Protokoll der Sitzung vom 20.02.2014

Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie heute Morgen, am Donnerstag, sehr herzlich zur Fortsetzung unserer Tagung.

Ich teile Ihnen zunächst mit, dass die Frau Kollegin Anita Klahn weiterhin erkrankt ist. Wir wünschen ihr von dieser Stelle aus gute Genesung.

(Beifall)

Bevor wir in die Debatte eintreten, teile ich Ihnen weiter mit, dass der Tagesordnungspunkt 21 mit dem Antrag zum Recht auf anonymes Fernsehen ohne Aussprache behandelt werden soll. Ferner teile ich Ihnen mit, dass der Kollege Rasmus Andresen heute Geburtstag hat. Wir gratulieren ihm alle von Herzen.

(Beifall)

Schließlich teile ich Ihnen mit, dass wir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler des Sophie-SchollGymnasiums aus Itzehoe zu Gast haben. - Herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Nun rufe ich Tagesordnungspunkt 20 auf:

Reform des kommunalen Finanzausgleichs neu starten!

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1564

Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/1610

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache und frage die Kolleginnen und Kollegen von der CDU- und der FDPFraktion, die jeweils zwei Rednerinnen angezeigt haben, ob sie die Redezeit teilen wollen. Oder wie haben Sie sich das vorgestellt?

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

- Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten. Deswegen frage ich, Herr Kollege Arp.

Dann erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Johannes Callsen von der CDU-Fraktion.

3976 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 49. Sitzung - Donnerstag, 20. Februar 2014

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Nicht ausreichend“, „verfassungswidrig“, „unerträglich“ - das sind nur einige Bewertungen von Städten, Gemeinden und Kreisen zur Reform des FAG. Dabei hatten Sie, Herr Breitner, doch noch im Frühjahr letzten Jahres vollmundig angekündigt, Ihre Reform werde nur Gewinner bringen. Aber davon sind Sie nun wirklich meilenweit entfernt. Wie viel Ihr Versprechen von damals wert ist, hat bereits Ihr erster Entwurf im September 2013 gezeigt, nämlich gar nichts.

Warum? Weil Ihre Grundlage für die FAG-Reform schon falsch war. Anstatt Aufgaben zu vergleichen, haben Sie Ausgaben und Defizite miteinander verglichen. Anstatt die Kritik aus den kommunalen Verbänden ernst zu nehmen und sauber nachzuarbeiten, haben Sie in den vergangenen Monaten alles noch schlimmer gemacht. Anstatt eine richtige Grundlage zu schaffen, haben Sie jetzt mehrmals Zahlen hin- und hergewürfelt, ohne dass Sie erklären können, weshalb und warum. Nach den Kreisen und Gemeinden fühlen sich jetzt auch die kreisfreien Städte als Verlierer Ihrer Reform.

Herr Breitner, es ist schon eine dreiste Anmaßung von Ihnen, die Unzufriedenheit der Kommunen, die wir allenthalben und überall hören, jetzt als ein „gutes Zeichen“ zu bezeichnen. Was ist diese Aussage wert? Sie nehmen die Sorgen und Nöte der kommunalen Familie wirklich nicht ernst. Das macht diese Aussage deutlich.

(Beifall CDU und FDP)

Die Wahrheit ist: Nach diesen Reaktionen und den veränderten Zahlen sitzen Sie nun wirklich mittlerweile zwischen allen Stühlen. Aber das haben Sie selbst zu verantworten.

Ihr ständiges Würfeln mit FAG-Zahlen unterstreicht nur, dass Ihr Verfahren insgesamt nicht transparent ist. Genau da haben Sie noch viel zu tun, wie es auch der Herr Ministerpräsident richtigerweise gesagt hat.

