Protokoll der Sitzung vom 18.06.2015

Guten Morgen! Ich darf die heutige Sitzung mit einer ausgesprochen erfreulichen Nachricht eröffnen, nämlich mit der, dass Jette Waldinger-Thiering Geburtstag hat.

(Beifall)

Ich darf dir, liebe Jette, ganz herzlich gratulieren und alles Gute für das neue Lebensjahr, Glück und Erfolg wünschen. - Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall - Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Vielen Dank für die wunderschönen Blumen! Es sind genau meine Farben! Ich wünsche mir und allen einen zauberhaften Tag!)

Ich darf weiterhin mitteilen, dass der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki heute ab 15 Uhr beurlaubt ist. Des Weiteren sind Ministerpräsident Torsten Albig, Ministerin Anke Spoorendonk, Ministerin Monika Heinold, ebenfalls ab 15 Uhr, und Minister Reinhard Meyer heute Vormittag wegen auswärtiger dienstlicher Verpflichtungen beurlaubt.

Ich darf Sie bitten, mit mir gemeinsam Schülerinnen und Schüler der Immanuel-Kant-Schule aus Neumünster auf der Tribüne zu begrüßen. - Herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 und 21 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Beendigung der verfassungswidrigen Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften, Ehe für alle - Gleichstellung jetzt!

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3076 (neu)

Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften beenden

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/3113

b) Ehe für alle! - Gleichstellung jetzt

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3078

Das Wort zur Begründung wird offenbar nicht gewünscht. Ich stelle zunächst fest, dass der Antrag Drucksache 18/3078 durch die gemeinsame Antragstellung zu Drucksache 18/3076 (neu) seine Erledigung gefunden hat. - Ich sehe keinen Widerspruch.

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Heiner Garg von der FDP-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin WaldingerThiering, auch von mir herzlichen Glückwunsch „zum Einjährigen“, zu Ihrem Geburtstag.

Gestatten Sie mir, diese Debatte mit ein paar ganz persönlichen Bemerkungen zu beginnen.

Erstens möchte ich mich herzlich, insbesondere bei der Kollegin Lange, bedanken, dass es gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Ich finde, das ist vor dem Hintergrund, vor dem wir heute debattieren werden, nach dem Vorstoß und den Äußerungen des CDU-Fraktionsvorsitzenden, ein gutes Signal, dass die Kräfte, die schon immer für die Gleichstellung eingetreten sind und dafür gekämpft haben, dies auch gemeinsam untermauern.

(Beifall)

Zweitens möchte ich, weil es heute um mehr geht als „nur“ um Gleichstellung, in tiefer Dankbarkeit meinen Eltern gegenüber sagen: Dass ich heute hier stehen und sehr offen über dieses Thema sprechen kann und darf, seit vielen Jahren dafür auch Politik machen darf, ist nicht selbstverständlich. Ich bin in den 80er-Jahren groß geworden. Damals war es alles andere als selbstverständlich, so offen aufwachsen zu dürfen, in einem Elternhaus, das einem niemals das Gefühl gegeben hat, man sei etwas, wofür man sich schämen müsse.

Ich möchte, dass spätestens mit dem heutigen Tag an all jene Eltern, die schwule oder lesbische Teenager zu Hause haben und sie liebevoll großziehen, auch ein Signal ausgesendet wird, dass sie keine schlaflosen Nächte mehr haben müssen, weil sie Angst haben müssen, dass ihren Mädchen oder Jungen möglicherweise eine schwierigere Zukunft bevorsteht als anderen.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wofür FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und, seitdem sie im Landtag sind, auch die PIRATEN eintreten, ist eigentlich schlicht: Wir wollen gesellschaftliche

Normalität. Wir wollen niemanden auf ein Podest heben, wir wollen keine Sonderregelung treffen, sondern wir wollen, dass diejenigen unter uns, die sich - bisweilen jedenfalls - als Menschen zweiter Klasse vorkommen mussten, weil ihnen bestimmte Rechte vorenthalten wurden, ganz normal zu dieser Gesellschaft gehören, dass es völlig normal wird, in einer Familie zu leben, sich seine Familie aussuchen zu dürfen, eine Familie gründen zu dürfen. Dafür kämpfen diese Fraktionen.

Sehr geehrter Herr Kollege Günther, ich möchte Ihnen ganz persönlich meinen Respekt dafür aussprechen, dass Sie so mutig waren und das Heft des Handelns in die Hand genommen haben, einen Schlussstrich unter das Leid von vielen Ihrer Fraktionsmitglieder gezogen haben, die eigentlich ganz ähnlich gedacht haben, aber sich wohl einer parteipolitischen Räson, die wohl aus dem Bundeskanzleramt und möglicherweise der bayrischen Staatskanzlei kommt, verpflichtet fühlten. Sie sind hier vorweggegangen und haben gesagt: Auch die CDU-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein tritt für gleiche Rechte und Pflichten ein. Ich finde, nach den harten Auseinandersetzungen in den vergangenen 15 Jahren ist es nun an der Zeit, Ihnen hierfür Respekt, Anerkennung und Dank zu sagen.

