Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

(Beifall FDP und CDU)

Wir sehen in der nicht nur von liberalen Abgeordneten, sondern auch von anderen Fraktionen, von Christdemokraten und von Sozialdemokraten, erhobenen Forderung im Europaparlament nach einer erweiterten Flexibilität in der EU-Haushaltspolitik ein ganz wesentliches Ziel.

Noch ein weiterer Punkt, in dem Nachbesserungsbedarf besteht: Nach den Ratsvorschlägen liegt die Lücke zwischen den Verpflichtungs- und den Zahlungsermächtigungen bei immerhin 52 Milliarden €. Dies hat das Europaparlament meines Erachtens zu Recht kritisiert. Wenn die Kolleginnen und Kollegen gegenüber den Ratsvorschlägen eine Verbesserung erreichen, dann ist das für eine solide Haushaltspolitik ebenfalls ein wichtiger Schritt. Wir sollten in den nächsten Jahren nicht wieder in solche Situationen hineingeraten, wie wir sie im Herbst letzten Jahres hatten, als plötzlich 9 Milliarden € für die Finanzierung des wichtigen ERASMUS-Bildungsprogramms zum Austausch von Schülern und Studenten in der Europäischen Union fehlten und es eine Weile gedauert hat, bis die Entscheidung getroffen wurde, dass nachgesteuert wurde, dass noch Geld dafür zur Verfügung gestellt worden ist, wo es wirklich richtig eingesetzt ist. Danke schön.

(Beifall FDP und CDU)

(Regina Poersch)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion der PIRATEN erteile ich dem Herrn Abgeordneten Torge Schmidt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Antrag wurde schon viel gesagt, auch zur Situation im Europaparlament. Diese Ausführungen brauche ich nicht zu wiederholen. Dennoch möchte ich einige Punkte in dem Antrag ansprechen.

Man muss ganz klar sagen: Die Intention der Koalition ist relativ klar. Bei der Haushaltslage, die wir in Schleswig-Holstein haben, können wir es uns nicht leisten, auf Mittel der EU zu verzichten. Jeder Euro aus Brüssel ist für unser Land wichtig. Rein aus schleswig-holsteinischer Sicht - auch wenn das egoistisch gesehen ist - ist das ein wichtiger Punkt für unsere Haushaltslage.

Frau Poersch, kommen wir noch einmal zu „Connecting Europe”. Ich kann hier nicht mitgehen. Das, was im Antrag steht, ist nicht beispielhaft. In dem Antrag steht konkret: „sowie bei der für den Infrastrukturausbau vorgesehenen Fazilität ,Connecting Europe’ für den Bereich der Energienetze zurückgenommen werden“. In „Connecting Europe” steht auch der Breitbandausbau. Den haben Sie nicht explizit erwähnt. Es steht nur drin, dass es um die Energienetze geht.

(Zuruf Regina Poersch [SPD])

- Genau. - Für Schleswig-Holstein ist es gerade ziemlich schwierig. Ich darf daran erinnern, dass es in Schleswig-Holstein immerhin noch knapp vierzig Schulen gibt, die keine Breitbandversorgung haben. Deshalb frage ich mich, warum Sie es nicht mit reingeschrieben haben.

Man muss auch ganz ehrlich sagen: Gerade für Europa ist die digitale Vernetzung essenziell. Das Internet ist ein wichtiger Faktor dafür, dass die Menschen in Europa weiter zusammenwachsen. Wir alle wissen, dass Brüssel weit weg ist. Ohne das Internet ist Brüssel noch viel weiter entfernt.

Kommen wir zu dem Punkt der Agrarsubventionen. Es ist ein bisschen kurz gedacht. Langfristig müsste nach uns PIRATEN ein kompletter Abbau der Subventionen her.

(Beifall PIRATEN)

Stattdessen brauchen wir ein Finanzierungsmodell der ländlichen Räume, das an soziale und ökologische Kriterien gekoppelt wird.

Die Kultur- und Tourismusförderung soll weiter gefördert werden. Da sind wir uns einig. Diese Förderungen sollen an Innovationen geknüpft werden. Das finde ich persönlich sehr gut, weil es sonst nicht zu einer strukturellen Förderung eines Wirtschaftszweigs kommt, sondern dazu, dass ein Wirtschaftszweig einfach „künstlich“ am Leben erhalten wird. Ich glaube, Sie haben Herrn Minister Meyer nach Schleswig-Holstein geholt, weil Sie im Tourismusbereich Innovationen haben wollen. Dieser Bereich ist für Sie doch ein klarer Wirtschaftsfaktor.

