Angelika Beer

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Last Statements

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! 60 Jahre nach den Römischen Verträgen sitzen wir hier im Landeshaus und nehmen einen Europabericht zur Kenntnis, der zwar schön ist, aber keinen Ausblick auf die Zukunft Europas wagt.
Während die Briten den Austritt aus der Europäischen Union verkünden wollen, verschließt die Landesregierung in diesem Bericht die Augen vor der bitteren Realität: Die EU droht aufgrund der Wiedererstarkung nationalistischer Kräfte in Großbritannien, in Frankreich, in den Niederlanden, in Polen, in Ungarn aber auch bei unseren direkten Nachbarn, Dänemark, zu zerbrechen.
60 Jahre nach dem Unterzeichnen der Römischen Verträge brauchen wir eine mutige Vision, wie die europäische Einigung fortgeführt werden kann. Stattdessen haben wir einen mutlosen Kommissionspräsidenten, der zwischen einem „Weiter so!“, einer EU der zwei Geschwindigkeiten oder gar einem exklusiven „Kerneuropa“ schwankt.
Dabei existiert dieses Kerneuropa, bestehend aus der Schengen- und Eurozone und unter deutscher Führung, schon längst. Dies ist auch der Grund, warum Süd- und Osteuropäer die derzeitige Entwicklung der Europäischen Union mit berechtigter Skepsis betrachten.
Was ist von diesem grenzenlosen Europa geblieben? Heute vor 16 Jahre endeten die Grenzkontrollen zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein. 16 Jahre später ist das grenzenlose Europa hier im Norden Geschichte. Es wird an der deutsch-dänischen Grenze wieder kontrolliert.
Es kann und darf nicht sein, dass Schotten und Nordiren von Europa im Stich gelassen werden, nur weil eine knappe Mehrheit der Briten die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU ablehnt. Wenn die Schotten in der EU bleiben wollen, dann sollten wir - und auch die Engländer - diesen Wunsch respektieren.
Uns PIRATEN fehlt in dem Bericht die klare und deutliche Aussage, wohin die Reise gehen soll!
Ein weiteres Beispiel für die Mutlosigkeit der Europäischen Union ist die gescheiterte Flüchtlingspolitik. Länder wie Italien und Griechenland werden mit der Last alleingelassen. Zusagen zur Verteilung der Flüchtlinge auf die Mitgliedstaaten werden
ignoriert. Während man Trumps Pläne, eine Mauer zwischen Mexiko und den USA zu errichten, belächelt oder als unmenschlich kritisiert, wird an der Südostgrenze der EU eine ebensolche Mauer errichtet - FRONTEX.
Die Bundesregierung geht einen Flüchtlingsdeal mit der Türkei ein, und in der Hoffnung, dass die Türkei die Grenzen schließt, ignoriert man die Gleichschaltung der türkischen Presse und Justiz und ignoriert die dortigen Menschenrechtsverletzungen. Ist diese Appeasement-Politik gegenüber Erdogan es wert, unsere europäischen Grund- und Menschenrechte aufzugeben?
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist diese Abschottungspolitik noch mit den europäischen Grund- und Menschenrechten vereinbar? Ist es mit unserem Verständnis der Menschenrechte vereinbar, in autoritären Staaten oder Diktaturen, in denen teilweise sogar Bürgerkriege herrschen, Auffanglager zu errichten?
Wir entfernen uns von dem europäischen Gedanken, den Robert Schuman, Jean Monnet, Paul-Henri Spaak und Konrad Adenauer einst hatten. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die Mehrheit der jungen Mittel- und Osteuropäer trotz der Nationalchauvinistischen aus Warschau und Budapest die Europäische Union als Friedensgarant schätzen. Es sind wie nach dem Krieg die jungen Europäer, die sich von der nationalistischen Rhetorik der Populisten nicht beeindrucken lassen und die Freiheit und Demokratie des Staatenbundes zu schätzen wissen.
Diese Menschen sind trotz aller antieuropäischen Ressentiments überzeugt, dass die Mehrheit an die Grundidee der Europäischen Union, an Reformen und die Weiterentwicklung glauben. Während antieuropäische und nationalistische Parteien in Europa immer stärker werden, demonstrieren unter dem Motto #PulseOfEurope in mehr als 20.000 Menschen in 60 europäischen Städten für ein demokratisches und vereintes Europa. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit Interesse habe ich den Bericht der Landesregierung zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes in der uns vorliegenden Form zur Kenntnis genommen. Es ist zwar interessant zu lesen, in welcher Höhe das Land die GAK-Gelder bekommt, interessanter wäre jedoch ein Bericht des Ministers, was mit den GAK-Geldern der letzten Jahre wirklich erreicht worden ist.
Die Förderziele sind bekannt und werden ausführlich in dem Bericht dargestellt. Inwieweit die letztjährige Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutz zielführend war, darüber wird nicht berichtet. Werden die Ziele, die Jahr für Jahr mit diesen Mitteln gefördert werden, erreicht? Wurde die Zukunftsperspektive der Landwirtschaft in der letzten Legislaturperiode wirklich gestärkt und wurde der - vielfach beschworene - Strukturwandel vollführt?
Auf diese Fragen gibt der Bericht der Landesregierung keine Antworten. Der Rahmenplan zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutz ist ein Kofinanzierungsinstrument, welches Schles
wig-Holstein bei diesem schwierigen und auch langwierigen Prozess helfen kann.
Eine nachhaltige und standortangepasste Landbewirtschaftung ist ebenso wie die Entwicklung geeigneter Vermarktungseinrichtungen Teil einer nachhaltigen und ökologischen Strukturreform des ländlichen Raumes. Dazu gehört ebenfalls eine Verbesserung der Agrarstruktur, indem Nutzflächen zusammengelegt werden. Gerade unter ökonomischen wie auch ökologischen Gesichtspunkten ist eine Optimierung der Hof-Feld-Beziehungen sinnvoll.
Was unserer Meinung nach bisher zu kurz gekommen ist, ist die regionale Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse durch kleine und mittlere Betriebe. Gerade die handwerkliche, traditionelle und ökologische Weiterverarbeitung von regionalen Lebensmitteln sollte gestärkt werden, denn die Vermarktung von ökologisch und qualitativ hochwertigen Produkten ist die Zukunftschance für die schleswig-holsteinische Agrar- und Ernährungswirtschaft.
Dies beinhaltet auch, dass nachhaltige und ökologische Anbauverfahren sowie der Erhalt der Biodiversität Ziel und wesentliche Bausteine der Förderung sind. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob man der Zucht und Erhaltung gefährdeter, aber auch deutlich robusterer Nutztierrassen nicht deutlich größere Bedeutung beimessen sollte.
Aus Sicht der PIRATEN ist es Zeit für einen nachhaltigen Strukturwandel in der Landwirtschaft, und dazu müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden. Leider fehlt im dem Bericht eine klare agrarpolitische Strategie, wie man gemeinsam mit Landwirten, dem Lebensmitteleinzelhandel und den Konsumenten ein Bündnis schmieden kann, um Arbeitsplätze, aber auch qualitative Agrarerzeugnisse aus Schleswig-Holstein weiterhin zu erhalten. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Landtagspräsidentin! Sechs Jahre seit der Katastrophe von Fukushima sind vergangen, sechs Jahre, in denen sich die deutsche Energiepolitik zwar grundlegend verändert hat, aber Störfälle wie in Brokdorf weiterhin alltäglich sind. In Anbetracht der Störfälle und gravierender Mängel, zuletzt die weiterhin ungeklärte - und da widerspreche ich dir, Oliver Kumbartzky - Oxidation der Brennstäbe, ist es unverantwortlich, dass der Betreiber PreussenElektra das Kraftwerk wieder anfahren will.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg wurde mit der Novellierung des Atomgesetzes 2011 beschlossen. Am 6. August 2011 wurde den ersten Atomkraftwerken die Betriebserlaubnis, unter ihnen Brunsbüttel und Krümmel, entzogen. Lediglich das Kernkraftwerk Brokdorf soll spätestens am 31. Dezember 2021 abgeschaltet werden. Im Angesicht der zahlreichen und regelmäßigen Zwischenfälle stellen wir PIRATEN nicht nur die Kompetenz des Betreibers, sondern auch der Atomaufsicht infrage. Sie haben unser Vertrauen verloren.
Denn: 31 Jahre nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl und sechs Jahre nach dem Gau von Fukushima ist es vollkommen unverantwortlich, an dem Weiterbetrieb eines Atomkraftwerkes gegen den mehrheitlichen Widerstand der Bevölkerung und das ist vergleichbar mit der Zeit, als gegen den Widerstand der Bevölkerung in Deutschland ein AKW trotzdem ans Netz gegangen ist -, festzuhalten. Das ist in keiner Weise zu verantworten.
