Protokoll der Sitzung vom 22.09.2016

(Präsident Klaus Schlie)

(Zuruf SPD: Hört, hört!)

Der Gesetzentwurf der CDU ist damit eine Nebelkerze, die den Blick auf das überaus transparente und ausführliche Verfahren zur Aufstellung der Regionalpläne Wind trüben soll.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Denn der Gesetzentwurf formuliert ganz klar, dass die Beteiligung der Gemeinden und der Bürgerentscheidungen erst mit dem Aufstellungsbeschluss stattfinden soll. Erst wenn es um Einwände geht, sollen diese Entscheidungen berücksichtigt werden. Aber das wird doch schon lange getan. Deshalb ist es unverständlich, warum Sie jetzt mit dem von Ihnen angekündigten großen Wurf um die Ecke kommen. Der 8. September 2016 hat auch gezeigt: So groß war der Wurf dann wohl doch nicht.

Es ist unsere Aufgabe, den Bürgern und Bürgerinnen vor Ort und den Kommunen das Verfahren immer wieder in seiner ganzen Transparenz zu vermitteln. Denn es gibt auch jetzt, wenn die Auslegung stattgefunden hat, viele Möglichkeiten zur Beteiligung. Alle Einwände werden gesammelt, müssen abgewogen und genau betrachtet werden. Darin liegt die Chance. Diese Chance müssen wir vermitteln und gemeinsam auf dem Weg dafür sorgen, dass wir zu souveränen, transparenten und nachvollziehbaren Entscheidungen kommen. Nebel hilft uns an all diesen Stellen überhaupt nicht weiter. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich will mit einem Blick in die Vergangenheit beginnen. Die alte Teilfortschreibung der Regionalpläne Windenergie hat ja gerade in besonderer Weise den Bürgerwillen berücksichtigt, und zwar dergestalt, dass Gebiete, für die zum Beispiel ein negatives Votum vorlag, gar nicht erst in die Betrachtung einbezogen wurden.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

- Da klatschen die PIRATEN. Sie müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, liebe PIRATEN, dass das OVG-Urteil genau das als wesentlichen Grund für die Nichtigkeitserklärung der bestehenden Regionalplanung angeführt hat. Das heißt also, es ist bei solchen Planverfahren schwierig, den Bürgerwillen zu berücksichtigen.

Daher hat die Landesregierung zu dem Gesetzentwurf der Piratenfraktion, zu dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion und zu dem mehrfach auch vom Ministerpräsidenten hier bekundeten Willen, den Bürgerwillen in den Planungsvorgang doch zu implementieren, am 8. September 2016 eine Veranstaltung durchgeführt, die sehr hochkarätig besetzt war. Da hat sich Herr Professor Ewer aus Kiel geäußert. Die Landesplanung besteht ja praktisch aus drei Schritten. Zunächst einmal müssen sämtliche öffentlichen Belange festgestellt werden. Dann müssen diese gewichtet werden, und dann muss das Gesamtergebnis sozusagen widerspruchsfrei oder verhältnismäßig dargestellt werden. Das ist Aufgabe der Landesplanung. Das orientiert sich natürlich an tatsächlichen Gegebenheiten. Eine Fläche muss in ihrer Qualität beurteilt werden.

Professor Ewer nennt es eine bipolare Ja-Nein-Entscheidung, was wir häufig von Gemeinden geliefert bekommen. Das heißt, sie sagen: „Ja, wir sind für Windenergie“, oder sie sagen: „Nein, wir sind gegen Windenergie“. Er hat ausgeführt, dass die Gründe, die zu einer solchen Bewertung durch eine Gemeinde führen, sehr heterogen sein können. Also, der eine Gemeindevertreter ist Landnachbar und gönnt dem anderen seinen Windstandort nicht. Der nächste findet die Energiewende sowieso gaga, und ein anderer fürchtet um den Wert seiner Immobilie und so weiter. Das fließt dann zusammen zu einem Nein. Im Gegensatz dazu gibt es natürlich auch Gemeinden, die sich sehr dafür einsetzen. Es sind auch sehr heterogen sich dahinter verbergende Gründe, die dann in ein Ja münden. Da sagt er eben, dieses sei nicht abwägungsfähig. Ja oder nein ist kein abwägungsfähiger Belang, sondern es ist in dem Sinne eine Meinungsäußerung. Das war auch für den Wissenschaftlichen Dienst der Hauptgrund dafür, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfs der PIRATEN anzuzweifeln.

