt wird der nächste Spatenstich getätigt.

Meine Damen und Herren, der Bund hat mit seinem Breitbandprogramm zwar nachgezogen, allerdings begnügt er sich mit dem Bandbreitenziel von 50 Mbit und fokussiert sich stur auf das Jahr 2018, wodurch eindeutig nachhaltigere Lösungen diskriminiert werden.

Sorge bereitet mir vor allen Dingen die drohende Benachteiligung von sogenannten Betreibermodellen, die ja gerade in Schleswig-Holstein in Verbindung mit kommunalen Zweckverbänden so erfolgreich sind. Ich habe Minister Dobrindt mehrfach darauf angesprochen. Er hat eine Gleichbehandlung mit dem sogenannten Wirtschaftlichkeitslückenmodell zugesagt. Ich kann nur sagen: Schauen wir mal.

(Präsident Klaus Schlie)

Das zweite Problem ist das sogenannte Vectoring im Nahbereich. Ich bin skeptisch hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit dieser Technologie. Wir werden sehr darauf achten müssen, dass die anstehende Regulierungsentscheidung der Bundesnetzagentur nicht zu einer Remonopolisierung zugunsten der Deutschen Telekom führt und der erfolgreiche Breitbandausbau in Schleswig-Holstein dadurch nicht gefährdet wird.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Aber natürlich sind wir Realisten und wissen, dass wir nicht von heute auf morgen alles mit Glasfaser werden versorgen können. Wir können es vor allem dem ländlichen Raum nicht zumuten, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu warten. Deswegen brauchen wir in unserem Konzept auch intelligente Zwischenlösungen.

Unser Instrumentarium ist darauf angelegt, dass wir nicht alles fördern können; aber wir wollen intelligente Lösungen unterstützen. Wir haben 70 Millionen € bis 2020 im Sondervermögen Breitband zur Verfügung. Damit wollen wir intelligente Anreize zur Weiterentwicklung der Breitbandlandschaft in Schleswig-Holstein schaffen. Dazu gehören die Unterstützung von Planungs- und Beratungsleistungen der kommunalen Träger. Dazu gehört die sogenannte „Spinne im Netz“, die Unterstützung des Breitband-Kompetenzzentrums Schleswig-Holstein, das vor allen Dingen informativ arbeitet und die Kommunen berät. Ganz wichtig ist die Rolle der Investitionsbank Schleswig-Holstein, die zum Beispiel mit dem Zinssubventionierungsprogramm - das ist in Deutschland einmalig - ein besonderes Förderprogramm für Breitbandmodelle hat. Wir halten auch Landesbürgschaften vor, da wo wir sie brauchen, zum Beispiel, um Bürgerbreitbandgesellschaften zu unterstützen. Und - das ist der Link zu dem ersten Punkt, über den wir heute diskutiert haben - wir arbeiten als Landesregierung an einem Landes-Backbone-Konzept. Dabei geht es um den Ausbau der Verwaltungsnetze. Wir wollen Glasfaseranschlüsse in allen öffentlichen Verwaltungen, vor allen Dingen in den Schulen, damit wir die digitale Zukunft von Schleswig-Holstein entsprechend gestalten können. Das ist Grundlage der digitalen Agenda der Landesregierung.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Wir brauchen natürlich auch ein Kommunikationskonzept Breitband, um noch mehr über die Vorteile von Breitbandanschlüssen zu informieren.

All das zeigt: Der Breitbandausbau in SchleswigHolstein geht mächtig voran, und Sie können sicher sein: Diese Landesregierung führt Schleswig-Holstein in die digitale Zukunft. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, wir werden folgendermaßen verfahren: Zuerst sprechen die Fraktion der CDU als Fragestellerin zur Großen Anfrage, dann die Fraktion der FDP als Antragstellerin des ursprünglichen Berichtsantrages und dann die Fraktionen nach Stärke.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bernstein für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Minister Meyer, zunächst einmal ganz herzlichen Dank für Ihren Bericht und für die Beantwortung der Großen Anfrage. In der Tat gibt der Bericht - er ist ja in Teilen quasi wortgleich mit einem Auszug aus der Großen Anfrage - einen guten Überblick über den Stand der Dinge, insbesondere was den Ausbau der schnellen Netze angeht. In der Tat ist es gut, dass Schleswig-Holstein hier insgesamt gar nicht mal so schlecht dasteht, wobei der Hinweis erlaubt ist, dass dies ganz wesentlich auf die kommunalen Initiativen und die privaten Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind, zurückgeht.

