Lieber Herr Kollege Sönnichsen, Sie waren schon in der vergangenen Legislaturperiode Mitglied dieses Hauses. Ich würde Sie gern frage, ob es bei der CDU/FDP-Koalition üblich war, dass man all die Dinge, die man nicht plant, in den Koalitionsvertrag hineinschreibt. Ich kenne das aus früheren Zeiten nicht. Da Sie das hier aber so anmahnen, interessiert mich, ob das bei Ihnen so üblich war. Das mag ja sein. Dann könnten wir noch etwas lernen. Vielleicht machen wir das künftig auch so. Dann schreiben wir vielleicht künftig in den Koalitionsvertrag nicht nur das hinein, was wir alles tun wollen, sondern auch das, was wir alles nicht tun wollen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das Hohe Haus darüber aufklären könnten.
- Herr Dr. Stegner, ich habe Ihre Bemerkung in Ihrem vorherigen Beitrag anders verstanden. Ich habe das so verstanden, dass im Koalitionsvertrag all das steht, was nicht vereinbart ist.
Herr Kollege Sönnichsen, würden Sie folgender Aussage zustimmen: Wenn die Koalitionsfraktionen gestern Nachmittag einen Antrag formulieren, in den sie schreiben, dass sie in ihren Koalitionsverhandlungen vereinbart haben,
keine Eingriffe in die Pensionen der Landesbeamtinnen und Landesbeamten vorzunehmen, wäre es ein Zeichen für die Landesbeamtinnen und Landesbeamten gewesen, wenn sich eine solche Vereinbarung zumindest schriftlich in einer Koalitionsvereinbarung wiederfinden würde?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Pensionen - diese Feststellung muss erlaubt sein, auch wenn sie eine Selbstverständlichkeit ist - sind die Altersvorsorge der Beamten, Richter und weiterer Bediensteter. Pensionen waren und sind Bestandteil des Einkommens. Sie sind nichts anderes als bereits verdientes Geld.
Davon etwas wegnehmen zu wollen, wäre vergleichbar mit dem Zugriff auf das Guthaben eines jeden Bürgers, zum Beispiel auf sein Sparbuch, oder auf andere Rücklagen. So und nicht anders ist diese Situation zu betrachten. Es mag immer wieder Beratungsbedarf hinsichtlich des Beamtenrechts geben. Gedanken über rückwirkende Änderungen, wie sie insbesondere von grünen Politikern angestellt wurden, verbieten sich aber. Mit einem Griff in bestehende, weil erworbene Rechte wäre der Vertrauensschutz eklatant gefährdet.
Meine Fraktion wird dem Ursprungsantrag zustimmen. Der Änderungsantrag ist an Unverbindlichkeit nicht zu überbieten. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will versuchen, die Debatte wieder in die Sachlichkeit zurückzuholen. Dabei beginne ich mit einem Rückblick auf die Entwicklung des Beamtenrechts in den vergangenen Jahren, um den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition deutlich zu machen, um was es hier geht.
Mit der Föderalismusreform I, die im Jahr 2006 beschlossen wurde, haben Bund und Länder die Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich des Beamtenrechts neu geregelt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Bund die Rahmenkompetenz für das Dienst
recht aller Beamtinnen und Beamten. Im Beamtenrechtsrahmengesetz waren für Bund und Länder verbindliche Leitlinien für die Gestaltung des Dienst- und Laufbahnrechts vorgegeben. Diese waren dann vom jeweiligen Landesgesetzgeber umzusetzen. Weiterhin war der Bund im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung für die Regelung des Besoldungs- und Versorgungsrechts für alle Beamtinnen und Beamten in Bund, Ländern und Kommunen zuständig.
Im Zuge der Föderalismusreform wurde diese Rahmengesetzgebung insgesamt abgeschafft und die Gesetzgebungskompetenz für das Beamtenrecht vom Bund auf die Länder verlagert. Diese sind nunmehr allein für das Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht zuständig.