Kurz zum Antrag der FDP: Der Änderungsantrag wirft einen Aspekt des Fiskalspakts auf. Wir stimmen Ihnen zu, dass nur ein starker und konsequenter Fiskalpakt für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union sorgt.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Liebe FDP, wenn wir es aber schaffen, neben einer einheitlichen Geldpolitik auch eine einheitliche Fiskalpolitik in der Europäischen Union zu schaffen, dann frage ich Sie: Was spricht für Sie gegen Eurobonds oder einen europäischen Fonds für Altschulden? - Die bisherige Alternative ist, dass wir Staaten wie Griechenland horrende Zinsen zahlen lassen und den Ausfall der Rückzahlungen über Rettungsschirme abdecken. Eine einheitliche Anleihe würde die Zinssätze für notleidende Staaten senken und damit das Gesamtgarantierisiko des Rettungsschirms für Deutschland. Wir sollten im Ausschuss vielleicht noch einmal darüber sprechen.

Kommen wir zu einem Fazit: Als Schleswig-Holsteiner kann ich definitiv verstehen, dass die Landesregierung möglichst viele Mittel für unser Bundesland bekommen will. Als Europäer muss ich jedoch sagen, dass der Antrag an den wahren Problemen vorbeigeht. Wir werden diese Probleme wahrscheinlich in diesem Parlament nicht lösen können. Europa muss endlich demokratischer werden. Die Haushaltskompetenzen braucht das EU-Parlament.

(Beifall PIRATEN)

Ich möchte die SPD-Politikerin Jutta Haug zitieren:

„27 nationale Egoismen schaffen keinen europäischen Mehrwert, Wachstumsimpulse und Wettbewerbsfähigkeit in Europa.“

Viele wichtige Vorschläge wurden im Europäischem Parlament im Rahmen der Haushaltsdebatte

gemacht. Ich glaube, wir brauchen mehr Rechte für das Europäische Parlament. Dafür sollten wir uns alle einsetzen. - Ich danke Ihnen dafür.

(Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herrr Kollege, habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie die Überweisung an den Ausschuss beantragt haben?

(Torge Schmidt [PIRATEN]: Vielleicht den einen Punkt! Wir müssen das nicht machen!)

- Sie müssen sich entscheiden, was Sie beantragen wollen. Die Kolleginnen und Kollegen können dann entscheiden, ob sie Ihrem Antrag folgen. Ich müsste vielleicht nicht jetzt sofort, aber im Laufe der nächsten zehn Minuten eine Ansage kriegen.

Bevor wir in der Debatte fortfahren, möchte ich Sie bitten, mit mir gemeinsam auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Heide-Ost und der Gemeinschaftsschule Husum Nord auf der Tribüne zu begrüßen. - Herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Für den SSW erteile ich Frau Kollegin Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die öffentlichen Haushalte stehen in dieser Zeit stark unter Druck, und zwar in allen europäischen Ländern. Nicht nur Schleswig-Holstein, sondern die gesamte Europäische Union steht Spar- sowie Konsolidierungsmaßnahmen gegenüber. Das Wort Schuldenbremse ist in aller Munde. Die EU-Regierungschefs haben erstmals in der Geschichte eine faktische Kürzung des Finanzrahmens beschlossen, und das trotz wachsender Mitgliederund Aufgabenzahl. Konkret heißt das, dass der Finanzplan von 2014 bis 2020 tatsächliche Ausgaben der EU von maximal 908 Milliarden € erlaubt. Das hört sich zunächst nach einem gigantischen Budget an. Stellt man diesen Plan jedoch dem jetzigen Bundeshaushalt plus der Hochrechnung für die nächsten sieben Jahre gegenüber, so ergibt sich eine Summe von 2.100 Milliarden €, die im Vergleich zu den 908 Milliarden € des EU-Budgets für tatsächliche Ausgaben nicht mehr ganz so gigantisch aussieht.

Für uns vom SSW steht fest, dass es nicht per se auf die Höhe der bereitstehenden Summen ankommt, sondern darauf, wofür man diese Mittel einsetzen möchte. Hier geht es um Konsolidierungspolitik mit Augenmaß. Die Mittel für die Agrarförderung werden weiter sinken, jedoch nicht exorbitant, sondern in Form einer flachen Absenkung. Mehr Kapital ist vorgesehen für die Zukunftsbereiche Forschung und Bildung. Die Ausgaben für Infrastruktur und Verkehr werden erhöht, und zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sollen 6 Milliarden € zur Verfügung gestellt werden.

