denn ohne seine Hartnäckigkeit und ohne sein Engagement läge dieser Plan heute wahrscheinlich nicht vor.
Meine Damen und Herren, die Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention in Schleswig-Holstein findet parteiübergreifend Konsens und wird auch von uns allen unterstützend begleitet. Festzustellen ist aber, dass der Umgang mit Menschen mit Behinderung häufig noch von gegenseitiger Unsicherheit geprägt ist. Es ist also eine beständige Öffentlichkeitsarbeit nötig, um proaktiv einen respektvollen Umgang zu vermitteln. Der vorliegende Bericht ist ein erster Schritt. Er weist auf die Herausforderungen hin, und er liefert Handlungsempfehlungen für eine bessere Inklusion. Darauf kann dieses Parlament tatsächlich stolz sein.
Allerdings teile ich auch die Kritik von Professor Dr. Hase, dass es keine klaren Konzepte gebe, keine klaren Verantwortungszuständigkeiten definiert sind und eine Aussage zur Evaluation fehlt.
Trotz der vorbildlichen Befassung mit der Thematik im Parlament fehlt mir im Bereich Arbeit und Beschäftigung eine intensive Auseinandersetzung mit dem Zukunftsthema unserer Arbeitswelt, der Digitalisierung. Sie ist für die Arbeitswelt von morgen der prägende Faktor. Zahlreiche Jobs werden sich verändern, viele Berufe wird es in Zukunft nicht mehr geben. Genauso werden aber auch viele neue Berufsfelder entstehen, die wir vielleicht noch gar nicht kennen.
Dieses Thema sollte bei der Partizipation von Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt stehen, und unsere Anstrengungen sollten sich noch stärker darauf konzentrieren. Dies gilt insbesondere für die Anwendung der Digitalisierung im Bereich der Inklusion. Technische Hilfsmittel, sogenannte assistive Technologien, können Berufsfelder für Menschen mit Behinderung neu erschließen. Dadurch können wir sie besser in den Arbeitsalltag einbeziehen und damit sowohl den objektiven als auch den für sie persönlichen erlebbaren Selbstwert als Arbeitskraft erhöhen. Gleichzeitig gibt dies den Unternehmen die Chance, eine neue, hochmotivierte Arbeitnehmergruppe zu erschließen.
In diesem Zusammenhang sollten wir auch mehr für die Förderung von flexiblen Arbeitszeitmodellen sowie für Fort- und Weiterbildungen im Sinne einer ortsunabhängigen Arbeitsgestaltung tun und das Recht auf Tätigkeit im Home Office für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzlich stärken.
Wir können daher auch nicht nachvollziehen, dass dieser laut Foresight-Studie wichtige Bereich der heutigen und zukünftigen Arbeitswelt im nationalen Aktionsplan der Bundesregierung sowie in einzelnen Förderprogrammen der SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles kein Schwerpunktthema ist.
Der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm: Dieser Trend setzt sich leider auf Landesebene fort. Seit Längerem höre ich Beschwerden von den Personalvertretungen, dass es in den Ministerien und in der Landtagsverwaltung zu wenig behindertengerechte Arbeitsplätze gibt.
Im Bildungsbereich fordern wir mit unserer Digitalen Agenda ein landesweit abgestimmtes E-Learning-Format und die Digitalisierung von Arbeitsmaterialen. Wir sollten hier nicht nur auf die Erfahrungen anderer Bundesländer oder gar anderer Nationen warten, sondern selbst das sich hier bietende Potential ausschöpfen und eigene Pilotprojekte, wie beispielsweise E-Learning für Inklusion, auf den Weg bringen.
Bei der Auswertung vieler Projekte unter dem Titel „Inklusion durch Digitalisierung“ lässt sich feststellen, dass wir keine Speziallösungen brauchen, sondern dass der Ausbau digitalen Lernens und Arbeitens bereits Verbesserungen für die Inklusion nach sich zieht. Je besser wir uns also für den digitalen Wandel rüsten, desto besser ist es um die Inklusion im Land bestellt.
