Protokoll der Sitzung vom 22.08.2013

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung, begrüße Sie an diesem sonnigen Donnerstag ganz herzlich und wünsche uns allen einen guten Verlauf dieses Sitzungstages. Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen und den Kollegen in der Lobby möglicherweise einen Wink zu geben, damit sich der Plenarsaal in einem dem Parlament und dem Thema, das wir hier erörtern, angemessenen Maß füllt. Die Damen und Herren von der Presse bitte ich, an die Seiten zu gehen.

Ich teile Ihnen zunächst mit, dass die Kollegin Simone Lange und der Kollege Jürgen Weber für diesen Tag krank gemeldet sind. - Wir wünschen beiden von dieser Stelle aus gute Besserung!

(Beifall)

Ich gebe Ihnen zur Kenntnis, dass mir nach Verständigung zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern bekannt gegeben wurde, dass die Tagesordnungspunkte 14, 27, 28, 29 und 33 ohne Aussprache behandelt werden sollen.

Bevor wir in die Debatte eintreten, bitte ich Sie, mit mir zusammen Schülerinnen und Schüler der Eckener-Schule aus Flensburg zu begrüßen. - Herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 30 auf:

Konsequenzen rot-grüner Steuerpläne für Familien und Arbeitsplätze

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1045 (neu)

Faire Verteilung von Lasten für unser Gemeinwohl

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1070

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht, ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Tobias Koch von der CDU-Fraktion das Wort.

(Zurufe CDU)

- Das war mir anders bekannt gegeben worden. Das Wort hat Herr Abgeordneter Johannes Callsen von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schleswig-Holsteins Steuereinnahmen sind so hoch wie noch nie. Und was machen SPD, GRÜNE und SSW? - Sie erhöhen die Konsum-Ausgaben und senken die Mittel für Investitionen auf den niedrigsten Wert seit Jahrzehnten. Und weil sie für ihre rotgrün-blauen Spielwiesen immer noch nicht genug haben, greifen sie den Bürgern mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer noch tiefer in die Tasche. Übrigens wird jetzt unter Rot-Grün-Blau in Schleswig-Holstein auch noch das Wasser teurer.

Ich sage Ihnen: Es ist nicht sozial gerecht, wenn Sie nach bezahlbarem Wohnraum rufen und auf der anderen Seite die Grunderwerbsteuer erhöhen. Das passt nicht zusammen, denn jede Familie und jeder Alleinerziehende muss bei einem Hauskauf künftig tiefer in die Tasche greifen, und zwar tiefer als in allen anderen Bundesländern in Deutschland. Damit gefährden Sie die Wohnraumfinanzierung in unserem Land, und Sie tragen zu höheren Mieten bei.

Sie gefährden dadurch auch unseren Wirtschaftsstandort, denn welche Betriebe sollen sich hier noch ansiedeln, wenn Sie die Steuerlast auf einen bundesweiten Spitzenwert treiben und gleichzeitig die einzelbetriebliche Förderung abschaffen? Ich sage Ihnen: Unsere Nachbarländer werden sich über dieses Arbeitsplatzverhinderungsprogramm in Schleswig-Holstein herzlich freuen.

(Beifall CDU)

Sie, SPD, GRÜNE und SSW, manövrieren unser Land damit in eine Standortfalle. In Schleswig-Holstein bekommen wir die Folgen rot-grüner gepaart mit blauer Politik seit einem Jahr hautnah negativ zu spüren. Das ist aber nur der Gipfel dessen, was SPD und Grüne auf Bundesebene an Steuererhöhungen wollen.

Ich frage Sie: Ist es sozial gerecht, dass SPD und Grüne die Reform der kalten Progression auf Bundesebene schon seit Monaten blockieren? - Nein, das ist nicht sozial gerecht.

(Martin Habersaat [SPD]: Sie haben uns ge- fragt!)

- Ich kann Ihnen gern die Antwort geben, denn Sie sind nicht einsichtig. - Mit Ihrer Blockade kommen Lohnerhöhungen nicht bei den Arbeitnehmern an,

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sondern sie kommen den Finanzämtern zugute. Sie bestrafen fleißige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

(Beifall CDU)

Liebe Kollegen von der Koalition, deswegen sind die Worte Leistung und Wohlstand in Ihrem sozialistischen Antrag eine reine Farce.

(Beifall CDU)

Wir sind auf eine starke Wirtschaft und auf sichere Arbeitsplätze angewiesen. Liebe Genossinnen und Genossen und liebe Grüne, mit Steuererhöhungen erreichen Sie genau das Gegenteil. Das werden Ihnen alle Fachleute gern bestätigen.