Einige fordern, dass das Atomkraftwerk Brokdorf, welches sich im Netzausbaugebiet befindet, spätestens, wenn die Reststrommenge aufgebraucht wurde, abgeschaltet wird. Sie wissen alle, dass das 2019 der Fall sein kann. Deshalb lehnen auch wir die Übertragung von Reststrommengen auf das Atomkraftwerk ab, auch wenn es ein grüner Parteitagsbeschluss ist. In der Sache können wir dem durchaus zustimmen.
Aber ich sage auch ganz klar und deutlich: Was wir vermissen, gerade bei der früheren Anti-Atompartei: Brokdorf muss nicht schnellstmöglich, sondern Brokdorf muss, weil es eine tickende Zeitbombe ist, sofort vom Netz.
Auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort fordern dies und laden am 23. April 2017 zur fünften Protest- und Kulturmeile nach Brokdorf ein unter dem Motto „31 Jahre Tschernobyl - Brokdorf abschalten!“.
Ich finde es ein bisschen unlauter in dieser Debatte der selbsterkorenen AKW-Feinde und -bekämpfer: Warum unterstützen Sie nicht die internationalen Bemühungen, nicht nur im Hinblick auf Brokdorf, sondern insgesamt, den Ausstieg zu beschleunigen?
Wie kommt es eigentlich, dass über IPPNW die Anzeigen, die jährlich zu den Jahrestagen der Atomkatastrophen geschaltet werden, zwar 2.026 Ärzte unterzeichnen und auch PIRATEN, aber ansonsten von der Opposition, in diesem Fall der Koalition, eine Unterschrift überhaupt nicht mehr zu finden ist?
Da muss man einmal fragen, wie ernst das hier eigentlich alles gemeint ist.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Ausbau der Windenergie scheitert derzeit an den fehlenden Netzkapazitäten.
- Ja, ich habe den Nerv getroffen; das freut mich.
Das Ziel der Landesregierung, 300 % des schleswig-holsteinischen Strombedarfs durch regenerative Energien zu decken, führt zu massiven Überkapazitäten, da die Netze den produzierten Strom nicht aufnehmen können. Neben diesen Überkapazitäten aus der Windenergie liegt das leider auch am desolaten Zustand der vorhandenen Netze.
Wie auch beim Ausbau der Windkraft können Großprojekte wie SuedLink, über die wir immer wieder diskutieren, nur zeitnah mit und nicht gegen die Bürgerinnen und Bürger realisiert werden.
Ohne den Ausbau der Netzinfrastruktur machen weder der weitere Ausbau der Windkraft - das Erreichen des politischen Ziels 300 -, noch die Übertragung von Reststrommengen auf das Atomkraftwerk Brokdorf irgendeinen Sinn. Gerade in Schleswig-Holstein, dem Energiewendeland, kann und darf es nicht sein, dass die Atomkraft zulasten der Windkraft künstlich am Leben erhalten wird und die Bürgerinnen und Bürger deshalb bei den Netzentgelten auch noch höher belastet werden.
Insofern denke ich schon, dass einige Aussagen des geschätzten Kollegen Günther hinterfragt oder zumindest noch einmal erläutert werden sollten.
Liebe Kollegen, nicht nur das Atomkraftwerk Brokdorf ist eine Herausforderung für Land und Menschen. Gerade der Rück- und Abbau der Atomkraftwerke führt zu Diskussionen; denn neben der
Entsorgung des Atommülls muss auch eine Lösung für die Bauabfälle und den AKW-Schutt gefunden werden. Die Menschen in diesem Land wollen wissen und haben ein Anrecht darauf zu erfahren, was mit diesen Bauabfällen passiert, welche Auswirkungen es hat. Wer diese Transparenz nicht gewährleistet, kann sich als verantwortliche Aufsicht hier nicht einfach aus dem Raum schleichen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, der Ausstieg war und ist nur der erste Schritt. Jetzt geht es um den Rückbau und die Entsorgung. Wie lange dauert der Rückbau? Welche Risiken können dabei entstehen, zum Beispiel die Kontaminierung durch die Freisetzung von Strahlung? Wie, wo und wann sollen die Abfälle entsorgt werden? Ohne Zwischenlager für den Atommüll und die anfallenden kontaminierten Bauabfälle ist die Diskussion über die Stilllegung und den Rückbau der Atomkraftwerke aus unserer Sicht reine Augenwischerei.
Was wir brauchen, ist ein seriöses Konzept und ein verlässlicher Zeitplan und kein politisches Schwarzer-Peter-Spiel, wie wir es heute zum Teil erlebt haben.
Tatsache ist, dass die zukünftigen Generationen mit den Folgen dieser katastrophalen Energiepolitik leben müssen und wir alle verpflichtet sind, diesen Weg einigermaßen zu ebnen. Deswegen sage ich: Dazu gehört auch Ehrlichkeit. Es ist Augenwischerei, uns und zukünftigen Generationen die Mär vom sicheren Endlager zu erzählen, wie gerade beschlossen.
Bedenkt man den technischen Fortschritt der letzten 100 Jahre - das ist nicht wenig, was erfolgreich war und wie viel mehr Kenntnisse wir haben - zur Eingrenzung dieser Risikotechnologie, ist es unmöglich, ein Endlager zu finden. Das muss man dann auch sagen; denn ein solches Endlager, welches angeblich die bestmögliche Sicherheit für eine Million Jahre gewährleisten kann, zu finden, das ist doch absurd. Das glaubt doch nicht einmal mehr ein halbwegs aufmerksames Kind.
Ein Politiker sollte hier Klartext reden. Nächsten Samstag jährt sich zum sechzigsten Mal die Unterzeichnung der Römischen Verträge und damit auch EURATOM. Es mag ja sein, dass die Nuklearindustrie darin einen Grund zum Feiern sieht. Eine
solche Feier - 60 Jahre EURATOM - ist aus unserer Sicht ein Schlag ins Gesicht all jener Menschen, die sich seit Jahrzehnten nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in ganz Europa für ein atom- und kernkraftfreies Europa einsetzen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch von meiner Fraktion der PIRATEN an alle ein ganz herzliches Willkommen. Es ist toll, dass wir hier in diesem Haus so zusammen sind.
Es ist viel gesagt worden, was ich nicht wiederholen möchte, sondern ich möchte einige Akzente anders setzen. Es ist, glaube ich, eine Selbstverständlichkeit: Mit der einstimmigen Aufnahme der Sinti und Roma in unsere Verfassung ist ein ganz wesentlicher, aber auch nicht der letzte Schritt getan worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in Zeiten, in denen nationalistische und rechtsextreme Parteien erstarken - das ist hier gesagt worden -, ist es wichtig, dass wir uns zu unseren Minderheiten bekennen, aber nicht nur bekennen, sondern sie auch schützen und unterstützen und uns gemeinsam mit ihnen den politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen stellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sicher sind wir in diesem Bereich Vorreiter in Deutschland. Das ist gut so. Ich danke auch der Landesregierung und allen Kollegen der anderen Parteien. Es ist eben leider keine Selbstverständlichkeit, weder in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern. Angesichts der Wiederkehr von Antiziganismus, Rassismus, Islam- und Ausländerfeindlichkeit ist der Schutz nationaler Minderheiten leider keine Selbstverständlichkeit. Ich verstehe es daher als unsere Pflicht, den interkulturellen Dialog und die mul
tiethnische Toleranz nicht nur in Schleswig-Holstein weiter zu fördern und zu stärken.
Wenn ich auch auf diesen wirklich lesenswerten Minderheitenbericht eingehe und dort insbesondere auf das fünfte Kapitel, dann zeigt dieser Teil sehr deutlich auf, welche Herausforderungen und Hürden noch vor uns liegen und was in der kommenden Legislaturperiode angepackt werden muss.
Packen wir es an, unabhängig von der zukünftigen Regierungskonstellation. Die Erfahrung der letzten fünf Jahre zeigt, dass dieser breite politische Konsens halten wird. Es wird dann vielleicht eine Fraktion geben, die versucht, ihn zu brechen, aber die dürfte kein Gehör finden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist erfreulich, dass zum Beispiel private Medien das Friesische berücksichtigen. Es stellt sich aber ebenso die Frage, warum die mit Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Institutionen unsere Minderheiten immer noch ignorieren.
