In der Schlussfolgerung gebe ich Ihnen recht. Auf dem Landesparteitag des SSW vor einer Woche haben wir unser neues Rahmenprogramm beschlossen. Da haben wir ganz klar gesagt, dass wir uns wünschen, dass es in den einzelnen Staaten Volksabstimmungen über die Frage der Abgabe von Souveränität gibt, dass die einzelnen Staaten darüber entscheiden können, ob sie - unter welchen Bedingungen auch immer - Souveränität abgeben wollen.
Das halte ich für einen besseren Weg als den, den der Kollege Voß gerade vorgetragen hat, dass man eine gesamteuropäische Abstimmung durchführt. Denn die führt dazu, dass die bevölkerungsstarken Länder dominieren können und die bevölkerungsschwachen Länder - das sind manchmal Länder mit
5 Millionen, 6 Millionen oder 7 Millionen Einwohnern - keine Chance mehr haben, sich mit ihren Ideen und Vorstellungen durchzusetzen, und das kann wiederum zu Konflikten führen.
Ich glaube, die Grundeinigkeit muss dergestalt hergestellt werden, dass Dinge von der EU ausgearbeitet werden, sie dann aber national - wie es jetzt auch der Fall ist - bestätigt werden müssen. Ich würde mir wünschen, dass auch in Deutschland das Volk über die Abgabe von Souveränität abstimmen kann.
Meine Damen und Herren, es geht nach unserer Auffassung darum, dass man versucht, sich mit den anderen Ländern zu einigen, dass man vorausschauend guckt, welche Kultur, welche Geschichte, welche Sichtweisen andere Länder an den Tag legen. Was bei uns möglicherweise als nationale Überhebung gilt, gilt in anderen Ländern noch lange nicht als eine solche. Deshalb glaube ich, dass Rücksichtnahme das entscheidende Kriterium ist, wenn man miteinander redet.
Wir müssen dafür werben, dass die Europäische Union mehr ist als nur eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie ist eine Wertegemeinschaft, die Werte sind aber sehr unterschiedlich. Man muss gucken, wo man sich in den Werten einigen kann. Das ist ein schwieriger Prozess, aber das ist der eigentliche Prozess, den man jetzt durchführen muss. Es geht weniger darum, neue Abkommen abzustecken, sondern darum zu gucken, wo in den skandinavischen Ländern, in den zentraleuropäischen Ländern und auch in den osteuropäischen und südeuropäischen Ländern gemeinsame Werte bestehen und wo gleiche Werte bestehen, wo möglicherweise Nuancen bestehen.
Wenn man das herausfindet und definiert, dann bekommt man auch eine gemeinsame europäische Politik aller nationalen Staaten und aller starken Regionen hin. Das wäre zumindest unser Ziel. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Bevor ich der Ministerin das Wort erteile, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam auf der Tribüne die Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung und Mädchen, die am Girls Day teilnehmen,
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Das Scheitern Europas ist ein realistisches Szenario“, warnte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz Mitte Januar. In der Tat sind die Zeichen einer Krise unübersehbar. Das EU-Referendum in England mit den entsprechenden Brexit-Szenarien sei hier auch von mir als Stichwort genannt. Hinzu kommt, dass die europäische Staatengemeinschaft angesichts der Flüchtlingssituation und der nach wie vor nicht überwundenen Finanz- und Wirtschaftskrise weiter vor großen Herausforderungen steht.
Leider müssen wir feststellen, dass in einigen Mitgliedstaaten antieuropäische Bewegungen verstärkt Zulauf erhalten, die sich für nationale und damit vermeintlich einfachere Lösungen zur Bewältigung aller Herausforderungen aussprechen. Nicht zuletzt die jüngsten Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zeigen uns, dass auch in Deutschland die Skepsis gegenüber der Europäischen Union wächst.
Doch verkennen all diese Rufe nach nationalen Alleingängen, dass sich durch Abschottung keine dauerhaften und nachhaltigen Lösungen werden erreichen lassen.
Sie lassen außer Acht, oder - schlimmer - sie leugnen, dass die Europäische Union mehr ist als nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, auch wenn der Binnenmarkt zweifellos eine ihrer zentralen Errungenschaften ist. Sie missachten, dass die Europäische Union auch - zuvörderst - eine Wertegemeinschaft ist. Damit meine ich die Werte, die in der Grundrechtecharta und im Vertrag über die Europäische Union niedergelegt sind. Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben diese Grundrechtecharta und die europäischen Verträge unterschrieben und ratifiziert.
Das ist die gemeinsame Grundlage. Es sind also Werte, die den Kern der Europäischen Union ausmachen und die es nunmehr zu verteidigen gilt gegenüber denjenigen, die ihnen jegliche Bedeutung absprechen und damit den Zusammenhalt und Fortbestand der Gemeinschaft erheblich gefährden.
Wir müssen uns also deshalb - daran geht aus meiner Sicht kein Weg vorbei - weiterhin mit Nachdruck für eine europäische Lösung zum Beispiel in der Flüchtlinge- und Migrationsfrage einsetzen. Das heißt auch, dass wir die besonders belasteten Mitgliedstaaten wie Griechenland nicht alleinlassen dürfen und ihnen die notwendige finanzielle und personelle Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme zukommen lassen.
Aber Solidarität ist eben keine Einbahnstraße; darum unterstützen wir die Europäische Kommission in ihren aktuellen Bemühungen, durch eine Reform des sogenannten Dublin-Systems für mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung von Flüchtlingen zu sorgen.
