Das ist sehr bedauerlich, denn wenn man das politische Geschäft kennt, dann weiß man, wenn man dafür und dagegen ist, dann bekommt man nichts zustande. Dass wir in diesem Haus - wären wir in diesem Haus für dieses Thema zuständig - keinen Ver
trag zwischen demokratisch verfassten Staaten in Europa und dem demokratischen Kanada über ein Handelsabkommen hinbekommen, ist eigentlich grausam. Es ist grausam.
Nun hat die Koalition jetzt einen Antrag vorgelegt, mit dem sie den Landtag auffordert, zu beschließen, dass er gleichzeitig für und gegen CETA ist. Das werden wir natürlich auch nicht mitmachen.
Den einzig vernünftigen Antrag, den es inzwischen gibt - den hätten wir auch schon gern vor acht Monaten beschlossen -, ist der von der FDP. Dem werden wir sehr gern zustimmen, Heiner Garg.
Ich will noch zwei Sätze in eigener Sache hinzufügen. Ich habe zum ersten Mal 1996 für diesen Landtag kandidiert. Es hat nicht ganz geklappt. Aber seitdem beschäftigt mich Landespolitik sehr intensiv. Ich habe in dieser Zeit schon viele solcher politischen Strickmuster miterlebt, gleichzeitig dafür und dagegen zu sein: A 20 - gleichzeitig dafür und dagegen, Elbquerung, Fehmarnbelt-Querung. Das Erstaunliche ist, dass das bereits seit den frühen 90er-Jahren mit derselben Entscheidungskompetenz bis heute der Fall ist. Eigentlich hat sich in der Zwischenzeit nichts bewegt.
Ich werde in den nächsten 20 Jahren das Tun in diesem Hause - wie man manchmal so flapsig sagt „von draußen begucken” und einmal sehen. Da ich mich schon etwas länger kenne, werde ich wahrscheinlich in spätestens einem Jahr zu der Erkenntnis kommen, dass Sie hier wirklich nur noch oberflächlich daherschwafeln und dass logischerweise früher, als ich noch da war, alles viel besser war.
Man glaubt ja gar nicht, was aus so einem Kopf alles herauskommen kann. Das ist schon ganz erstaunlich.
Ich möchte mich ganz, ganz herzlich bedanken, insbesondere bei Hans-Jörn Arp und Heiner Garg für sehr freundschaftliche fast 20 Jahre, bei Klaus Schlie, unserem Landtagspräsidenten.
Frau Bohn, Sie waren für die CDU-Abgeordneten und die Kabinettsmitglieder der CDU so eine Art Leibärztin und haben immer ein wachsames Auge auf uns gehabt.
Herzlichen Dank dafür! Haben Sie bitte künftig ein wachsames Auge auf Hans-Jörn Arp, denn der hat eine Drehzahl, die wirklich enorm ist.
Ich wünsche Ihnen beziehungsweise euch allen alles Gute für die Zukunft - egal, auf welchem Weg und an welchem Ort, und einem Teil des Hauses wünsche ich noch viel Erfolg!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir könnten heute darüber abstimmen, ob wir Globalisierung mögen oder nicht.
Wir könnten aber auch inhaltlich darüber reden, wie wir den Handel mit und in der Welt gestalten wollen, und diesen Gestaltungsanspruch hat die SPD. Wir profitieren vom internationalen Handel. Deshalb ist es wichtig, die Maßstäbe zu definieren, nach denen dieser Handel stattfinden soll.
Märkte brauchen Regeln, wenn sie Menschen dienen und ihnen zugutekommen sollen. Die SPD und mit ihr die Küstenkoalition hat dies in gleich drei Anträgen in dieser Legislaturperiode getan. Zur Erinnerung und zum Nachlesen: Unter anderem mit der Drucksache 18/2402
haben wir bereits 2014 beschlossen, dass wir keinem Freihandelsabkommen zustimmen, das nicht die Rahmenbedingungen klar benennt und das nicht transparent verhandelt wird, dass wir finden, dass sich die öffentliche Daseinsfürsorge nicht für die Regelung des Handelsabkommens eignet, dass Arbeitnehmerrechte wie Mitbestimmungsrechte, Betriebsverfassungsrecht, Tarifautonomie keinesfalls eingeschränkt werden dürfen, dass Verbraucherschutzstandards, Sozialdatenschutz und Umweltschutzstandards nicht gefährdet werden dürfen. Wir wollen die jeweils höheren Standards der Vertragspartner einführen und die öffentliche Finanzierung von Bildung, Kultur und öffentlich-rechtlichen Medien berücksichtigen.
Wir fordern die Berücksichtigung der Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen in Handelsverträgen. Ein faires Handelsabkommen darf nicht den Handlungsspielraum der nationalen Parlamente einschränken. Natürlich wehren wir uns gegen Investitionsschutzvorschriften wie die Idee des Investor-Staat-Schiedsverfahrens. Das ist schlicht inakzeptabel, und das haben wir immer wieder gesagt. Das zur Vorgeschichte!
Weil Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Deutschland und in Europa Politik gestalten, anstatt nur Nein zu blöken, können wir auf Zwischenerfolge blicken. Denn das hat die Sozialdemokratie erreicht:
Erstens. Statt privater Schiedsstellen sollen künftig öffentlich-rechtliche Gerichtshöfe über Investitionsstreitigkeiten entscheiden. Anstatt der traditionellen nicht öffentlichen Schiedsgerichte mit Schiedsrichtern, die ad hoc von den jeweiligen Streitparteien benannt werden, sieht CETA ein öffentlich legitimiertes Investitionsgericht vor, dessen Richter von den CETA-Vertragsparteien ernannt werden. Die Verfahren sind transparent, und es gibt eine Berufungsinstanz. Das ist ein moderner Standard, an dessen Ausgestaltung Deutschland maßgeblich mitgewirkt hat.
Zweitens. Arbeitnehmerrechte sind Bestandteil des Abkommens. Ein voller Erfolg nicht nur für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa, sondern auch in Kanada. Erst durch die CETA-Verhandlungen hat Kanada inzwischen sieben der grundlegenden Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO ratifiziert. Die zwei verbleibenden ILO-Kernarbeitsnormen sind bereits beschlossen, und die Inkraftsetzung ist vorbereitet und auf den Weg gebracht.
Drittens. Vom Vorsorgeprinzip der Europäischen Union darf im Rahmen des CETA-Abkommens in keiner Weise abgewichen werden.
Viertens. Anders, als immer wieder behauptet wird, schafft CETA nicht die tarifären Hindernisse in den Bereichen öffentliche Dienstleistungen ab.
Fünftens. CETA muss sich an den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens und der globalen Nachhaltigkeitsziele orientieren.
Sechstens. Die EU-Mitgliedstaaten haben zum Schutz der Daseinsvorsorge völlige Freiheit bei der Definition, welche Dienste als öffentliche Dienstleistung gelten.