Lieber Herr Dolgner, Sie haben eigentlich nur eine kleine Fußnote vergessen, ganz versehentlich natürlich, nämlich zu erwähnen, dass die Zusammenarbeit zwischen NSA und BND auf einem Abkommen beruht, das ein Kanzleramtsminister namens Steinmeier einmal vor einigen Jahren abgeschlossen hat. Das ist aber nur eine kleine Nebensächlichkeit in dem Kontext.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das war damals! - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Als Sozialdemo- krat wusste er, was er tun muss!)
Das ist schade. Wenn Sie es täten, dann würde dies dazu führen, dass Sozialdemokraten, na ja, nicht so viel Unsinn machen würden, wie sie es vielleicht sonst machen. Aber egal.
Im Übrigen verweise ich zu inhaltlichen Fragen noch einmal auf den Redebeitrag meines Kollegen Wolfgang Kubicki in der ersten parlamentarischen Beratung zu diesem Thema, die auch schon vor längerer Zeit stattgefunden hat, nämlich am 23. August 2013.
Im Übrigen sehe ich dem baldigen Ende der heutigen parlamentarischen Beratung hoffnungsvoll entgegen. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Klug, den Gefallen kann ich Ihnen leider nicht tun. Ich werde hier meine Rede halten, und Sie werden mir hoffentlich zuhören.
Ich freue mich sehr, dass wir nun endlich unseren Antrag aus dem Jahr 2013 besprechen können. Die Älteren unter uns werden sich vielleicht erinnern: Dieser Antrag war damals als Dringlichkeitsantrag gestellt worden, was aber leider von der Mehrheit in diesem Haus anders gesehen worden ist.
Heute - den 3. Jahrestag der Snowden-Enthüllungen haben wir ja gerade hinter uns gebracht - hat unser Antrag prinzipiell nichts von seiner Dringlichkeit oder Aktualität verloren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte zu dieser späten Stunde gar nicht in die technischen Details einsteigen oder Sie über konkrete Verschlüsselungskonzepte belehren. Schauen wir doch stattdessen einmal auf das zurück, was sich seit 2013 getan hat. Zunächst gestatten Sie mir aber bitte einen Blick auf die Bundesebene.
Dort rödelt der NSA-Untersuchungsausschuss fleißig vor sich hin und bringt immer wieder Erstaunliches wie Erschreckendes zutage. An dieser
Ohne sie wüssten wir heute viel weniger über die Verstrickung der deutschen Behörden in der globalen Überwachung und wären uns einige juristische Taschenspielertricks, Stichwort Weltraumtheorie, entgangen.
Diesen Dank kann ich den Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU auf Bundesebene leider nicht aussprechen.
Wer die Berichterstattung zum NSA-Untersuchungsausschuss verfolgt - wir PIRATEN tun das, vielleicht sogar intensiver als Sie -, dem fällt schnell die Taktik der Bundesregierung auf, die im Wesentlichen darin besteht, zu blockieren, zu verhindern und zu verschleiern.
Erstens zeigt es uns hier in Schleswig-Holstein wie auch in allen anderen Bundesländern, dass wir uns auf die Hilfe des Bundes nur sehr eingeschränkt verlassen können und sollten. Wenn in Berlin außenpolitische Interessen überwiegen, dann ziehen die Schleswig-Holsteiner, was ihre Bürgerrechte betrifft, eben den Kürzeren. Großer Teich schlägt Kieler Förde, wenn Sie es so wollen.
Aber wir können etwas machen. Mögen auch Angriffe auf globaler Ebene stattfinden, die Probleme liegen auf Bundesebene. Wir können doch die Abwehrmaßnahmen auf die Landesebene und die Lösung auf die kommunale Ebene legen. Folgen wir dem uralten Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe. Sorgen wir für eine flächendeckende Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Open Source basierten Kontaktmöglichkeiten zu allen Stellen des Landes, und unterstützen wir die Städte und Gemeinde dabei, diese ebenfalls anzubieten.
Das hat eine Kleine Anfrage meines Kollegen Uli König kürzlich erst zum Vorschein gebracht. Dass Verschlüsselung kein Ding der Unmöglichkeit ist, zeigt zum Beispiel das Unabhängige Landeszen
trum für Datenschutz jeden Tag aufs Neue. Die Abgeordneten der Piratenfraktion und unsere Mitarbeiter kommunizieren mit dem ULD praktisch standardmäßig verschlüsselt.
Ich komme jetzt zum zweiten Punkt, warum uns die globalen Entwicklungen interessieren und leider auch beunruhigen müssen. Der lautet schlicht „Resignation“. Ich beobachte mit großem Unbehagen, dass die Argumentation: „Warum sollte sich der NSA gerade für meine Nachrichten interessieren?“, oder auch der Klassiker: „Ich habe doch nichts zu verbergen“, für einige Menschen immer noch in Ordnung zu sein scheint. Denen sei gesagt, es bedarf keines besonderen Grundes, um euch abzuhören. Es spielt keine Rolle, ob ihr wichtig oder unwichtig seid. Das Motto des NSA lautet frei übersetzt: „Wir wollen alles von jedem zu jeder Zeit wissen.“ Dem sollte das Land mit allen technischen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, entgegentreten.
