Jetzt, wo die Wahlperiode unwiderruflich dem Ende entgegengeht, versucht die Landesregierung krampfhaft, das nachzuholen, was sie fünf Jahre lang versäumt hat, nämlich in die Infrastruktur unseres Landes zu investieren. Derartige Versäumnisse lassen sich aber nicht mal eben sechs Wochen vor der Landtagswahl mit einem Nachtragshaushalt korrigieren, erst recht nicht, wenn es sich dabei um mehr Schein als Sein handelt.
Schauen wir uns die Realität an! Von den 100 Millionen €, die aus dem Haushaltsüberschuss 2015 in IMPULS geflossen sind, wurden im letzten Jahr lediglich 40 Millionen € in den Nachtragshaushalt eingestellt, und davon wiederum nur 29 Millionen € tatsächlich verbaut. Das war weniger als ein Drittel der Gesamtsumme. Von den 180 Millionen € aus dem Haushaltsüberschuss 2016 sollen jetzt 75 Millionen € in den Nachtragshaushalt eingestellt werden. Auch das sind nur 40 % der Gesamtsumme, und auch hier ist noch längst nicht klar, wie viel davon in diesem Jahr überhaupt verbaut werden wird.
Selbst mit diesen zusätzlichen Investitionen aus IMPULS liegen die Investitionen insgesamt immer noch um rund 100 Millionen € niedriger als zu Zeiten der CDU-FDP-Vorgängerregierung. Von zusätzlichen Investitionen, Frau Ministerin - das habe ich Ihnen gerade vorgerechnet - kann somit überhaupt keine Rede sein.
Meine Damen und Herren, hätte denn die Landesregierung in den letzten vier Jahren wenigstens so viel investiert, wie sie es sich jetzt plötzlich für das Jahr 2017 vornimmt, dann wären das immerhin rund 650 Millionen € zusätzlich gewesen, die in den letzten Jahren in Instandsetzung und den Ausbau unserer Infrastruktur geflossen wären 650 Millionen €! Zufälligerweise deckt sich diese Zahl ziemlich genau mit den Verpflichtungsermächtigungen, die die Ministerin für die nächsten Jahre mit diesem Nachtragshaushalt ausbringen will.
- Brillant berechnet, Herr Kollege! - Die Versäumnisse der Vergangenheit lassen sich aber nicht durch Ankündigungen für die Zukunft wiedergutmachen, erst recht nicht, wenn diese zukünftigen Ankündigungen noch nicht einmal vollständig mit konkreten Projekten unterlegt sind.
Solange dies nicht geschehen ist, stehen die Zahlen nur auf dem Papier, besitzen keine rechtliche Verbindlichkeit und lassen sich mit dem nächsten Haushalt nach der Wahl problemlos wieder herabsetzen. Deshalb sind diese Verpflichtungsermächtigungen nichts anderes als Augenwischerei, nur Schall und Rauch, die kurz vor der Wahl den Eindruck von Aktivität vermitteln sollen.
Nicht anders verhält es sich auch mit dem plötzlich aufgetauchten Sanierungsprogramm für Schultoiletten. Glauben Sie allen Ernstes, dass dadurch auch nur eine einzige Schultoilette in diesem Jahr zusätzlich saniert wird, Frau Ministerin,
- Genau, Frau Raudies! Wenn in den beschlossenen Haushalten der Gemeinden ohnehin Mittel für Schultoilettensanierung vorgesehen sind, dann mag
es da den einen oder anderen Mitnahmeeffekt in diesem Jahr geben. Aber es wird keine einzige Toilette zusätzlich saniert. Dafür kommt Ihr Programm nämlich ein halbes Jahr zu spät. Sie hätten auch letztes Jahr schon auf diese Idee kommen können.
Lieber Herr Kollege Koch, könnten Sie sich vorstellen, dass in einem Sanierungshaushalt einer Stadt von vielleicht 2,5 Millionen € ein gewisser Anteil für die Sanierung von Schultoiletten vorgesehen ist und dass dann die Möglichkeit, beim Land Fördermittel zu beantragen, dazu führen kann, dass man das eigentlich für die Toiletten vorgesehene Geld für etwas anderes verwendet, sodass zusätzliche Investitionen möglich sind?