Ich möchte bekräftigen, dass der gemeinsame parteiübergreifende Weg zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention von uns unterstützt wird. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf die Einzelheiten zu sprechen komme, möchte auch ich mich bei allen Beteiligten ausdrücklich bedanken, ganz besonders bei Dr. Ulrich Hase, bei allen Menschen mit Behinderung und bei allen Betroffenen, die sich so eingebracht haben, wie sie es getan haben. Von deren Beitrag ist in dem Bericht leider viel zu wenig zu erkennen.
Der Bericht hat 127 Seiten. Zieht man Deckblatt, Rückblatt und Fundstellen ab, bleibt nicht viel übrig. Ungefähr 75 % in den zehn dargestellten Punkten, die tabellarisch aufgeführt sind, erfassen laufende Maßnahmen. Etwa 66 % des Textanteils sind Zitate. So bleibt ungefähr noch ein Drittel bis ein Viertel Inhalt. Dort finden wir nicht den von der UN-Behindertenrechtskonvention geforderten Paradigmenwechsel.
Als ob das nicht genug wäre, müssen wir zusätzlich festhalten, dass unser Bundesland mit diesem Bericht einen unrühmlichen letzten Platz unter allen Bundesländern einnimmt. Kein anderes Land hat sich so spät wie Schleswig-Holstein um das Leben von Menschen mit Behinderung gekümmert.
Schon 2009 - vor acht Jahren also - hat Deutschland das Übereinkommen ratifiziert. Acht Jahre haben zwei Landesregierungen gebraucht, um überhaupt zu einem Plan zu kommen. Das hat viel zu lang gedauert.
Wie lang es dauern wird, bis die Umsetzung dieses Plans die Lebenswirklichkeit in Schleswig-Holstein erreicht, können wir uns alle vorstellen: Das wird nicht schnell gehen. Diese Erkenntnis ist gleichermaßen traurig wie alt. Bereits am 17. April 2015, also vor rund zwei Jahren, hat der UN-Ausschuss zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinde
rung die Situation in Deutschland evaluiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Barriereabbau nur sehr schleppend vorankommt. Schon vor diesem Hintergrund bildet der vorliegende Landesplan kaum Anlass zu Jubel oder Eigenlob.
Wollen wir die Situation von Menschen mit Behinderung wirklich verbessern, müssen wir uns zuallererst offen und ehrlich eingestehen, dass wir in diesem Bundesland der nationalen Entwicklung weit hinterherhinken. Wie ich bereits sagte, waren andere Länder da wesentlich schneller. Berlin hat so einen Plan seit 2011, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Thüringen haben ihn seit 2012. Mit Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt kamen 2013 drei weitere Länder hinzu. Somit hatten bereits neun Bundesländer einen Aktionsplan, bevor sich der hiesige Landtag überhaupt dazu entschlossen hatte, so etwas zu entwickeln. Das ist alles andere als ein Ruhmesblatt.
Es ist schon mehrfach gesagt worden: Es betrifft in diesem Land 560.000 Menschen, also fast jeden Fünften in diesem Bundesland. Abgesehen davon, dass dies leider nur eine allzu deutliche Sprache spricht, welchen Stellenwert die Landesregierungen seit 2009 diesen Menschen beigemessen haben, ist allein diese Verschleppung des Landesaktionsplans eine Verdrehung der Idee von Inklusion.
Die Inklusion ist keine staatliche Transferleistung. Karsten Jasper hat das kluge Zitat von Heike Franzen aus der letzten Aussprache hierzu erwähnt: Inklusion ist vor allem ein Anspruch der betroffenen Menschen. Wer aber wie die Küstenkoalition während der gesamten Legislaturperiode die Betroffenen hinhält und den Aktionsplan jetzt, zwei Monate vor der Wahl, als sogenanntes Wahlgeschenk auskehrt, zeigt, dass er das Wesen der Inklusion nicht verstanden, geschweige denn akzeptiert hat.
Dabei kann sich die Landesregierung nicht damit herausreden, dass sie über neun Monate im Dialog mit den Betroffenen gewesen sei. Das ist zwar zutreffend. Es gibt aber überhaupt keine Fundstellen dafür, dass sich die Einwände der Betroffenen im Bericht wiederfinden würden. Es ist nicht sichtbar, wo Veränderungen aufgrund der Einwände der Betroffenen vorgenommen wurden. Die Erkennbarkeit der Ideen von Betroffenen ist in diesem Bericht nicht da.
