Protokoll der Sitzung vom 20.07.2016

(Zuruf CDU: Welcher ist das?)

- Das ist Ihr Änderungsantrag. Möchten Sie dem zustimmen?

(Zuruf CDU: Ja, natürlich!)

- Und mit Ihnen die gesamte CDU-Fraktion? Okay. Wer lehnt diesen Änderungsantrag ab? - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW sowie die Piratenfraktion. Wer enthält sich? - Das sind die Kollegen der FDPFraktion. Damit ist dieser Antrag bei Zustimmung von CDU und Ablehnung von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN bei Enthaltung der FDP-Fraktion abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf Drucksache 18/3851 in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Piratenfraktion. Wer lehnt diesen Gesetzentwurf ab? - Das sind die Abgeordneten von CDU- und FDP-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6, 39 und 46 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Errichtung und den Betrieb eines Rechen- und Dienstleistungszentrums zur Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/4064 (neu)

Bericht und Beschlussempfehlung des Innenund Rechtsausschusses Drucksache 18/4378

b) Ausstattung der Sicherheitsbehörden verbessern - Der Terrorgefahr wirksam begegnen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/4400

c) Mehr Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte für die Landespolizei - keine Wachpolizisten in Schleswig-Holstein

(Lars Harms)

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/4410

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Daher erteile ich zunächst der Frau Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Abgeordneten Barbara Ostmeier, das Wort.

Die verweist auf die Vorlage.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Daniel Günther [CDU])

Herzlichen Dank, Frau Berichterstatterin. - Da die Erste Lesung ohne Aussprache erfolgte, eröffne ich die Aussprache und erteile zunächst Innenminister Stefan Studt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist eine Freude, vor der eigentlichen Redezeit hier ans Pult zu dürfen.

Die schrecklichen Bilder aus Nizza vergangene Woche haben uns leider einmal mehr vor Augen geführt: Der islamistische Terrorismus ist eine reale Gefahr. Welchen Hintergrund die Attacke in einem Regionalzug in Bayern am Montagabend hatte, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend geklärt. Ein islamistischer Hintergrund ist aber auch hier denkbar.

Fest steht jedenfalls: In ganz Deutschland und damit auch in Schleswig-Holstein wird der Terrorismus auf absehbare Zeit die Sicherheit gefährden, wenngleich es in Schleswig-Holstein und für Schleswig-Holstein keine konkreten Hinweise auf Anschlagsplanungen gibt.

Vor diesem Hintergrund ist es eine sicherheitspolitische Selbstverständlichkeit, dass die Sicherheitsbehörden ihre Fähigkeiten im Hinblick auf terroristische Bedrohungen fortlaufend prüfen und natürlich auch entsprechend anpassen.

Die Regierungskoalition hat mit den erfolgten Haushaltsbeschlüssen entsprechende Forderungen bereits umgesetzt, und das werden wir auch in Zukunft so gemeinsam handhaben.

Um terroristische Angriffe frühzeitig zu unterbinden oder Planungen aufzudecken, wurde der Verfassungsschutz personell verstärkt. 20 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ausnahmslos operativ ausgerichtet sind, also in den Bereichen Auswertung, Nachrichtenbeschaffung, technische Aufklärung und Überwachung sowie Observation eingesetzt werden können, kommen hinzu. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes in diesem Bereich ist die nachrichtendienstliche Beobachtung potenziell gefährlicher Extremisten im Vorfeld konkreter Gefahrenlagen. Die ersten Kolleginnen und Kollegen werden nach der Sommerpause ihre Arbeit aufnehmen.

Gefährder zu überwachen ist Aufgabe der Polizei und im Bereich politisch motivierter Kriminalität des Polizeilichen Staatsschutzes. Die Einstufung einer Person als Gefährder ist dabei ein bundeseinheitlicher polizeitaktischer Prozess. Erfolgt eine Einstufung, zieht dies ein Bündel möglicher polizeilicher Maßnahmen nach sich, deren Umsetzung sich natürlich an rechtlichen, ermittlungstaktischen, personellen und gefährdungsrelevanten Faktoren orientiert. Dieser Prozess wird tagesaktuell zwischen der zuständigen Abteilung des Polizeilichen Staatsschutzes und den Spezialeinheiten des Landeskriminalamtes priorisiert und abgestimmt.