Immerhin wurde erreicht, dass zukünftig im ZDFVerwaltungsrat der Vertreter Schleswig-Holsteins die Interessen der Regional- und Minderheitensprachen vertreten wird. Damit wird endlich eine schon längst bekannte Forderung des Europarats umgesetzt. Aber es reicht nicht. Gerade in Schleswig-Holstein, dem Land mit den meisten Regionalund Minderheitensprachen, ist die Sprachenpolitik der wichtigste Eckpfeiler einer erfolgreichen Minderheitenpolitik. Aus diesem Grund ist auch der Vorstoß unserer Minderheitenbeauftragten Renate Schnack, Dänisch, Friesisch und Plattdeutsch als Amtssprache einzuführen, für die Minderheiten und für unser Bundesland ein wichtiger und vorbildlicher Schritt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir PIRATEN, die sich für mehr Bürgerrechte und Beteiligung aussprechen, setzen - wie auch die anderen Fraktionen - auf die Unterstützung der Bürgerinitiative Minority SafePack. Wir haben gerade heute den Bericht über das gestrige Treffen gehört. Die EU-Kommission hat ja zunächst die Annahme verweigert, ohne sich überhaupt inhaltlich zu positionieren. Heute können wir lesen: Ja, sagt Hans-Heinrich Hansen, es gebe jetzt ein Angebot der EU-Kommission. Nein, über den Inhalt möchte er jetzt noch nichts sagen. - Das ist ja auch klar. - Nur so viel: Man
könne sagen, dass die EU-Kommission Rücksicht darauf nehme, dass die Nähe zum Bürger auch ernst genommen werde. - Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber auch ein wichtiges Signal in Richtung EU, die vor großen Problemen und schwierigen Entwicklungen steht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb an die FUEN und alle anderen, die beteiligt waren: Herzlichen Glückwunsch zu dem Mut, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen, um die Kommission zu zwingen, endlich in der Minderheitenpolitik Farbe zu bekennen.
Ich möchte noch einmal etwas zu den Sinti und Roma sagen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es nur ganz wenige Jahre her ist, dass es eine unglaubliche Hetzkampagne gegen unsere Sinti und Roma gegeben hat. Wir alle erinnern uns an die Plakate der NPD „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“. Ich fand es toll, dass wir uns hier parteiübergreifend mit vielen unabhängigen Initiativen dagegen starkgemacht und das verurteilt haben.
Diese Einigkeit war aber auch das Signal dafür, dass alle in Schleswig-Holstein lebenden Sinti und Roma in den politischen und gesellschaftlichen Dialog einbezogen werden müssen und gemeinsame Projekte mit dem Landesverband wie das Modellvorhaben Maro Temm weiter gefördert und ausgebaut werden müssen und nicht nur auf Kiel konzentriert bleiben dürfen.
Denn Minderheitenpolitik beschränkt sich nicht nur auf uns in Schleswig-Holstein. Wenn wir Vorbild sein wollen, dann müssen wir auch verstärkt in Europa dafür kämpfen.
Es ist bekannt, aber ich möchte es trotzdem noch einmal unterstreichen, dass wir aus diesen Gründen als PIRATEN dafür eintreten, dass es in der EUKommission endlich einen Minderheitenbeauftragten geben muss. Denn nur so wird sichergestellt, dass Fehlurteile und ablehnende Bescheide wie bei der Bürgerinitiative durch die EU-Kommission zukünftig verhindert werden können.
Institutionen wie das in Flensburg ansässige European Centre for Minority Issues sind nicht nur eine wichtige Lobby für die nationalen Minderheiten. Ihre Studien und Analysen - gerade die letzten, die vorgestellt worden sind - sind wertvoll und wichtig, um die Situation der Minderheiten nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa und darüber hinaus zu verstehen und auch zu verbessern.
Zum Schluss möchte auch ich allen noch einmal für die wundervollen fünf Jahre danken. Ich bin immer gern gekommen, und ich hoffe, ihr seid auch immer gern in den Landtag zu unseren Gremiensitzungen gekommen.
Liebe Renate Schnack, was du an Kraft, Begeisterung und in den letzten Jahren auch an Überzeugung erreicht hast, ist beispielhaft. Auch deshalb möchte meine Fraktion sich noch einmal ganz herzlich bei dir und allen anderen bedanken.
Wir haben einen Wunsch für die Zukunft, den ich jetzt noch einmal in den Vordergrund stellen möchte: Ich wünsche mir für die nächste Legislaturperiode, dass nicht nur das Parlament über den Minderheitenbericht diskutiert, sondern dass die Beauftragten in den jeweiligen Bereichen und auch die Betroffenen hier Rederecht erhalten. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zurück zur Tagesordnung: Wir haben alle die Meldungen über das meldepflichtige Ereignis im Kernkraftwerk Brokdorf mitbekommen. Robert Habeck hat zu Recht darauf hingewiesen, dass unter diesen Umständen ein Weiter-so oder ein Wiederanfahren nicht verantwortbar ist.
Der Beschluss zum Atomausstieg kam spät. Störfälle wie dieser zeigen aber deutlich, wie notwendig dieser Beschluss war und weiterhin ist. Aus diesem Grund ist die Energiewende nicht nur eine ideologische Utopie, sondern dringend notwendig. Wir PIRATEN begrüßen grundsätzlich das Engagement für den energiepolitischen Wandel unserer Gesellschaft und der Energiewirtschaft.
Leider findet diese Energiewende ohne die Menschen statt. Es werden sehr ambitionierte Ziele ohne Rücksicht auf Menschen, Tierwelt und unsere Kulturlandschaft vorgegeben. Statt die Menschen aktiv in die Diskussion über den Ausbau erneuerbarer Energien einzubeziehen und mitbestimmen zu lassen, werden im Rahmen der Landesplanung Tatsachen geschaffen.
Nein. - Wir PIRATEN wünschen uns mehr Bürgerbeteiligung bei der Landesplanung. Wir unterstützen deshalb auch die Volksinitiative „Mitbestimmung“, die sich klar und deutlich gegen eine Energiepolitik mit der Brechstange ausspricht.
Die Energiewende ist ein Mammutprojekt. Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, damit es ein wirklicher Erfolg werden kann. Aus diesem Grund begrüßen wir, dass das im Landesplanungsgesetz eingefügte Moratorium bis zum 1. Oktober 2018 verlängert werden soll.
Eine erfolgreiche Energiewende bedarf einer konsequenten Energiewendestrategie, wie sie zum Beispiel Dänemark hat, aber in unserem Land fehlt. Auch die hier vorliegenden Entwürfe enthalten kei
ne solche Strategie. Das starre und dogmatische Festhalten an theoretischen Ausbauzielen, die im Gesetz stehen, lehnen wir ab.
Der Bedarf an erneuerbaren Energien wird sich in den nächsten Jahren gravierend ändern. Derzeit kann Schleswig-Holstein 100 % seines Strombedarfs selbst decken. Wie hoch wird aber der Bedarf sein, wenn erneuerbare Energie auch in die Wärmesysteme übertragen wird, wie es das Ministerium will? Wie sieht der Energiebedarf aus, wenn die Energiewende beim ÖPNV und Individualverkehr - Stichwort E-Mobilität - stattfindet und die Menschen Strom statt fossiler Brennstoffe brauchen? Ist dann das Ziel von 300 % überhaupt noch realistisch?
Wir sehen noch einen Punkt sehr kritisch: Der Emissionshandel führt nicht zu einer Reduktion der CO2-Einspeisung, im Gegenteil: Die von uns allen begrüßte Energiewende führt nur dazu, dass auf dem Markt ein Überschuss an preisgünstigen CO2Zertifikaten existiert. Derzeit kostet ein Zertifikat 5,09 €. Glauben Sie wirklich, dass dies ein Anreiz für die CO2-intensive Industrie ist, den Ausstoß zu reduzieren? Uns fehlt dieser Glaube vollständig.
Ein Wort zu Europa: Auch das Europäische Parlament hat es versäumt, dieses Instrument zu optimieren. Statt dem Markt jährlich 4,7 % der Zertifikate zu entziehen, einigten sich die Parlamentarier auf einen Wert von nur 2,2 %. So ist der Emissionshandel ein klimapolitischer Ablasshandel und weit davon entfernt, eine europaweite Energieunion auf den Weg zu bringen.
Dieses Vorhaben sollte nicht durch den massiven und rücksichtslosen Ausbau der Windkraft forciert werden. Wir sehen Optimierungspotenzial und erwarten, dass die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger nicht nur angehört und wahrgenommen, sondern auch umgesetzt und berücksichtigt werden.
Wir werden dem Gesetzentwurf aufgrund der kritischen Punkte nicht zustimmen, sondern uns enthalten. Bei der Verlängerung des Moratoriums haben Sie hingegen unsere volle Unterstützung. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Aus Sicht meiner Fraktion ist das hier keineswegs die Sternstunde des Parlamentes. Der populistische Antrag der CDU ist nicht nur überflüssig wie ein Kropf, sondern er beschädigt unsere Demokratie, weil er auf dem Rücken von Flüchtlingen, von Ausländern populistische Wahlkampfparolen verbreitet. Wir lehnen dies ab.