(Beifall CDU)

Die Initiativen der Landesregierung in diesem Bereich, die wirklich neu sind, sind in der Tat überschaubar.

Ich will ausdrücklich sagen: Das Infrastrukturziel Glasfaser halten wir für richtig, den Zeithorizont 2030 allerdings für nicht akzeptabel. Es bleiben viele Fragen offen: Warum zum Beispiel ist es bislang nicht gelungen, das Infrastrukturziel auch tatsächlich in den Förderrichtlinien des Landes abzubilden? Welche Konzepte hat denn die Landesregierung für die letzten Prozente im Ausbau, die dafür sorgen, dass die Kosten für die bisherigen Planungen explodieren? Wie weit ist es denn mit dem Backbone-Konzept der Landesregierung, das Sie eben wieder angesprochen haben? Und woher stammt die Hoffnung, die Sie in dem Bericht äußern, dass die sogenannten „weißen Flecken“ durch das Backbone-Konzept des Landes in den Griff be

(Minister Reinhard Meyer)

kommen werden können? Warum sollten ausgerechnet die weißen Flecken - das sind in der Regel kleine ländliche, abgelegene Gemeinden - mit Dienststellen des Landes gesegnet sein? Weitere Fragen könnte man anfügen.

Die grundsätzlichen Ziele, die mit einem Netzausbau erreicht werden sollen, sind, denke ich, hier im Haus unstreitig. Es geht um Wettbewerbsfähigkeit für unsere Wirtschaft, es geht um die strukturelle Entwicklung der ländlichen Räume, und es geht um die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern am gesellschaftlichen Leben. Diese Punkte nennen Sie auch. Ich würde ergänzen wollen: die Gestaltung des demografischen Wandels durch medizinische und pflegerische Anwendungen, Möglichkeiten, den Mobilitätsbedarf unserer Gesellschaft digital sicherer und effizienter zu gestalten, und die Chancen, durch E-Government Verwaltung effizienter und bürgerfreundlicher zu gestalten.

So richtig die Ansätze, die Sie aufzeigen, sind, so bleibt die Umsetzung doch vielfach halbherzig. Hier ein paar Beispiele: Thema ,,Autonomes Fahren“. Ich zitiere aus der Antwort auf die Große Anfrage:

,,Eigene Initiativen wurden bisher nicht ergriffen, da die in Schleswig-Holstein ansässigen Unternehmen aus dem Bereich der Fahrzeugindustrie bisher keinen spezifischen Bedarf angemeldet haben.“

Beispiel „Grenzüberschreitende Projekte mit Dänemark“:

,,Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.“

Weiter gefragt, ob die Landesregierung gedenkt, grenzüberschreitende Projekte zu initiieren:

,,Derzeit sieht die Landesregierung keine geeigneten Projekte.“

Zum Thema „E-Government“:

,,Sowohl die Einführung als auch die Weiterentwicklung von Diensten wird nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt überall beginnen oder enden. Zur Zeitplanung KoPers vgl. die fortlaufende Berichterstattung im Finanzausschuss.“

(Lachen Tobias Koch [CDU])

Mein Zwischenfazit: Es fehlt bislang an einem echten Konzept zur Digitalisierung in Schleswig-Holstein. Das Ziel, bis 2030 flächendeckend ein NGANetz in Schleswig-Holstein zu schaffen, ist für die,

die erst 2030 angeschlossen werden sollen, vollkommen unbefriedigend. Digitalisierung heißt nicht: Wir bauen ein schnelles Netz und schauen mal, was dann passiert. Wenn die Digitalisierung in ihren Auswirkungen unsere Gesellschaft unbestritten mindestens so tiefgreifend verändern wird, wie es einst die Industrialisierung getan hat, dann ist hier politischer Gestaltungswille über den Netzausbau hinaus gefragt. Der hängt - mit Verlaub und Blick auf die Beantwortung der Großen Anfrage - im Moment auf Ebene der Referatsleiter oder auch nicht. Das muss sich ändern.

