Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Die Antwort ist gestern Nachmittag um 14 Uhr bei uns eingegangen. Es gab eine breite Beteiligung. Die Mehrheit der PIRATEN in Schleswig-Holstein hat sich eindeutig positioniert. Sie ist mehrheitlich dafür, dass auch Schleswig-Holstein Castoren nach dem Verursacherprinzip aufnimmt. Wer Müll produziert, kann nicht einfach sagen: Egal, nach uns kommt die Sintflut.

Die breite Mehrheit der PIRATEN hat den FDPAntrag damit weitgehend zurückgewiesen. Wir müssen vielmehr einen verantwortlichen Weg finden.

(Beifall PIRATEN)

Die PIRATEN haben aber auch gesagt: Wir wollen, dass die Bürger mitentscheiden. Wir wollen nach Möglichkeit einen Volksentscheid, und, wenn das nicht geht, eine konstitutive Befragung.

(Beifall PIRATEN)

Das ist für uns ein ganz entscheidender Punkt. Aus der radikalen Position des Ausstiegs leiten wir PIRATEN die Forderung ab, dass das Atomkraftwerk in Brokdorf umgehend stillgelegt werden muss.

(Beifall PIRATEN)

Die Entscheidung, an unserem eigenen Antrag festzuhalten - es gibt in der Sache sehr viele Parallelen; ich kann das jetzt nicht im Detail ausführen, aber

wir haben das sehr ausführlich in der Diskussion mit Herrn Stegner besprochen -, liegt mit darin begründet, dass sich unser Verständnis von Vertrauen, Verantwortung und vor allen Dingen Bürgerbeteiligung im Antrag der koalitionstragenden Fraktionen nicht widerspiegelt.

Ich will das kurz begründen. Sie sagen - das ist richtig; das steht auch im Koalitionsantrag -, dass Sie die Bürgerbeteiligung möchten. Aber wie das geschehen soll, sagen Sie nicht. Die Gespräche mit den Menschen vor Ort sind natürlich wichtig, aber Bürgerbeteiligung besteht für uns nicht nur aus Gesprächen.

(Beifall PIRATEN)

Bürgerbeteiligung heißt für uns vielmehr, dass die Bürger mitentscheiden.

(Beifall PIRATEN)

Mit Blick darauf, wie dieser Antrag formuliert ist und wie die Regierungserklärung vorgetragen wurde, können wir uns des Verdachts nicht erwehren, dass Bürgerbeteiligung in diesem Fall heißt, dass die Sorgen zur Kenntnis genommen werden und die Bürger nachher noch über die Farbe der Castoren entscheiden dürfen,

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Rot-grün am bes- ten!)

aber mehr leider nicht.

(Beifall PIRATEN)

Ich möchte auch auf die aktuelle Diskussion von gestern in der Förde-Runde eingehen. Dabei hat für die Grünen der Kollege Tietze Stellung bezogen und ausgeführt, dass er eigentlich ein sehr starker Befürworter der Bürgerbeteiligung sei, jedoch in dieser Frage eigentlich eher nicht; denn die Menschen vor Ort würden die Zettel mit einem klaren „Nein“ ausfüllen, weil sie den Atommüll nicht bei sich wollten.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Heißt das, dass Bürgerbeteiligung nur im Sinne der Fraktionen und der Koalition ist, wenn vorher klar ist, dass das Ergebnis auch politisch opportun ist?

(Beifall PIRATEN, vereinzelt CDU und FDP)

Da können wir nicht mitgehen und sagen: Diesem Weg stimmen wir zu.

Vielleicht war es ein Missverständnis, aber Sie, Herr Albig, haben vorhin begründet, warum heute

(Angelika Beer)

eine Entscheidung mit dem Ziel fallen soll, dass die Landesregierung jetzt Verantwortung dafür übernimmt, Akzeptanz zu schaffen. Das ist die Entmündigung des Bürgers.

(Beifall PIRATEN und Oliver Kumbartzky [FDP])

Das ist zum Beispiel auch die Entmündigung des Kreises Dithmarschen, der eine sehr differenzierte Resolution verabschiedet hat, indem er gesagt hat: Wir sind eigentlich dagegen, aber wir haben den Atommüll selbst produziert, sodass der Anteil auch verantwortlich bei uns zwischengelagert werden sollte.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Auch der Teil aus Gorleben?)