Frau Kollegin Raudies, ich dachte eigentlich, Sie kennen auch Haushalte. Wenn eine Kommune in diesem Jahre eine Schulsanierung geplant hat und in diesem Umfang auch eine Sanierung der Schultoiletten vorgesehen ist, dann ist der Haushalt der Kommune finanziert und die Sanierung erfolgt ohnehin. Wenn man jetzt die Möglichkeit hat, aus einem Fördertopf Geld zu bekommen, dann freut sich die Kommune, dann spart sie Geld. Das heißt aber mitnichten, dass in der Schule mehr saniert wird. Erst recht heißt es nicht, dass mehr Schultoiletten saniert werden, sondern es geschieht genau das, was die Kommune zu Beginn des Jahres ohnehin geplant hat. Deswegen bewirken Sie mit Ihrem Programm eine finanzielle Besserstellung der Kommunen. Das hätten Sie auch einfacher haben können, zum Beispiel über den kommunalen Finanzausgleich, aber für Schultoiletten bringt Ihr Programm rein gar nichts.
(Beifall CDU - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Kei- ne Ahnung! - Peter Eichstädt [SPD]: Was ha- ben Sie gegen Schultoiletten?)
Nachdem die Frau Kollegin Nicolaisen gerade versucht hat, uns zu erklären, dass wir nichts für die Kommunen tun, freue ich mich nun über die Anerkennung, die aus Ihren Worten kommt. Vielen Dank. - Die Haushalte, die ich kenne, freuen sich über zusätzliche finanzielle Mittel, weil in der Regel das, was eingeplant ist, selten ausreichend ist, um all das zu machen, was nötig ist. Von daher, finde ich, läuft Ihr Argument ins Leere.
Ob die Kommunen sich wirklich freuen können, hängt davon ab, ob Mittel in diesem Jahr abgerufen werden können. Was passiert mit den nicht abgerufenen Mitteln?
Sie kommen nicht den Kommunen zugute, sondern fließen in den großen Topf von IMPULS zurück. Daran können Sie am besten sehen: Sie zünden im März ein Wahlkampfbonbon, um vor der Wahl zu signalisieren: Wir stellen Geld für Kommunen für Schultoiletten bereit. Wenn das in diesem Jahr nicht abgerufen wird, ist das nicht Ihre Schuld. Dann können Sie das Geld im nächsten Jahr für etwas anderes verwenden, weil das Programm dann ausgelaufen ist. Nicht mehr und nicht weniger ist das Ganze.
werden gleich herausfinden, wem es etwas hilft. - Ich habe noch nicht verstanden, ob Sie jetzt dafür sind, dass mehr Schultoiletten saniert werden oder ob Sie dagegen sind.
Aber das ist gar nicht meine Frage. Meine Frage ist, ob Sie bitte zur Kenntnis nehmen können, dass es bei uns im Land Kommunen gibt, bei denen der Sanierungsbedarf auch in diesem Bereich so riesig ist, dass sie mit eingeplanten Mitteln nicht alles das schaffen können, was sie vor Ort in den Schulen sanieren müssen. Ich habe vor zwei Wochen beispielsweise mit den Kämmerern der Stadt Flensburg gesprochen, mit Herrn Brüggemann, der sehr wohl begrüßt hat, dass wir mit diesem Programm auch der Stadt Flensburg - es gibt viele andere Beispiele, aber das ist das Beispiel, das ich am besten beurteilen kann, weil ich selbst dort herkomme - ermöglichen, mehr in den Schulen zu sanieren, als wenn wir die Stadt mit dieser Aufgabe alleingelassen hätten? Genau darum geht es.
Wir sind für die finanzielle Unterstützung der Kommunen. Wenn es Ihnen damit aber ernst wäre, dann hätten Sie diesen Vorsatz schon vor drei Monaten fassen können, nämlich im Dezember zum Haushaltsplan 2017; dann hätten sich die Kommunen darauf einstellen können, und dann hätten in diesem Jahr tatsächlich weitere Schultoiletten saniert werden können. Dies geschieht aber nicht dadurch, dass Sie hier während des Wahlkampfs ein solches Programm auflegen, das in diesem Jahr keine Wirkung mehr entfalten wird. Es kommt auf die Umsetzung an und nicht auf Versprechen, die Sie kurz vor der Wahl abgeben.
Ich möchte jetzt gern fortfahren, Herr Präsident. Das waren drei Zwischenfragen. Ich denke, das reicht an dieser Stelle.
Sie werden jetzt begeistert sein. Es gibt nämlich durchaus auch ein positives Signal, das ich bei diesem Nachtragshaushalt konstatieren kann. Inhaltlich nicht zu kritisieren sind nämlich die im Nachtragshaushalt vorgesehenen zusätzlichen Mittel für die Beseitigung der Sturmflutschäden, für die Ausgleichszahlungen aufgrund der Geflügelpest, für digitales Lernen, für Special Olympics und das Unterhaltsvorschussgesetz. Das alles ist überhaupt nicht zu kritisieren. Dass die Landesregierung aber diese insgesamt doch recht überschaubaren Mehrausgaben nur durch Schulden finanzieren kann, das ist doch mehr als erbärmlich.