Im Ergebnis hat die Föderalismusreform dazu geführt, dass bundesweit keine einheitlichen Standards bei der Beamtenbesoldung und -versorgung mehr existieren. Jedes Land diskutiert und entscheidet für sich. Was für Baden-Württemberg oder Bayern gilt, gilt noch lange nicht für NordrheinWestfalen, Hessen oder Schleswig-Holstein. Diese Entwicklung ist aus unserer Sicht Fluch und Segen zugleich. Der Vorteil kann darin bestehen, dass flexibler auf landestypische Gegebenheiten, wie zum Beispiel Verwaltungsstrukturen, Rücksicht genommen werden kann.
Der Nachteil wird dann sichtbar, wenn es ein deutliches Gefälle zwischen Regionen oder im Verhältnis von Bund und Ländern gibt,
wie erst kürzlich bei der Frage der Übernahme des Tarifergebnisses sichtbar wurde. Daher betrachten wir die Auswirkungen dieser neuen Freiheit nicht ohne Sorge.
Wenn die Unterschiede in den Finanzausstattungen der Bundesländer weiter zunehmen, wird man über eine Rückkehr zur Vereinheitlichung nachdenken müssen. Dies hat übrigens der Deutsche Beamtenbund gestern gerade wieder gefordert. Aber auch hier besteht die Gefahr, dass finanzschwache Länder schnell überfordert werden können.
Aus diesem Grund also müssen wir uns ins diesem Haus heute auch mit der Versorgung beschäftigen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen richtet dabei folgerichtig den Blick auf die Situation in Schleswig-Holstein und nimmt den Landtag in die Verantwortung; denn bei der Beamtenversorgung gilt wie oben ausgeführt - das Prinzip: Jeder kehre vor seiner eigenen Tür. - Der Antrag der FDP schießt
Denn neu ist das Problem der steigenden Versorgungsbezüge nicht. So wurde durch das 2001 noch als Bundesgesetz verabschiedete Versorgungsrechtsänderungsgesetz die Absenkung der Versorgungsbezüge auf 71,75 % vorgenommen, um die Absenkung des Rentenniveaus wirkungsgleich und systemgerecht auf die Beamtenversorgung zu übertragen
Aus unserer Sicht darf allerdings auch der Gerechtigkeitsaspekt im Verhältnis zur Situation der gesetzlichen Rentenversicherung nicht aus den Augen gelassen werden. Vermutlich haben auch Sie nach der Entscheidung über die Übernahme des Tarifabschlusses Post von Rentenempfängerinnen und -empfängern bekommen, die auf das Problem des Auseinanderdriftens von gesetzlichen Renten und Pensionen hinweisen; denn laut unserem Beschluss ist zum 1. Juli 2013 eine Besoldungserhöhung um 2,45 % für sämtliche Besoldungsgruppen vorgesehen. Die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung stiegen dagegen in den alten Bundesländern zum 1. Juli 2013 nur um 0,25 %.
Wir wissen, dass wir den Beamtinnen und Beamten des Landes viel zugemutet haben. Die Kürzung der Sonderzuwendungen und die Streichung des Urlaubsgeldes hat die SPD seinerzeit als eine von mehreren Maßnahmen mit getragen, um das strukturelle Defizit des Landeshaushalts abzubauen und einem weiteren Anstieg der Verschuldung entgegenzuwirken. Einschnitte in die Versorgung werden von uns nicht geplant, und genau das bringt unser Antrag zum Ausdruck.
Das finde ich nicht albern, sondern ehrlich. Herr Garg, Sie haben gesagt, es stände nicht in unserem Koalitionsvertrag. Da habe ich mich mit Freude an die Debatte vom Februar 2013 erinnert, als wir über die Verwaltungsstrukturreform geredet haben. Da hat der Kollege Dolgner dem Kollegen Callsen anhand der gegrillten Robbenbabys erklärt, wie es ist, wenn man etwas in einer Formulierung nicht ausschließt. Das Internet ist ja nicht Neuland, sondern eine tolle Sache. Wir haben mal eben gegoogelt: Auch im Wahlprogramm der CDU oder auf
der Internetseite der FDP taucht das Wort „Pension“ nicht auf. Daraus schließen wir nicht auf Ihre Haltung dazu.