Ich möchte Ihnen gern erläutern, warum wir so viel Wert darauf legen, dass die Menschen an dieser Generationenfrage beteiligt werden, warum sie gehört werden und warum sie mitentscheiden sollen. Am 15. Februar 1955 hat das Bundeswirtschaftsministerium ausgeführt, dass die Frage der Endlagerung vor dem Bau des ersten AKW geklärt werden müsse.

(Zuruf Ministerpräsident Torsten Albig)

- Das ist über 40 Jahre her, Sie haben es selbst gesagt. Aber wir müssen auch deutlich machen - da sind wir ein Stück bei der Koalition -, dass wir die Betreiber, also die Profiteure, aufgrund der Risiken in der Zukunft nicht aus der Verantwortung lassen können. Das ist doch völlig klar.

(Beifall PIRATEN)

Ich sage ganz klar in Richtung der Verbraucher, die diese Debatte noch mit uns führen werden, auch wenn die Landesregierung diese Entscheidung für sich treffen will: Überlegt Euch gut, woher Ihr den Strom nehmt. Warum wollt Ihr, dass die, die Brokdorf weiterhin betreiben wollen, täglich noch mehr Geld verdienen? Wechselt zu denen, die erneuerbare Energien anbieten, damit wir alle helfen, die Energiewende in Deutschland und Schleswig-Holstein umzusetzen.

(Beifall PIRATEN und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Fakt ist auch - deswegen ist die Beteiligung so wichtig -: Seit Beginn der Debatte um den Einstieg und seit der friedlichen Nutzung der Atomenergie - ich lasse die friedenspolitischen Aspekte einmal heraus - war immer eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung gegen den Bau von Atomkraftwerken. Trotzdem sind sie gegen den Willen der Bevölke

rung gebaut worden. Trotzdem haben Regierung und Betreiber alle Warnungen ignoriert.

Ich spreche für viele, die ungefähr so alt wie ich sind und die aus meiner Generation kommen Die Proteste kamen nicht nur aus dem Bauch heraus, und sie waren nicht nur moralisch begründet, sondern wir haben damals wirklich Fachliteratur gewälzt, uns schlaugemacht und die Frage gestellt: Wenn es so gefährlich ist, was ist mit Wiederaufbereitung? Was ist mit der Zwischenlagerung? Das haben wir damals schon diskutiert. - Was ist mit der Endlagerung? Was ist mit diesem verdammten Atommüll, der Millionen von Jahren strahlt?

Deswegen sind wir auf die Straße gegangen und tun das noch heute. Das war für mich die Politisierung. Politik hat mich vorher gar nicht interessiert. Ich habe gefragt: Warum macht die Politik - die Bundesregierung - das, obwohl jeder wissen kann, dass es mordsgefährlich und unverantwortlich ist? Das war der Einstieg für mich. Deswegen ist damals auch die grüne Partei, der ich bekanntlich damals auch angehörte, entstanden.

Deswegen ist unser Appell trotzdem - auch wenn es heute so nicht beschlossen wird -: Lassen Sie uns über die Möglichkeit der Durchführung eines Volksentscheides reden!

(Beifall PIRATEN)

Sie verweisen darauf: Es ist rechtlich noch nicht möglich. Wir sagen: Lassen Sie uns Wege suchen, dort hinzukommen.

(Beifall PIRATEN)

Lassen Sie uns auch für Schleswig-Holstein Wege suchen, wie zum Beispiel Baden-Württemberg es in der Frage Stuttgart 21 gemacht hat, unsere Menschen hier mitentscheiden zu lassen. Warum soll es in anderen Bundesländern gehen und bei uns nicht?

(Beifall PIRATEN)

Ich sage zu dem Kollegen Tietze und dem Misstrauen, dass unsere Menschen verantwortlich entscheiden: Wir trauen den Menschen zu, dass sie klüger entscheiden als die Politik. Das ist tatsächlich ein wesentlicher Unterschied zwischen uns.

(Beifall PIRATEN)

Denn eins muss man zweifelsohne festhalten: Die Frage ist, ob das politische Kalkül - es ist egal, ob ich Herrn Callsen oder Herrn Kubicki angucke

(Zuruf: Unverschämt!)

(Angelika Beer)

wirklich das Ziel hat, gemeinsam eine Lösung in der Frage dieser schweren Zukunftsbelastung zu finden. Mich hat das heute hier nicht überzeugt. Warum sollten Menschen - wie zum Beispiel auch die Mehrheit der PIRATEN in Schleswig-Holstein nicht verantwortlich zu dem Schluss kommen: Ja, wir stehen zu unserer Verantwortung, aber dann muss auch klar sein, wie sie aufgeteilt wird?

(Beifall PIRATEN)