Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 31. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt ist Frau Abgeordnete Dr. Marret Bohn. - Wir wünschen ihr gute Genesung!
Die Abgeordneten Dr. Ralf Stegner und Wolfgang Kubicki haben nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtags mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme der heutigen Sitzung des Landtags ab circa 16 Uhr verhindert sind.
- Die unterschiedlichen Reaktionen auf diese Mitteilung kann ich als Präsident nicht nachvollziehen.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen von FDP und PIRATEN haben im Wege der Dringlichkeit mit der Drucksache 18/2836 einen Dringlichkeitsantrag „Vorratsdatenspeicherung stoppen“ vorgelegt:
- Es gibt keine Begründung? - Ich frage, ob jemand die Dringlichkeit begründen möchte. Wenn ja, dann würde ich ihm gern das Wort erteilen. - Nun meldet sich Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki. Er wird das Wort zur Begründung dieses Dringlichkeitsantrags ergreifen. Bitte, Herr Abgeordneter Kubicki.
Herr Präsident! Frau Kollegin von Kalben! Bisher war es so: Wenn es klar war, dass wir eine Zweidrittelmehrheit bekommen, dann haben wir schon häufiger auf eine Begründung verzichtet. Ich bin aber gern bereit, sie zu erklären.
- Gerade eben kam das Signal von der Sozialdemokratie. Ich bin aber gern bereit, die Dringlichkeit zu begründen. Seit dem Wochenende wissen wir, dass
der sozialdemokratische Koalitionspartner in Berlin bereit ist, der Vorratsdatenspeicherung den Weg zu ebnen.
- Ich weiß, dass das die Union freut. Der Bundesvorsitzende der SPD ist so vernommen worden, dass er Justizminister Heiko Maas beauftragt habe, möglichst zeitnah und zügig mit dem Innenminister eine entsprechende Vorlage zu erarbeiten. Wenn es noch eine Chance geben soll, vom Schleswig-Holsteinischen Landtag aus in diesen Willensbildungsprozess einzugreifen, indem man dokumentiert, dass die bisherige Beschlusslage nach wie vor von uns getragen wird, dann muss dies jetzt geschehen. Alles andere wäre zu spät. Das erklärt die Dringlichkeit, und ich bitte um Zustimmung zur Dringlichkeit. - Herzlichen Dank.
Ich lasse über die Dringlichkeit des Antrags Drucksache 18/2836 abstimmen. Es gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke, damit ist die Dringlichkeit einstimmig bejaht. Ich bitte die Parlamentarischen Geschäftsführer, sich darauf zu verständigen, an welcher Stelle der Tagesordnungspunkt aufgerufen wird. Ich schlage Ihnen vor, den Antrag als Tagesordnungspunkt 30 A in die Tagesordnung einzureihen. Auf die Redezeiten und auf alles Weitere werden wir im Verlauf der Sitzung eingehen.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:
Zu den Tagesordnungspunkten 2, 5, 6, 10, 18, 19, 22 sowie 31 bis 34 ist eine Aussprache nicht geplant.
Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 8 und 11, Gesetzentwurf und Große Anfrage über die Notfallrettung und den Krankentransport, 12, 39, 40 und 41, Anträge und Berichte zur Flüchtlingspolitik in Schleswig-Holstein, 13 und 30, Anträge zur Gewährleistung der Sicherheit und zum Straftatbestand des Wohnungseinbruchdiebstahls, 14 und 25, Anträge zum Auf
kommen aus der Erbschaftsteuer, und die Tagesordnungspunkte 28 und 38, Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2015.
Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 31. Tagung.
Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist eine einstündige Mittagspause von 13 bis 14 Uhr vorgesehen. - Ich sehe keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Landtags Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums HeideOst und der Jacob-Struve-Schule, Horst, sowie Herrn Uwe Polkaehn vom Deutschen Gewerkschaftsbund mit einer Delegation. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/2810
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie mögen sich wundern, dass zu diesem Thema ein Mann spricht und nicht zum Beispiel meine Kollegin Simone Lange, die dies natürlich exzellent könnte. Ich sage aber: Das Thema Gleichstellung und Entgeltgleichheit ist mitnichten eine Frauenangelegenheit, sondern es geht uns alle an. Männer und Frauen sollten das gleiche Interesse und das gleiche Engagement an den Tag legen, im Land
Von 46 Chromosomen unterscheidet Männer und Frauen gerade einmal eines. Ihre gleichen Rechte sind dank der SPD in Artikel 3 des Grundgesetzes festgelegt. Faktisch aber sind die Unterschiede bei der Verwirklichung dieser Rechte noch riesengroß. Wir haben dies damals in das Grundgesetz eingebracht, als über den Artikel in der Kommission, die dies ausgearbeitet hat, verhandelt worden ist. Sie können dies nachlesen, Kollege Herr Kubicki. Damals waren selbst Sie noch nicht dabei.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, rechtzeitig zum Internationalen Frauentag am 8. März hat der Deutsche Bundestag die Frauenquote in Aufsichtsräten beschlossen. Das ist eindeutig ein gutes und wichtiges Signal. Künftig müssen die Aufsichtsräte von börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen mit mindestens 30 % Frauen besetzt werden. Außerdem wurde festgelegt, dass sich Unternehmen öffentlich überprüfbare Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und den beiden obersten Führungsetagen setzen müssen. Das ist fraglos nur ein kleiner Schritt und für Millionen von Frauen bestimmt nicht das Kernthema, dennoch bin ich davon überzeugt: Dies wird die Unternehmenskultur in Deutschland nachhaltig verändern.
Gerade in Fragen der Gleichstellung von Mann und Frau regelt sich eben nichts von allein, wie uns dies die Frau Bundeskanzlerin und andere Konservative und Liberale immer wieder weismachen wollen. Die breite Zustimmung im Parlament hat immerhin eines verdeutlicht: Man kann sagen, die Quote findet jetzt große Zustimmung. Es ist ein wichtiger Schritt zur faktischen Durchsetzung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft.
Ich will aber auch an den Beschluss unserer Landesregierung vom 1. Juli 2014 zur geschlechterparitätischen Besetzung von Gremien erinnern. Damit haben wir von SPD, Grünen und SSW einmal mehr deutlich gemacht: Die gleichwertige Berücksichtigung der Geschlechter ist eine Stärke und keine lästige bürokratische Regelung, wie immer mal wieder von rechts in diesem Haus zu hören ist.
Wir in Schleswig-Holstein haben besondere Erfahrungen in der Gleichstellungspolitik. Wir hatten die erste Ministerpräsidentin des Landes. „Das ganze schöne Land in der Hand einer einzigen Frau“, so zitierte Heide Simonis gern einen Christdemokraten und praktizierenden Landwirt. Ich antworte: „Das hat unserem Land verdammt gut getan“, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir haben vieles auf den Weg gebracht - Frauenministerium, Beratungsstellen, Regelungen für kommunale Gleichstellungsbeauftragte, Ausbau der Kinderbetreuung, Elterngeld Plus im Bund - ganz konkrete Schritte zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber auch zur Gleichstellung von Frauen und Männern.
Auch der vierte Gleichstellungsbericht hat uns neue Erkenntnisse gebracht und zugleich den weiteren Handlungsbedarf unterstrichen. Ja, wir haben deutliche Fortschritte gemacht bei der Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Landesverwaltung. Frauen haben heute in vielen Bereichen des Landesdienstes gleichgezogen; sie stellen oftmals sogar die Mehrheit.
Dennoch besteht auch bei uns immer noch eine gläserne Decke. Frauen sind in hohen Führungspositionen sowie in Gremien immer noch deutlich unterrepräsentiert.
Die Landesregierung hat für die laufende Legislaturperiode eine Reihe von Vorhaben zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen im Berufsleben auf den Weg gebracht. Die Gleichstellungsbeauftragten sind und bleiben die Basis und treibende Kraft der Frauenförderung im öffentlichen Dienst.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, bis zur vollständigen Gleichstellung bedarf es viel mehr. Gleichstellung darf sich nicht in Symbolpolitik erschöpfen, nein, es geht um ganz harte materielle Notwendigkeiten. Es ist und bleibt ein Skandal, dass im Jahre 2015 Frauen für die gleiche Arbeit in Deutschland einen zum Teil deutlich niedrigeren Lohn bekommen als Männer.