(Beifall FDP, SPD, SSW und PIRATEN)

Bei dem Referendum in Irland haben sich in einem erzkatholischen Land rund zwei Drittel der Bevölkerung - nicht nur die Stadtbevölkerung, sondern auch die Landbevölkerung - für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen. Ich denke, über die Äußerung aus dem Vatikan, dass dies eine herbe Niederlage für die Menschheit sei, braucht man sich nicht weiter auszulassen. Enttäuschender fand ich ehrlich gesagt, die Einlassungen der saarländischen Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, und zwar aus folgendem Grund: Ganz offensichtlich in der Erkenntnis, dass eine Ehe zwischen Frau und Frau oder Mann und Mann nichts gesellschaftlich Abschreckendes mehr ist, eskaliert man einfach auf eine weitere Stufe und zieht die Karte von Polygamie und Inzest. Das fand ich unanständig. Das gehört sich in einer solchen Debatte nicht.

(Lebhafter Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Ich wünsche mir, dass am heutigen Tag ein starkes, ein geschlossenes Signal aller Fraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag nach Berlin gesandt wird. Sehr geehrte Frau Bundekanzlerin, ich denke, die Zeit ist reif. Der Norden geht hier, ge

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

meinsam mit Ihren Parteifreundinnen und Parteifreunden, mutig voran.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank für die letzten 15 Jahre Debatte. Ich hoffe, dass wir sie in dieser Legislaturperiode endlich mit Normalität beenden können. - Danke schön.

(Anhaltender Beifall)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Daniel Günther das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegen heute zwei Anträge zum Thema Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in Deutschland vor. Wir haben hier im Landtag manche Debatte zu diesem Thema geführt. Vielleicht haben Sie registriert, dass sich die CDUFraktion bei den letzten Abstimmungen oft enthalten hat. Das lag nicht daran, dass es in unserer Fraktion einen plötzlichen Kurswechsel gegeben hat, sondern daran, dass es in den vergangenen Jahren und vergangenen Monaten viele Kolleginnen und Kollegen in der CDU-Fraktion gegeben hat, die schon für die vollständige Gleichstellung gewesen sind. Die CDU hat diesbezüglich einen Prozess durchlaufen, übrigens einen Prozess, der auch in anderen Parteien stattgefunden hat, der in der gesamten Gesellschaft stattgefunden hat.

Wir sind durchaus stolz darauf, dass wir als CDULandtagsfraktion diese aktuelle Debatte dafür nutzen können zu sagen: Eine Partei, die einen Wähleranteil von 40 % hat, die größte Volkspartei, die es in Deutschland gibt, darf keine Partei sein, die sich in wichtigen politischen Fragen von Gerichtsurteilen abhängig macht.

(Beifall CDU und FDP)

Vielmehr muss sie eine Partei sein, die mutig vorangeht, die mutig sagt, was sie gesellschaftspolitisch will, und deswegen bei solchen Themen offensiv nach vorn geht und klare Bekenntnisse abgibt. Das ist der Grund, warum wir heute einen eigenen Antrag eingereicht haben.

(Beifall CDU)

Gerade in der CDU gibt es das Ideal, das Familienbild der Ehe von Mann und Frau. Das ist übrigens nichts, was wir heute sozusagen zu den Akten legen. Wir sagen heute nicht, dass wir uns zu ganz neuen Wegen aufmachen. Vielmehr ist dies ein

Mehrheitsbild in unserer Gesellschaft. Viele Menschen leben dieses Ideal weiter. Wir als CDU stehen auch dafür ein. Deswegen sage ich an dieser Stelle sehr deutlich: Es ist nicht nur die CDU-Fraktion, die sich in den letzten Jahren bewegt hat, sondern auch in anderen Fraktionen ist es ja nicht so, dass immer die gleiche Einstellung die vergangenen Debatten zu diesem Thema beherrscht hat.

Wir haben hier im Parlament viel darüber gestritten, weil es in diesem Parlament auch viele gibt, die viele Jahre lang die Auffassung vertreten haben, die Ehe sei ein Relikt der Vergangenheit und müsse steuerlich nicht mehr gefördert werden. Ich denke, das ist eine Fehleinschätzung gewesen.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Jetzt ist es sogar so, dass Menschen, die homosexuell sind, sagen: Wir wollen die Ehe, wir wollen Verantwortung füreinander übernehmen. Deswegen ist es auch richtig, dass wir uns auch in diesen Bereichen dazu bekennen. Ich sage sehr bewusst: Ja, wir haben uns auch bewegt, und dies aus den gleichen Gründen. Wir haben gesagt: Wenn es in Deutschland Homosexuelle gibt, die einen Trauschein haben wollen, die sagen, sie wollen Verantwortung füreinander übernehmen, sie wollen auch Kinder adoptieren, sie wollen das Familienbild der Union leben, wer, wenn nicht die CDU, muss dies unterstützen? Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag eingereicht haben.

(Beifall CDU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Garg?

Sehr gern.

Bitte sehr, Herr Kollege!

Herr Kollege Günther, bei allem Respekt: Ich möchte nicht das Familienbild der CDU leben,