Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Erdmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich versuche auch einmal, im Staccato anzufangen. Mein Erstes bezieht sich auf den FDP-Antrag: Den werden wir logischerweise ablehnen. Wir haben aber einen eigenen Antrag gestellt und weisen auf die Praxis von Hamburg hin. Ich finde, das ist dort sehr gut geregelt. Alles Weitere steht im Ausschussprotokoll. Da kann man das sehr gut nachlesen. Man kann ja auch durchaus Anträge noch einmal überarbeiten, wenn man im Ausschuss dazu gute und sachdienliche Debatten geführt hat.

Der zweite Punkt ist der Antrag der PIRATEN zu den Fragen des Bildungs- und Teilhabepakets. Wir haben eine große Sympathie dafür. Man muss aber auch sagen, dass diese Landesregierung schon im letzten Oktober genau diese Gespräche geführt hat. Es gibt leider nicht nur eine „rote Welt“, es gibt auch eine „schwarze Welt“. Man ist da an Grenzen gestoßen. Deshalb glaube ich, dass es nicht sinnvoll ist, die Landesregierung noch einmal loszuschicken, obwohl das Thema wichtig ist und auch auf der Agenda bleiben muss.

Ich gehe dann kurz auf den Bericht zum Thema Lernen mit digitalen Medien ein. Er umfasst 200 Seiten, die es verdient gehabt hätten, dass man ausführlich darüber redet. Ich nutze das jetzt für eine andere Sache. Ich möchte mich bei Britta Ernst bedanken. Sie hat in den letzten zweieinhalb Jahren wirklich Dampf gemacht, was die digitalen Medien und das digitale Lernen angeht. Wir hatten vor etwa vier Jahren eine Veranstaltung im Bildungsausschuss. Da haben sich noch die Leute, die sich damals auf den Weg machen wollten, sehr allein gefühlt. Alles, was man sich dort damals gewünscht

hat, haben Sie jetzt auf den Weg gebracht. Britta Ernst, vielen Dank dafür.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei Sven Krumbeck herzlich bedanken, weil er - das muss man sagen - in der ersten Hälfte der Legislatur im Bildungsausschuss sehr viele gute Impulse zum Thema digitales Lernen gesetzt hat und uns Älteren damit etwas Feuer unter dem Hintern gemacht hat. Wir hatten viele gute Veranstaltungen, gerade in dem Bereich. Danke, Sven.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Und dann setze ich kurz den Hut der Ausschussvorsitzenden auf. Vielen Dank auch an Ole Schmidt. Denn dieser Ausschussgeschäftsführer hat wirklich alle unsere Sonderwünsche, Sonderrunden, Besuchsprogramme, Extraveranstaltungen, Runden Tische mitgemacht und nie gesagt, das wird zu viel, sondern immer gesagt: Oh, das ist ja interessant! Vielen Dank, Ole Schmidt.

(Vereinzelter Beifall)

Ich möchte dann kurz auf den Bildungsbericht eingehen. Ja, das mit den Vollzeitäquivalenten ist schwierig. Ich musste mir das auch erst einmal erklären lassen. Das kann Frau Ernst aber super erklären. Das ist nicht irgendetwas in Richtung Bilanzfälschung, sondern das sind die bundeseinheitlichen Regelungen mit den KMK-Standards. Deshalb passt es auch nicht zu den Stellen, die wir normalerweise in unseren Tabellen haben. Das sind ganz besondere bundeseinheitliche und damit vergleichbare Werte, die man dort findet.

Die einfache Variante - so erkläre ich mir das immer bei den Lehrerstellen; man muss Haushaltsund Stellenpläne natürlich auch richtig lesen können - ist: Wir haben ein Plus von 300 Lehrerstellen und 15.000 Schülerinnen und Schüler weniger. Das ist mehr, als wir am Anfang der Legislaturperiode gedacht haben, schaffen zu können, und ich muss sagen, darauf bin ich wirklich stolz.

Zusätzlich muss man sagen, dass wir auch noch mehr Geld für Personal bereitgestellt haben. Wir haben den Einstieg, den die schwarz-gelbe Regierung im Bereich multiprofessionelle Teams gemacht hat, weitergeführt. Wir haben 13,2 Millionen € für den Bereich Schulsozialarbeit übernommen. Wir haben 13,2 Millionen € für Schulassistenzen eingestellt: 600 Schulassistenzen, Personen, die Sie jetzt eigentlich entlassen wollen, liebe FDP,

(Kai Vogel)

um Leute einzustellen, die es gar nicht gibt. Das ist schon eine ganz interessante liberale Variante.