Auch jetzt, nach dem dritten Mal Würfeln können Sie immer noch nicht erklären, wie die aktuellen Berechnungen zustande kommen. Sie präsentieren den Kreisen ein Rechnungsergebnis, ohne die Grundlage für das Zahlenwerk zu nennen. Ich frage Sie ernsthaft: Würden Sie von einem Handwerker, einem Kfz-Mechaniker oder wem auch immer eine Rechnung als seriös entgegennehmen, zu der Ihnen derjenige, der die Rechnung stellt, nicht einmal erklären kann, wie er zu seinem Endergebnis

gekommen ist? Das sagt man Ihnen dann später. So etwas, glaube ich, ist schlicht unseriös.

Die großmundigen Ankündigungen, das neue Gesetz schaffe mehr Transparenz und sorge für mehr Gerechtigkeit und Effizienz, sind nichts anderes als Seifenblasen, die mittlerweile alle in der Luft zerplatzt sind. Schon das Gutachten, auf dem Sie Ihren ersten Gesetzentwurf aufgebaut haben, eignet sich nicht für eine Reform des FAG. Auch hier ist die Mängelliste im Gutachten ausgesprochen lang.

So hat keine Untersuchung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen stattgefunden. Die Kommunen sind bei der Finanzkraftberechnung ungleich behandelt worden. Der Gleichheitsgrundsatz ist auch bei anderen Stellschrauben verletzt worden, und die durchgeführten Erhebungen sind in Teilen willkürlich gewählt und eben nicht repräsentativ.

Diese Liste ließe sich beliebig fortführen. Aber sie zeigt: Die Grundlage ist fehlerhaft und hält auch in ihrer Gesamtheit keiner wirklich ernsthaften Überprüfung stand.

Der entscheidende Faktor in der Reform ist allerdings: Die Landesregierung will das Geld nach den Ausgaben verteilen und nicht nach den Aufgaben, auch wenn sie es immer wieder anders behauptet. Die berechtigte Kritik der Kommunen ist somit nicht vom Himmel gefallen, sondern ist hausgemacht. Das haben Sie, Herr Innenminister, und der Ministerpräsident zu verantworten.

Wie falsch Ihre Zahlen sind, macht schon der Vergleich zwischen Kampen auf Sylt und der Gemeinde Erfde im Kreis Schleswig-Flensburg deutlich. Während Kampen eine Viertel Million Euro mehr bekommen soll, wird Erfde zukünftig auf 60.000 € verzichten müssen, obwohl Erfdes Steuerkraft deutlich unter der von Kampen liegt und obwohl Erfde ländlicher Zentralort ist. Genau das sind doch die Zentralen Orte, die Sie, Herr Innenminister, mit Ihrer Reform eigentlich stärken wollen. Das geht hier aber komplett nach hinten los.

Ich kann den Koalitionskollegen wirklich nur raten: Sehen Sie sich die Listen genau an. Sie werden auch in Ihrem Wahlkreis jede Menge Ungereimtheiten entdecken. Wenn die Reform so kommt, wie die Landesregierung sie vorhat, dann sind die Folgen für ganz Schleswig-Holstein gravierend. Weder die Städte noch der ländliche Raum werden angemessen ausgestattet. Das werden alle Bürgerinnen und Bürger spätestens dann zu spüren bekommen, wenn die Kommunen an den Kostenschrauben drehen müssen, weil nach diesen Kürzungen das Geld hinten und vorne nicht mehr ausreicht.

Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 49. Sitzung - Donnerstag, 20. Februar 2014 3977

Den Bürgern kommen diese Reformpläne dann teuer zu stehen. Sie dürfen das bezahlen durch höhere Gebühren, höhere Eintrittsgelder und höhere Kommunalsteuern. Oder die Kommunen werden ihre Investitionen weiter einschränken müssen. Damit werden wichtige Bau- und Sanierungsvorhaben weiter auf die lange Bank geschoben. Oder Büchereien, die Sportförderung und soziale Angebote müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Auch in diesem Fall ist der schleswig-holsteinische Bürger wieder der Leidtragende.