Vielleicht zur Versachlichung ein Rückblick, die Chronologie fängt nämlich früher an. Es gab auf Antrag meiner Fraktion im Januar 2017 diese Debatte zur Lage und Situation in Afghanistan. Es gab unseren Antrag auf Abschiebestopp. Der ist von allen anderen Abgeordneten abgelehnt worden. Zwei Wochen später gab es das Bund-Länder-Treffen, das ist hier zitiert worden: Das ist der 15-PunktePlan. Darauf komme ich gleich zurück. Wenige Tage später kam dann die Entscheidung, eben doch
einen Abschiebestopp in Schleswig-Holstein zu erlassen.
Ich rede schon gar nicht mehr zur CDU - Sie kommen mir manchmal vor wie der Rattenfänger von Hameln in dieser Debatte -, sondern ich will mich mit der Koalition auseinandersetzen. Sie sitzen doch absolut in der politischen Sackgasse. In Schleswig-Holstein blinken Sie links, in Berlin überholen Sie rechts.
- Herr Kollege Stegner, das ist gefährlich! Sie versuchen, mit dieser Debatte hier in Schleswig-Holstein davon abzulenken, dass Sie die Axt an das Grundgesetz anlegen und für die weitere Aushöhlung der Asylgesetzgebung sorgen.
Nichts anderes ist der 15-Punkte-Plan. Zu dieser Chronologie gehört auch, dass heute die dritte Sammelabschiebung nach Afghanistan stattfindet. Zu dieser Chronologie gehört auch, dass wir heute die ersten Informationen über den Gesetzentwurf haben, dem Sie grundsätzlich zugestimmt haben und der massive Eingriffe in das Grundrecht der Flüchtlinge vorsieht.
Ich will nur einen Punkt nennen, den wir unter anderen für wirklich entscheidend halten, weil er ein Tabubruch in der bisherigen Politik nicht nur in Schleswig-Holstein ist, sondern auch mit unserem Konsens bricht. Wir haben bisher immer - in allen Debatten, in allen Anträgen - die Frage des Kampfes gegen Terrorismus von der Frage der Flüchtlingspolitik getrennt. In Berlin haben Sie genau die Vermischung von beidem betrieben. Das wird deutlich an der Zustimmung zum zukünftigen Ausspähen von Handys von Flüchtlingen. Wissen Sie, was das ist? - Das ist Anti-Terror-Kampf gegen Flüchtlinge. Das ist eine generelle Schuldzuweisung, die zumindest der Öffentlichkeit den Interpretationsspielraum gibt, Flüchtlinge generell unter Terrorismusverdacht zu stellen. Genau das können wir nicht mittragen, und das werden wir vehement bekämpfen.
Ich will Ihnen auch sagen, warum. Welche Folgen hat denn das? Ich nenne jetzt nicht das Wort Kollateralschaden, weil es einseitig belastet ist. Was macht ein Flüchtling denn, der aus Angst, ausgespäht zu werden, sein Handy wechselt oder weggibt? Wissen Sie, was das heißt? - Er kann über
haupt keinen Kontakt mehr zu seiner Heimat aufnehmen. Was Sie dann damit auch noch erreichen, ist nicht nur die Isolation und die Trennung von Familien, Sie verhindern damit zeitgleich auch noch den Flüchtlingsnachzug, weil die Kontakte zwischen denen, die noch in den Krisenregionen leben, und den hier lebenden Flüchtlingen nicht mehr hergestellt werden. Das nennen Sie Politik in Würde?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute die erste Stellungnahme von Amnesty International zur Kenntnis nehmen - ich kann nur appellieren, das zu tun -, dann sollten Sie nicht nur den 15-Punkte-Plan überprüfen, sondern dafür sorgen, dass er in die Tonne kommt, oder revidieren Sie ihn.
Die Revision, die Amnesty International vorschlägt, beinhaltet unter anderem die Revision der Ausweitung der Abschiebehaft, die generell geplant ist. Man erwartet die Revision der Ausweitung des Ausreisegewahrsams, sie kritisiert die räumliche Beschränkung für Geduldete, die ebenfalls geplant ist, und die Ausweitung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Das, was Sie machen, ist doppelzüngig, was nicht nur Flüchtlingshelfer - übrigens egal welcher Partei - verunsichert, sondern dieses Hü auf der einen Seite und dieses Hott auf der anderen Seite ist Politik, die nichts anderes versucht, als den Trump-Effekt zu nutzen, auf der Welle der AfD mitzuschwimmen und vom rechten Rand Stimmen zu akquirieren. Das werden Sie aber nicht schaffen.
Herr Kretschmann ist genannt worden. Es ist doch auch die unklare Politik der Grünen auf Bundesebene und in den Bundesländern, die zu dieser Schieflage und der Aushöhlung unseres Grundgesetzes führt. Herr Kretschmann sagt, Abschiebung sei Sache des Bundes, und bezieht sich auf die Bewertung des Auswärtigen Amtes. Das ist das Gleiche, das Martin Schulz sagt, also genau das Gegenteil von dem, was die Landesregierung hier macht. Dann sagt er: Okay, wir schieben ab, wunderbar. - Wir Grünen werden das alles im Bundesrat verhindern, hört man dann aus Schleswig-Holstein. Aber wenn Herr Kretschmann es im Bundesrat nicht verhindert, werden Sie gar nichts verhindern. Dann fabuliert er irgendwas von einer Stichtagsregelung, die er jetzt vorgeschlagen hat.
Der erste Tabubruch übrigens in der ganzen Frage der Flüchtlingspolitik und der sogenannten sicheren Herkunftsländer kam nicht von Herrn Kretsch
mann, sondern von Robert Habeck, der dort für eine Kompromisslösung plädiert hat. Insofern gibt es auch dort keine klare Linie. Eka von Kalben, wenn Sie sagen, die Kritik der Bundesregierung an dem Beschluss in Schleswig-Holstein sei total gaga, dann sage ich Ihnen: Die inkonsequente Flüchtlingspolitik der Grünen auf allen Ebenen ist total gaga.
- Herr Kollege Kubicki, Sie haben einen interessanten Punkt in die Debatte eingeführt. Ich erwarte, dass wir gleich eine Antwort des Ministerpräsidenten bekommen: Wenn die Würde des Menschen unantastbar ist und wir das Grundgesetz achten, dann gilt es für alle, aber dann kann man nicht selektieren. Auch das sorgt für Unglaubwürdigkeit dieser Landesregierung.
Ich erwarte, dass wir hier gleich Klartext hören.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mir wünschen, dass es zumindest in diesem Wahlkampf die letzte polemische Debatte ist.
Nehmen Sie die Stimmen ernst, wenn Sie sich schon positiv auf Kirchen beziehen. Es gibt die Warnungen vor steigender Suizidgefahr bei Afghanen, die eben überhaupt nicht mehr wissen, woran sie jetzt sind. Sie wissen auch, dass zum Beispiel Traumatisierte, wenn sie nur einen Aufschub für drei Monate bekommen, in schwierigste Situationen kommen, ebenso wie die Helfer, die sich um die Traumatisierten kümmern.
Gehen Sie einmal weg von dieser blöden Einschätzung der sicheren Gebiete. Da muss ich die FDP doch noch einmal kritisieren: Wie kommen Sie überhaupt darauf zu sagen, es gebe sichere Gebiete in Afghanistan, weil da unsere Bundeswehr stationiert sei?
Unsere Bundeswehr ist dort stationiert, weil Afghanistan nicht sicher ist.
- Aber Ihr Kollege hat es gesagt!
- Der gerade erkrankt ist, der Kollege Klug!
Das ist doch eine vollkommen widersprüchliche Argumentation. Seien Sie froh, dass unsere Bundeswehrsoldaten so gut geschützt sind.
Auch zu der Argumentation von Herrn de Maizière, der sagt, die Anschläge richteten sich nicht gegen die Zivilbevölkerung, kann man doch nur noch einmal die letzten Anschläge aufzählen: gegen Moscheen, gegen eine friedliche Demonstration in Kabul, gegen diverse andere. Das ist eine zynische Argumentation.
Ich komme zum Schluss. Unser Hauptproblem ist, dass wir uns nicht auf die Landesregierung verlassen können, eben weil sie sich in der Sackgasse befindet und in Berlin genau das Gegenteil von dem macht, was sie hier verkündet.
Ich kann nur sagen: Ende der Großen Koalition! Vielleicht wird es dann besser.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Während der Ausschusssitzungen waren die Positionen sehr differenziert, und die Experten haben ein wesentlich sachlicheres Bild der Problematik dargestellt als es vonseiten einiger „Fach“-Politiker der Fall ist.