Das heißt, wir haben eigentlich zu diesen 300 Stellen mehr auch noch 30 Millionen € mehr für Personal. Das ist eine wirklich gute Bilanz. Sie lässt sich sehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich gehe gleich noch auf ein paar andere Punkte ein. Eine Sache aber ist mir besonders wichtig. Ich bin auch deshalb ganz zufrieden mit diesen fünf Jahren, weil die Bildungspolitik so war, wie ich es mir vorgestellt habe. Sie war indikatorenbezogen, sie war dialogorientiert, und sie war sehr stark ressourcenfokussiert. Da muss ich einen Dank an die Landesregierung und an die Koalitionsfraktionen in der Breite sagen. Wenn es zusätzliches Geld gab, strukturelle Mehreinnahmen, ist das immer eins zu eins in den Bildungsbereich gegangen. Das war wirklich toll für uns Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker zu sehen, wie viel Unterstützung es da gibt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Mir ist wichtig, den Punkt Dialog aufzuführen. Herr Günther hat das gestern sehr despektierlich heruntergemacht und gesagt, da kann eigentlich nur eine veränderte Sache heraus. Zum einen war unser Koalitionsvertrag deshalb relativ deckungsgleich mit der Mehrheitsmeinung, weil wir vorher eben nicht nur mit dem Philologenverband und der IVL, sondern mit sehr vielen Akteuren gesprochen haben. Da gibt es eine ganz große und breite Mehrheit. Viele haben die große Schulreform begrüßt, die unter Schwarz-Rot gemacht worden ist.

Herr Günther hat gestern gesagt, die Schulreform, die man in dieser Legislaturperiode erlebt habe, sei die größte seit Jahren in Schleswig-Holstein gewesen. Das ist nun echt Kokolores. Das gilt für die beiden anderen Schulreformen vorher auch, wenn man die Aufregung im Land sieht.

Ich will noch einmal kurz aufführen, welches die Dialogaspekte sind, die wir aufgenommen haben, die nicht im Koalitionsvertrag standen. Wir haben beim Thema Querversetzung und Schulartenempfehlung nach den langen Debatten im Bildungsdialog eine veränderte Variante gewählt. Wir haben die Notenfreiheit auf Klasse 4 ausgedehnt, weil das ein ausdrücklicher Wunsch gewesen ist, der dort immer wieder geäußert wurde, und zwar nicht alles im großen Plenum - das muss auch gesagt werden.

Der Bildungsdialog war nicht auf eine zweimalige Veranstaltung beschränkt; er lief weiter.

Wir haben die Schulassistenzen eingeführt, weil das der Wunsch von vielen Grundschulen in diesem Dialog gewesen ist. Wir haben uns gegen die Schwerpunktschulen Inklusion ausgesprochen, die Frau Klahn immer wieder anführt. Dazu gab es eine Debatte in einem anderen Bildungsdialog. Wir hatten auch kurz darüber nachgedacht, aber die Expertinnen und die Experten, die vor Ort Schule machen, haben immer gesagt: Das ist kein Weg, den wir gehen wollen.

Wir haben uns überlegt, wie wir uns bei der Elternvertretung von Kindern mit Förderbedarf neu aufstellen können.

Ich könnte noch mehr sagen, wenn die Zeit reichen würde. Ich will nur sagen: Diese Dialogorientierung hat sich durchgezogen. Sie war zu Anfang vielleicht etwas schwergängig, aber inzwischen bin ich wirklich beeindruckt von der Art und Weise, in der dort geredet wird.

Ich will einen letzten Satz zum Thema Unterrichtsgarantie sagen. Ich kann das sehr gut verstehen. Das ist sehr plakativ. Wir haben in Hessen gesehen: Unter Ministerpräsident Koch gab es eine Unterrichtsgarantie. Deswegen hat Hessen bis heute die höchste Anzahl von befristeten Stellen. Eine Unterrichtsgarantie führt nämlich zu einem unglaublichen Anstieg von befristeten Stellen. Das ist Mist.

Es gibt noch viel zu tun im Bildungsbereich. Ich muss sagen: Britta Ernst, du wärst die Richtige, das weiterzumachen. Ich hoffe jedenfalls, dass du auch in der nächsten Legislaturperiode diese Arbeit weiterführen kannst. Das war wirklich eine tolle Zusammenarbeit. Die Schulen haben davon sehr viel Gutes mitgenommen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW, Hans-Jörn Arp [CDU] und Katja Rath- je-Hoffmann [CDU])

Vielen Dank. - Für die Kollegen des SSW erteile ich das Wort der Frau Abgeordneten Jette Waldinger-Thiering.

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank, Britta Ernst, für die 2 zusätzlichen Minuten. So viele Themen in 5 Mi

(Anke Erdmann)

nuten abzuhandeln, ist wirklich schwierig. Jetzt haben wir 7 Minuten - wunderbar.

(Zuruf: Sie haben schon eine halbe ver- braucht!)

- Nein! - Das Thema Bildungskosten beschäftigt uns aus gutem Grund dauerhaft und bleibt aktuell. Bekanntlich haben wir hierzu in der kommenden Woche die nächste Sitzung. Aber gerade weil wir es hier mit so einer Fülle an Themen zu tun haben, ist mir eines wichtig zu betonen: Egal, ob digitale Medien, Bildungsteilhabe oder auch Gewalt an Schulen, all diese Dinge sind dem SSW sehr wichtig. Der Gesamtbereich Bildung war von Beginn an Schwerpunkt unserer Koalitionsarbeit. Ich denke, die Vielzahl unserer Initiativen und der Blick auf die nackten Zahlen machen das sehr deutlich.