In diesem Rahmen erfolgen dann auch die erforderlichen polizeilichen Maßnahmen unterschiedlicher Eingriffsqualität. Die Landespolizei SchleswigHolstein hat ihre taktische Ausrichtung zur Bekämpfung von Terrorgefahren nach der Auswertung der Vorgehensweisen der Täter in Paris, Brüssel und Kopenhagen geprüft und fortentwickelt. Dies bleibt ein dynamischer Prozess. Eine landesweite Arbeitsgruppe von Fachleuten aller relevanten Fachrichtungen hat dieses Thema in Bearbeitung.

Durch Mitwirkung in Bund-Länder-Arbeitsgruppen sowie durch enge Kontakte zu den anderen norddeutschen Ländern und natürlich auch zum Bund ist eine Kompatibilität und gegenseitige Ergänzung und Unterstützung gewährleistet.

Nach Auswertung der bisherigen Anschläge hat die Landespolizei bereits begonnen, kurzfristig 200 Multiplikatoren, sogenannte Einsatztrainer, der Landespolizei taktisch zu beschulen. Im zweiten Halbjahr 2016 werden diese Fortbildungen in den dezentralen Einsatztrainingseinrichtungen mit allen Kolleginnen und Kollegen der Landespolizei durchgeführt.

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Auch die beschlossenen strukturellen Verbesserungen bei der Landespolizei tragen zu mehr Sicherheit bei. Sie gewährleisten die Leistungsfähigkeit der Landespolizei und leisten so einen erheblichen Beitrag für die objektive Sicherheitslage und das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

Mit den erhöhten Einstellungen im Jahr 2016 und auch 2017 werden voraussichtlich im Jahr 2020 bis zu 300 zusätzliche Polizeibeamtinnen und -beamte zur Verfügung stehen. Darüber hinaus strebe ich an, diese Erhöhung der Einstellungszahlen mindestens bis zum Jahr 2019 fortzuschreiben. Dann hätten wir rund 500 Polizistinnen und Polizisten mehr an Bord.

Eine Wachpolizei allerdings mit verkürzter Ausbildungszeit ist - nebenbei bemerkt - nicht in der Lage, diese sensible Aufgabe zu beherrschen. Mit mir wird es keine Wachpolizei geben! Das will ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Auch die zu Jahresbeginn vollzogene Anhebung des Eingangsamtes in der Besoldungsgruppe A 8 ist ein wichtiger Schritt, der die Landespolizei stärkt. Darüber haben wir hier schon miteinander gesprochen. Mir ist natürlich bewusst, dass dies nur ein erster Schritt sein kann. Dass mit dem Wegfall einer Besoldungsgruppe auch eine Strukturanpassung für den gesamten mittleren Dienst erfolgen muss, liegt auf der Hand. Noch einmal an dieser Stelle gesagt: Wir arbeiten daran, dass wir auch künftig eine ausgewogene Stellenstruktur und eine Personalentwicklungsmöglichkeit haben. Ich habe immer in aller Deutlichkeit gesagt, dass dies nur schrittweise in den folgenden Jahren realisiert werden kann.

Meine Damen und Herren, nur wenn die Landespolizei gut ausgestattet ist, kann sie die Sicherheit in unserem Land zuverlässig garantieren. Dazu gehört sicherlich die personelle Ausstattung. Nicht weniger wichtig ist aber auch die richtige materielle Ausrüstung.

Sobald und soweit die Fachleute in unseren Arbeitsgruppen feststellen, dass die Beschaffung weiterer Ausrüstungsgegenstände notwendig ist, werden diese Ausstattungsfragen unmittelbar geklärt und umgesetzt. Dies haben die Polizeiführung und ich zuletzt bei der Präsentation neuer Ausrüstungsgegenstände im Frühjahr noch einmal ausdrücklich betont.

