Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

Beim Gründungsmonitor der Kreditanstalt für Wiederaufbau ist Schleswig-Holstein in der Regierungszeit von SPD, Grünen und SSW ist Schleswig-Holstein bei der Gründungsquote auf Platz 8 (2015) abgerutscht.

Die Ansiedlungen neuer Unternehmen in Schleswig-Holstein sind seit 2012 deutlich zurückgegangen. Auch wenn es im letzten Jahr einen kleinen Tick nach oben ging, aber leider nicht bei den geschaffenen Arbeitsplätzen.

Selbst die Zahl der geförderten Unternehmen unter anderem im Start-up-Fonds ist von 900 in 2015 auf 750 in 2016 zurückgegangen. Wer dies allein mit der guten Konjunktur erklärt, der muss sich fragen lassen: Verhindert gute Konjunktur Innovationen und neue Ideen? Ich sage: Nein.

Deswegen ist auch diese Zahl ein Zeichen dafür, dass Unternehmer und Existenzgründer kein Vertrauen in die Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung haben.

Das ist die Quittung für eine Politik, die sich ausschließlich mit der Schaffung von Bürokratie beschäftigt, Misstrauen gegenüber dem Mittelstand hat und bei der Infrastruktur gnadenlos versagt. Deshalb brauchen wir einen Mentalitätswechsel in

Schleswig-Holstein. Dazu gehören gute Startbedingungen.

Deshalb müssen wir die Finanzierungsbedingungen laufend weiter verbessern, und zwar in allen Phasen einer Gründung, um immer wieder auch auf neue Trends bei Existenzgründungen vorbereitet zu sein. Das betrifft sowohl die Fördermöglichkeiten des Landes wie auch die rechtlichen Grundlagen für Risiko-Kapital.

Zu den Startbedingungen gehört auch ein Umfeld, in dem Start-ups sich austauschen können und Innovationen willkommen sind. Mehr Gründerlounges, ein dichteres Netzwerk des Technologietransfers und Online-Präsentationsplattformen für Innovationen aus Schleswig-Holstein wären hier weitere Möglichkeiten.

Kurz gesagt: ein gründerfreundliches Klima, wo nicht alles kritisch hinterfragt wird, wo Vernetzung und Beratung noch stärker praktiziert wird und wo Bürokratie nicht gleich jede neue Idee auf die lange Bank schiebt.

Dazu gehört aber neben der Verkehrsinfrastruktur auch eine gute Infrastruktur für Kommunikation. Das Ziel der Koalition, den Breitbandausbau auf 2030 zu verschieben, ist doch für Start-ups ein verheerendes Signal. Da muss es doch niemanden wundern, dass Start-ups eher nach Hamburg gehen, wo sie zum Teil noch bessere Fördermöglichkeiten finden.

Wenn der Bund nicht in Schleswig-Holstein so massiv den Glasfaserausbau fördern würde - allein gestern wurden über 80 Millionen € Fördermittel bewilligt -, dann wären wir in Schleswig-Holstein mit dieser Landesregierung noch kein Stück weiter in Sachen Breitband.

Wer neue Unternehmen und Start-ups möchte, der sollte aber auch positiv für Unternehmertum werben, anstatt wie SPD, Grüne und SSW stets Misstrauen zu säen. Ein positives gesellschaftliches Klima für Wirtschaft und Unternehmertum ist die beste Voraussetzung, dass Menschen sagen: Ja, ich mache mich selbständig.

Dafür muss in den Schulen auch gerade mit Blick auf die Berufsorientierung stärker geworben werden, dafür muss aber auch das duale Ausbildungssystem gestärkt werden.

Herr Meyer, die häufigsten Worte in Ihrem Industrie-Papier sind „Einsetzen - Anstreben - Prüfen“. Junge Unternehmerinnen und Unternehmer brauchen und wollen aber endlich konkrete Taten. Dafür werden wir nach der Landtagswahl sorgen.

(Minister Stefan Studt)

Herr Präsident! Wenn ich mir den bunten Blumenstrauß anschaue, den die FDP in diesem Antrag gebunden hat, stelle ich mir die Frage, was genau das Ziel dieses Antrages ist. Wir befinden uns in der letzten Sitzung des Landtages in dieser Legislaturperiode, und auch die FDP weiß vermutlich, dass kein einziger der schön zusammengetragenen Punkte mehr seine Umsetzung finden wird.

