Protokoll der Sitzung vom 29.04.2016

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Vogt?

Vielen Dank, Herr Meyer. - Wir haben kritisiert, dass der Landesbetrieb nicht ordentlich ausgestattet ist. Die Zahlen sprechen auch dafür. Die Kleine Anfrage habe ich angesprochen. Wir haben auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen, die sich in den letzten Jahren ein bisschen alleingelassen fühlten.

Dass der Eindruck entstanden ist, dass wir die Mitarbeiter kritisiert hätten, liegt daran, dass sich Herr Nägele im Ausschuss hinter seine Mitarbeiter stellt und die Kritik an seinen Mitarbeitern zurückweist. Diese Kritik gab es aber nicht. Ich finde diese Finte schon etwas merkwürdig, wenn man seiner Verantwortung nicht gerecht wird, so zu tun, als würden wir Landesbeamte kritisieren. Das finde ich auch ein bisschen unverschämt.

- Ich habe wahrgenommen, dass das nicht den Planern galt. Ich will nur sagen, dass das in der Öffentlichkeit ein bisschen anders rübergekommen ist. Außerdem will ich noch einmal sagen, dass uns bestätigt worden ist, dass wir gute und hoch qualifizierte Planer beim Landesbetrieb haben.

(Beifall SSW und SPD)

Nach Auffassung des SSW entbehrt die Forderung der CDU, die Planungsstruktur zu ändern, dem Landesbetrieb die Planungsaufgaben zu entziehen und die Planungen für Bundes- und Landesstraßen in eine Gesellschaft zu übertragen, jeglicher Grundlage. Angesichts der Komplexität bei den Planungsverfahren hat das Urteil aus unserer Sicht die hohe Qualität der Planungen bestätigt und damit auch die gute Arbeit der Planer.

Unser Minister lag mit seinem Anspruch „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ absolut richtig. In Anbetracht des Urteils sollte die CDU vielleicht einmal kleinere Brötchen backen. Außerdem haben wir unsere Erfahrungen gemacht und wissen, wozu es führen kann, wenn die planerische Verantwortung in der politischen Verantwortung der CDU liegt.

Ein weiteres Störfeuer in Bezug auf die A 20, das in dieser Woche aufgeflammt ist, kommt aus dem Bundesumweltamt. Die Forderung, auf den Weiterbau der A 20 nahezu komplett zu verzichten und entsprechend aus dem Bundesverkehrswegeplan zu streichen, ist so nicht nachvollziehbar. Natürlich stellt der Bau von Autobahnen einen Eingriff dar. Das ist auch aus naturschutzfachlicher Sicht kri

tisch zu sehen. Das ist klar und unbestritten. Die A 20 mit der westlichen Elbquerung ist aber kein Projekt, das gestern vom Himmel und dann in den Bundesverkehrswegeplan gefallen ist. Solche Forderungen jetzt aufzustellen, das ist nach Auffassung des SSW haltlos.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Zudem möchte ich deutlich sagen: Das Urteil bestätigt unsere Auffassung, dass die naturschutzfachlichen Belange bei den Planungen entsprechend berücksichtigt wurden. Dieses Urteil ist keine politische Entscheidung, sondern eine höchstrichterliche Abwägung und Rechtsprechung. Daher dürfte das jetzt vom Tisch sein. Trotzdem fand ich das sehr ärgerlich.

Unterm Strich bleibt festzustellen: Das größte OstWest-Verkehrsprojekt der Deutschen Einheit kann jetzt fortgesetzt werden. Dies ist nicht nur für den norddeutschen Raum von Bedeutung, sondern es hat auch eine europäische Dimension. Die westliche Elbquerung wird für den Skandinavien-Verkehr - ob von der Jütlandroute oder später über den Fehmarnbelt - die Umgehung Hamburgs ermöglichen und den Verkehr ins Ruhrgebiet und in das südwestliche Europa erheblich erleichtern. Daher kann ich mir sehr gut vorstellen, dass man in dieser Woche auch in Dänemark gespannt nach Leipzig geblickt hat und sich sehr über dieses Urteil freut.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Zum weiteren Verfahren möchte ich vorschlagen, dass wir den FDP-Antrag in den Wirtschaftsausschuss überweisen.

