Protokoll der Sitzung vom 14.12.2016

(Martin Habersaat [SPD]: Ist Ihnen aufgefal- len, was letztes Jahr passiert ist?)

- Herr Kollege Habersaat, auch wenn man davon die 770 Stellen für den Flüchtlingsbereich abzieht, müsste die Lücke doch eigentlich geschlossen sein. Dennoch fällt weiterhin Unterricht aus: von 2,5 % an den Grundschulen bis hin zu 8,9 % an den berufsbildenden Schulen. So ist es dem jüngsten Bericht zur Unterrichtssituation an den Schulen zu entnehmen. Die Ursache für diese Diskrepanz haben wir hier im Landtag mehrfach diskutiert. Die flächendeckende Einrichtung von Kleinstoberstufen an Gemeinschaftsschulen verursacht ebenso einen zusätzlichen Lehrkräftebedarf wie ein ideologisch

(Tobias Koch)

geprägter Inklusionsansatz, der eine 100-%-Quote bei der inklusiven Beschulung zum Maß aller Dinge erklärt.

(Martin Habersaat [SPD]: Abkehr von der In- klusion ist so ein heftiger Wandel bei Ihnen! - Serpil Midyatli [SPD]: Das trauen Sie sich doch nur, weil Heike Franzen heute nicht da ist! - Zuruf Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Nach Berechnungen der GEW sind deshalb trotz der in dieser Wahlperiode neu geschaffenen Stellen weitere 1.600 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer erforderlich, um eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung zu erreichen.

(Zurufe)

- Ich würde meine Gedanken gern weiter ausführen.

(Lars Harms [SSW]: Bei euch wären es 3.500 gewesen!)

Nach Berechnungen des Erziehungswissenschaftlers Professor Klaus Klemm fehlen alleine 500 Lehrerinnen und Lehrer für den inklusiven Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was wollen Sie uns damit jetzt sa- gen?)

Ministerin Ernst reagiert auf diese Zahlen - das möchte ich Ihnen damit sagen, Frau Kollegin Fritzen -, indem sie Abhilfe in der Zukunft verspricht. Im Rahmen ihrer Bildungsoffensive möchte die Ministerin 500 zusätzliche Stellen für Sonderschullehrkräfte und -pädagogen schaffen, aber eben erst in der nächsten Wahlperiode.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was heißt denn das?)

Auch die Ankündigung einer 100-prozentigen Unterrichtsversorgung in drei Jahren fällt eben erst in die nächste Wahlperiode. Sie scheinen vergessen zu haben, dass Sie zurzeit noch regieren. Sie könnten das jetzt mit dem Haushalt 2017 selbst direkt in die Tat umsetzen, statt nur Ankündigungen für die Zukunft zu machen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Im Bildungsbereich wurden die Probleme nicht gelöst. Das kann man wirklich besser machen. Mit dem CDUAntrag wollen wir bereits im kommenden Jahr über die Planungen der Landesregierung hinaus 400 zusätzliche Lehrerstellen schaffen, und wir beantragen erneut die Einrichtung einer zusätzlichen Pro

fessur für Sonderpädagogik an der Uni Flensburg, um auf diese Weise den erhöhten Bedarf an Sonderschullehrkräften decken zu können.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zweites Stichwort: innere Sicherheit. Es wird noch bis zum Jahr 2019 dauern, bis die ersten zusätzlichen ausgebildeten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ihren Dienst antreten werden.

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Selbst dann entsprechen die 100 zusätzlichen Stellen einer Personalaufstockung von gerade einmal 1 %. Herr Albig, jetzt rächt sich, dass Sie vor der veränderten Sicherheitslage in Deutschland viel zu lange die Augen verschlossen haben. Statt die Forderungen von GdP und Opposition nach Personalverstärkung bei der Polizei ernst zu nehmen, haben Sie lieber drei Jahre lang an ihren falschen Personalabbauplänen festgehalten und erst in diesem Jahr das Ruder viel zu spät herumgerissen.

(Lachen und Zurufe SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- So war es doch, liebe Kolleginnen und Kollegen! - Aber das kann einem Schönwetter-Kapitän wie Ihnen natürlich einmal passieren, wenn die Wellen etwas kabbeliger werden. Ärgerlich ist nur, dass sich dieser Zeitverlust nicht wieder aufholen lässt. Der von Ihnen angerichtete Schaden lässt sich nicht wiedergutmachen, Herr Albig!

(Beifall CDU)

Immerhin legt der Innenminister im letzten Jahr seiner Amtszeit ein Sicherheitspaket mit verbesserter Ausstattung und Ausrüstung für die Polizei vor. 14 Millionen € werden dafür angekündigt. Lediglich 11,2 Millionen davon finden sich im Haushalt 2017 wieder. Die fehlenden Millionen will die Finanzministerin noch in diesem Jahr zusätzlich zur Verfügung stellen. Frau Heinold, da fragt man sich, wie Sie dies am Gesetzgeber vorbei ohne Nachtragshaushalt überhaupt bewerkstelligen wollen. Ich will doch sehr hoffen, dass das keine Nebelkerzen waren, denn solche gehören definitiv nicht zum Ausrüstungsbedarf unserer Polizei.

Die Koalition ist sich noch nicht einmal über den Inhalt des Sicherheitspakets einig. Statt sich auf die fachliche Empfehlung des Innenministeriums zu verlassen, wird jetzt politisch über die Art der Bewaffnung diskutiert.