Schließlich bedarf es eines effektiveren Schutzes der Außengrenzen, um die von einigen Mitgliedstaaten eingeführten Kontrollen an der Binnengrenze schnellstmöglich zu beenden und die volle Freizügigkeit in der EU wiederherzustellen.
Dazu passt auch - auch das sage ich ausdrücklich die entsprechende Neuregelung zum Ausbau der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Ich weiß, dass über Frontex immer wieder diskutiert wird, aber wer das eine will, muss auch das andere machen. Diese Neuregelung soll ja vor der Sommerpause in Kraft treten, so ist es vereinbart worden. Klar ist aber auch, dass wir über alledem die Belange der Schutzsuchenden nicht aus dem Blick verlieren dürfen und unser Handeln im Einklang stehen muss mit den eben von mir genannten europäischen Werten. Deshalb - auch vor dem Hintergrund des anstehenden nächsten Tagesordnungspunktes und der Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingsfrage - ganz klar und deutlich: Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist und bleibt unverhandelbar.
Meine Damen und Herren, wir als Landesregierung werden uns darüber hinaus auch weiterhin starkmachen für ein sozial gerechtes Europa. Darum begrüßen wir den Vorschlag zur Reform der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern, den die Europäische Kommission Anfang März vorgelegt hat. Die Landesregierung hat sich im Bundesrat am 22. April 2016 für die Verabschiedung dieser Richtlinie ausgesprochen; denn mit dieser Entsenderichtlinie nähern wir uns einer europäischen Lösung, die dann letztlich auch dazu führen wird, dass wir ein soziales und sozialeres Europa bekommen.
Als exportstärkster Mitgliedstaat mit einem hohen Lohn- und Steuerleistungsniveau profitiert insbesondere Deutschland von europäischen Regeln und auch von der Novellierung dieser Entsenderegel, weil wir einen fairen Wettbewerb brauchen und der dadurch auch besser gewährleistet wird.
Wir brauchen natürlich aus schleswig-holsteinischer Sicht eine Weiterentwicklung aller grenzüberschreitenden Arbeitsmärkte, so wie wir sie in der deutsch-dänischen Grenzregion haben, aber auch in der Fehmarnbelt-Region. Aus schleswigholsteinischer Sicht geht also kein Weg daran vorbei, den europäischen Lösungen den Vorrang zu lassen, weil wir - gerade auch unter den geografischen Voraussetzungen - von europäischen Lösungen nur profitieren können. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Wir kommen dann, nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen und ich die Beratung schließe, zur Abstimmung.
Die CDU-Fraktion hat mir signalisiert, dass sie ihren Antrag gern zu einem eigenständigen Antrag erklären möchte. Widerspruch dazu sehe ich nicht. Dann lasse ich zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachennummer 18/4138 abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Abgeordneten von FDP und CDU. Wer lehnt diesen Antrag ab? - Das sind die Mitglieder der Fraktion der PIRATEN, die Abgeordneten von SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. - Enthaltungen gibt es keine. Damit ist dieser Antrag gegen die Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.
Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/4102, abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW. Wer lehnt diesen Antrag ab? - Das sind die Abgeordneten von FDP und CDU. Wer enthält sich? - Das sind die Kollegen der Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von FDP und CDU bei Enthaltung der Piratenfraktion angenommen.
Ich darf Ihnen weiterhin mitteilen, dass ein weiterer Kollege, nämlich Wolfgang Dudda von der Piratenfraktion, erkrankt ist. - Auch ihm wünschen wir von dieser Stelle aus gute Besserung.
Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/4132
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile zunächst dem Abgeordneten Sven Krumbeck von der Piratenfraktion das Wort.
„Wenn ich zu entscheiden hätte, ob wir eine Regierung ohne Zeitungen oder Zeitungen ohne eine Regierung haben sollten, würde ich ohne Zögern das Letztere vorziehen.“
- Es mag nicht typisch für einen PIRATEN sein, an dieser Stelle einen ganz großen Liberalen zu zitieren, aber diese Wort von Hans-Dietrich Genscher haben mich in den letzten Tagen und Wochen immer wieder bewegt. Sie sagen mir, dass es schlimm ist, wenn Zeitungen politisch abhängig sind. Sie sagen mir, dass die Freiheit, zu sagen und zu schreiben, was man denkt, nicht politisch missbraucht werden darf.
Weil das so ist, haben wir heute diesen Antrag gestellt. Ich bin froh, dass wir gemeinsam darüber sprechen. Ich denke, wir sind uns einig, dass Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Kunstfreiheit für einen demokratischen Rechtsstaat von unschätzbarem Wert sind. Sie sind die Basis für eine politische Beteiligung am demokratischen Prozess und durch unsere Verfassung garantiert.
Das geschieht auch vor dem Hintergrund, dass wir in Deutschland leidvolle Erfahrungen damit gemacht haben, was passiert, wenn die Presse zum bloßen Verkündungsorgan der Regierung wird oder abweichende Meinungen unterdrückt oder bestraft werden.
Nun ist es in Deutschland aber auch so, dass Satire nicht alles darf, auch wenn das bekannte Tucholsky-Zitat anderes suggeriert. Wer unter dem Deckmantel der Satire Hetze und bloße Beleidigung verbreitet, der kann und wird dafür zur Verantwortung gezogen werden. Dafür haben wir das Strafgesetz und das Zivilrecht für mögliche Klagen. Die Rechtsprechung ist allerdings in der Auslegung dessen, was zu weit geht, sehr großzügig, und wir PIRATEN finden das richtig. Wir begrüßen auch die vergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, der Presse- und Meinungsfreiheit weite statt enge Grenzen zu setzen.