Bezwecken Sie wirklich eine Unterstützung für Gründerinnen und Gründer, oder soll das ein Teil der Langfassung des FDP Wahlprogrammes sein? Leider fehlt mir die Zeit, auf jede einzelne mehr oder weniger schöne Blüte des bunten Straußes einzugehen.

Viele Punkte sind im Grundsatz unstreitig und auch schon gegeben und in Arbeit, das Starkmachen für ein Einwanderungsgesetz, One-Stop-Shops als zentrale Ansprechpartner für Unternehmensgründer, Bekenntnis zur Technologieoffenheit und Innovationsfreude.

Es gibt mir aber die Gelegenheit, noch einmal deutlich zu machen, wo die Unterschiede zwischen uns und der FDP sind. Denn besonders hervor sticht Ihre gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung nach einem bürokratiefreien Jahr. Schaut man sich das aber genauer an, stellt es sich schnell als Farce heraus.

Die sinkende Zahl der Gründungen liegt vor allem nicht an einer sich - wie von Ihnen behauptet - auftürmenden Bürokratie, sondern an einem soliden Arbeitsmarkt. Letztlich hilft es niemanden, wenn er in den ersten Monaten bestimmte Auflagen nicht erfüllen muss und dann nach Ablauf dieser Frist mit Mehraufgaben überfordert wird. Schauen Sie sich hierzu einfach die Stellungnahmen zu Ihrem letzten Antrag an. Begeisterungsstürme klingen anders. Die meisten Auflagen, wenn es überhaupt welche gibt, dienen dem Verbraucher-, Arbeits- oder Gesundheitsschutz und stellen fairen Wettbewerb her.

So wird es mit der SPD kein Aussetzen der Dokumentationspflichten zum Mindestlohn geben. Denn wir können von jedem Arbeitgeber - auch von Gründern - erwarten, dass sie Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter führen. Das ist übrigens schon lange so, nicht erst seit Einführung des bundeseinheitlichen Mindestlohnes. An einer einfachen Excel-Tabelle dürfte eine Gründung wohl kaum scheitern.

In diesem Zusammenhang ist auch ein Verzicht auf die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen

nicht zielführend. Wer ein Unternehmen führen will, wird auch Steuerklärungen abgeben müssen. Das dient nicht zuletzt auch dazu, die Übersicht über seine Umsätze zu behalten. Kurz: Sie schauen ganz offensichtlich nur auf die Quantität der Gründungen. Um den Mittelstand von morgen zu schaffen, brauchen wir aber solide Konzepte. Tatsächlich ist es belegbar, dass Gründer, die sich ausführlich vorbereiten, seltener scheitern.

Der Forderungskatalog, den Sie zum Bildungsbereich formuliert haben, läuft auf eine restlose Ökonomisierung unserer Bildung und Wissenschaft hinaus. Wir dagegen wollen die Inhalte von Wirtschaft/Politik bereits ab der 5. Klasse an allen Schulen des Landes unterrichten, auch hinsichtlich der globalen Zusammenhänge und der nachhaltigen Entwicklung. Das steht alles bereits in unserem Schulgesetz und in den Fachanforderungen.

Wir brauchen auch keine MINT-Offensive mehr zu starten, weil wir das schon längst getan haben. Unsere beruflichen Schulen und besonders unsere RBZs brauchen auch keine Nachhilfe bei der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, das können die schon ganz allein.

Das, was Sie zu den Hochschulen aufgeschrieben haben, entspricht dem, was wir vor anderthalb Jahren mit der Novellierung des Hochschulgesetzes, die Sie wütend bekämpft haben, schon umgesetzt haben. Also auch in diesem Bereich ist Ihr Antrag ein Flop.

Abschließend bleibt festzuhalten: Die richtigen Punkte des Antrages sind bereits umgesetzt oder in Arbeit. Der Rest des Blumenstraußes der FDP ist verwelkt und wird deshalb heute von uns abgelehnt und direkt entsorgt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihr Antrag, verehrter Herr Kollege Vogt, ist eine gute Initiative. Leider, und das wissen Sie, haben wir keine Gelegenheit mehr, darüber mit Ihnen im Ausschuss zu diskutieren. Daher vermute ich, dass sie diesen Antrag mit der Intention stellen: Seht her, wenn ihr am 7. Mai FDP wählt, dann geht es mit dem Gründergeist ab in Schleswig-Holstein.