Insbesondere der Antrag der CDU zeigt, dass hier sehr einseitig die Interessen der hiesigen Viehbarone vertreten werden. Warum diskutieren wir heute über die Nationalblume der Isle of Man? Jakobskreuzkraut ist eine einheimische Art, die in den gemäßigten Klimazonen Europas und Westasiens zu Hause ist. Die Pflanze und die damit verbundenen „Probleme“ sind also altbekannt und kein neues Problem für die Landwirtschaft und die Imker.
Vielleicht, weil die Ausbreitung des Jakobskreuzkraut andere Ursachen hat, unter deren Folgen insbesondere die Imker zu leiden haben:
Das Blütenangebot hat in den letzten Jahren stark gelitten. Die Folge des verringerten Blütenangebots zeigt sich unter anderem darin, dass in den Städten immer mehr Imker Bienenstände bewirten, da die einstigen Betonwüsten zu artenreichen grünen Oasen geworden sind.
Ganz anders sieht es auf dem Land aus, wo die Agroindustrie auf Monokulturen setzt und Landwirte der Knickverordnung, über die wir hier im Haus lange und kontrovers diskutiert haben, ablehnend gegenüber standen und auch heute noch stehen.
Auch die Straßenplanung und Verkehrssicherheit hat negative Auswirkungen auf das Blütenangebot. Insbesondere Linden, die nicht nur Lebensraum, sondern auch Nektar- und Honiglieferant für Insekten sind, fallen der Verkehrssicherheit zum Opfer ohne Ausgleich. Hier ist das Land gefordert, und es wäre wünschenswert, dass für jeden Baum, der im Rahmen der Verkehrs- und Straßenplanung gefällt wird, ein neuer Baum gepflanzt werden muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, je geringer das alternative Blütenangebot für Bienen ist, desto eher werden diese Nutztiere - Bienen sind für die Landwirtschaft das wichtigste Nutztier - das Nahrungsangebot annehmen, welches die Natur ihnen bietet: das sich ausbreitende Jakobskreuzkraut.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass dem Artenrückgang in unserer Kulturlandschaft Einhalt geboten wird. Statt Jakobskreuzkraut als Unkraut zu betrachten, wäre es notwendig, dass andere Bewirtschaftungsweisen wieder mehr Vielfalt in unsere Kulturlandschaft bringen.
Nicht nur die Landwirte stehen in der Pflicht, ihren Beitrag zur Bekämpfung des Jakobskreuzkrauts zu leisten. Es wäre wünschenswert, wenn die Straßenmeistereien rechtzeitig vor der Blüte mähen würden.
Bei der Diskussion über Jakobskreuzkraut hilft uns Panikmache und eine Verunsicherung der Verbraucher nicht weiter. Gerade was Imker, die Bienen und die Honigqualität betrifft, wäre eine sachliche Debatte, ohne Imker unter Generalverdacht zu stellen, dass sie irgendwelche Proben verfälschen würden, vonnöten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei einem für unsere Landwirtschaft und Natur so wichtigen Thema muss das Ziel sein, dass wir - Landwirte, Imker, Straßenmeistereien und Politiker - alle an einem Strang ziehen.
Der Antrag der CDU wirft allerdings mehr Fragen auf als er beantwortet:
Was ist aus Sicht der Christdemokraten eine „gute fachliche Praxis“ im Kampf gegen Jakobskreuzkraut? Etwa der Einsatz von Glyphosat?
Woher sollen die Finanzmittel kommen, die die CDU für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit bereitstellen will?
Die CDU will das Budget des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume um rund 9,5 Millionen € kürzen. Mit einer solchen Sparpolitik, werte Kolleginnen und Kollegen, lassen sich die agrarpolitischen Versprechen der CDU nicht finanzieren.
Der Antrag hat einige gute Punkte, über die es sich lohnt zu diskutieren. Aber so, wie uns heute der Antrag vorliegt, kann man diesen nur ablehnen.
Wir PIRATEN würden es begrüßen, wenn alle Parteien zusammenkommen und sich gemeinsam für mehr Arten- und Blütenreichtum in unserer Kulturlandschaft einsetzen. Damit wäre nicht nur den Bauern, sondern insbesondere den Bienen geholfen, denn ohne die Bienen gibt es weder Obst noch Ge
müse und die Erträge der Landwirtschaft würden dramatisch einbrechen. - Danke.
Name Abstimmung Name Abstimmung
CDU Hans-Jörn Arp Enthaltung Dr. Axel Bernstein Enthaltung Johannes Callsen Enthaltung Astrid Damerow Enthaltung Volker Dornquast Enthaltung Heike Franzen Abwesend Hauke Göttsch Enthaltung Daniel Günther Enthaltung Hartmut Hamerich Enthaltung Karsten Jasper Enthaltung Klaus Jensen Enthaltung Tobias Koch Enthaltung Peter Lehnert Enthaltung Jens-Christian Magnussen Enthaltung Hans Hinrich Neve Enthaltung Petra Nicolaisen Enthaltung Barbara Ostmeier Enthaltung Katja Rathje-Hoffmann Enthaltung Heiner Rickers Enthaltung Klaus Schlie Enthaltung Peter Sönnichsen Enthaltung Rainer Wiegard Abwesend
SPD Torsten Albig Abwesend Wolfgang Baasch Ja Dr. Kai Dolgner Ja Peter Eichstädt Ja Kirsten Eickhoff-Weber Ja Martin Habersaat Ja Bernd Heinemann Ja Birgit Herdejürgen Ja Thomas Hölck Ja Stefan Bolln Ja Serpil Midyatli Ja Birte Pauls Ja Tobias von Pein Ja Regina Poersch Ja Beate Raudies Ja Sandra Redmann Ja Thomas Rother Ja Katrin Fedrowitz Ja Dr. Ralf Stegner Ja Kai Vogel Ja
Jürgen Weber Abwesend Johanna Skalski Ja
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rasmus Andresen Ja Dr. Marret Bohn Ja Anke Erdmann Ja Marlies Fritzen Ja Eka von Kalben Abwesend Detlef Matthiessen Ja Burkhard Peters Ja Ines Strehlau Abwesend Dr. Andreas Tietze Ja Bernd Voß Ja
FDP Dr. Heiner Garg Nein Anita Klahn Nein Dr. Ekkehard Klug Nein Wolfgang Kubicki Nein Oliver Kumbartzky Nein Christopher Vogt Nein
PIRATEN Angelika Beer Enthaltung Dr. Patrick Breyer Enthaltung Wolfgang Dudda Enthaltung Uli König Enthaltung Sven Krumbeck Enthaltung Torge Schmidt Abwesend
SSW Lars Harms Ja Flemming Meyer Ja Jette Waldinger-Thiering Ja
Zusammenstellung: Abgegebene Stimmen 62 davon Jastimmen 31 Neinstimmen 6 Enthaltungen 25
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Studt, vielen Dank für Ihren Bericht. Er hat leider wenig zu Afghanistan, sondern viel Allgemeines enthalten. Wir führen diese Debatte auch, um endlich in der Öffentlichkeit zu erläutern, welche Schritte notwendig sind. Aber aus unserer Sicht ist das, was Sie gerade vorgetragen haben, absolut unzureichend.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, seit Monaten ist seitens der Hilfsorganisationen wie PRO ASYL, dem UNHCR, aber auch dem Flüchtlingsrat bei uns in Schleswig-Holstein dokumentiert, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan drastisch verschlechtert hat. Würde ich die Anzahl der Anschläge in Afghanistan aufzählen, wäre meine Redezeit nicht ausreichend. Deswegen zitiere ich an dieser Stelle nur Margot Käßmann, die vor einigen Jahren gesagt hat: „Nichts ist gut in Afghanistan.“ Dieser Satz trifft heute leider mehr denn je zu.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, am 13. Dezember letzten Jahres hat meine Fraktion den Berichtsantrag zur heutigen Debatte gestellt, weil die unklare Haltung unserer Landesregierung auf der einen Seite und der Wahlkampf der CDU und der FDP auf dem Rücken der Betroffenen auf der anderen Seite nicht akzeptiert werden können.
Wir haben unseren Berichtsantrag am 13. Dezember 2016 gestellt, weil wir wussten, dass am 14. Dezember 2016 die ersten Sammelabschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan erfolgen sollten, so wie gestern auch. Dafür tragen die beteiligten Bundesländer und die Bundesregierung die Verantwortung.
Herr Studt, glauben Sie denn wirklich, dass Sie mit Interviews und darin geäußerten Unklarheiten die Sorgen und Ängste der Flüchtlinge, aber auch die ihrer Betreuer beseitigen können? Nein, das ist ignorant beziehungsweise arrogant, und beides zusammen ist inhuman und hat mit Würde gar nichts zu tun.