(Tobias Koch)

Hamburg ist da ein ganzes Stück weiter: Schutzwesten, Helme, Gewehre und gepanzerte Fahrzeuge. Wenn das unter Rot-Grün in Hamburg möglich ist, muss das doch auch bei uns in Schleswig-Holstein möglich sein!

(Beifall CDU)

Eine verbesserte passive Schutzausrüstung ist gut für die Sicherheit unserer Polizistinnen und Polizisten. Wie sollen sie aber allein mit Helmen und Schutzwesten für mehr Sicherheit der Bevölkerung sorgen? Der Antrag der CDU-Fraktion stockt deshalb die Ausrüstungsmittel auf 20 Millionen € auf, damit unsere Polizei zukünftig in der Lage ist, einem terroristischen Bedrohungsszenario aktiv zu begegnen.

Die Anforderungen im Bereich der inneren Sicherheit sind aber nicht allein auf die Polizei beschränkt, sondern auch bei Staatsanwaltschaften und Justizvollzug besteht Handlungsbedarf. Die Zahl der Staatsanwälte liegt in Schleswig-Holstein unter 90 % des nachgewiesenen Bedarfs. Dadurch ist nicht nur die Belastungssituation des vorhandenen Personals extrem hoch, sondern dadurch können auch Ermittlungsverfahren nicht so zügig abgeschlossen werden, wie es erforderlich wäre. Eine effektive Strafverfolgung ist aber Grundvoraussetzung dafür, dass das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat erhalten bleibt.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Die Personalaufstockung bei der Polizei muss deshalb mit einer Erhöhung der Kapazitäten bei der Staatsanwaltschaft einhergehen. Die CDU-Fraktion macht in ihrem Haushaltsantrag mit zehn zusätzlichen Stellen für die Staatsanwaltschaften dafür einen wichtigen Schritt.

In den Justizvollzuganstalten war auch schon ohne die zusätzlichen Belastungen des neuen Strafvollzugsgesetzes die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Betriebs kaum noch möglich. Mittlerweile herrschen in einigen Anstalten chaotische Verhältnisse.

Liebe Frau Spoorendonk, es reicht eben nicht, nur auf die Stellenpläne zu verweisen, sondern es kommt auch auf das tatsächlich verfügbare Personal in den JVA an. Bei Krankenständen von bis zu 14 % fehlen jeden Tag fast 100 Mitarbeiter im allgemeinen Vollzugsdienst.

(Wortmeldung Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich würde gern weiter ausführen.

Mit nur 20 neuen Stellen im Haushalt 2017 lässt sich diese Lücke nicht schließen. Der CDU-Antrag sieht deshalb vor, darüber hinaus weitere 30 Stellen neu zu schaffen. Außerdem werden wir in unserer Regierungsverantwortung die zusätzlichen Belastungen durch ganztägigen Aufschluss und das Tragen privater Kleidung wieder rückgängig machen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Innere Sicherheit lässt sich besser machen als von dieser Landesregierung.

(Widerspruch SPD)

Drittes Stichwort: Kita-Gebühren. Von 2004 bis 2009 war der Landeszuschuss auf 60 Millionen € gedeckelt - verantwortliche Ministerin Ute ErdsiekRave, SPD. In der Regierungszeit von CDU und FDP dann die Anhebung auf 70 Millionen € im Jahr 2011 - verantwortlicher Minister Ekkehard Klug, FDP. Von 2012 bis heute lag wieder ein Deckel auf diesem Betriebskostenzuschuss des Landes von 70 Millionen € - verantwortliche Ministerin Kristin Alheit, SPD.

Kein Wunder, dass die Elternbeiträge immer weiter angestiegen sind, wenn das Land seinen Betriebskostenzuschuss im Laufe von zwölf Jahren gerade einmal um 1,2 % pro Jahr angehoben hat!

(Zuruf Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Frau Kollegin Erdmann, an dieser Tatsache ändert sich auch dadurch nichts, dass das Land mittlerweile insgesamt über 200 Millionen € für Kinderbetreuung in die Hand nimmt. Denn dieser Anstieg das wissen Sie auch - ist ganz überwiegend auf die neu hinzugekommenen Krippenplätze für die unter Dreijährigen zurückzuführen. Genau dadurch ist die Finanzierung der Kinderbetreuung aber noch komplexer geworden, als sie es ohnehin schon war, nämlich mit zwei unterschiedlichen Finanzierungssäulen, auf der einen Seite für Krippen und auf der anderen Seite für Kitas.

Diesem komplizierten Mechanismus fügt die Koalition jetzt noch ein weiteres systemfremdes Element hinzu, indem an die Eltern von Krippen-Kindern und nur an die - 100 € direkt ausgezahlt werden sollen.

(Thomas Hölck [SPD]: Richtig so!)

Bis alle Eltern, auch die der drei- bis sechsjährigen Kinder, davon profitieren werden, soll es nach dem SPD-Wahlprogramm sogar noch drei Jahre länger dauern, vorausgesetzt dass Sie dafür einen Koalitionspartner finden. Von einer Gebührenfreiheit sind

(Tobias Koch)

Sie damit noch ganz weit entfernt, zumal die Betriebskosten in der Zwischenzeit weiter steigen und sich auch die Elternbeiträge dementsprechend weiter erhöhen werden.

(Zurufe SPD)

Qualitätsverbesserungen sind mit einer Direktauszahlung an die Eltern erst recht nicht zu erreichen.