Zunächst zu den Beurlaubungen. Beurlaubt sind wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene Ministerpräsident Albig, Minister Dr. Habeck und Minister Meyer. Ferner hat mir der Fraktionsvorsitzende der FDP, der Herr Abgeordnete Kubicki, nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtags mitgeteilt, dass er an der Teilnahme an der heutigen Sitzung des Landtags ab 13 Uhr verhindert ist.
Bevor wir weitere Begrüßungen vornehmen, wollen wir etwas Besonderes zur Kenntnis nehmen. Eine Abgeordnete von uns hat heute einen ganz besonderen Geburtstag. Wir gratulieren der Fraktionsvorsitzenden Eka von Kalben zu ihrem besonderen Geburtstag. - Herzlichen Glückwunsch!
Sodann gebe ich folgende Hinweise zum weiteren Ablauf. Die Tagesordnungspunkte 4 - Änderung des Hochschulgesetzes -, 15 - Olympiabewerbung und Paralympics in Hamburg - sowie 29 - Bericht zum Personalabbau und zur Struktur der Landespolizei - und 28 - Erhebung der Arbeitszeiten an Schulen - werden ohne Aussprache aufgerufen. Tagesordnungspunkt 37 - Zugangsbeschränkungen zum Handwerk abbauen/Stärkung des Meisterbriefes - ist von der Tagesordnung abgesetzt worden, da noch Beratungsbedarf im Wirtschaftsausschuss besteht.
Herr Präsident, wenn ich mich richtig erinnere, haben wir im Ältestenrat zu Tagesordnungspunkt 15 Anträge zu Olympia - besprochen, zwar ohne Aussprache zu beraten; dazu soll aber die Vorsitzende des Innen- und Rechtsausschusses eine Einführung geben.
Richtig. Der Punkt soll zwar ohne Aussprache beraten werden, aber es wird dazu einen Wortbeitrag geben.
Gästen. Das sind Gäste der Frau Abgeordneten Kirsten Eickhoff-Weber. Außerdem ist der Landesvorsitzende der CDU und der Europaabgeordnete Reimer Böge bei uns. Herzlich willkommen!
Ich erteile das Wort der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung, Kristin Alheit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Dass es uns im vergangenen Jahr zur Einführung des Rechtsanspruches zum 1. August im engen Schulterschluss mit den Kommunen und den Trägern gelungen ist, die Angebote im Bereich U 3 so auszubauen, dass die Eltern in Schleswig-Holstein ihren Rechtsanspruch erfüllt bekommen und ihn nicht einklagen müssen, ist ein Erfolg, auf den wir nach wie vor stolz sind und, wie ich finde, auch gemeinsam stolz sein können.
Ich bin sicher, dass wir auch in Zukunft weitere Anstrengungen für zusätzliche Kapazitäten bei U 3, übrigens auch bei den Elementarkindern von drei bis sechs Jahren, brauchen werden. Ich kann Ihnen aber versprechen, dass diese Landesregierung diese Anstrengungen gemeinsam mit allen Akteuren weiter vorantreiben wird.
Zugleich wollen wir aber auch qualitativ vorankommen. Auch Angebote, die nicht allein die Kinder im Fokus haben, sondern auch deren Eltern und Familien, wollen wir stärker in den Blick nehmen. Dabei will ich noch einmal in das Verständnis der Landesregierung, was Familien angeht, einführen. Wir denken nämlich nicht nur an die klassische Kleinfamilie, sondern gleichermaßen auch an Alleinerziehende, an Patchworkfamilien oder Regenbogenfamilien, die genauso unsere Unterstützung verdienen.
Konzeptentwicklung zu Familienzentren zu berichten. Auf die zentralen Punkte dieses Berichts, der Ihnen nunmehr vorliegt, möchte ich hier schnell eingehen.
Familien sind mit wachsenden und auch widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert. Kindergärten, Horte, Familienbildungsstätten und Mehrgenerationenhäuser merken diese Entwicklung ganz deutlich. Eltern müssen höhere berufliche Anforderungen und ihre Familien miteinander vereinbaren. Sie haben mehr Fragen. Im Umgang mit der Erziehung sind sie unsicherer als früher, und sie wollen verstärkt auch im Alltag an den Einrichtungen teilhaben, sie möchten dort gehört werden. Es geht auch vermehrt darum, Eltern in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken.
