Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 4. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Für die Landesregierung beurlaubt ist ab 15 Uhr Frau Ministerin Heinold.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Im Alter von 77 Jahren ist am 9. September 2012 der frühere Landtagsabgeordnete Reinhold David Stühlmeyer verstorben. Er gehörte dem SchleswigHolsteinischen Landtag von 1979 bis 1983 als Mitglied der SPD-Fraktion an. In dieser Zeit war er Mitglied des Innen- und Rechtsausschusses, des Landeswahlausschusses sowie des Richterwahlausschusses. 1934 in Osnabrück geboren, durchlief Reinhold Stühlmeyer zunächst die Ausbildung für den mittleren Postdienst. Ein neben der Berufstätigkeit höchst mühevolles Abendstudium an der Verwaltungsund Wirtschaftsakademie Osnabrück schloss er 1960 mit dem Verwaltungsdiplom ab. 1961 wechselte der Postassistent zur Deutschen Postgewerkschaft und wurde sieben Jahre später deren hauptamtlicher Bezirksvorsitzender für den Bereich der damaligen Oberpostdirektion Kiel. Ab 1968 gehörte er auch dem DPG-Hauptvorstand sowie dem Landesbezirksvorstand Schleswig-Holstein des Deutschen Gewerkschaftsbundes an.

Wie so viele fand Reinhold Stühlmeyer, der seit 1963 auch Mitglied der SPD war, über sein kommunalpolitisches Engagement in die Landespolitik. Er gehörte in den 70er-Jahren der Preetzer Stadtvertretung an. Zeitlebens machte er sich stark für soziale Gerechtigkeit, für Arbeitnehmerrechte und für ein faires Miteinander in unserer Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, der Schleswig-Holsteinische Landtag gedenkt seines früheren Abgeordneten Reinhold Stühlmeyer in Dankbarkeit. Unsere Anteilnahme gilt seinen Angehörigen. Ich bitte Sie nun, einen Moment im Gedenken an unseren verstorbenen Kollegen innezuhalten. - Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben, ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, die Fraktion der FDP hat im Wege der Dringlichkeit mit der Drucksache 18/223 einen Dringlichkeitsantrag vorgelegt.

386 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 7. Sitzung - Mittwoch, 26. September 2012

Haushaltsklarheit und -wahrheit müssen erfüllt sein

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/223

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich erteile dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da ich im Vorfeld vernommen habe, dass die regierungstragenden Fraktionen der Dringlichkeit zustimmen werden, kann ich mich auf die Frage beschränken, warum wir uns während dieser Plenartagung mit der Situation der HSH Nordbank beschäftigen müssen.

Die Probleme sind durch die öffentliche Berichterstattung der letzten Tage deutlich geworden. Der von mir sehr geschätzte Kollege Andresen hat in seiner Pressemitteilung vom Freitag dargestellt, dass die Situation in der HSH Nordbank äußerst ernst zu nehmen sei. Die Ziehungswahrscheinlichkeit für die Garantie der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg ist gestiegen, und die Eigenkapitalquote ist gesunken. Der Haushaltsentwurf 2013 wird uns im November zugeleitet werden, und es steht die Frage im Raum, über die wir diskutieren müssen, ob nicht für den Haushalt 2013 bereits Vorsorge getroffen werden muss und soll für den mittlerweile wahrscheinlicher gewordenen Fall, dass die Eigenkapitalquote von 9 % unterschritten werden wird beziehungsweise dass die Wahrscheinlichkeit auf über 50 % steigt, dass die Garantien der Länder gezogen werden müssen.

Es tritt hinzu, dass Hilfen des Bundes, die zur Verfügung stehen, nur noch bis Ende des Jahres abgerufen werden können, sodass es dringend geboten ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, Herr Dr. Stegner. Nichts wäre fataler als eine Situation, die im Januar oder Februar des nächsten Jahres eintritt, ohne im Haus behandelt worden zu sein und ohne die Möglichkeit, prüfen zu können, ob Hilfen des Bundes zur Eigenkapitalstärkung der HSH Nordbank in Anspruch zu nehmen sind.

