Protokoll der Sitzung vom 21.07.2016

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das öffentliche Dienstrecht muss immer wieder auf aktuelle Herausforderungen reagieren, damit der öffentliche Dienst als Arbeitgeber interessant bleibt; denn nur wenn er konkurrenzfähig bleibt, wird er auch in Zukunft genügend Nachwuchs- und Fachkräfte finden. Deswegen müssen wir die Regelungen des Beamtenrechts regelmäßig überprüfen und an das wahre Leben anpassen.

(Beifall SPD und Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Der von der Landesregierung im vergangenen Jahr vorgelegte Entwurf - das wird die Kollegen nicht wundern - für das Landesbeamtenmodernisierungsgesetz ist nach unserer Auffassung diesem Grundsatz gefolgt und enthält eine Vielzahl von Regelungen für ein modernes, attraktives Dienstrecht. Das war schon ein sehr, sehr guter Entwurf.

Liebe Kollegin Nicolaisen, die Nachwuchsgewinnung regelt man nun, glaube ich, nicht im Gesetz. Da ist die Landesregierung schon gut davor. Wenn ich durch die Stadt Kiel gehe, sehe ich Busse mit Werbeaktionen darauf herumfahren. Das ist ein erster kleiner Punkt. Ich gebe Ihnen recht, dass das nicht reicht, aber so etwas schreibt man nicht in ein Beamtengesetz.

So wie der öffentliche Dienst ist, ist er auch nicht ganz unattraktiv, denn die Umfrage des dbb bei seinen Nachwuchskräften hatte ja im letzten Jahr ergeben, dass dort die Vorzüge des öffentlichen Dienstes sehr gut bekannt sind und dass unter anderem die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die familienfreundlichen Bedingungen im öffentlichen Dienst sehr hoch geschätzt werden und auch die Entscheidung für den öffentlichen Dienst beeinflusst haben.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im parlamentarischen Anhörungsverfahren haben sich dennoch Änderungen ergeben, die wir in unseren Änderungsantrag eingebaut haben. Ich will mich hier und jetzt auf drei wichtige Punkte beschränken.

Erstens. Wir schaffen im Beamtenversorgungsgesetz jetzt erstmalig den Rechtsanspruch auf eine Versorgungsauskunft. Das bedeutet, dass unsere Beamtinnen und Beamten künftig eine Auskunft über ihre Versorgungsansprüche erhalten können. Das scheint erst einmal sehr unspektakulär, aber wenn man weiß, dass in der Rentenversicherung diese Auskunft bereits seit 2001 routinemäßig erteilt wird, dann ist es schon ein ganz schöner Schritt, wenn wir das jetzt für unseren öffentlichen Dienst nachvollziehen.

Wir haben eine kleine Einschränkung eingezogen: Die Rentenauskunft soll nur in begründeten Fällen erteilt werden. Aber das halten wir für zumutbar.

Als Mitglied des Petitionsausschusses - der ist heute ja schon dreimal zitiert worden; Herr König wird sich darüber sicherlich freuen

(Uli König [PIRATEN]: Immer!)

(Petra Nicolaisen)

habe ich erfahren, dass sich die Frage des Antrags auf eine vorzeitige Pensionierung häufig erst dann klärt, wenn die Höhe der zu erwartenden Pensionszahlungen endlich bekannt ist. Schon früher hat es diese Auskünfte gegeben. Im Zuge der Umstellung auf KoPers ist das ein bisschen aus den Fugen geraten, aber jetzt kommen wir da wieder auf einen guten Weg. Es handelt sich auch nicht um unendlich viele Fälle im Jahr. Diese Erkenntnis verdanken wir der Kleinen Anfrage von Herrn Dr. Garg. Trotzdem - und dabei bleibe ich - ist es für die Bediensteten des Landes Schleswig-Holstein und für uns als Arbeitgeber ein wichtiger Schritt.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und CDU)

Zweitens folgen wir der Anregung der Gewerkschaften und verzichten auf die Streichung der Altersgrenze bei Regelbeurteilungen. Allerdings sollen diese Beurteilungen künftig bis zum 57. Lebensjahr erteilt werden, also zwei Jahre länger als bisher. Angesichts der gestiegenen Altersgrenze schien uns diese Änderung auch konsequent.