(Christopher Vogt [FDP]: Nö!)

Ich werde den CDU-Antrag ablehnen. - Jo tak.

(Beifall SSW und SPD)

Weitere Wortmeldungen aus dem Parlament liegen nicht vor. Dann hat jetzt die Landesregierung das Wort. - Das Wort hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Reinhard Meyer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit gestern steht fest: Die A 20 samt Elbtunnel wird kommen. Wir reden nicht mehr über das Ob, sondern wir reden nur noch über das Wann und das Wie.

Mein Dank gilt ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesbetriebs für Straßenbau und Verkehr. Mein Dank gilt den Mitarbeitern meines Hauses, die Tag für Tag für dieses Projekt hart arbeiten. Das Motto „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ hat sich ausgezahlt.

(Beifall SPD und SSW)

Das gestrige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts war bemerkenswert klar. Die Linienbestimmung ist bestätigt worden. Sie steht nicht mehr zur Disposition. Das Vorhaben ist mit den Anforderungen des Naturschutzes vereinbar. Das Sicherheitskonzept im Tunnel ist akzeptiert und es werden hauptamtliche Feuerwehrkräfte eingesetzt. Die Finanzierung ist auf jeden Fall durch den Bund gesichert. Alle Klagen wurden abgelehnt. Das ist Rechtsicherheit.

Ein einzelner Fehler wurde festgestellt: In einer Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu lesen, dass ein einzelner Fehler festgestellt worden ist. Das betrifft die EU-Wasserrahmenrichtlinie und den Gewässerschutz. In Niedersachsen ist übrigens genau der gleiche Fehler begangen worden, und das ist genauso entschieden worden. Diesen Fehler werden wir nun gemeinsam mit Niedersachsen heilen, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall SSW und Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD] - Wortmeldung Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Das Fazit daraus ist: Die A 20 ist nicht mehr verhinderbar, sondern nur noch verzögerbar.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung oder -frage?

Nein, im Moment nicht. Danke. - Fazit ist also: Die A 20 ist nicht mehr verhinderbar, sondern nur noch verzögerbar. Jetzt kommt es darauf an, auch politische Schlüsse daraus zu ziehen. Ich glaube, es ist an der Zeit zur Versöhnung, meine Damen und Herren. Wir wollen als Landesregierung auf potenzielle Kläger und Verbände zugehen. Wir wollen Grabenkämpfe um die A 20 - das ist hier zu Recht genannt worden - der vergangenen 25 Jahre beenden. Wir wollen die A 20 optimieren. Wir wollen, dass die A 20 kommt.

(Flemming Meyer)

Herr Tietze, ich danke Ihnen ausdrücklich für das, was Sie hier im Plenum gesagt haben. Das war sehr wohltuend.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Es war auch für uns die Aufforderung, mit den potenziellen Klägern darüber zu reden, wie man dieses Projekt für Schleswig-Holstein umsetzen kann.

Das Stichwort „Versöhnung“ passt nicht zu dem, was ich auch persönlich als Minister erlebt habe. Manche Empörungsrhetorik der Opposition war schon sehr merkwürdig. Das, was die FDP gemacht hat, Herr Vogt, war konstruktiv: Wir diskutieren über die besten Wege. Aber die Inflation von Rücktrittsforderungen vonseiten der CDU - aus welchem Anlass auch immer, das müssen Sie entscheiden ist nicht gut für die politische Kultur in SchleswigHolstein. Ich glaube, Sie müssen einmal ein bisschen abrüsten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dabei geht es nicht um die Befindlichkeit eines einzelnen Ministers, sondern um viel mehr: Es geht um Vertrauen in unsere Verwaltung, für die viele schon Verantwortung getragen haben. Es geht um Rückendeckung für das, was die Verwaltung tagtäglich tut. Dieses Vertrauen ist durch diese Kritik in keiner Weise in irgendeiner Form aufgebaut worden.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Wenn ich mir die Anträge und Äußerungen der CDU anhöre, dann höre ich: Wir sollen eine Bundesfernstraßengesellschaft gründen. Wir sollen die Planung der DEGES übernehmen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem man schon alles geplant hat, zwischendurch die Pferde wechseln. Bei der Rader Hochbrücke, wo wir das können, machen wir es übrigens. Wir sollen ÖPP-Projekte fördern. Wir sollen mehr Personal beim LBV einstellen. Dann sollen wir einmal wieder eine GmbH gründen. - Was wollen Sie eigentlich?