Deshalb ist dieser Antrag von der FDP-Fraktion eingebracht worden. Dieses Haus ist der Ort, an dem über die Probleme diskutiert werden muss. Ich bitte um Zustimmung zur Dringlichkeit.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag in der Drucksache 18/223 abstimmen. Es gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Mit der Drucksache 18/226 haben die Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und die Abgeordneten des SSW eine gemeinsame Vorschlagsliste für die Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses vorgelegt. Ich schlage Ihnen vor, diesen Wahlvorschlag als Tagesordnungspunkt 15 A in die Tagesordnung einzureihen und am Freitag vor Aufruf der Sammeldrucksache ohne Aussprache darüber abzustimmen.

Mit der Drucksache 18/227 liegt Ihnen ein weiterer Wahlvorschlag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW zur Bestellung der Mitglieder der G-10-Kommission nach dem Landesverfassungsschutzgesetz vor. Hier schlage ich vor, den Wahlvorschlag als Tagesordnungspunkt 15 B in die Tagesordnung einzureihen und am Freitag ebenfalls ohne Aussprache aufzurufen. - Widerspruch sehe ich nicht, wir verfahren so.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 4, 9, 14, 15, 16, 21, 26, 30, 44, 45, 47, 49 und 50 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 12 und 53.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 6 und 27, Gesetzentwurf und Entschließungsantrag zur Änderung des SchleswigHolsteinischen Schulgesetzes; die Tagesordnungspunkte 11 und 25, Gesetzentwurf und Antrag zur Fortentwicklung der Konsolidierungshilfe; die Tagesordnungspunkte 17 und 39, Anträge zur Rechtssicherheit für Künstler und Veranstalter und zur GEMA-Reform; die Tagesordnungspunkte 19 und 46, Anträge zur Stärkung des Kinderschutzes und zur Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes in Schleswig-Holstein; die Tagesordnungspunkte 23 und 32, Anträge zur Drogenpolitik und Suchtprävention, und die Tagesordnungspunkte 28 und 42, Anträge zu einer digitalen Gesellschaft mit einer

Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 7. Sitzung - Mittwoch, 26. September 2012 387

(Präsident Klaus Schlie)

Bundesratsinitiative zur Stärkung der Freiheit und der Privatsphäre im Internet sowie schließlich die Tagesordnungspunkte 34 und 51, Änderung der Geschäftsordnung des Landtags sowie Antrag Parlamentarismus im Wandel.

Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor. Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 4. Tagung.

Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist eine einstündige Mittagspause in der Zeit von 13 Uhr bis 14 Uhr vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Ich begrüße mit Ihnen gemeinsam auf der Besuchertribüne 50 Besucherinnen und Besucher der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung in Eutin mit Auszubildenden. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde Strategie der Landesregierung zur Zukunft der Husumer Windenergiemesse nach dem Scheitern der Mediationsgespräche mit Hamburg

Antrag der Fraktion der CDU

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der CDU, der Herr Abgeordnete Johannes Callsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Husumer Windmesse gehört nach Husum. Das ist für unsere Fraktion, die CDU-Fraktion, völlig klar.

(Beifall CDU und FDP - Lachen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich freue mich über die große Zustimmung zu dieser Aussage; denn die Husumer Windenergiemesse ist die Leitmesse für Windenergie in Norddeutschland, und sie ist auch Zeichen der Energiewende in Schleswig-Holstein. Sie steht für Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze.

Deswegen sind die Abwerbungsversuche aus Hamburg, die wir erleben, nicht nur ein Schaden für die Husumer Windmesse, sondern sie schaden auch der Zusammenarbeit zwischen Hamburg

und Schleswig-Holstein. Dies alles sind Gründe, sich kraftvoll für die Husumer Windmesse einzusetzen. Dieses ist das, was wir von der neuen Landesregierung, von dem Herrn Ministerpräsidenten erwarten.

Ich will gern zugestehen: Es hatte ja schon in der vergangenen Wahlperiode für einige Verwunderung gesorgt, dass die ehemalige Kollegin der SPDFraktion, Frau Sellier, für die SPD-Fraktion in diesem Hause erklärte, sie halte die Hamburger Abwerbeversuche für klug. Auch im Koalitionsvertrag spielt die Messe HUSUM Wind keine Rolle. Und dann war da auch noch der Antrittsbesuch von Herrn Albig bei Olaf Scholz in Hamburg, bei dem der Herr Ministerpräsident den Konflikt zwischen Hamburg und Husum einfach wegzulächeln versuchte.