Daraus, dass man etwas nicht sagt, zu schließen, dass man es nicht tut, ist, glaube ich, ein bisschen weit hergeholt. Ich bitte um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag und danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Warum diese Rede, wenn Sie unserem An- trag zustimmen?)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer haushaltspolitische Verantwortung trägt, der darf sich auch vor unbequemen Themen nicht wegducken. Eines dieser Themen sind die Versorgungsverpflichtungen des Landes. Sie machen derzeit knapp 1 Milliarde € für 30.000 Ruheständler aus. Das ist gut ein Zehntel unserer gesamten Ausgaben. Dieser Posten wird bis 2020 auf dann über 1,3 Milliarden € steigen, weil wir dann 5.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger mehr haben. Gleichzeitig müssen wir bis dahin die Schuldenbremse einhalten und einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Andere Bundesländer und auch der Bund sind in einer ähnlichen Situation.
Wenn sich jemand traut, wie zuletzt der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, laut über dieses Problem nachzudenken und eine Debatte dazu anzustoßen, dann wird er sofort gebrandmarkt. Das finde ich nicht in Ordnung; denn ich glaube, dass es - unabhängig davon, wie man sich im Einzelnen in dieser Debatte positionieren mag - genug Argumente gibt, die dazu führen müssen, dass wir auch strukturell über Maßnahmen nachdenken. Ich komme in meiner Rede noch darauf zu sprechen, wie einige aussehen könnten.
Niemand hat von einer tickenden Zeitbombe oder Ähnlichem gesprochen oder die Leistungen, die die Ruheständlerinnen und Ruheständler bundesweit zweifelsohne erbracht haben, in irgendeiner Weise
in Zweifel gezogen. Nein, es geht im Kern der Debatte einfach darum, wie wir mit den Pensionsverpflichtungen umgehen, wenn wir gleichzeitig konsolidierte Haushalte vorlegen und spätestens ab 2020 Kredite tilgen wollen.
Wenn jemand behauptet, wir wollten den Pensionären an den Kragen, dann empfehle ich einen Blick auf die derzeitigen Versorgungsanpassungen. Die Pensionen steigen dieses Jahr auch in Schleswig-Holstein wieder. Zum 1. Juli 2013 sind sie um 2,45 % gestiegen, und im Herbst nächsten Jahres gibt es noch einmal 2,75 % mehr.
Auch die Rentner haben zum 1. Juli 2013 wieder mehr Geld bekommen, was nicht selbstverständlich ist. In den letzten zehn Jahren gab es viermal gar keine Erhöhung. Auch in diesem Jahr fällt die Erhöhung mit 0,25 % in den westdeutschen Bundesländern wirklich mager aus; die Kollegin Raudies hat das gerade schon angesprochen. Im kommenden Jahr gibt es wegen der guten allgemeinen Lohnentwicklung in diesem Jahr hoffentlich eine höhere Rentenanpassung. Aber auch 2014 werden die Rentenformel und die Nachholung der unterbliebenen Rentenkürzungen dafür sorgen, dass der Aufschwung fast gar nicht bei den Westrentnerinnen und -rentnern ankommt.
Die Versorgungsempfänger erhalten hingegen eins zu eins die gleichen Erhöhungen wie ihre aktiven Kollegen. Richtig ist: Auch sie waren in der Vergangenheit immer wieder von Kürzungen und Einschränkungen betroffen. Trotzdem klafft da nicht nur aus meiner Sicht eine Gerechtigkeitslücke,
wenn die Westrentner und -rentnerinnen in der Zeit von 2002 bis 2012 eine Erhöhung von 8,5 %, die Pensionärinnen und Pensionäre des Landes - je nach Besoldungsgruppe - hingegen eine Erhöhung zwischen 16,8 % und 19,37 % bekommen haben. Viele Menschen, mit denen ich spreche und die mich anschreiben, können das nicht nachvollziehen. Die wahre Gerechtigkeitslücke besteht also für die vielen Rentnerinnen und Rentner in diesem Land, die auch nicht weniger Leistung erbracht haben als die Beamtinnen und Beamten.
Für uns Grüne steht bei dieser Debatte aber ohnehin das zukünftige Personal des Landes im Fokus. Für die bestehenden Aktiven und Versorgungsempfängerinnen und -empfänger sind die Regelungen so, wie sie sind. Sie entsprechen einer Finanzpolitik von sechs Jahrzehnten, die kein Morgen kannte. Deshalb müssen wir uns fragen: Wie kann es gelin