Deshalb stellen wir heute unseren Antrag für einen sofortigen Abschiebestopp zur Abstimmung. Die Betroffenen und die Betreuer brauchen einen Abschiebestopp nicht irgendwann, nicht, wenn sich andere Bundesländer oder der Bundesinnenminister neu positioniert haben, sondern jetzt.
Sie schreiben Briefe, die der Öffentlichkeit nicht bekannt sind. Sie sagen, Sie erwägen einen temporären Abschiebestopp für drei Monate, wenn bis Ende Januar 2017 keine Unterstützung der Bundesländer erfolgt. Aber was machen Sie nach dem April 2017? Schieben Sie dann wieder ab? Wo sind die Antworten auf die Unsicherheiten der Menschen, die jetzt vermehrt zu uns kommen und um Rat fragen?
Ich kann Ihnen nur eines sagen: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Außenminister in spe - Herr Gabriel hat ja angekündigt, er wolle in der letzten Zeit der Koalition reisen - erst einmal nach Afghanistan fährt. Wobei ich sagen muss: Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes unter Verantwortung von Steinmeier mit deutlichen Reisewarnungen, Warnungen, dieses Land auch nur zu betreten, zeigt, dass das Auswärtige Amt wahrscheinlich nicht unser Hauptproblem ist, sondern de Maizière, der als Hardliner in der Asylpolitik bekannt ist.
Liebe Kollegen, in Anbetracht der Sicherheitslage in Afghanistan ist es auch unverantwortlich, dass 289 Jugendliche und Kinder aus Afghanistan, davon alleine 173, die jünger als 16 Jahre sind, nach geltender Rechtsregelung ausreisepflichtig und nicht von der derzeitigen Abschiebepolitik ausgenommen sind. Werte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, wenn Sie die Bedenken teilen, die Ihr Innenminister Studt hinsichtlich der Sicherheitslage in Afghanistan hat - das scheint ja so zu sein -, dann können und dürfen Sie nicht länger abwarten. Es ist doch schizophren, die dramatische Situation in Afghanistan zu beschreiben und zu sagen: Wir warten jetzt einfach einmal ab, bis etwas passiert, und sonst ziehen wir uns drei Monate heraus, ohne eine politische Konfrontation mit der Bundesregierung einzugehen.
Ich gebe dem Kollegen Stegner recht, der gesagt hat, Humanität sollte nicht Bestandteil eines Wahlkampfs sein. Deswegen fordern wir Sie auf, unserem Antrag heute zuzustimmen.
Die jetzige Debatte zeigt - das bedauere ich zutiefst -, dass humanitäre Anträge zum Schutz von Menschen, denen eine Abschiebung in ein Kriegsgebiet droht, wobei das ganze Land ein Kriegsgebiet ist, mit einer CDU-FDP-Debatte vermischt wird, die viel mehr mit Gefährdern, Terrorismus und anderem zu tun hat. Sie wollen diese Debatte mit Ihren absurden Forderungen nach der Errichtung eines Abschiebeknasts vermischen. Das zeigt, dass Sie nicht einmal am heutigen Tag bereit sind, Ihrem christlichen Auftrag nachzukommen.
- Es ist eben inhuman, Herr Kubicki, und leider auch wahltaktisch, dies in der heutigen Debatte zu vermischen. Die Situation in Afghanistan hat überhaupt nichts mit den Maghreb-Staaten und mit der Debatte über sicheren und unsicheren Staaten zu tun. Ich verstehe ja, dass Sie, als Sie den Antrag gestellt haben, einen Spaltpilz in die Koalition tragen wollten, weil auf Bundesratsebene nicht klar war, ob die Grünen umkippen oder nicht. Ihr Antrag, Herr Kubicki, ist nun obsolet. Die Grünen sind umgekippt; sie werden zustimmen. Das Einzige, was Sie jetzt noch machen können, ist, zu versuchen, im rechtspopulistischen Becken der AfD Wählerstimmen zu rekrutieren.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute über die Bedeutung der Begriffe „sicheres Land“ oder „sicheres Gebiet“ reden, so beziehe ich mich ausdrücklich auf Afghanistan und auf die Aussage des EU-Botschafters Franz-Michael Mellbin, der gegenüber dpa gesagt hat: „Hier herrscht Krieg“. Diese Ansicht wird durch die Liste der Anschläge, die allein in der „sicheren“ Hauptstadt Kabul verübt wurden, bestätigt.
Herr Innenminister, Sie haben sich auf die Berichte von UNAMA bezogen. Das begrüßen wir durchaus; denn das bedeutet, dass Sie zumindest mehr Realitätssinn haben als Herr Bundesinnenminister de Maizière. Aber dann, Herr Studt, erlassen Sie den Abschiebestopp jetzt. Wenn Sie wirklich diese Realität als Argument heranziehen, können Sie die
Menschen nicht einen Tag länger in Unsicherheit lassen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, aber auch der FDP, ich erwarte mir durch diese Debatte eine Antwort auf die Frage, wie Sie Ihre heutige Haltung mit den Grundwerten oder mit der Charta der Menschenrechte vereinbaren können. Ich sage Ihnen: Damit Wahlkampf zu betreiben, ist Wahlkampf auf unterstem Niveau, und wir bedauern dies zutiefst.
Sie instrumentalisieren die Situation schutzbedürftiger Menschen, die vor Terroranschlägen, Mord und Vertreibung geflohen sind und auch heute noch fliehen.
Da frage ich mich auch, wo eigentlich die Glaubwürdigkeit der Grünen liegt. Ich zitiere: „Ja zu Abschiebungen nach Afghanistan“ - so äußerte sich der grüne Lokalpopulist Boris Palmer am 13. Januar 2017 auf Facebook. Für ihn ist es eine gute Nachricht, dass zehn von elf grünen Koalitionsparteien in den Landesregierungen den Vollzug von Abschiebungen nach Afghanistan bejahen.
Leider - da sind wir schon wieder bei Wahltaktik -, denn wer der Überzeugung ist, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, der sollte nicht CDU und CSU nach dem Mund reden und auch nicht der AfD,
sondern sich dafür starkmachen, dass Artikel 16 a des Grundgesetzes revidiert und abgeschafft wird.
Denn das ist dieser Artikel, auf den sich das BAMF bezieht und der Grundlage für die Inhumanität der Bundespolitik und zum Teil auch der Länder ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Grundgesetz ist seit 1993 sukzessiv auch unter Rot-Grün immer weiter ausgehöhlt worden. Schluss damit! Wir müssen wieder zur ursprünglichen Fassung - das heißt: Die Würde des Menschen ist unantastbar - zurückkommen.
Die Grünen müssen endlich Farbe bekennen, ob sie den Worten von Winfried Kretschmann folgen, der
die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären und somit die Grünen als zuverlässigen Koalitionspartner der CDU in den Bundestagswahlkampf führen will, oder ob Flüchtlings- und Asylpolitik weiter ein Grundprinzip zumindest ihrer Landespartei in Schleswig-Holstein bleibt.
Die Situation in den Maghreb-Staaten ist vollkommen anders als das, was wir über Afghanistan besprechen. Es geht hier um politische und religiöse Überzeugung, Verfolgung aufgrund der sexuellen Identität oder der beruflichen Tätigkeit. Dort wird bedroht und verfolgt, und jeder hat hier bei uns das Recht zu einer Einzelfallprüfung, wenn er unsere Hilfe anfordert.
Ich glaube, dass es vollkommen überflüssig ist, wenn die FDP jetzt - durch die Vermischung einer wichtigen Debatte über humanitäre Abschiebepolitik und einem Stopp nach Afghanistan mit anderen Dingen hier versucht, sich als Law-and-Order-Partei zu profilieren. Das sollten Sie anderen überlassen.
Stefan Studt - das möchte ich zum Schluss zitieren sagt in einem Gastbeitrag, dass eine gute integrationsorientierte Aufnahme von Flüchtlingen und die Wahrung der öffentlichen Sicherheit kein Gegensatz seien. Liebe Kollegen, jetzt liegt es an uns, statt voreilig Menschen in das Kriegsgebiet Afghanistan abzuschieben, diese Flüchtlinge in unserem Land zu integrieren und, Herr Studt, eine Zukunft in Frieden, Freiheit und Sicherheit zu bieten. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem gemeinsamen Wunsch aller Mitglieder unseres Parlaments, Licht ins Dunkle, man könnte auch sagen: Licht in die braune Vergangenheit unseres Landes, und hier eben des Landtages und der Landesregierung nach 1945 zu bringen, sind Professor
Dr. Danker, Dr. Lehmann-Himmel und Dr. Glienke gefolgt. Sie sind der Vergangenheit wissenschaftlich-akribisch auf den Grund gegangen und haben uns einen tiefen Einblick in das erschreckende Ausmaß des parlamentarischen Wirkens früherer NSMitglieder ermöglicht.