Die geplante Reichensteuer der Grünen ist in Wahrheit keine Reichensteuer, sondern sie ist eine Mittelschichtsteuer. Das ist eine Mittelschichtsteuer, die gerade Familien und Alleinerziehende besonders hart trifft. Dazu kommen die Heraufsetzung der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung und die geplante Abschaffung des Ehegattensplittings. Beide Maßnahmen haben vor allem eine Folge: Mit Rot und Grün werden viele Familien in diesem Land ärmer.

(Beifall CDU)

Berechnungen ergeben, dass bei einem Wegfall des Ehegattensplittings, den Sie wollen, jede dritte Familie in Deutschland weniger Geld in der Tasche hätte. Sie belasten mit Ihren Steuerplänen nicht nur die Familien, sondern Sie gefährden auch Arbeitsplätze. Ich darf Sie daran erinnern: Drei Viertel aller Unternehmen in Deutschland und in SchleswigHolstein sind Personengesellschaften und inhabergeführt. Sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Genau diesen Unternehmen auch in Schleswig-Holstein wollen Rot und Grün an den Kragen. Sie greifen mit einer Vermögensteuer in die Substanz von Familienbetrieben ein und vernichten Arbeitsplätze im Mittelstand und im Handwerk.

Ihre Steuererhöhungspläne sind eine Belastung für Familien und unsere Wirtschaft im Bund und in Schleswig-Holstein. Sie sind Gift für Konjunktur und Arbeitsplätze. Deshalb sage ich: Finger weg von rot-grünen Steuererhöhungen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kein Thema ist schöner, um den Unterschied zwischen Rot-Grün-Blau auf der einen Seite und Schwarz-Gelb auf der anderen Seite darzustellen, als die Steuerpolitik. Daher will ich das gern tun.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sie von Schwarz-Gelb sagen: Die Lage ist prima, es gibt Rekordeinnahmen, die Steuern können gesenkt werden, der Soli muss weg, alles ist gerecht. Sie sagen, man solle die sogenannten Leistungsträger damit meinen Sie immer diejenigen mit dem höchsten Einkommen und Vermögen - nicht belasten.

Wir sagen: Es fehlen 20 Milliarden € für eine bessere Bildung in Deutschland. Wir haben in Deutschland eine marode Infrastruktur. Die Kommunen sind zum Teil handlungsunfähig. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Statt ordentlich bezahlt zu werden, müssen Aufstocker vom Fiskus Geld dazubekommen. Armutsrenten folgen. Herr Schäuble fängt allmählich an, in Europa zu erzählen, was nach der Wahl womöglich kommen wird, und wir fördern ökonomisch schädliche Subventionen.

Das Verhältnis von Einkommen und Steuern ist ganz anders, als Sie es behaupten. Das oberste Fünftel unserer Gesellschaft verfügt über 53 % der Einkommen, zahlt aber nur 46,9 % der Steuern. 80 % verfügen über 47 % der Einkommen, zahlen aber 53,1 % der Steuern. Sie sehen, das ist grob ungerecht.

Bei den Vermögen ist es noch schlimmer. Das oberste Prozent der Bevölkerung verfügt über 23 % des Vermögens. Die obersten 2 bis 10 % verfügen über 38 % des Vermögens. 61 % des Vermögens liegen bei den obersten 10 % unserer Gesellschaft. 90 % der Menschen verfügen über 39 % der Vermögen. Wenn das gerecht ist, dann fresse ich einen Besen. Das ist komplett ungerecht, und das muss geändert werden.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Was das Thema Arbeit und Kapital angeht, so sind Sie dafür, Kapitalerträge geringer zu besteuern als Arbeit. Sie belasten die Krankenschwester, die Verkäuferin und den Busfahrer, und Sie wollen diejenigen, deren Geld arbeitet, entlasten. Sie sind dafür, dass wir Dumpinglöhne aufstocken. Sie sind dafür, dass die Abgeltungssteuer bei 25 % bleibt. Wir sind dafür, den Spitzensteuersatz auf 49 % zu

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(Johannes Callsen)

erhöhen. Bei Kohl lag er bei 53 %. Wenn Sie behaupten, dass Verheiratete mit einem Einkommen von 200.000 € zu den Niedrig- oder Normalverdienern gehören, dann leben Sie in einer anderen Welt als wir.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung oder -frage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Mit dem allergrößten Vergnügen.

Bitte schön.

Lieber Herr Kollege Dr. Stegner, würden Sie dem Hohen Haus und mir angesichts Ihres historischen Wissens erklären, wer die Körperschaftsteuer und den Spitzensteuersatz abgesenkt hat? War das Schwarz-Gelb, oder war das vielleicht doch eine sozialdemokratische Bundesregierung? Können Sie uns vielleicht auch erklären, warum das geschehen ist?

Wissen Sie, Herr Kollege Kubicki, die meisten Politiker machen Fehler, aber kluge Politiker bereinigen diese Fehler und wiederholen sie nicht ständig. Das ist der Punkt.