Wir als Land zwischen Nord- und Ostsee sollten uns in Brüssel dafür starkmachen, dass die Bereiche Tourismus und Kultur auch nach 2014 förderfähig bleiben. Europa hat das größte Tourismusaufkommen weltweit. Europa hat die höchste Dichte und Vielfalt an Natur- und Kulturattraktionen. Daran sollten wir festhalten, denn der Tourismus macht auf direktem und indirektem Weg 10 % des EUWirtschaftsvolumens aus.

Ein zentrales Projekt der letzten Regionalfondszuschüsse möchte ich noch einmal erwähnen, nämlich das regionale Entwicklungskonzept für Deutschlands einzige Hochseeinsel, Helgoland. Mithilfe der EU-Mittel konnten hier insgesamt 75 Einzelprojekte für eine nachhaltige und wirtschaftliche Weiterentwicklung Helgolands auf die Beine gestellt werden. Diese Projekte galten insbesondere der Beibehaltung und Neuprofilierung der touristischen Infrastruktur. Unterschiedlichste Akteure haben gemeinsam für den Erhalt sowie die Verbesserung der Lebensqualität auf der Insel gearbeitet. Auf Helgoland wurde also einiges für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum getan, wie es in der Europa-2020-Strategie festgehalten ist. Auch in Zukunft brauchen wir eine solche Förderung, denn am Beispiel Helgoland wird deutlich, dass eben nicht alle Regionen in Europa ein Selbstläufer sind.

Wie wir bereits gehört haben, wurde der mehrjährige Finanzrahmen vor einigen Tagen vom Europäischen Parlament abgelehnt. Nun muss also neu verhandelt werden. Vertagungen, Unterbrechungen und Verhandlungsnachtschichten fangen nun also mehr oder weniger wieder von vorn an. Der Zeitund Erwartungsdruck wächst, und zwar von allen Seiten.

Wir brauchen eine entscheidende und umfassende Reform des MFR. Dies gilt insbesondere für die Strukturfonds. Aus Sicht des SSW geht es hierbei nicht ausschließlich darum, mehr Geld anzuschaf

(Torge Schmidt)

fen, sondern darum, das vorhandene Geld entscheidend klüger auszugeben. Genügend Spielraum ist vorhanden. Nun kommt es auf die Verhandlungen an. Hier müssen die EU-Staats- und Regierungschefs sowie das Europäische Parlament Stärke beweisen, um gemeinsam einen stabilen und zukunftsorientierten Haushaltsplan zu erarbeiten.

Für den SSW beantrage ich die Überweisung der beiden Anträge von der FDP und den regierungstragenden Fraktionen an den Europaausschuss und den Finanzausschuss.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Rasmus Andresen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich während des Beitrags des Kollegen Wiegard zu Wort gemeldet. Ich beziehe mich zunächst auf den FDP-Antrag. Zu dem Wortbeitrag komme ich später. Ich finde, dass hier viele Sachen miteinander in einen Topf geworfen werden, die man so nicht in einen Topf werfen kann. Beispielsweise kann man die mittelfristige Finanzplanung der Europäischen Union weder technisch noch politisch mit den nationalen Haushalten vergleichen, wie wir sie im Landtag oder auch im Deutschen Bundestag haben. Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist: Sie von der FDP-Fraktion gehen in Ihrem Antrag auf die innerdeutsche Umsetzung des Fiskalsvertrags ein. Das ist nicht die Debatte, die wir hier im Kern führen. Das ist vor allem eine innerdeutsche Debatte. Sie hat damit zu tun, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sich nicht an die Absprachen gehalten hat, die er mit den Ländern in Bezug auf die Zustimmung zum Fiskalvertrag getroffen hat. Das ist der zentrale Punkt dafür, dass viele Länder diesen Fiskalvertrag im Bundesrat zu Recht abgelehnt haben.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Hängt das nicht mit dem Termin der Bundestagswahl zusam- men?)

Ihre Ablehnung des Altschuldentilgungsfonds mischen Sie dann noch mit in den Antrag hinein. Aus Ihrer und aus meiner Sicht ist das konsequent, aber

es unterstreicht, dass Ihnen in dieser Frage die Probleme der Länder und auch der Kommunen in Bezug auf den Fiskalvertrag reichlich egal sind.

Wenn man sich die aktuelle Lage in der Europäischen Union ansieht, dann sieht man, dass es eine hohe Jugendarbeitslosigkeit gibt. Die Frau Kollegin Poersch ist gerade eben auch darauf eingegangen. In Spanien und Griechenland liegt die Quote bei über 50 %.

Glauben Sie denn im Ernst, dass man ausschließlich durch Sparerei und Kürzungen in den nationalen Haushalten das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in den Griff kriegen würde? Das glaube ich nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)