Manche mögen nun denken: Okay, der Auftrag kam spät. - Ich sage das, weil wir im Kopf haben sollten, dass auf Bundesebene beispielsweise das Auswärtige Amt schon 2005 diese Analyse in Auftrag gegeben hat. Wir sind jetzt im Jahr 2016. Viele sagen: Besser spät als gar nicht, und nun kann man endlich einen Schlussstrich ziehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Auffassung möchten wir als Fraktion der PIRATEN ausdrücklich nicht zustimmen, sondern ihr Fakten entgegenhalten. Die gesellschaftliche und institutionelle Aufarbeitung der NS-Verbrechen geht weiter, muss weitergehen, denn nur die aktuelle Auseinandersetzung mit dieser schrecklichen Vergangenheit schärft unsere Sensibilität, rechtsextremen und rechtspopulistischen Strömungen und Gruppierung heute und auch zukünftig von Beginn an mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.
Ich bin überzeugt: Wir brauchen anhaltenden historischen Tiefgang, um die Zukunft zu steuern, unsere Demokratie weiter zu festigen und jederzeit bereit zu sein, sie zu verteidigen, wenn sie angegriffen wird. Dies ist auch unsere Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen.
Aus diesem Grund begrüßen wir, dass uns die wissenschaftlichen Aufarbeitungen deutliche Hinweise darauf geben, dass die bisherigen und heute vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zumindest zu sechs weiterführenden Fragen führen, die mit dieser Studie nicht beantwortet werden konnten, weil dies nicht Gegenstand des Auftrages war.
Erstens. Gab es in der schleswig-holsteinischen Landespolitik seit 1945 Muster- und Gruppenbildung im grundsätzlichen demokratischen Engagement oder im engeren vergangenheitspolitischen Agieren, die in einem plausiblen Zusammenhang zur jeweiligen Teilbiografie im NS-Staat standen?
Zweitens. Welche tatsächliche Relevanz besaßen innerhalb von Parlament und Regierung Beziehungen zu Seilschaften der Rekonstruktion sehr belasteter Arbeitskollegen oder zu Netzen kollektiver Strafvereitelung bei höchstrelevanten Verbrechen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Fazit kommt das Team Danker zu dem Ergebnis, dass die schleswig-holsteinische Justiz seit der Wiedereröffnung der Gerichte im Oktober 1945 stellenweise durchsetzt war mit ehemaligen Nationalsozialisten und Richtern, die schon vor 1945, mitunter sogar im Bereich der NS-Sondergerichte tätig waren. Die Analyse der schleswig-holsteinischen Justiz war nicht Untersuchungsgegenstand. Aber auch hier gilt es aus unserer Sicht nachzuhaken. Es geht auch darum, die Frage der Seilschaften zu beleuchten, unter anderem, indem man vorliegende Untersuchungen anderer Bundesländer, aber auch der Bundesministerien nicht nur zugrunde legt, sondern auch versucht, miteinander in Verbindung zu bringen. Ich nenne als Beispiel die Akte Rosenberg vom Bundesministerium der Justiz.
Lassen Sie mich noch etwas zu den unterschiedlichen Typen der NSDAP-Mitgliedschaften anmerken. Sie haben dadurch ein sehr differenziertes Bild ermöglicht. Wir sollten aber auch den Ansporn haben, weiter zu schauen. Lassen Sie mich das am Beispiel meines Vaters, Dr. Herbert Beer, deutlich machen, der in der Studie „angepasst“ aufgeführt wird, und lassen Sie mich das mit der Aussage verbinden, man könne nicht von Renazifizierung sprechen, sondern höchstens vom Platznehmen in einem neu verfassten Staat.
Ich denke, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen; denn wie soll diese Bewertung zusammenpassen mit der Tatsache, dass mein Vater bis 1967 aktives Mitglied war und sich am Gründungsprozess der NPD beteiligt hat? Wie soll das damit zusammenpassen, dass mein Vater bis zu seinem Tod, aber auch als Landtagsabgeordneter einen ausgeprägten Russlandhass verbreitet hat und bei der Kanzlerkandidatur vor dem Ausbruch des Dritten Weltkriegs warnte, wenn tatsächlich Willy Brandt gewählt werden würde?
Hier sind einige Punkte genannt worden. Ich verstehe diese alle als Auftrag für die 19. Legislaturperiode, aber auch für jeden, selbst zu prüfen, wo wir weiter forschen.
Eine Rückmeldung noch an das Danker-Team: Nach Ihrer ersten Präsentation im April bin ich von ganz vielen angesprochen worden, die gesagt haben: Ich wollte mich bisher eigentlich nicht damit auseinandersetzen, mit der Vergangenheit, aber jetzt habe ich doch viele Fragen. Ich sehe jetzt, dass auch ich die Vergangenheit auch meiner Eltern oder der Familie analysieren oder mich zumindest damit auseinandersetzen sollte. - Auch das ist bereits ein Gewinn und ein Ergebnis Ihrer Studie, das sonst so
nicht stattgefunden hätte. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der vorherigen Debatte über die Aufarbeitung der NSDAPVergangenheit fällt es mir etwas schwer, jetzt in den Wahlkampfmodus umzuschalten. Ich will auch versuchen, das nicht zu tun. Wir stehen als Antragsteller mit auf dieser Resolution, genauso wie die FDP.
Liebe Astrid Damerow, ich möchte Ihnen auch aus unserer Sicht noch einmal darlegen, warum wir das heute diskutieren und beschließen, und warum das so wichtig ist. Man kann nicht einfach sagen: Es ist doch egal, was die Bundespartei da in Berlin oder wo auch immer beschließt. Das hat doch für Schleswig-Holstein keine Auswirkungen, das hat doch mit uns nichts zu tun. - Das, was die CDU mit der Zustimmung des Spitzenkandidaten der CDU für die nächste Landtagswahl beschlossen hat, ist bestimmt von dem Ziel, diese Frage im Wahlkampf zu thematisieren. Wir haben Wahlkampf nicht nur auf der Bundesebene, sondern auch in Schleswig-Holstein. Man will dafür sorgen, dass dies auch politisch umgesetzt wird, und zwar in einer anderen Regierungskonstellation, als wir sie im Moment in Berlin haben.
Das ist ein Schlag gegen die Migrantinnen und Migranten, die bei uns leben, nicht nur in SchleswigHolstein. Es ist ein Rechtsruck sowohl der CDU als auch der CSU; das will ich hier gern noch einmal sagen. Wenn sich Herr Seehofer hinstellt und sagt: „Ohne Obergrenze geht gar nichts“, dann sage ich: Okay, ich wäre auch für eine Obergrenze, aber nicht für eine Obergrenze für Flüchtlinge, sondern für eine Obergrenze für den Einfluss der CSU auf Bundesebene.
Sie können sich doch nicht einfach hier hinstellen und sagen: Das hat doch mit uns allen nichts zu tun.
Wenn ich mir nach dem legendären Beschluss der Bundes-CDU gegen die doppelte Staatsbürgerschaft die Aussage von Daniel Günther anschaue,
nachzulesen über dpa und NDR, und dann zum Beispiel die Information von heute Morgen über die jüngste Umfrage zur Kenntnis nehme, die in Auftrag gegeben worden ist unter dem Titel „Veränderungen der Zustimmung zu den Parteien, wenn morgen Wahlen wären“, dann sage ich nur: Sie riskieren, einen hohen Preis zu zahlen. Die CDU hat nach dieser Umfrage um einen Prozentpunkt zugelegt, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben jeweils einen Prozentpunkt verloren. Wollen Sie so weitermachen?
Wollen Sie so weitermachen und damit letztlich der AfD die Stimmen in die Arme treiben? Denn nichts anderes wird passieren nach dieser dogmatischen Debatte, wie sie sich auch hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag, finde ich, gerade abgespielt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir manchmal wirklich, dass gerade bei der CDU mehr Mitglieder eine doppelte Staatsangehörigkeit hätten. Vielleicht würde dies den kulturellen Horizont ein bisschen erweitern und ein bisschen mehr Verständnis dafür schaffen, dass wir Kulturen akzeptieren und Gemeinsamkeit pflegen. Das ist ja unser politischer Auftrag, jeden Tag aufs Neue, gerade auch im Hinblick auf die Integration der zu uns kommenden Flüchtlinge, die wir integrieren wollen, die integriert werden wollen.
