Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir müssen solche Freihandelsabkommen nüchtern betrachten. Wir müssen auch sehen, dass wir nicht von Schleswig-Holstein aus die Welt retten.

(Zuruf Jette Waldinger-Thiering [SSW])

- Ja, daran gibt es Zweifel. Das gebe ich zu. Wir müssen aber vor allen Dingen sehen, dass wir nicht die perfekten Abkommen bekommen werden, sondern in jedem einzelnen Fall beurteilen müssen, was wir mit dem Abkommen bezwecken und erreichen und welche Auswirkungen es hat.

Wir haben in den Debatten, die wir hier zu CETA geführt haben, immer vier Leitlinien genannt, die für unser Handeln maßgeblich sind. Ich will sie noch einmal kurz als Stichworte wiederholen.

Erstens. Transparenz. Niemand wird bestreiten, dass diesbezüglich große Fehler gemacht worden sind.

(Wortmeldung Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN])

- Herr Breyer, Sie können sich gern wieder setzen. Entschuldigung, Herr Präsident.

Vielen Dank für die Klarstellung. Dann brauche ich nicht zu fragen.

(Dr. Patrick Breyer)

Danke. - Hinsichtlich der Transparenz sind also Fehler gemacht worden. Sie sind insbesondere bei TTIP gemacht worden, sie sind bei CETA gemacht worden. Dabei haben wir auch festgestellt: Vieles in der öffentlichen Debatte muss man nun argumentativ wieder einholen.

Zweitens. Keine Absenkung von Standards für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für Verbraucherinnen und Verbraucher, auch beim Thema Ernährung nicht. Insoweit darf es keinen Wettbewerb nach unten geben. Wir haben gesagt, wir brauchen unabhängige Gerichte, und wir haben gesagt, wir brauchen eine demokratische Legitimation. - Das sind die vier Leitlinien, die wir an CETA angelegt haben.

(Beifall SPD)

Wenn wir uns heute anschauen, was in den Verhandlungen erreicht worden ist - darauf ist schon hingewiesen worden -, so ist dies eine ganze Menge. Statt der privaten Schiedsgerichte wird es einen ordentlichen Investitionsgerichtshof geben, es gibt keinen Zwang zur Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Im Gegenteil. Wer zum Beispiel Krankenhäuser oder die Wasserversorgung früher einmal privatisiert hat, darf sie ausdrücklich wieder in den Besitz der Kommunen zurückholen. Und Kanada hat die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO anerkannt, insbesondere in Sachen guter Arbeit.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Das, meine Damen und Herren, ist der richtige Weg. Deswegen sage ich noch einmal: Es ist kein perfektes Abkommen.

Aber schauen wir doch einmal kurz - darüber haben wir auch schon diskutiert -, wer eigentlich wessen Geschäft macht. Wenn wir auf den US-Präsidenten Trump schauen, so ist - das muss ich sehr deutlich sagen - CETA für uns ein Vorbild für Freihandelsabkommen, wie sie heute in der Welt gestaltet werden sollten, auch mit den Inhalten, die sie heute erreicht haben.

(Beifall Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Wenn wir jemals wieder über TTIP verhandeln sollten, dann sollten wir als Bundesrepublik Deutschland zum amerikanischen Präsidenten gehen, ihm CETA als Blaupause hinhalten und sagen: Das ist freier Welthandel!

(Beifall SPD, CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, insofern gibt es von mir kein entschiedenes Sowohl-als-auch. Ich werbe vielmehr für die Zustimmung zu CETA. Ich sage das in aller Deutlichkeit. Aber es gilt natürlich auch: Man kann sich nur zu etwas positionieren, was vor einem auf dem Tisch liegt. Die Bundesregierung wird dies, wenn das CETA-Verfahren in Deutschland in die formalen Verfahren geht, dem Bundesrat vorlegen. Und ich sage genauso deutlich: Ich werde in dieser und auch in der kommenden Landesregierung dafür werben, dass man diesem Abkommen zustimmen kann. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 18/5307 - abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und die Fraktion der PIRATEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag in der Drucksache 18/4299 (neu) abzulehnen. Wer der Ausschussempfehlung folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordneten des SSW. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten der Fraktionen der PIRATEN, der CDU und der FDP. Damit ist der Antrag in der Drucksache 18/4299 (neu) abgelehnt.

(Zuruf Jürgen Weber [SPD] - Weitere Zurufe SPD)

- Wie bitte?

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Der Antrag ist gar nicht geändert worden! Und CDU und FDP haben gerade die Ablehnung abge- lehnt!)

Es wurde, wie eben dargestellt, abgelehnt. - Herr Weber, Sie haben mich ein bisschen irritiert.

Mit der Drucksache 18/5332 haben die Mitglieder des Europaausschusses dem Landtag einen Entschließungsantrag mit der Bitte um Übernahme und Zustimmung vorgelegt. Wer der Entschließung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.

Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordneten des SSW. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten der Fraktionen der PIRATEN, der CDU und der FDP. Damit ist der Antrag in der Drucksache 18/5332 angenommen.

(Unruhe)

- Gibt es irgendwelche Unklarheiten?

(Jürgen Weber [SPD]: Nein! Alles gut!)

Dann sollten wir sie bereinigen, bevor ich den Punkt abschließe.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nein, Herr Präsi- dent! Es ist ganz wunderbar!)

- Gibt es irgendwelche Unklarheiten?

(Zurufe von der SPD: Alles gut! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist echt geil, Herr Kolle- ge Kubicki! Das muss ich wirklich sagen! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Stegner, es ist alles gut!)

Dann schließe ich den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 65 auf:

Schleswig-Holstein in Europa - Europapolitische Schwerpunkte (Europabericht 2016 - 2017)

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/5266

(Unruhe)

- Vielleicht ist es möglich, dass wir das noch gemeinsam hinbekommen? - Ich erteile jetzt der Frau Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Frau Anke Spoorendonk, das Wort.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Geert Wilders hat die Wahl in den Niederlanden verloren.

(Beifall SSW, SPD, CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP)

Norbert Hofer ist in Österreich nicht Bundespräsident geworden. Und Herr Kaczy#ski hat Donald Tusk nicht als EU-Präsidenten verhindern können. Vor wenigen Wochen sah es noch so aus, als würden die Populisten in Europa durchmarschieren.

Heute demonstrieren Menschen in Kiel, in Frankfurt, in Berlin und in vielen anderen Städten für Europa.

Dies zeigt: Trotz aller Probleme, die noch nicht gelöst sind, trotz aller Krisen, die noch nicht beendet sind, trotz aller Gefahren, die auf beiden Seiten des Atlantiks drohen, ist die europäische Idee noch lange nicht an ihr Ende gekommen. Sie muss sich aber jetzt neu beweisen.

Diese Probleme hinterlassen Spuren und verändern Stimmungen in der EU und in Europa, Stimmungen, die auch auf unsere regionalen Beziehungen durchschlagen.

Ich habe das bei meinen Besuchen im Ostseeraum und bei manchen Begegnungen dort bemerkt. Es gab viele gute Gespräche, es gab aber auch manche irritierenden Treffen und Verhaltensweisen. Dass unser Hansebüro in Kaliningrad von der russischen Zentraljustiz in Moskau als ausländischer Agent eingestuft und damit praktisch zur Selbstauflösung gezwungen wurde, ist Ausdruck dieser Entwicklung. Wir haben uns dem widersetzt und mit der Neugründung des Hanse-Office Kaliningrad eine Lösung gefunden, die die Weiterarbeit ermöglicht.