Es war auffällig, dass Herr Albig seit diesem Termin exakt die gleiche Sprachregelung zur Messe hatte, wie sie der Hamburger Oberbürgermeister Olaf Scholz an diesem Tag gesetzt hatte, nämlich dass der Standortstreit eine Sache der Messegesellschaften sei.

Es macht schon erschrocken, mit wie wenig Energie die Landesregierung für die Husumer Messe eintritt. Herr Ministerpräsident: Warme Worte allein reichen nicht aus, um sich für den Standort Husum und für Schleswig-Holstein starkzumachen.

(Beifall CDU - Zuruf SPD: Das haben wir gerade gesehen!)

Die Krönung haben wir erlebt, als Hamburg just vor Beginn der Husumer Messe eine Plakataktion mit dem Slogan „See you in Hamburg“ startete. Ihr Versuch, Herr Ministerpräsident, dieses als Einladung zu einer Kaffeefahrt nach Hamburg wegzulächeln, war nur noch peinlich und ein Affront gegenüber der Messestadt Husum und gegenüber der schleswig-holsteinischen Windenergiebranche.

(Beifall CDU und FDP)

Denn es ist ja so: Die Hamburger Messegesellschaft gehört der Stadt Hamburg, wie ja auch der Kollege Matthiessen von den Grünen richtigerweise geschrieben hat. Die Windmessediskussion ist deshalb ein politisches Thema.

Herr Albig, seit letztem Freitag freuen Sie sich ja auch über die Gesprächsbereitschaft des Hamburger Wirtschaftssenators Horch: Weshalb eigentlich, wenn es angeblich doch nur ein Streit zwischen den Messen ist? Sie haben wochenlang gelächelt, während Hamburg der Husumer Messe das Wasser be

(Präsident Klaus Schlie)

ziehungsweise den Wind abgegraben hat. Jetzt versuchen Sie, die Kurve zu kriegen.

Die Abwerbungsversuche aus Hamburg wirken sich sehr wohl auf das Verhältnis zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein aus. Wenigstens hat Ihr Umweltminister Habeck die politische Bedeutung dieses Themas früh erkannt und deswegen bereits Mitte August deutlich gemacht, dass die erwartete Gegenleistung für den Hamburger Hafen für Schleswig-Holstein auch ein Entgegenkommen bei der Windmesse sein müsse. Der Ministerpräsident hat das am nächsten Tag bei einer Pressekonferenz alles ganz anders dargestellt und auch in den weiteren Wochen jeweils das tolle Verhältnis zu Hamburg gelobt. Während Herr Albig weiter lächelt, erklärte Minister Habeck am vergangenen Donnerstag im „Hamburg Journal“, dass zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein kein Herrscher-DienerVerhältnis bestehen dürfe. Er trifft damit nicht nur den Nagel auf den Kopf, sondern er macht auch deutlich, dass das Verhältnis zu Hamburg innerhalb der schleswig-holsteinischen Landesregierung schnellstmöglich geklärt werden muss.

Dieser Ministerpräsident und diese Landesregierung müssen auf politischer Ebene unverzüglich dafür sorgen, dass die Abwerbungsversuche aus Hamburg eingestellt werden. Herr Albig, es reicht nicht, Probleme immer nur wegzulächeln. Sie müssen jetzt, Sie müssen umgehend gegenüber Olaf Scholz handeln und für Husum kämpfen!

(Beifall CDU und FDP)

Oder war Ihr gemeinsames Wahlplakat mit der Überschrift „Auf gute Nachbarschaft“ so gemeint, dass Sie immer das sagen, was Olaf Scholz Ihnen vorgibt? Ich sage sehr deutlich: Von jemandem, der vor der Wahl behauptet hat, Schleswig-Holstein sei sein Lieblingsland, dürfen die Menschen auch nach der Wahl erwarten, dass er sich massiv für die Interessen des Landes Schleswig-Holstein einsetzt.

(Beifall CDU und FDP)