In einem Familienzentrum werden Familien in ihren Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungsauftrag viel umfassender einbezogen, als dies in der Kita oder in der Schule der Fall ist, wo Elternarbeit auch sehr wichtig ist, aber noch nicht im Zentrum steht. Familienzentren sollen in ihrer Angebotsstruktur von den Menschen im jeweiligen Sozialraum mit gestaltet werden.
Es sollen wirklich die Bedarfe aufgegriffen werden, die genau in diesem Sozialraum an sie herangetragen werden. Dabei ist es mir ganz wichtig, das Missverständnis auszuräumen, dass es uns dabei jetzt nur um grundlegend neue Angebote ginge. Es geht uns vor allem in einem ersten Schritt darum, dass die bestehenden Angebote besser vernetzt werden, dass Kooperationen zwischen den verschiedenen Akteuren im Sozialraum verstärkt werden; denn wir haben bereits sehr viele gute Angebote. Es kommt darauf an, diese guten Angebote so auszurichten, dass die Eltern sie kennen, dass die Eltern sie auch annehmen und dass Eltern nicht durch tausend Wege und durch Hürden, bei denen man immer wieder einen neuen Ansprechpartner hat, davon abgehalten werden, diese guten Angebote wahrzunehmen.
Hier bieten sich Kitas als ein Ort, den junge Eltern über einen längeren Zeitraum besuchen, ganz besonders an, wobei ein Familienzentrum eben nicht ausschließlich an eine Kita angedockt werden kann, sondern auch an andere Einrichtungen. Das Entscheidende ist, dass es ein Ort ist, wo Eltern eh sind, und zwar regelmäßig, und dass es für sie ein vertrauter Ort ist.
Wichtig ist, dass Familienzentren Angebote in verschiedenen Handlungsfeldern entwickeln: zur Förderung von sozial besonders benachteiligten Kin
dern, zur Stärkung der Erziehungskompetenz durch Elternbildung oder zum Beispiel zur Förderung der Integration durch Sprachförderung.
Damit bieten Familienzentren den Familien Unterstützung da, wo sie täglich sind. Zugleich ist der Aufbau von Familienzentren ein echter Beitrag zur Qualität in der Kita beziehungsweise zum Aufwachsen unserer Kinder; denn die Akteure vor Ort werden nach genauer Analyse der konkret vorhandenen Angebote und Bedarfe ein kommunales Gesamtkonzept erstellen. Das fördern wir. Wir fördern neue und bestehende Familienzentren jeweils bis zu einer Höhe von 25.000 € im Jahr.
In erster Linie sollen dabei anteilig Personalkosten erstattet werden, denn ein funktionierendes Familienzentrum braucht gute Koordination, die von jemandem in die Hand genommen werden muss. Dabei obliegt es den Kreisen und den kreisfreien Städten, die Mittel eigenverantwortlich an öffentliche und auch eben an freie Träger weiterzugeben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit starten wir am 1. August 2014, da beginnt die Förderung der Familienzentren. Wir haben ganz konkret das Ziel, ab sofort den Aufbau und den Betrieb von bis zu 100 Familienzentren im Land zu fördern. Für 2014 stehen uns dafür 1,3 Millionen € zur Verfügung, ab 2015 sollen es dann jährlich 2,5 Millionen € sein. Dadurch wird deutlich: Wir nehmen eine Menge Geld für Familienfreundlichkeit und für die Qualität früher Bildung und Betreuung in die Hand. Deshalb werden wir auch landesweit den Auf- und Ausbau von Familienzentren durch eine Evaluation begleiten. Wir wollen die Qualitätssicherung dieses Bereichs, wir wollen die Wirksamkeit, und wir wollen die Nachhaltigkeit unserer Förderung damit sicherstellen.
Landesregierung und Koalitionspartner haben sich vorgenommen, die Familienfreundlichkeit unseres Landes weiter zu stärken. Bedarfsgerechte Kapazitäten im Bereich Betreuung und frühkindliche Bildung sind dabei ein Aspekt. Die Entwicklung von mehr und passgenauerer Unterstützung für Kinder und ihre Eltern soll im Familienalltag noch besser gelingen. Die von uns auf den Weg gebrachten 100 Familienzentren sind dafür ein substanzieller Beitrag.
