Protokoll der Sitzung vom 22.03.2017

und wir haben die Kürzung zulasten der dänischen Schulkinder zurückgenommen. Die Finanzierung der dänischen Schulen und die Sicherung des Friesischunterrichts, aber auch des Niederdeutschunterrichts wurden garantiert. Wir haben die Verfassung entsprechend geändert. Ziel- und Leistungsvereinbarungen wurden getroffen und somit die Finanzierung der verschiedenen Projekte der Minderheiten und Volksgruppen garantiert. Wir haben das Lan

desverwaltungsgesetz dahin gehend geändert, dass die Sprechergruppen ihre Behördengänge und Schriftverkehr in ihrer eigenen Sprachen im jeweiligen Sprachengebiet erledigen können. Entsprechend wurden die Personalanforderungen in den Verwaltungen angepasst.

Ausgenommen davon ist die Minderheit der Sinti und Roma, die auf eigenen Wunsch eine Verschriftlichung ihrer Sprache ablehnt. Sie erhalten unter anderem Unterstützung ihrer Kinder beim Schulbesuch. Dafür haben wir Mediatoren und Bildungsberater im Land ausgebildet.

12 Jahre nach dem Friesisch-Gesetz wurden weitere Maßnahmen zum Schutz der friesischen Sprache ergriffen. Dazu gehören Einstellungskriterien in Behörden sowie die sichtbare Zweisprachigkeit auf zusätzlichen Straßenschildern.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bildung fängt in der Kita an. Oft fängt dort auch das erste Kennenlernen einer regionalen oder Minderheitensprache an, da immer weniger Eltern die laut Sprachencharta geschützten Sprachen sprechen. Hier beginnt quasi auch der staatliche Auftrag, die Regional- und Minderheitensprachen zu erhalten. Mit der Ratifizierung der Europäischen Sprachencharta haben wir uns dazu verpflichtet, und wir machen das. Der Handlungsplan Sprache ist und bleibt Leitfaden für unsere weitere Politik. Damit sichern wir die Sprachenvielfalt unseres Landes auch in Zukunft.

Das ECMI, die FUEV, das kommende Haus der Minderheiten, das Friisk Instituut, Weltkulturerbe, das Wohnprojekt Maro Temm, Dialog Forum Norden, Schulen, die vielen Vereine und Organisationen unserer Minderheiten, die Menschen - sie alle sind wichtige Brückenbauer zwischen den Kulturen und Ländern, und wir haben ihnen viel zu verdanken.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich weiß, es ist schon oft genug gesagt worden, aber in einer Zeit, in der Europa von einigen immer wieder infrage gestellt wird, kann man es nicht oft genug wiederholen: Die Entwicklung vom Gegeneinander über das Miteinander zum Füreinander ist keine europäische Selbstverständlichkeit. Doch in Schleswig-Holstein wird das gelebt, auch darauf sind wir stolz. Es ist ein gelungenes europäisches Friedensmodell und für uns eine Herzensangelegenheit, dies weiter zu schützen.

(Birte Pauls)

Wir unterstützen die Minority-SafePack-Initiative und gratulieren nochmals herzlich zum ersten Teilerfolg. Wir erwarten von Brüssel eine Organisation klarer Zuständigkeiten für die Minderheiten in Europa.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich bedanke mich herzlich bei den Vertreterinnen und Vertretern der einzelnen Minderheiten und Volksgruppen für die ausgesprochen gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit auch in den letzten fünf Jahren, nicht nur in den Minderheitengremien des Landtags, sondern auch draußen herum. Vielen Dank auch an den Herrn Generalkonsul für die gute Zusammenarbeit mit den Minderheiten für die Grenzregion. Sie haben hier ganz viel Tolles geleistet. Vielen Dank dafür.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Unser aller Dank gilt auch unserer ehrenamtlichen Minderheitenbeauftragten Renate Schnack. Liebe Renate, du hast mit ganz viel Herzblut, Engagement, Durchhaltevermögen, aber eben auch mit sehr viel Wissen um Minderheiten die Dinge beharrlich und klug vorangebracht. Ganz herzlichen Dank dafür.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Wir vonseiten der SPD haben immer dafür geworben, dass Minderheitenpolitik nicht zum Spielball knapper politischer Mehrheiten wird. Deshalb danke ich auch allen Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, die sich hier gemeinsam zum Wohle der Minderheiten eingebracht haben. - Herzlichen Dank dafür.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, bevor wir in der Rednerliste fortfahren, begrüßen Sie bitte mit mir Herrn Dr. Bernd Buchholz, ehemaliges Mitglied aus unseren Reihen, MdL a.D. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag.

(Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Abgeordneter Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Minderheitenverbände! Liebe Renate Schnack! Sehr geehrter Herr Generalkonsul! „Europa schaut weg, wenn Menschenrechte verletzt werden“ - so urteilt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sehr hart über die Minderheitenpolitik, die in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union leider trauriger Alltag ist. In vielen europäischen Staaten werden nationale Minderheiten und Volksgruppen verfolgt. Sinti und Roma werden in weiten Teilen von Osteuropa diskriminiert. Sie müssen in Armut leben und haben wenige Rechte. Gerade deshalb sind wir Grüne sehr stolz darauf, dass es uns am Anfang der Wahlperiode gelungen ist, nach über 20 Jahren Vorlauf den Schutz der Sinti und Roma in der Landesverfassung zu verankern.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Diskriminierung hat bei uns im Land keinen Platz. Wir haben gemeinsam in der Koalition - ich glaube auch, dass das Konsens hier im Hause in vielen Punkten war - die Sinti und Roma nicht nur symbolisch unterstützt, sondern wir sind auch sehr konkret geworden: Wir haben den Landesverband der Sinti und Roma finanziell gestärkt und fördern beispielsweise die Bildungsberaterinnen und Bildungsberater, die junge Sinti und Roma in ihrem Schulalltag unterstützen und die junge Menschen aus der Minderheit dabei unterstützen, durch die Hilfe direkter Bezugspersonen aus ihrer eigenen Minderheit durch den Schulalltag zu kommen und auch erfolgreich Schulabschlüsse anzustreben.

Uns ist das auch weiterhin ein ganz besonderes Anliegen. Ich bin sehr froh darüber, dass unabhängig von Parteifarbe hier fraktionsübergreifend getragen wird, die Situation der Sinti und Roma bei uns in Schleswig-Holstein weiter zu verbessern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Aber natürlich geht es nicht nur um Minderheitenpolitik und den Schutz der Sinti und Roma bei uns in Schleswig-Holstein, sondern europaweit haben wir eine Verantwortung. Ich weiß, dass sich die Kollegin von Kalben mit anderen Kolleginnen und Kollegen aus dem Innen- und Rechtsbereich und dem damaligen Innenminister auch vor Ort in Mazedonien über die Situation der Sinti und Roma in anderen Ländern informiert hat. Die Erfahrungen

(Birte Pauls)

jedenfalls ist mir das so geschildert worden -, die dort gesammelt wurden, waren sehr eindrucksvoll und sehr berührend und zeigen, dass wir mit der Politik, die wir machen, die weit über Landespolitik hinausgeht, eine Verantwortung für die Volksgruppe, aber auch für andere verfolgte Minderheiten in Europa haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In den 47 Staaten des Europarats leben rund 340 autochthone Minderheiten. 14 % oder rund jede siebte Bürgerin und jeder siebte Bürger in Europa gehören einer Minderheit an. Es sind ziemlich große Zahlen. Wir Grüne finden, dass die EU hier endlich ihrer Verantwortung den autochthonen Minderheiten gegenüber gerecht werden muss. Deshalb unterstützen auch wir - wie es andere schon gesagt haben - die Minority-SafePack-Initiative der FUEN voll und ganz.

Angesichts der grundsätzlichen Europaskepsis glauben wir im Übrigen auch, dass die Europäische Union es hier verpasst, Menschen und sehr viele EU-Bürgerinnen und Bürger sehr konkret in ihrem Lebensalltag zu unterstützen und auch eine Relevanz der Arbeit zu zeigen, die in Brüssel für Menschen- und für Minderheitenrechte gemacht wird. Die EU muss hier nachbessern. Wir sollten alle weiter auch in Richtung der Europawahl, die, so glaube ich, in zwei Jahren stattfindet, gemeinsam daran arbeiten, die Europäische Kommission zu überzeugen, dass Minderheitenpolitik auch ein Thema der Europäischen Union ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, Dr. Ralf Stegner [SPD] und Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Wir haben in Flensburg mit dem European Centre for Minority Issues und dem Sitz der FUEN wichtige Institutionen für europäische Minderheitenpolitik, für Zusammenarbeit in dem Bereich sitzen. Flensburg ist ein wichtiges europäisches Zentrum für autochthone Minderheiten. Auch wir glauben, dass ein Haus der Minderheiten sehr gut nach Flensburg passt. Auch daran sollten wir gemeinsam, fraktionsübergreifend - Frau Damerow hat den Punkt schon angesprochen - in der nächsten Wahlperiode arbeiten, dass dieses Projekt auch realisiert werden kann. Durch die Geschichte des Grenzlands, die aktive Rolle unserer Minderheiten und mit dem ECMI und der Europa-Universität Flensburg in unmittelbarer Nachbarschaft gibt es eigentlich keinen besseren Standort als Flensburg. Ich bin sehr optimistisch, dass wir weitere Schritte in diese

Richtung in der nächsten Wahlperiode auch gehen können.