Damit ist es eigentlich sogar so, dass man sich den Vorwurf des Wahlgeschenks schenken kann, denn selbst dafür ist dieser Bericht zu dünn. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich glaube, jedem müsste die Tragweite der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung langsam bewusst sein. Wer trotzdem noch zweifelt, sollte sich einfach die im Bericht aufgeführten Handlungsfelder anschauen. Hier reicht eigentlich schon der Blick auf das Inhaltsverzeichnis. Wir alle haben hier einen Auftrag, der nahezu sämtliche Lebensbereiche umfasst. Das muss so sein, denn wir wollen, dass Menschen mit und ohne Behinderung ganz selbstverständlich zusammen leben, lernen, arbeiten und sich so gegenseitig bereichern.
Niemand soll ausgegrenzt werden. Niemand soll geringere Chancen im Leben haben - schon gar nicht aufgrund einer Behinderung.
Der SSW hat den besonderen Weg, den unser Land mit Blick auf diesen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention gewählt hat, von Anfang an begrüßt. Politik für und mit Menschen mit Behinderung ist für uns mehr als nur ein Teil der Sozialpolitik. Deshalb ist es aus unserer Sicht nicht nur sinnvoll, sondern absolut folgerichtig, dass alle Ressorts an diesem Plan mitgearbeitet haben. Wir begrüßen natürlich ausdrücklich, dass der so entstandene Entwurf anschließend in vielen Foren öffentlich diskutiert worden ist. Ich muss aber dazu sagen, dass das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müsste.
In Gesprächen mit Menschen mit Behinderung spüre ich gerade beim Thema der Umsetzung der UN-Konvention relativ viel Ungeduld. Wenn ich ehrlich bin, halte ich das für berechtigt. Wir sind in vielen Bereichen meilenweit von dem hier be
schriebenen Ziel entfernt. Trotzdem muss ich auch heute wieder um Verständnis dafür werben, dass wir es mit einem langfristig angelegten Prozess zu tun haben.
Ich will ein Beispiel nennen: Allein die absolute Grundlage für eine inklusive Gesellschaft - die Aufgabe der Bewusstseinsbildung - wird Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern. Manche Menschen müssen den respektvollen Umgang miteinander eben leider erst mühsam lernen.
Ich will hier nicht missverstanden werden: Auch wir vom SSW sind der Meinung, dass es in dieser wichtigen Angelegenheit gern etwas schneller gehen darf. Ganz ohne Frage lässt sich auch mit Blick auf diese Vorlage vieles noch konkreter fassen, manches vielleicht auch ehrgeiziger. Aber der vorliegende Aktionsplan ist und bleibt in seiner Gesamtheit ein wirklich gutes Stück Arbeit.
Ich möchte mich auch deshalb bei allen Beteiligten in den Ministerien, bei den Verbänden, vor allem aber bei unserem Beauftragten für Menschen mit Behinderung und seinem Team für dieses gute Stück Arbeit bedanken.
Die Handlungsfelder und die Vielzahl an definierten Einzelmaßnahmen sind eine unheimlich wichtige Basis. Ich persönlich halte sie auf dem Weg in Richtung einer gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft für unverzichtbar.
Eines ist für den SSW auf diesem Weg aber entscheidend: Wir müssen die Menschen mit Behinderung umfassend einbinden. Sie sind es, die uns im Zweifel die entscheidenden Hinweise für Verbesserungen geben können. Nur gemeinsam können wir unsere nächsten Schritte wirklich auf Effizienz und Wirksamkeit hin prüfen. Noch dazu muss in diesem Prozess allen klar sein, dass Behindertenrechte nicht irgendein Luxus sind, die wir uns nach Lust und Laune leisten können. Nein, Bund, Länder und Kommunen sind hier ganz konkret in der Pflicht. Die Anliegen von Menschen mit Behinderung müssen in allen Bereichen des politischen Handelns als Selbstverständlichkeit begriffen und berücksichtigt werden. Das ist eben unser Auftrag.