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Das ist für die CDU überhaupt nicht erkennbar. Sie haben keinen Plan. Ich glaube, dass dies für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen ich häufig spreche, eine Zumutung ist. Die sagen mir: Wir arbeiten, aber wir wissen nicht, was diese CDU-Opposition eigentlich von uns als Straßenbauverwaltung in der Zukunft will.

(Beifall SPD)

Selbstverständlich reden wir über die Lehren aus dem Urteil in Bezug auf Bad Segeberg. Ich stehe zu der Verantwortung, obwohl die Vorbereitungen dort vor meiner Zeit erfolgt sind. Das kostet uns drei bis vier Jahre. Die Lehren aus Bad Segeberg sind, dass wir in der Steuerung des LBV persönlich durch den Staatssekretär regelmäßig dabei sind, um das zu verbessern. Wir reden über Personal und Organisation. Wir kaufen externen Sachverstand ein, und das hat sich vor Gericht in Leipzig als erfolgreich erwiesen, um in diesem Verfahren besser auszusehen. Ja, wir machen auch Stellenausschreibungen. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück. Das gehört zur Tagesordnung.

Was sind die Zukunftsaufgaben des Landesbetriebes? Wir müssen uns auf die Aufgaben konzentrieren. Wir müssen aber vor allem die Wettbewerbsfähigkeit herstellen, was das Personal angeht.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja!)

Wir haben das Problem, dass wir Stellen ausschreiben und zu wenige Fachkräfte finden, die sich darauf bewerben. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Wenn eine Hochschulabsolventin bei uns im Landesbetrieb im Eingangsamt mit E 10 eingestellt wird und in Hamburg parallel mit E 13, machen wir etwas falsch. Genau darüber, meine Damen und Herren, müssen wir reden.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja, dann ändern Sie es doch! - Beifall SPD und SSW)

Was nicht hilft, ist, dass wir dem Zentralismus frönen und glauben, der macht alles besser. Bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und beim Eisenbahnbundesamt sehen wir, dass es mitnichten so ist.

Deswegen ist ganz entscheidend: Was nicht hilft, sind Organisationsdebatten. Was hilft, ist, dass wir uns gemeinsam Gedanken zum Planungsrecht machen. Wie kann man die Planungsverfahren vereinfachen und verkürzen? Man kann das nicht auf Schleswig-Holstein allein beziehen, sondern muss es für ganz Deutschland machen. Die Vorschläge der Bodewig-II-Kommission liegen vor. Auch Bundesminister Dobrindt muss hier handeln, bevor er Debatten über eine Bundesfernstraßengesellschaft anstößt, die zu nichts führen. Es geht um die Sache, und darüber muss geredet werden.

Bei all dem, was man gern vereinfachen oder verbessern möchte, geht eines nicht: Dass wir weniger Bürgerbeteiligung machen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

(Minister Reinhard Meyer)

Die Transparenz für die Öffentlichkeit muss gewahrt werden. Das ist ein wichtiger Punkt. Deswegen sage ich Ihnen als mein Fazit von gestern: Die A 20 wird kommen, aber nur mit uns, mit dieser Landesregierung, denn wir wollen auch die Kritiker mitnehmen. Wir wollen, dass möglichst alle im Land durch gute Entscheidungen mit der A 20 versöhnt sind. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.