Sie kündigen in der Antwort vollmundig eine digitale Agenda für Schleswig-Holstein an. Das ist eine nette Idee - drei Jahre, nachdem der Bund mit der Umsetzung begonnen hat. Wir sind gespannt. Es wäre schön, wenn Sie hier vor 2030 zu Potte kommen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Christopher Vogt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass die Große Anfrage der CDU beziehungsweise die Antwort der Landesregierung sage und schreibe viermal vertagt wurde, bis es jetzt zur Aussprache im Plenum kommen konnte, sagt leider viel darüber aus, welchen Stellenwert das Thema Digitalisierung im Schleswig-Holsteinischen Landtag hat.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Die Digitalisierung unserer Gesellschaft und insbesondere unserer Wirtschaft ist bereits in vollem Gange. Der Kollege Dr. Bernstein hat das eben angesprochen. Das Leben der Menschen wird sich dadurch in den nächsten Jahren so stark verändern wie wohl durch keine andere technologische Entwicklung zuvor.

Gerade eben haben wir über die Digitalisierung im Bildungswesen gesprochen, aber auch fast alle anderen Lebensbereiche, zum Beispiel das Wohnen, die Mobilität, die Medizin oder auch die Medien, werden sich in den nächsten Jahren radikal verändern. Ich glaube, das wird trotz aller Herausforderungen unterm Strich eine gute Entwicklung für die Menschen sein. Dies wird zu vielen Herausforderungen führen, aber auch zu vielen Chancen und vielen Entlastungen für die Menschen.

(Dr. Axel Bernstein)

Umso fataler ist es aus Sicht meiner Fraktion, dass die Landesregierung hier - wie bei anderen Zukunftsfragen auch - bisher ziemlich planlos agiert. Dass die Landesregierung im Jahr 2016 noch immer keine digitale Agenda vorweisen kann, ist wirklich mehr als peinlich.

(Beifall Volker Dornquast [CDU])

Wir haben es nach wie vor mit einer eher analogen Landesregierung zu tun. Herr Dr. Bernstein, in einem Punkt muss ich Ihnen widersprechen: Die Bundesregierung ist leider auch nicht viel besser davor.

(Beifall FDP)

Es gibt seit 2013 immerhin ein Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das nennt sich so, aber entscheidende Fortschritte im Bereich der Digitalisierung - wenn wir ehrlich miteinander sind - kann auch Herr Dobrindt leider nicht vorweisen. Es tut mir leid, ich muss das kritisch anmerken. Herr Kollege Günther, Sie sind ja sonst dicht bei der CSU. Diesen Punkt sehen - glaube ich - auch Sie kritisch.

(Beifall FDP)

Ich freue mich darüber, dass wir jetzt über die Große Anfrage der CDU und den Bericht debattieren können. Ich möchte mich angesichts der beschränkten Zeit auf das Thema Breitbandausbau beschränken. Der wird in Deutschland ja privatwirtschaftlich organisiert. Das kann man gut oder schlecht finden. Ich finde das gar nicht so schlecht. Das wird ja immer kritisiert.

Herr Minister, die Landesregierung hat in einem Punkt recht: Planwirtschaftliche Ausbauziele - wie die Bundesregierung sie formuliert - sind relativ irre, wenn man weiß, dass das privatwirtschaftlich organisiert wird. Das Land muss in erster Linie in Zusammenarbeit mit den anderen staatlichen Ebenen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass der Glasfaserausbau und der Ausbau des mobilen Netzes schnellstmöglich voranschreiten.