In anderen Landtagen haben Sie diese politische Initiative auch eingebracht. Es ist eben Wahlkampf. Das Motto „nur mit der FDP wird es etwas beim Gründergeist“ ist aber vollkommen falsch. Viele ih

rer Punkte unterstützt meine Partei, und Sie finden ähnliche Passagen in unserem Wahlprogramm.

Einige Vorschläge sind gut, andere greifen nach unserer Ansicht nicht weit genug oder legen die Axt an die soziale Gerechtigkeit, etwa den Mindestlohn, und sind der gewohnte kalte neoliberale Kaffee, den sie hier gelegentlich auftischen!

Die Küstenkoalition war bei dem Thema wahrlich nicht faul - wir haben einiges auf den Weg gebracht. Es gibt bereits breite politische Unterstützung für Gründerinnen und Gründer, SchleswigHolstein ist längst ein Gründungsland. Ich erinnere an den Landtagsbeschluss vom 10. Juni 2016:

„Die Landesregierung wird gebeten, weiterhin aktiv an der Etablierung einer Gründungskultur in Schleswig-Holstein mitzuwirken und die Rahmenbedingungen speziell für nachhaltige Unternehmen auszubauen.“

Danach folgten konkrete Maßnahmen.

Wir haben den Ausbau von Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen vorangebracht. Die Gründerzentren an Hochschulen ausgebaut; das Werner-Jackstädt-Zentrum der Europa-Universität Flensburg und der Hochschule Flensburg sowie das Zentrum für Entrepreneurship der CAU leisten großartige Arbeit.

Wir haben die Landesentwicklungsstrategie auf den Weg gebracht, ich erinnere:

„Mittelfristiges Ziel ist es, den Standort Schleswig-Holstein als Gründerland zu etablieren. Junge Menschen sollen ermutigt werden, sich in Gründungen einzubringen.“

Wir haben ein Gründungsstipendium zur Unterstützung in der Pre-Seed-Phase - 2016 bis 2019 je 1 Million € - ausgelobt. Wir haben die Seed- und Start-up-Fonds zur Unterstützung von Ausgründungen aus Hochschulen, Entwicklungen von Prototypen und Aufbau des Geschäftsmodells gefördert. Wir haben uns starkgemacht für die Förderung eines landesweiten Start-up-Netzwerks und für einen Ideenwettbewerb Schleswig-Holstein für neue Geschäftsideen und den Aufbau von Netzwerken.

Innovationsfreude, Technologieoffenheit, Breitbandausbau gehen voran im Land. Als grüne Fraktion haben wir bereits zwei Fachgespräche mit Gründerinnen und Gründern geführt. Wir stehen im Dialog und haben die Rahmenbedingungen verbessert. Also es ist nicht nichts passiert - ganz im Gegenteil!

Was sehe ich kritisch an ihrem Antrag: Sie fordern ein Bürgergeld, wir sagen Nein zu zum Sozialabbau. Stattdessen könnte ein bedingungsloses Grundeinkommen den Gründergeist beflügeln. Sie fordern die Abschaffung des Landesmindestlohngesetzes und Aussetzung der Dokumentationspflichten für Gründerinnen und Gründer für 24 Monate. Wir sagen Nein zum Lohndumping und zum Aushebeln des Mindestlohns und einen Bürokratieabbau zulasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern tragen wir nicht mit. Weniger Bürokratie ja, aber nicht auf Kosten der Schwächsten in der Gesellschaft.

Ich stelle fest, dass das Thema soziale Gerechtigkeit bei Ihnen nicht vorkommt - schade. Aber na gut, da haben die Wählerinnen und Wähler wenigstens eine Wahl! Gut finde ich, dass Sie ein Einwanderungsgesetz fordern. Das fordern wir Grüne auch, da stehen wir an ihrer Seite. Es geht aber nicht, dass Geflüchtete in gute und schlechte Neuankömmlinge eingeteilt werden, je nachdem, welchen akademischen Hintergrund sie haben. Der Mensch muss im Vordergrund stehen, nicht das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts.

Was wir noch als Grüne auf dem Zettel haben: Wir wollen gemeinwohlorientierte Gründerinnen und Gründer gezielt fördern, auch wenn nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht. Wir wollen besonders Social Entrepreneurs und ökologisch nachhaltige Ideen unterstützen - zum Beispiel MyBoo, Bambusfahrräder mit Kooperationen in Ghana. Wir wollen Coworking Spaces und FabLabs weiter ausbauen. Sie schlagen BAföG für Gründerinnen und Gründer vor, ein interessanter Ansatz. Wir finden allerdings Gründungsstipendien nach skandinavischem Vorbild besser.

Mein Fazit: ein konstruktiver Antrag. Gern hätten wir diesen Antrag mit ihnen debattiert und weiterentwickelt. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Bringen Sie den Antrag doch in der nächsten Legislaturperiode wieder an. Wir werden dann vielleicht sehen, was möglich sein wird. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zahl der Unternehmensgründungen geht in Schleswig-Holstein schon seit mehreren Jahren zurück. Das ist nicht nur bei uns im Norden so, sondern leider auch ein bundesweiter Trend. Aber weder Bundes- noch Landesregierung scheinen zu begreifen, was das für den Wirtschaftsstandort Deutschland

(Dr. Andreas Tietze)

bedeutet. Sich in einem vom Mittelstand geprägten Land nur auf die Innovationen von großen Unternehmen zu verlassen, ist schlichtweg fahrlässig, zumal besonders große Unternehmen von der Flexibilität und dem Innovationsgeist von Start-ups profitieren und sich zusehends eigene Förderprogramme für Kooperationen leisten.

Der Mittelstand hat diese Möglichkeiten nicht, weshalb die Politik ein Interesse daran haben muss, die Vernetzung zwischen Unternehmen und Gründern voranzubringen und Möglichkeiten zu schaffen, nachhaltige Kooperationen aufzubauen und damit die Innovationskraft von Start-ups, vom kleinen bis zum großen Unternehmen, nutzen zu können.

Aus diesem Grund haben wir Ihnen heute einen umfassenden Antrag aus landes- und bundespolitischen Forderungen vorgelegt, um zu zeigen, wie elementar ein Gründergeist für Fortschritt und Wohlstand für Schleswig-Holstein, aber auch für Deutschland als Wirtschaftsstandort ist. Wir haben deshalb ganz bewusst die Stärkung der Gründerkultur an den Anfang des Antrags gesetzt. Ein Klima der zweiten und dritten Chance ist für uns die Grundvoraussetzung, damit sich wieder mehr Menschen für das Gründen entscheiden und sich eben nicht vor einer Stigmatisierung fürchten, die nicht nur persönlich schwer zu ertragen ist, sondern sich sogar wirtschaftlich nachteilig für die Betroffenen und damit am Ende auch für die Wirtschaft als Ganzes auswirken kann. Insbesondere bei der zunehmend schwierigen Frage der Unternehmensnachfolge spielt es eine bedeutende Rolle, wie wir unsere Unternehmer als Gesellschaft wahrnehmen.

Das Entfachen von mehr Gründergeist ist aber eben auch eine Frage der Rahmenbedingungen, die sowohl im Land als auch im Bund viel stärker an die Bedürfnisse von Gründern angepasst werden müssen. Der Staat ist hier zu häufig Kostentreiber und Innovationsbremse zugleich. Wir haben Ihnen dies ganz praktisch in Einzelmaßnahmen, wie den OneStop-Shop als zentrale Anlaufstelle oder das bürokratiefreie Jahr für Gründer, in unserem Antrag dargelegt, wo das Land ansetzen kann und handeln sollte. Dazu braucht es eben andere Hebel als das von Ihnen beschlossene Tariftreuegesetz, dass durch mehr Bürokratismus vor allem kleine und mittlere Unternehmen benachteiligt und damit eben auch vor allem Gründer.

Im Zeitalter der Digitalisierung muss es doch möglich sein, seine Geschäfte möglichst dezentral regeln zu können und die Verfahren hierzu, zum Beispiel bei der Steuererklärung, deutlich zu vereinfachen. Deshalb fordern wir, endlich Kräfte zu bün

deln und die Vernetzung der Akteure voranzubringen, um die digitale Verwaltung heute schon Realität werden zu lassen.