Wir werden heute dem Koalitionsantrag zustimmen, obwohl er hinter unserem eigenen Antrag weit zurückbleibt. Aber auch ein kleiner Schritt ist besser als nichts. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass ich jetzt auch noch einmal zu Wort kommen darf.
Elektronische Kommunikation ist nicht vertraulich; das wissen wir alle. Zwar werden mehrere Milliarden elektronischer Mails verschickt, aber die wenigsten sind tatsächlich mit einem verschlossenen Brief vergleichbar, sondern sie werden ohne Verschlüsselung verschickt. Dabei durchlaufen die Mails mehrere Stationen. Dort können die Mails mitgelesen und vom Computerprogramm automatisch ausgewertet werden. Bestimmte Suchworte genügen, und dann schlägt das Programm zu. Mails werden millionenfach gelesen und gespeichert, ohne dass Sender oder Empfänger das jemals erfahren.
Die Verbreitung der elektronischen Kommunikation hat sich schneller entwickelt als der Ausbau entsprechender Sicherheitsstandards. Warum gibt es keine videoelektronische Kommunikation?
Das scheitert bislang weder am Umfang noch an den Kosten, sondern am fehlendem Problembewusstsein, was auch zu einer mangelnden Akzeptanz der Verschlüsselung bei den Nutzern geführt hat.
Noch 2011 hat eine Studie im Auftrag der Deutschen Post mit dem Titel „Vertraulichkeit und Transparenz 2.0“ festgestellt, dass auch deutsche Verwaltungsorgane auf Bundes- und Kommunalebene kaum Bedenken bezüglich der Sicherheitsstandards bei der Onlinekommunikation hatten. Über drei Viertel der damals Befragten gaben an, keine oder nur leichte Sicherheitsbedenken bei der Übermittlung von Daten im Onlineverfahren zu haben. Der persönliche PC ist schließlich mit einem Passwort geschützt und das Mailprogramm wahrscheinlich auch. Das empfinden viele Nutzer als ausreichende eigene Vorkehrung zur Sicherung ihrer Kommunikation. Alles andere macht die Datenübertragung langsamer und aufwendiger.
Dies wird bisher von der breiten Masse der Nutzer aber nicht hingenommen, und somit werden Verschlüsselungen auch nicht flächendeckend angewendet. Das mag man bedauern, aber letztendlich ist dies auch quasi eine Entscheidung des Marktes. Es ist in der Logik auch recht gut nachvollziehbar: Solange nicht alle Programme standardmäßig mit Verschlüsselungen ausgestattet sind, wird es immer problematisch sein, eine Verbindung zwischen geschützten und ungeschützten Teilnehmern herzustellen. Auch das ist ein Hindernis für die Akzeptanz von Verschlüsselungssystemen.
Wenn dem aber so ist, dann ist es natürlich auch schwierig, der öffentlichen Verwaltung vollständig verschlüsselte Systeme vorzugeben, weil man sich dann von den unverschlüsselten privaten Anschlüssen abkoppelt. Wenn man so will, ist das ein wenig so wie die Quadratur des Kreises. Mit einer einseitigen Vorgabe kommen wir hier nicht weiter. Eigentlich geht es nur mit einem einheitlichen Standard, der von allen Teilnehmern anerkannt wird und der technisch so ausgereift ist, dass er auch den gehobenen Ansprüchen an Systemschnelligkeit und Bequemlichkeit entspricht. Mit einem solchen Standard wäre sicherlich zumindest einem allgemeinen Schutz von Daten gegen Missbrauch, Stichwort allgemeine Kriminalität, geholfen.
Bei geheimdienstlichen Tätigkeiten hätte ich aber weiterhin meine Zweifel. Egal, welche Verschlüsselung man anwenden wird, die Geheimdienste werden immer Mittel und Wege finden, Verschlüsselungen zu knacken. Niemand weiß in Deutschland wirklich genau, welche Daten wie lange in den USA gespeichert werden. Dabei ist es doch ganz einfach: Kommunikation in Deutschland unterliegt deutschem Recht, und das untersagt die Ausspähung und Speicherung von Kommunikationsdaten ohne richterliche Zustimmung. In Deutschland haben wir somit die technische Schwierigkeit durch eine rechtliche Regelung weitestgehend in den Griff bekommen.
Aber inzwischen ist bekannt, dass eine E-Mail, die ich von Kiel nach München schicke, aus Kostengründen auch über amerikanische Netze geleitet werden kann. Deutsche Sicherheitsstandards sind dann nur schwer durchzusetzen. Hier kann man nur für mehr Datenschutz sorgen, wenn sich die Sicht auf den Datenschutz in den USA ändert. Das aber glaubt nicht wirklich jemand, und so müssen wir wahrscheinlich damit leben, dass die Datensicherheit, die wir in Deutschland kennen, nicht in jedem Land genauso geschützt wird wie bei uns. Hier gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man marschiert dort ein, oder man lässt es eben sein. Ich glaube, das Einmarschieren sollten wir lassen.