Aber wir brauchen auch andere Projekte zum kulturellen Austausch. Wir unterstützen deshalb zum Beispiel die dänische und deutsche Minderheit dabei, die EUROPEADA, die Fußball-EM für nationale und autochthone Minderheiten, 2020 ins Grenzland zu holen. Das ist eine sehr gute Initiative, die grenzüberschreitend über Sport den Ansatz unserer Minderheitenpolitik anderen Minderheiten näherbringt und dafür vielleicht auch eine Aufmerksamkeit in der Mehrheitsbevölkerung im Grenzland schafft. Das ist eine super Idee. Wir sollten noch viel stärker auch als Politik hier überlegen, wie wir dieses unterstützen können.

(Beifall SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Denn Minderheitenpolitik ist eben nicht nur etwas, von dem Minderheiten profitieren, sondern es ist eine Bereicherung für uns alle. Das bezieht sich auf das Beispiel, das ich gerade genannt habe, aber das kann man auch ganz konkret auf die Sprachenvielfalt bei uns im Land beziehen.

Wir haben deshalb die Umsetzung der Sprachencharta forciert und einen Handlungsplan für Sprachenvielfalt aufgelegt. Die Kollegin Pauls und auch der Kollege Harms haben dazu neben dem Ministerpräsidenten schon Hinweise gegeben.

Wir haben beispielsweise in Flensburg eine Friesisch-Professur an der Europa-Universität finanziert. Das ist gut. Es ist aber aus unserer Sicht nur ein erster Schritt, denn jetzt geht es darum, Regional- und Minderheitensprachen wie Friesisch weiter zu stärken und dafür zu sorgen, dass gerade auch bei jungen Menschen in der Mehrheitsbevölkerung die Sprachenvielfalt, wie wir sie hier im Land haben, wie sie auch für uns eine Stärke für uns als Land ist, noch stärker Berücksichtigung findet und sich noch mehr Menschen für Minderheitensprachen bei uns im Land interessieren.

(Beifall SSW und Bernd Voß [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Am Zustand unserer Minderheiten misst sich das Selbstverständnis unseres Landes. Mit diesem Satz haben wir unsere Minderheitenpolitik im Koalitionsvertrag beschrieben, den wir vor gut fünf Jahren verhandelt und dann gemeinsam in der Koalition aus SPD, SSW und Grünen verabschiedet haben. Dieser Satz hat nach wie vor Gültigkeit. Ich glaube, dass wir an ganz vielen Stellen - in 5 Minuten oder etwas mehr Redezeit ist es natürlich nicht möglich,

(Rasmus Andresen)

die 250 Seiten mit allen Punkten und allen Projekten konkret zu benennen, Kollegen haben dafür andere Beispiele genannt - bewiesen haben, dass wir eben nicht nur bei der Symbolik durch Verfassungsänderungen am Anfang geblieben sind, sondern dass wir die Verfassungsgleichstellung ernst genommen haben und schrittweise nach und nach für alle unterschiedlichen Minderheiten und Volksgruppen, die wir hier bei uns im Land haben und die geschützt und gefördert gehören, bewiesen haben, dass wir sie unterstützt haben. Diesen Weg wollen wir Schritt für Schritt auch in der nächsten Wahlperiode gemeinsam gehen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Der Dank am Schluss gilt neben den offiziellen Vertretern, die oben sitzen und wirklich sehr viel Herzblut und Engagement in minderheitenpolitische Fragestellungen investieren, aus meiner Sicht aber auch den vielen ehrenamtlich tätigen Menschen in den Minderheiten, die beispielsweise in der Kulturarbeit, in Sportvereinen oder durch andere Aktivitäten Minderheitenpolitik oder Minderheiten erst erlebbar machen und dadurch auch den Mehrwert, den Minderheiten bei uns im Land haben, für alle auslösen.

(Beifall SSW und Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist ihr Erfolg, dass wir eine so gute Minderheitenpolitik hier im Land machen und dass sie auch parteiübergreifend stattfinden kann.

Lassen Sie uns gemeinsam unabhängig von Einzelfragen, bei denen wir sicherlich auch zum Teil unterschiedliche Meinungen haben und das manchmal auch bewiesen haben - ich will nicht an Debatten der Vergangenheit erinnern, das wäre heute auch unerheblich -, unabhängig davon, wie wir bestimmte Fragen beurteilen, bei denen es auch Unterschiede gibt, dafür mobilisieren, dass bei der Landtagswahl kein Platz für Parteien ist, die ganz anders über diese Fragen denken, die gegen Minderheiten jeglicher Art hetzen und mit nationalistischer Ausgrenzung probieren, Stimmung zu machen. Dafür darf in Schleswig-Holstein kein Platz sein. Lassen Sie uns in der Minderheitenpolitik weiter gemeinsam vorangehen. - Vielen Dank.

(Beifall)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug das Wort.