Der CDU-Entwurf weicht davon ja ab. Da komme ich zu dem weiteren Gutachter, Professor Arne Pautsch aus Ludwigsburg. Er ist Direktor des Instituts für Bürgerbeteiligung und Direkte Demokratie, also ein wahrer Experte auf dem Gebiet. Er sagt dann, das Raumordnungsgesetz gibt dem Plangeber auf, demokratisch legitimierten begründeten

(Kirsten Eickhoff-Weber)

Entscheidungen von Gemeinden in der Abwägung Rechnung zu tragen. So. Da habe ich mir aber einen roten Kringel um das Wort „begründet“ gemacht. Das findet sich dann ja dankenswerterweise in dem CDU-Entwurf wieder, der vor dem Hintergrund dieser Veranstaltung dadurch in einem anderen Licht erscheint als der Piratenentwurf.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Professor Kment ist immerhin aus Augsburg angereist. Er hat ja den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern beim Entwurf eines Gesetzes über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger und Gemeinden beraten.

Frau Nicolaisen, wenn Sie diese Veranstaltung hier im Landtag als Pseudoveranstaltung darstellen, dann klingt das so für mich, wie andere Leute von Monstermühlen reden.

(Petra Nicolaisen [CDU]: Nein, nein!)

- Gucken Sie in das Protokoll; Ihre Rede ist protokolliert worden. Sie haben gesagt, das war eine Pseudoveranstaltung, vielleicht auch, weil Sie dort nicht das Wort bekommen haben. Wir klären es über das Lesen des Protokolls, meine Damen und Herren.

Für mich ist in der weiteren Beratung des Gesetzentwurfs wichtig, dass keine zeitliche Verzögerung damit einhergeht, und vor allen Dingen, dass auch die rechtliche Fragilität nicht erhöht wird. Wir dürfen also keine Erhöhung des rechtlichen Risikos bekommen; denn die Windplanung, das jetzt im Amtsblatt veröffentlicht wird, Herr Ministerpräsident, muss rechtlich sitzen.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss mit einem Verweis auf eine aktuelle Umfrage. Danach ist die Akzeptanz von Windenergie oder von Energiewende insgesamt mit 78 % sehr hoch. In der Nachbarschaft sind es immerhin 72 %. Das sind die, bei denen Erfahrung mit Windenergieanlagen besteht. Demgegenüber liegt die Zustimmung bei denjenigen, bei denen keine Erfahrung besteht, bei lediglich 62 %.

Herr Abgeordneter!

Herr Präsident, ich komme zum letzten Satz. - Das finde ich interessant. Kohlekraftwerke werden noch schlechter beurteilt. Man kann erkennen, dass alle Zustimmungswerte heruntergehen. Wir leben im Moment in einer Zeit, in der es den Leuten so gut geht, dass sie gar nichts mehr zustimmungsfähig finden.

Herr Abgeordneter!

Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor die FDP-Fraktion zu Wort kommt, begrüßen Sie bitte gemeinsam mit mir auf der Tribüne Mitglieder des FDP-Ortsverbandes Kellinghusen. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Nun spricht Ihr Abgeordneter.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich begrüße ganz herzlich die Gäste aus Kellinghusen und Umgebung.

(Beifall FDP)

Meine beiden Vorredner haben ihre Rede mit einem Blick in die Vergangenheit begonnen. Das will ich auch tun, und zwar blicke ich zu Torsten Albig. Ich habe mir Ihre Reden aus der Zeit nach dem OVGUrteil im vergangenen Jahr angesehen.

Am 20. Mai des vergangenen Jahres haben Sie gesagt, dass es Ihre Aufgabe sei, nach dem Urteil des OVG Schleswig Antworten zu finden, wie man Bürgerbeteiligung nicht nur fakultativ, sondern wieder möglichst verbindlich hinbekomme. Daran das haben Sie, Herr Ministerpräsident, gesagt - werden Sie sich messen lassen müssen.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

(Detlef Matthiessen)

Es war also Ihr eigener Anspruch, am Thema Bürgerbeteiligung gemessen zu werden. Ich sage Ihnen etwas: Wir haben Ihnen diese Worte damals geglaubt. Wir haben Ihnen wirklich abgenommen, dass Ihnen das wichtig ist und dass es Ihre ernste Absicht ist, Bürgerbeteiligung wieder verbindlich zu ermöglichen.

Wenn man jetzt aber objektiv Bilanz zieht, muss man feststellen, Herr Albig, dass Sie an Ihren eigenen Ansprüchen kläglich gescheitert sind.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Das Allerschlimmste an dieser Sache ist, dass Sie nicht einmal den Ehrgeiz haben, an diesem Zustand etwas verändern zu wollen. Das haben wir auch heute wieder gesehen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Es ist ganz allein die Opposition, die konstruktive Vorschläge macht, die Anträge stellt, die Gesetzentwürfe einbringt.

(Zurufe SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das geht über Abstandsregelungen und die Erforschung von gesundheitlichen Auswirkungen bis hin zur Bürgerbeteiligung. Von der Regierung und von der Koalition hingegen kommt absolut nichts. Anträge: null. Kleine Anfragen: null. Gesetzentwürfe: null, nichts.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Nun will ich auf den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion zu sprechen kommen.

(Zurufe Christopher Vogt [FDP] und Lars Winter [SPD] - Weitere Zurufe - Glocke)

- So, Freunde!

(Heiterkeit)