Wichtig ist mir drittens noch eine Ergänzung der Arbeitszeitverordnung. Das ist jetzt vielleicht etwas für Spezialisten, aber die, die es trifft, werden das zu schätzen wissen. Wir regeln künftig die Auszahlung von Überstundenguthaben, die Bedienstete aufgrund eines unvorhersehbaren Ausscheidens aus dem Dienst, nämlich infolge von schwerer Krankheit oder Tod, nicht mehr „abbummeln“ konnten. Auch das war eine Anregung der Gewerkschaften, der wir gern gefolgt sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unverändert wichtig sind für uns - deshalb zähle ich das noch einmal auf - die Einführung der Familienpflegezeit und von mehr Freistellungsmöglichkeiten bei besonderen familiären Verpflichtungen. Damit werden die Landesbeamtinnen und -beamten künftig Beruf und Familie noch besser miteinander vereinbaren können. Zudem wird alters- und lebensphasengerechtes Arbeiten gefördert und Arbeit zeitlich und örtlich, zum Beispiel durch mobiles Arbeiten und Wohnraumarbeiten, flexibilisiert. Auch die Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements ist ein erster wichtiger Baustein eines zeitgemäßen Beamtenrechts.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, in ihrem Koalitionsvertrag hat die Küstenkoalition Folgendes vereinbart:

„Wir wollen ein modernes Konzept für die Personalentwicklung in der gesamten Lan

desverwaltung. Besondere Schwerpunkte sind die Gleichstellung von Frauen und Männern und die interkulturelle Öffnung.“

Mit diesem Gesetz gehen wir einen richtig großen Schritt in diese Richtung. Ich bitte um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende, Frau Abgeordnete Eka von Kalben, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke der Landesregierung für den Gesetzesvorschlag und allen, die sich im Vorfeld intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben, auch meiner Kollegin Ines Strehlau, für die ich jetzt in Vertretung hier die Rede halte.

Ganz besonders möchte ich mich auch bei der CDU-Fraktion bedanken. Denn ich hatte das Gefühl, dass das in diesem Verfahren ein sehr konstruktiver Umgang miteinander, auch mit sehr konstruktiven Änderungsvorschlägen, war. Ich glaube, das war hilfreich.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Wie immer!)

- Lieber Kollege Arp, wenn das immer so wäre, wäre das ausgesprochen erfreulich.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das erkennt nur im- mer niemand!)

Außerdem sind wir natürlich auch froh, dass wir am Ende so weit aufeinander zugehen und uns so weit einigen konnten, dass Sie angekündigt haben, heute zuzustimmen.

Allerdings muss ich noch etwas zu Ihrer Kritik, Frau Nicolaisen, sagen. Wenn Sie sagen, wir hätten bessere Vorschläge zur Nachwuchsgewinnung machen müssen - das ist ja auch ein Punkt, der immer wieder in der Anhörung genannt wurde -, das für junge Leute attraktiver machen müssen, ist dazu festzustellen: Das ist wohl richtig. Aber wenn Sie sagen, es müsste zum Beispiel bei den Gehältern etwas geändert werden, sage ich: Das sind Dinge, die nicht in das Gesetz gehören, sondern das wird an anderer Stelle verhandelt. Da haben wir und diese Regierung auch bereits etwas getan. Diese Regierung hat beispielsweise bereits die Einstiegsämter

(Beate Raudies)

bei der Polizei erhöht. Das war ein ganz wichtiges Kriterium, um junge Leute zu bekommen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, natürlich fällt es dem Land als Arbeitgeber schwer, in Sachen Gehältern mit so manchen vergleichbaren Jobangeboten in der freien Wirtschaft mitzuhalten. Auch von der Attraktivität und vom Image her ist es nicht immer ganz einfach, da mitzuhalten. Aber die Menschen schauen eben nicht nur auf den blanken Rubel. Auch junge Leute machen sich darüber Gedanken, wie sie Freizeit, Familie und Arbeit unter einen Hut bringen können. Ich glaube, in dem Bereich hat der öffentliche Dienst eben doch noch ein besonderes Pfund, mit dem er wuchern kann. Was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht, ist meiner Meinung nach - ich bin ja auch 25 Jahre lang aktive Beamtin gewesen; jetzt bin ich beurlaubte Beamtin - der öffentliche Dienst natürlich ein attraktiver Arbeitgeber, wenn man Kinder aufziehen will, wenn man seine Angehörigen im Alter pflegen will oder auch wenn man für Fortbildung beispielsweise einmal ein Sabbatjahr nehmen will.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich ist der Fachkräftemangel ein Riesendilemma für uns. Wir erleben es gerade auch im Hamburger Rand an den Schulen. Wir schaffen neue Stellen, und die Stellen können nicht besetzt werden, weil die Menschen sagen, das ist uns zu wenig Geld, oder wir arbeiten lieber in Hamburg - aus welchen Gründen auch immer.

Deshalb bewegen wir uns, wenn wir den öffentlichen Dienst stärken wollen, immer in dem Spagat: Wollen wir neue Leute einstellen, zum Beispiel neue Lehrerstellen schaffen - was auch den einzelnen Menschen im öffentlichen Dienst entlastet -, oder wollen wir Gehälter erhöhen? Ich glaube, dass dieses Problem gesehen werden muss. Das muss immer in der Balance gehalten werden. Wir müssen die Attraktivität des Jobs stärken, um Kräfte zu gewinnen, wir müssen aber auch schauen, dass wir genügend Menschen einstellen, damit die Arbeit für den Einzelnen nicht zu belastend ist.

Zu den konkreten Änderungspunkten, die wir eingebracht haben, hat Frau Raudies schon alles gesagt. Wir haben die verpflichtende Versorgungsauskunft eingebracht. Es wird immer gesagt, das sei auch beim Hauskauf und so wichtig. Ich glaube, für junge Familien, gerade für Frauen, die sich auf den Weg der Teilzeitarbeit begeben - was gut ist, dass man Teilzeit arbeiten kann -, kann eine solche Teil

zeitarbeit auf lange Sicht auch zur Falle werden, wenn man sich nämlich nicht darüber Gedanken macht, ob man am Ende von der Versorgung leben kann. Deshalb ist es gut, wenn man sich rechtzeitig anschauen kann: Wie sieht es aus, wenn ich jetzt weiter meine 20 Stunden arbeite, obwohl die Kinder schon aus dem Haus sind, wo lande ich dann im Alter bei der Versorgung? Das ist etwas, was ich sozialpolitisch und frauenpolitisch sehr richtig und wichtig finde.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Bar- bara Ostmeier [CDU] erhebt sich von ihrem Platz)

- War das eine Frage an mich? - Nein. Danke.

Zu den Beurteilungen haben wir schon einiges gesagt.

Ich schließe damit, dass ich sage: Wir haben in der Partei auch immer wieder kritisch diskutiert, wie man zu der Ausweitung des Landesbeamtentums insgesamt steht. Brauchen wir eigentlich Lehrerinnen und Lehrer als Beamte? Und brauchen wir ein Nebeneinander von Angestellten und Beamten?

Ich kann Ihnen sagen: Ich habe viele Arbeitsplätze ausgeübt, wo ich nichthoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen habe und wo neben mir am Schreibtisch auch sehr viele Angestellte gesessen haben. Wir haben uns immer wieder über Rechte und Pflichten und darüber unterhalten, wem geht es eigentlich besser, wem geht es schlechter, wer hat mehr Vorteile, wer hat mehr Nachteile.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Deshalb dient unser Gesetz auch dazu zu schauen, dass die Arbeitsbedingungen, dass die Möglichkeiten der Versorgung angeglichen werden, dass Angestellte und Beamte nebeneinander gleich gute und faire Chancen haben, dass wir gute Arbeitgeber sind - egal ob wir Arbeiter, Angestellte oder Beamtinnen und Beamte haben.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Das war mein letzter Satz. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

(Eka von Kalben)

Für die Piratenfraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.