Dazu kann ich feststellen: Die Polizei SchleswigHolstein ist gut vorbereitet, nutzt vorhandene Ausstattung und komplettiert diese da, wo es notwendig ist. Sie ist bereits jetzt im Bundesvergleich über dem Durchschnitt ausgestattet. Erlauben Sie mir den Hinweis: Ich bin regelmäßig auch bei den Kolleginnen und Kollegen nachts im Wagen auf einer Streife mit dabei. Da sagen auch die Kolleginnen und Kollegen selber, dass sie sich gut ausgestattet fühlen. Das gilt natürlich insbesondere für unsere Spezialeinheiten, aber genauso für den polizeilichen Einzeldienst. Die taktischen Grundsätze wurden und werden bereits bei anstehenden Großlagen berücksichtigt.

Neben persönlichen Schutzwesten und ballistischen Schutzschilden sind auch Schutzwesten der höchsten Schutzklasse im polizeilichen Einzeldienst in einer Größenordnung vorhanden, dass auf die am ehesten prognostizierten Ausgangslagen reagiert werden kann. Aber natürlich wird auch hier laufend über eine Ausweitung dieser Ausstattung diskutiert.

Vorhandene Spezialfahrzeuge erreichen in angemessener Zeit den Einsatzraum. Sonderwagen der Bereitschaftspolizei sind vorhanden und bereits in der Reinvestitionsplanung des Bundes. Sie sollen 2018 erneuert werden. Ein sondergeschütztes Fahrzeug für das Spezialeinsatzkommando des Landes ist in der Beschaffung.

Zur Verbesserung der Sicherheit trägt in diesem Sinne auch das gemeinsame Rechen- und Dienstleistungszentrum zur Telekommunikationsüberwachung bei. Die effektive Zusammenarbeit spart Ressourcen und schafft an anderer Stelle Freiraum für dringend notwendige Investitionen.

Auch wenn es immer ein Restrisiko geben wird: Mit Blick auf die Kombination dieser aufgezählten Maßnahmen sage ich Ihnen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein sicher fühlen können. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, der Minister hat die im Ältestenrat vereinbarte Redezeit um 2 Minuten verlängert, sodass wir Ihnen jeweils eine Redezeit von 7 Minuten am Rednerpult einstellen werden. Ich eröffne die Aussprache der Parlamentarier und erteile zunächst dem Kollegen Dr. Axel Bernstein von der CDU-Fraktion das Wort.

(Minister Stefan Studt)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der verbundenen Debatte haben wir drei Themen, die zumindest irgendetwas mit Sicherheit zu tun haben. Ein bisschen muss man den Bogen schon spannen - dem Herrn Minister hat man es auch angemerkt -, um von Punkt zu Punkt die jeweiligen Themen aufzugreifen.

Ich beginne zunächst mit dem Thema „Staatsvertrag für das gemeinsame Rechen- und Dienstleistungszentrum der norddeutschen Landespolizeien“. Ich glaube, hierbei wird ein richtiger Schritt gegangen. Es geht darum, Ressourcen zu bündeln und sie effizient einzusetzen. Wir haben uns berichten lassen - das ist auch nachvollziehbar -, dass in diesem Bereich der Bedarf in der Tat steigt. Das hat, um sozusagen das Statement der PIRATEN vorwegzunehmen, nichts damit zu tun, dass Sicherheitsorgane ein besonderes Interesse daran hätten, Daten von Bürgern beziehungsweise von Verdächtigen in großem Stil zu sammeln, sondern es ist ein ganz natürlicher Zug der Zeit, dass sowohl das Internet als auch Kommunikationsmittel eine größere Rolle auch bei der Begehung von Verbrechen spielen und dass damit der Bedarf, in diesem Bereich Erkenntnisse zu gewinnen, steigt.

Wir haben auch gehört, dass das schleswig-holsteinische Landeszentrum für Datenschutz den Vertrag beziehungsweise die der Zusammenarbeit zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen geprüft und keine schwerwiegenden Einwände erhoben hat. Deswegen halten wir den Entwurf für diesen Staatsvertrag für richtig und vernünftig.

Zum Zweiten und damit zum Antrag der regierungstragenden Fraktionen von SPD, Grünen und SSW: Zunächst einmal ist verständlich, dass Sie die Maßnahmen, die Sie auf massiven Druck im Parlament hin ergriffen haben, um die schlimmsten Missstände in unserer Landespolizei zu bekämpfen,

(Lachen Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

noch einmal feiern. Das ist Ihr gutes Recht.