Ich freue mich, dass Sie heute den Bericht in den Händen halten, womit wir Ihnen das auch sagen können. - Ganz herzlichen Dank.
Wir kommen jetzt zur Aussprache. Ich eröffne die Aussprache. Ich teile mit, dass die Redezeit um eine Minute verlängert werden kann. Das gilt für jede Fraktion. Ich weise darauf hin, dass die SPD-Fraktion im Ältestenrat zehn Minuten beantragt und bekommen hat.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lebensqualität der Familien in SchleswigHolstein bleibt ein besonderes Anliegen unserer Politik. Familienpolitik muss sich heute neuen Herausforderungen stellen, Familienbilder sind im Wandel. Das führten uns in den vergangenen Monaten unter anderem Studien der Konrad-AdenauerStiftung, aber auch der Evangelischen Kirche in Deutschland vor Augen.
Dabei stellen sich familienpolitische Fragen ganz unterschiedlicher Stoßrichtung. Da geht es um die Gleichstellung, um die Situation von Alleinerziehenden, aber auch immer wieder um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Familienbilder in unserer Gesellschaft haben sich verändert, sie sind differenzierter und individueller geworden. Die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zieht daraus die Schlussfolgerung: Alle Familienmodelle sollten akzeptiert und ermöglicht werden. - Das teile ich ausdrücklich.
Jeder mag seine eigene Auffassung dazu haben. Wir leben aber nicht in einem Obrigkeitsstaat, der den Menschen ein bestimmtes Familienbild vorschreibt. Das gilt übrigens in alle Richtungen: Weder das Biedermeier-Idyll - das übrigens real in vielen Teilen wahrscheinlich gar nicht so idyllisch war - noch die Verklärung von immer kürzeren Lebensabschnittspartnerschaften taugen als moralische Messlatte oder sollten politisch privilegiert beziehungsweise diskriminiert werden. Ich finde, Familie muss überall da sein, wo Menschen auf Dauer füreinander Verantwortung übernehmen. Das ist unsere Vorstellung von Familie.
Dazu gehören Paare, ob mit oder ohne Kinder, mit oder ohne Trauschein, dazu gehören Alleinerziehende, dazu gehören Patchwork- oder Regenbogenfamilien sowie Großeltern und Menschen, die für ihre pflegebedürftigen Eltern sorgen. Zur Familie gehören alle Generationen. „Das Kernstück der Persönlichkeitsbildung ist die Erziehung des Sinnes für Verantwortung“, so sagt es der Schweizer Schriftsteller Emil Oesch, und ich meine, er hat sehr recht damit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir über Familienpolitik sprechen, geht es mir gerade auch um ein solidarisches Miteinander der Generationen. Allzu oft erleben wir Diskussionen, die Generationen mit dem Argument vermeintlicher Generationenungerechtigkeit gegeneinander ausspielen wollen. wie beispielsweise in der jüngsten Rentendebatte. Richtig ist, dass das Solidaritätsprinzip - Menschen für Menschen - in allen Generationen der richtige Orientierungsmaßstab ist. Dazu gehören Investitionen in Bildungsgerechtigkeit und Gleichstellung ebenso wie die solidarische Absicherung individueller Lebensrisiken von Gesundheit über Arbeitslosigkeit bis hin zur Pflegebedürftigkeit und Alterssicherung. Solche Rahmenbedingungen politisch zu gewährleisten, das ist das zentrale Anliegen unserer Küstenkoalition.
In diesem Rahmen sollen die Menschen ihre individuell unterschiedlichen Lebensentwürfe verwirklichen können. Grundlage dafür ist der Dreiklang aus Infrastruktur, Zeit und Geld.
Dazu gehört erstens eine familienfreundliche Arbeitswelt. Ich sage ausdrücklich, die Menschen sind nicht für die Wirtschaft da, sondern umgekehrt.
Vereinbarkeit von Familie, Beruf und auch bürgerschaftlichem Engagement muss neben dem, was man tut, um das Geld, das man braucht, durch Erwerbstätigkeit zu verdienen, möglich sein. Zweitens. Gute Ganztagsbildungs- und Betreuungsangebote gehören dazu.
Drittens: eine gute materielle Absicherung aller Kinder. Nie darf die Familiengründung zum Armutsrisiko werden, und wenn das der Fall ist, dann müssen wir das in unserer Gesellschaft ändern.