Isoliert gesehen, hat der Antrag der PIRATEN natürlich seine Berechtigung. Der SSW hat nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2010 darauf hingewiesen, dass Kinder bei der Bedarfsermittlung nicht etwa als halbe Erwachsene angesehen werden dürfen. Sie haben andere Bedarfe und damit Anspruch auf eigenständige Regelsätze. Aus unserer Sicht sind die sozialgesetzlichen Leistungen für Kinder aus einkommensschwachen Familien leider nach wie vor zu gering.

Das gilt nicht zuletzt für den uneingeschränkten Zugang zu Bildung und damit für das Bildungs- und Teilhabepaket. Bekanntlich rennen die PIRATEN hier aber offene Türen ein, denn Schleswig-Holstein setzt sich längst und unverändert für die Streichung der Eigenbeteiligung beim Mittagessen in Kita und Schule und für bessere Bildungschancen für Kinder aus einkommensschwachen Familien ein. Das ist ganz offensichtlich ein dickes Brett, aber Schleswig-Holstein bleibt hier natürlich weiter dran.

Etwas anders sieht es dagegen beim Thema Gewalt an Schulen aus: Aus Sicht des SSW schwingt hier zumindest eine gehörige Portion Wahlkampf mit. Deshalb sage ich ganz klar: Auch wenn hier einige gern einen anderen Eindruck erwecken wollen, ist dieses Problem weder neu noch in irgendeiner Form ausufernd. Natürlich können wir körperliche oder seelische Gewalt weder in der Schule noch irgendwo sonst tolerieren. Das ist hier keine Frage. Aber unsere Schulen reagieren auf derartige Vorfälle in absolut angemessener Art und Weise. Man sollte auch nicht so tun, als seien Land und Schulen hier erst seit gestern präventiv tätig. Aber natürlich sind wir bereit, hier gemeinsam mit den Betroffe

nen ein landesweites Verfahren auf den Weg zu bringen. Wir werden uns vor allem dafür einsetzen, dass die Schulen, die hier besonders gefordert sind, eine Form von Bildungsbonus bekommen.

Unabhängig davon, ob Themen im Wahlkampf überhöht werden, gibt es im Bildungsbereich ohne Frage reichlich zu tun. Uns ist wichtig, dass die Schulen auch in Zukunft die nötige Ruhe und Entlastung bekommen, die sie für die qualitative Weiterentwicklung brauchen. Vorrangiges Ziel ist die Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Daneben wollen wir vom SSW unbedingt die Ganztagsschulangebote und die Ferienbetreuung bedarfsgerecht ausbauen, denn Ganztagsschulen leisten nach unserer Auffassung einen ganz erheblichen Beitrag zur Chancengleichheit und zur individuellen Förderung der Kinder.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Zeiten, in denen die meisten Eltern berufstätig sind, muss auch die Lücke zwischen den langen Ferienzeiten und den kürzeren Urlaubsansprüchen endlich qualifiziert geschlossen werden.

Bekanntlich haben wir uns im Gegensatz zu anderen Vorgängern für zusätzliche Lehrerstellen und aufgestockte Finanzmittel für den gesamten Bildungsbereich entschieden. Diesen Weg wollen wir fortsetzen. Damit bleibt die Bildungspolitik wesentlicher Schwerpunkt unserer Arbeit. Alle sollen Zugang zu Bildung bekommen und die Möglichkeit haben, den für sie bestmöglichen Abschluss zu erreichen. Hier sind wir zwar noch längst nicht am Ziel, aber auf einem guten Weg.

Ich möchte meiner geschätzten Kollegin Heike Franzen eine Frage stellen. Die CDU sagt immer, sie möchte in der nächsten Wahlperiode eine Unterrichtsgarantie ausstellen. Wie soll sie aussehen? Soll sie so aussehen wie in Hessen? Dann zieht das prekäre Arbeitsverhältnisse nach sich und hat mit Unterrichtsqualität in der Tat nichts zu tun. In Hessen hat man nur eine Unterrichtsgarantie von der ersten bis zur zehnten Klasse ausgesprochen, also nicht für den Sek-II-Bereich. Darauf bleibt uns der Spitzenkandidat eine Antwort schuldig.

Ich muss sagen: Wir, die Küstenkoalition, wir können Schulstrukturen. Wir machen Schulfrieden und keine Rolle rückwärts bei G 8 und schon gar keine Rolle rückwärts bei der Inklusion. Teilhabe ist nicht nur nice to have. Es ist unsere Aufgabe, dass jeder in dieser Gesellschaft teilhaben kann. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Jette Waldinger-Thiering)

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Kollegen Sven Krumbeck von der Piratenfraktion das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich möchte mich hier noch einmal zu meinen sehr geschätzten Kolleginnen Klahn und Franzen äußern. Ich fange mit Frau Klahn an und will erläutern, warum wir Ihrem Antrag damals nicht zugestimmt haben. Tatsächlich hat Ihr Antrag uns dazu gebracht, einen eigenen Antrag zu stellen, weil Ihr Antrag schlichtweg unfinanzierbar ist.

(Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD und SSW)