Es geht doch nicht an, diesen Menschen irgendwann die Pistole auf die Brust zu setzen, egal woher sie kommen - Serpil hat dazu genug gesagt -, und zu sagen: So, 20 Jahre durftet ihr hier leben und euch wohlfühlen mit eurer doppelten Kultur, ihr durftet beides leben, aber jetzt ziehen wir da mal einen Schlussstrich. - Das ist in meinen Augen verdeckter Rassismus, der gerade in der jetzigen Zeit eines wachsenden Rechtspopulismus äußerst gefährlich ist. Ich kann nur an Sie appellieren, diese Debatten nicht weiter durch eine rechtsgerückte Politik der Landes-CDU zu provozieren. Haben Sie Zivilcourage, bleiben Sie bei dem gemeinsamen Tenor, den wir hier oft im Landtag hatten, und gefährden Sie nicht die politische Aufgabe, die wir haben und die wir gestern noch einmal gemeinsam beschlossen haben, nämlich, hier eine menschengerechte, menschenwürdige und multikulturelle Gesellschaft nicht nur zu tolerieren, sondern diese auch zu wollen. - Danke schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor einem Monat haben wir im Rahmen der Debatte über die Abschiebeeinrichtung in Boostedt schon über die 3+2-Regelung des Integrationsgesetzes gesprochen. Auch wenn wir PIRATEN dem Integrationsgesetz aus den bereits bekannten Gründen ablehnend gegenüberstehen, ist die 3+2-Regelung aus unserer Sicht ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Grundsätzlich ist selbst die kleinste Verbesserung zu unterstützen. Aus unserer Sicht ist es daher wichtig, dass diese 3+2-Regelung auch Anwendung findet und nicht durch Runderlasse des Bundesinnenministers ausgehebelt wird.
Wir PIRATEN sehen trotz dieses kleinen, aber für die Flüchtlinge und Schutzsuchenden sehr wichtigen Schrittes die Abschiebepolitik der Bundesregierung als Verstoß gegen humanitäre Grundsätze. Gestern wurden die ersten afghanischen Flüchtlinge und Schutzsuchenden zurück in das Bürgerkriegsland Afghanistan abgeschoben.
Werte Kolleginnen und Kollegen, das Auswärtige Amt warnt dringend vor Reisen nach Afghanistan. Am 10. November hab es einen Anschlag auf das deutsche Generalkonsulat in Masar-e Scharif. Im April wurden bei einem Anschlag auf ein Regierungsgebäude in Kabul 80 Menschen getötet und über 340 Menschen teils schwer verletzt. Anfang des Jahres wurden bei einem Anschlag in unmittelbarer Nähe des Flughafens Kabul über 50 Zivilisten verletzt.
Sammelabschiebungen in ein Land, in dem radikalislamische Terroristen einen Bürgerkrieg gegen Regierung und Zivilisten führen und es immer wieder zu Anschlägen und Selbstmordattentaten kommt, sind aus unserer Sicht unvereinbar mit der Achtung der Menschenrechte und mit unserem Verständnis des Grundgesetzes.
Dass der christlich-soziale Parteichef Horst Seehofer hofft, „dass es keine einmalige Aktion ist“, ist ein Schlag in das Gesicht jedes Christen und der Bürger, die sich in den letzten Monaten in der Flüchtlingshilfe engagiert haben. Auch die Christdemokraten in unserem Bundesland äußern sich ähnlich. So forderte Daniel Günther, der sich Hoffnungen auf das Amt des Ministerpräsidenten macht, die Wiedereröffnung einer Abschiebehaftanstalt in Schleswig-Holstein, da das Land Möglichkeiten
brauche, um Menschen zur Ausreise zu zwingen. Abschiebungen nach Afghanistan sind inhuman!
Das Integrationsgesetz ist trotz der 3+2-Regelung aus unserer Sicht der falsche Weg. Leider haben weder die Bundesregierung noch die Landesregierungen, die diesem Gesetz zugestimmt haben, den Mut, muslimischen Flüchtlingen und Schutzsuchenden, die vor islamistischen Terroristen und arabischen Despoten fliehen, bei uns eine neue Heimat zu bieten.
Wir fordern die Landesregierung weiterhin auf, sich für die Menschen einzusetzen und einen breiten gesellschaftlichen Dialog zu führen, um die Fehler der Großen Koalition in Berlin zu korrigieren. In Anbetracht der Sammelabschiebungen in ein Bürgerkriegsland ist jetzt Ihr Handeln, Herr Ministerpräsident Albig, bei uns und hier gefragt. Schließen Sie die Lücke, die Sie durch Ihren Verzicht, den Vermittlungsausschuss anzurufen, hier bei uns haben entstehen lassen, damit das Gift, dass die CSU und auch die hiesige CDU verbreitet, nicht wirken kann. Aus diesen Beweggründen empfehle ich meiner Fraktion, dem Antrag trotz aller grundsätzlichen Kritik zuzustimmen. - Danke.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal stehen wir vor dem Scherbenhaufen der sozialdemokratischen Integrationspolitik.
Während sich hier im Kieler Landeshaus Sozialdemokraten, Grüne und SSW sich für eine Integration der Flüchtlinge einsetzen wollen, werden diese Positionen im Bundesrat aufgegeben, da man die Große Koalition mit der von der CSU vor sich hergetriebenen CDU nicht riskieren will.
Wir PIRATEN haben die Landesregierung oft genug aufgefordert, ein Integrationskonzept gemeinsam mit dem Parlament zu entwickeln und vorzulegen und damit das Asylrecht und auch die Menschenrechte derjenigen zu schützen, die zu uns kommen und Schutz vor Bürgerkrieg, Verfolgung und Vertreibung suchen.
Leider geht die schleswig-holsteinische Flüchtlingspolitik immer einen Schritt vor und dann in Berlin zwei Schritte zurück. Das ist von uns zu verurteilen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es reicht eben nicht, wenn man hier in Kiel im Klein-Klein versucht, die Fehler, die auf Bundesebene gemacht wurden, zu korrigieren. Statt auf Bundesebene der Großen Koalition weiter die Hand bei der Desintegration der Schutzsuchenden und bei der Asylrechtsverschärfung zu reichen, wäre es notwendig, standhaft zu bleiben und zumindest den Vermittlungsausschuss anzurufen, um die Politik der Bundesregierung zumindest in Teilen zu entschärfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Umsetzung des Integrationsgesetzes zeigt doch das Dilemma, in dem die Landesregierung steckt, mehr als deutlich:
Die sogenannte 3-plus-2-Regelung des Integrationsgesetzes ist einer der wenigen ganz kleinen politischen Erfolge. Selbst Flüchtlingen ohne sichere Bleibeperspektive soll eine Berufsausbildung ermöglicht werden. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels hat man dort einen Konsens gefunden.
Umso irritierter sind wir PIRATEN aber, dass diese Regelung in der Praxis gerade bei afghanischen Flüchtlingen nicht angewendet wird. Ihnen wird die für eine Berufsausbildung notwendige Duldung verweigert, womit die Intention der 3-plus-2-Regelung ad absurdum geführt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem Antrag „Kein Ausreisezentrum in Schleswig-Holstein“ lehnen wir die zentrale Unterbringung zur Durchführung einer effektiven und zielführenden Aufenthaltsbeendigung entschieden ab. Das ist Semantik, das ist ein Vortäuschen, das ist ein Vokabular, das versucht, von den Tatsachen abzulenken,
denn im Prinzip ist dies nichts anderes als eine Abschiebeeinrichtung, die Sie in Ihrem Änderungsantrag zu unserem Antrag beabsichtigen, indem Sie nämlich Flüchtlinge ohne Bleiberechtsperspektive zur freiwilligen Ausreise nötigen wollen. Sie schreiben selbst, dass die Ausreisepflicht konsequent durchgesetzt werden soll, wenn die Betroffenen dieser Forderung nicht folgen. Sehen Sie den Widerspruch überhaupt nicht? Oder wollen Sie ihn nicht sehen? - Diese widersprüchliche Politik ist es, die wir PIRATEN als einen Schritt vor und zwei zurück kritisieren.
Die Forderung nach der Durchsetzung der Ausreisepflicht ist in Anbetracht der Tatsache, dass sich viele Staaten schlichtweg weigern, ihre eigenen Bürger zurückzunehmen, reiner Populismus.
Ich sage Ihnen auch für meine Fraktion der PIRATEN: Das, was Sie Ausreisewirrwarr nennen, kann im Einzelfall oder auch in einem größeren Fall - das wissen wir ja nicht genau - zu einer jahrelangen Internierung führen. Und das hat nichts mit Integrationspolitik zu tun.
Das ist Wahlkampf auf dem Niveau AfD und findet allenfalls Anklang bei Ihrem Parteifreund Thilo Sarrazin, und den möchte ich an dieser Stelle zitieren.
Er sagte im April dieses Jahres gegenüber der „FAZ“: