Protokoll der Sitzung vom 23.08.2013

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Landtagssitzung. Ich begrüße Sie alle recht herzlich im Plenarsaal.

Besonders begrüßen möchte ich die Schülerinnen und Schüler der Humboldt-Schule aus Kiel. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Besonders begrüßen möchte ich auch unseren Vertreter für wichtigste Fragen in der Regierung, Stefan Studt, der gestern Geburtstag gehabt hat. Herzlichen Glückwunsch vom Landtag und ein gesundes neues Jahr!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ob wir es wollen oder nicht, wir sind alle Personen des öffentlichen Lebens. Wir haben uns wählen lassen. Es ist nun einmal so, dass wir als Volksvertreter auch im Internet präsentiert werden. Wikipedia hat hier ein Fotostudio aufgebaut. Einige der Abgeordneten haben sich dort schon für das Internet fotografieren lassen. Ich glaube, Sie sollten die Gelegenheit nutzen, selbst Einfluss auf Ihre Fotos im Internet zu nehmen. Wenn Sie schon öffentlich dargestellt werden, dann sollten Sie das auch beeinflussen können. Das können Sie, indem Sie sich für einen Moment in den Raum der Stille zurückziehen und sich dort ablichten lassen. Das ist natürlich freiwillig.

(Beifall PIRATEN)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Kein Eingriff in die Pensionen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/1036

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1088

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht. Dann steigen wir in die Debatte ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Chance vertan, Frau Finanzministerin! Nach dem desolaten Umgang mit den Landesbeamtinnen und Landesbeamten im Hinblick auf die ihnen zustehende Tariferhöhung hatten Sie die Chance, in der Sommerpause, unmittelbar nach dem unsäglichen Vorschlag des grünen Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg - er hat einen Eingriff in laufende Pensionszahlungen zur Sprache gebracht beziehungsweise zur Diskussion gestellt -, unmittelbar und sofort klarzustellen, dass sich das Land Schleswig-Holstein nicht an dem berühmten „Geleitzug“, an einem solchen Eingriff, beteiligt. Sie haben diese Chance verpasst. Stattdessen haben Sie zugelassen, dass Beamtinnen und Beamte während der Sommerpause abermals verunsichert wurden. Es bedurfte eines Antrags der Opposition, der FDP, um dieses Thema zur Sprache zu bringen. Herr Stegner, wenn Sie das so lustig finden, weshalb haben Sie dann diesen albernen Antrag gestellt, den Sie gestern hinterhergeschoben haben?

(Beifall FDP und CDU)

Dieser Antrag ist albern, weil Sie nicht müde werden, bei jeder sich bietenden Gelegenheit aus Ihrem fabelhaften rot-grün-blauen Koalitionsvertrag zu zitieren. Das Problem ist: Sie behaupten in Ihrem Antrag, Sie hätten sich in ihren Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, dass es in dieser Legislaturperiode keinen Eingriff gebe. Wo steht das denn in Ihrem Koalitionsvertrag, Herr Dr. Stegner?

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Wenn Sie schlauer sind, dann sagen Sie, in welcher Fußnote oder auf welcher Seite wir genau diese Vereinbarung zwischen den drei Partnern finden.

Herr Abgeordneter Dr. Garg, wenn Sie erlauben, könnte diese Frage vielleicht durch den jetzt fragenden Abgeordneten Dr. Stegner beantwortet werden.

Wie könnte ich bei dieser Pose widerstehen?

Lieber Herr Kollege Dr. Garg, da die Koalitionsparteien - das ist ja eine Vereinbarung von Parteien - damals vereinbart haben, dass es keinen Eingriff in die Pensionen gibt, findet sich dazu auch kein Wort im Koalitionsvertrag. So ist das.

(Lachen CDU, FDP und PIRATEN)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Stegner, für diese sehr ehrliche und entlarvende Antwort. Das heißt, das ist ein Pseudobekenntnis. Das ist kein Bekenntnis. Insofern ist Ihr Antrag nichts anderes als ein wirklich beklagenswerter, kümmerlicher Versuch, einer klaren Oppositionsinitiative etwas entgegenzusetzen.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Noch schöner ist, dass der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Rasmus Andresen, in einer Presseerklärung gleich das gesamte Berufsbeamtentum infrage gestellt hat. Herr Kollege Andresen, diese Presseerklärung wäre glaubwürdiger gewesen, wenn die Landesregierung, die von Ihnen mitgetragen wird, nicht weiter fröhlich verbeamten würde. Sie verbeamten doch auch: In der Staatskanzlei gibt es dreimal B 2; im Rahmen von KoPers wird B 7 gerettet. Ich bin davon ausgegangen, dass auch Ihnen bekannt ist, dass weiterhin Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbeamtet werden. Herr Kollege Andresen, wo war da Ihre Stimme? Haben Sie sich kraftvoll dagegen gewandt? Fehlanzeige!

Insofern empfehle ich Ihnen ein bisschen mehr Respekt und ein bisschen weniger Naseweis, wenn Sie über die Leistungen von Menschen urteilen, die ihr ganzes Leben lang für dieses Land gearbeitet haben. Ich finde, das steht Ihnen schlicht und ergreifend nicht zu - bei allem Bemühen, unsere Haushalte in Ordnung zu bringen.