Das wird insbesondere den ländlichen Raum hart treffen. Insbesondere dort, wo der demografische Wandel schon heute besonders hart zu spüren ist, will die Landesregierung die Kommunen und die Bürger noch mehr bestrafen. Das ist keine gerechte Politik, meine Damen und Herren.

Allein der Landesteil Schleswig verliert durch Ihre Reform fast 3 Millionen €, übrigens einschließlich der kreisfreien Stadt Flensburg. Dabei stellt die Bevölkerungsentwicklung insbesondere die ländlichen Räume vor große Herausforderungen. Schulstandorte, ÖPNV, der Breitbandausbau und - jüngstes Beispiel - Arztpraxen im ländlichen Raum müssen gesichert werden. Das wird für die Kommunen im ländlichen Raum jedoch zunehmend schwieriger.

Viel geredet hat auch der heutige Ministerpräsident, als er noch Spitzenkandidat war. Im Wahlkampf sagte er den „Kieler Nachrichten“ zum FAG: Wir werden den Eingriff in den ersten drei Regierungsjahren zurücknehmen. Da gibt es keine Relativierung.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Herr Albig, die Kommunalpolitiker erinnern sich gut an Ihr Versprechen und warten auf die Einlösung dieses Versprechens.

Was tun Sie aber tatsächlich? Sie bieten Gelder als Anrechnung an, die den Kommunen ohnehin zustehen. Sie verweigern den Kommunen viele Millionen Euro aus der Grundsicherung, die der Bund den Kommunen ausdrücklich als Entlastung gegeben hat. Dafür wollen Sie sich in diesem Land auch noch feiern lassen.

Beim Verkehr ist es genauso. Zunächst reduzieren Sie die Mittel für den kommunalen Straßenbau, und dann lassen Sie sich dafür feiern, dass Sie die Mittel wieder erhöht haben. Das ist keine ordentliche Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Die Kommunen in Schleswig-Holstein haben deswegen einen Neustart beim FAG verdient. Herr Breitner, drücken Sie endlich die Reset-Taste und legen Sie von vorne los, ohne zu würfeln, aber dafür mit einer seriösen Grundlage und mit einer ordentlichen Zielsetzung. Dabei sollten Sie Gemeinden, Städte und Kreise nicht gegeneinander ausspielen. Herr Innenminister, wenn Sie das nicht tun, dann muss der Ministerpräsident handeln. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Beate Raudies.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholen Mal debattieren wir über die Reform des kommunalen Finanzausgleichs, und zum wiederholen Mal sage ich: Eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs tut not, und es ist gut, dass diese Regierung, dass Innenminister Breitner, sie endlich anpackt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Finanzausgleich soll transparenter, effizienter und gerechter werden. Lieber Herr Callsen, Sie müssen sich entscheiden und der Opposition mitteilen, auf welches Ziel Sie sich einschießen. Zunächst ist es der ländliche Raum, der leidet. Jetzt sind es die kreisfreien Städte und dann die Kommunen insgesamt. Es wäre einfacher, wenn Sie sich entscheiden, für wen Sie sich aussprechen. Das würde die Auseinandersetzung leichter machten.

(Volker Dornquast [CDU]: Wir entscheiden uns für das Land Schleswig-Holstein! - Bei- fall CDU und FDP)

- Herr Dornquast, vielen Dank für diese staatstragende Bemerkung. Das unterschreiben wir voll und ganz.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Bei uns trifft es aber im Gegensatz zu Ihnen zu!)

Die finanzielle Lage vieler Kommunen gibt nach wie vor Anlass zur Sorge. Im Bericht des Innenministers zur Finanzsituation der Kommunen in Schleswig-Holstein ist dargelegt, dass sich die Lage der Kommunen im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich verschlechtert hat. Ein Beleg dafür sind unter anderem die aufgelaufenen Kassen

(Johannes Callsen)