(Vereinzelter Beifall FPD, CDU und PIRA- TEN)

Frau Finanzministerin, besonders originell finde ich Ihre Ausführungen. Ich nehme an, dass Sie das gesagt haben, sonst korrigieren Sie mich. Sie werden heute in den „Kieler Nachrichten“ wie folgt zitiert: Das Land habe aus den vergangenen Zahlungsverpflichtungen 67 Milliarden € angehäuft, das Gros für Beamtenpensionen und Schulden. - Frau Ministerin Heinold, haben Sie uns irgendeinen Fonds oder irgendein Bankkonto verschwiegen? Wenn wir die letzten Jahrzehnte Schulden für Pensionen angehäuft hätten, dann müssten wir jetzt auf einem Fonds für Beamtenpensionen sitzen - wenn das tatsächlich so sein sollte -, aus dem wir die nächsten Jahre sämtliche Verpflichtungen leisten könnten. Sie erzählen schlicht und ergreifend Unsinn, und Sie fallen in den Ton des Kollegen Andresen mit ein, wenn Sie nach wie vor den Beamtinnen und Beamten des Landes glauben machen, sie seien

eigentlich nicht mehr als ein lästiges Übel, das man irgendwie bezahlen müsse. Und jetzt sollen sie auch noch Schuld sein an den Pensionsverpflichtungen. Frau Ministerin Heinold, ich finde das unanständig. Das ist die Fortführung des Umgangsstils mit den Beamtinnen und Beamten, den Sie bereits bei der Frage der Tariferhöhung gepflegt haben.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Wenn man das ernsthaft angeht - die Höhe der Verpflichtungen ist unbestritten -, dann muss man mit den Beamtinnen und Beamten diskutieren, damit man für zukünftige Personalpolitik Wege findet. Dabei darf man nicht einfach das Berufsbeamtentum infrage stellen. Ich bin dafür, dass man sich Gedanken darüber macht. Wenn man will, dass das Land Schleswig-Holstein am Ende dieses Jahrzehnts in der Lage ist, mit der Tilgung seiner Altschulden zu beginnen, dann muss man über echte Pensionsrückstellungen, und zwar in ausreichender Höhe, nachdenken. Genau dann ist der richtige Zeitpunkt, solche finanziellen Möglichkeiten nicht einfach wieder konsumtiv zu verausgaben, sondern wirklich nachhaltig dafür zu sorgen, dass diese Lasten gesenkt werden können.

Ich sage Ihnen ganz klar: So, wie Sie mit den Landesbeamtinnen und Landesbeamten umgehen, geht es nicht. Das haben sie auch nicht verdient. Nicht die Beamtinnen und Beamten sind Schuld daran, dass sie ein Recht darauf haben, Pensionszahlungen zu erhalten, sondern diese Beamtinnen und Beamten sind irgendwann einmal - meistens aufgrund von politischen Beschlüssen - eingestellt worden. Sie haben ein Recht auf Pensionszahlungen. Zu diesem Recht gehört auch der Vertrauensschutz. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und CDU)

Bevor wir die Beratung fortsetzen, habe ich noch einen Nachtrag. Krank gemeldet haben sich heute die Abgeordneten Klaus Jensen und Barbara Ostmeier. - Wir wünschen von dieser Stelle aus gute Besserung!

(Beifall)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Peter Sönnichsen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis zum späten gestrigen Nachmittag wusste ich gar nicht so recht, wie ich meine Redezeit von fünf Minuten ausfüllen sollte. Dann, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, kam Ihr Änderungsantrag.

(Zuruf SPD: Glück gehabt!)

Mit Blick auf diesen Zeitpunkt, mit Blick auf die frühere Presse ,,Wir können Haushalt“, lieber Kollege Winter, und vor allem mit Blick auf die Änderungsanträge in Sachen Sondervermögen in der gestrigen zweistündigen Finanzausschusssitzung könnten Sie es nun mit der Pressemitteilung ,,Wir können Anträge“ versuchen. Glauben wird Ihnen das aber niemand.

(Beifall CDU und FDP)

Doch der Reihe nach: Der FDP-Antrag ist klar formuliert. Die Beschlussfassung kann nur ,,Zustimmung“ lauten. Wenn es Zweifel in Sachen Unantastbarkeit von Pensionen gab beziehungsweise gibt, so ist dies auf die Stellungnahme eines Sprechers des Finanzministeriums in der SchleswigHolsteinische Landeszeitung vom 27. Juli 2013 zurückzuführen. Darin heißt es:

,,Vonseiten der schleswig-holsteinischen Landesregierung gibt es derzeit keine Pläne zu etwaigen Einschnitten bei den Beamtenpensionen.“

Es stellt sich die Frage, wie die Halbwertzeit des Wortes ,,derzeit“ einzuordnen ist.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Andererseits hat die gestrige Debatte um Steuererhöhungen wieder einmal gezeigt, dass Sie sich trotz sprudelnder Einnahmen alle Optionen offenlassen, die Ihren sonstigen Ausgabe- und Umverteilungsplänen dienlich sind.

Insofern hat der Ursprungsantrag nachträglich noch eine weitere klare Berechtigung erhalten. Die Zweifel werden durch Ihren Änderungsantrag bestärkt. Warum wollen Sie keine Aufforderung an die Regierung?

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Weil das nicht nötig ist!)

Offensichtlich soll eine weitere Hintertür offengehalten werden. Küstennebel statt klarer Sicht.

(Beifall CDU und FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ein Quatsch!)

(Dr. Heiner Garg)

Ihrem Änderungsantrag können eigentlich nur diejenigen Kolleginnen und Kollegen zustimmen, die von der ersten bis zur letzten Minute bei den Koalitionsverhandlungen dabei waren. Ihr Koalitionsvertrag trifft jedenfalls keine Aussage dazu. Es scheint eher so, dass Sie von diesem Kretschmann-Vorschlag selbst überrascht waren, ihn nachträglich aber auch nicht ausschließen wollen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?