Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen einen sonnigen guten Morgen und eröffne die Sitzung. Zunächst darf ich Ihnen mitteilen, dass die Kollegen Johannes Callsen, Serpil Midyatli und Tobias von Pein erkrankt sind. - Wir wünschen allen von dieser Stelle aus gute Besserung!
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Ihnen mitteilen, dass es eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung seitens der Piratenfraktion gibt, die ich jetzt zulassen werde. Ich erteile Torge Schmidt von der Piratenfraktion das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung gestern Abend war sehr hitzig. Es sind persönliche Beleidigungen gefallen, die für einige Personen verletzend waren. Wir hatten heute Morgen eine Ausschusssitzung, an der ein Drittel unserer Fraktionen teilnehmen musste. Dementsprechend brauchen wir als Fraktion noch Beratungszeit, um uns noch einmal abzusprechen.
Wir wollen nach dem, was gestern passiert ist, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns vorher zusammensetzen. Wir wollen anschließend auch eine Ältestenratssitzung, weil wir möchten, dass das menschliche Miteinander hier vernünftig ist und dass wir auf Augenhöhe diskutieren. Wir wollen persönliche Beleidigungen so nicht akzeptieren. Deshalb möchten wir eine Sitzungsunterbrechung und daran anschließend eine Sitzung des Ältestenrats beantragen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Warten Sie bitte noch einen Moment. Wir haben uns eben beraten und darüber nachgedacht, ob wir mit einer Viertelstunde auskommen. Die würde ich jetzt anbieten und danach den Ältestenrat beim Landtagspräsidenten ohne Zeitbegrenzung einberufen.
Gut, dann machen wir einen Kompromiss. Es ist jetzt kurz nach zehn. Wir treffen uns um halb elf beim Landtagspräsidenten im Büro zur Ältestenratssitzung, deren Dauer wir nicht limitieren.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen, damit wir die Sitzung fortführen können. Die Sitzung ist wieder eröffnet.
a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Energiewende und zum Klimaschutz in Schleswig-Holstein
Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/5161
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/5128
Vielen Dank, Herr Berichterstatter. - Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem Herrn Abgeordneten Ralf Stegner von der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz zur Energiewende und zum Klimaschutz ist ein Meilenstein für unser Bundesland. Die Küstenkoalition steht konsequent für die Nutzung dieser großartigen Chance Energiewende - für unsere Wirtschaft, für unsere Arbeitsplätze, für Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimaschutz. Klimaschutz ist ein Thema, das weltweit alle Menschen betrifft. Das Klimaabkommen von Paris hat das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Das bedeutet, dass wir alle dringend zum Handeln aufgefordert sind.
Machen wir uns nichts vor: Eigentlich reicht dieses Ziel gar nicht; denn wir sind weit davon entfernt, bis zum Jahre 2020 eine Minderung der Treibhausgasemission um 40 % zu erreichen. Es soll aber nicht an Schleswig-Holstein scheitern. Auch deswegen machen wir dieses Gesetz. Wir sind unseren Weg konsequent gegangen und haben seit 2014 mit erneuerbaren Energien die schleswig-holsteinischen Treibhausgasemissionen um mehr als ein Drittel verringert.
Neben dem Netzausbau ist die Weiterentwicklung von Speichertechnologien ein wichtiger Schlüssel der Energiewende. Der Strom aus erneuerbaren Energien muss bei Engpässen im Netz sinnvoll für den Wärmesektor oder andere Speicherformen als zuschaltbare Lasten genutzt werden. Forschung und Technologietransfer werden hier zu mehr Versorgungssicherheit führen.
Wir müssen aber auch einen kritischen Blick auf den Strompreis behalten. Die Energiewende muss bezahlbar bleiben: für die öffentlichen Haushalte, aber auch für die einzelnen Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Kostenverteilung, die die Bundesregierung durch eine bundesweite Umlage ange
kündigt hat, ist immer noch nicht umgesetzt. Ich finde, der Norden ist weiterhin unverhältnismäßig hoch belastet. Deshalb hat die Küstenkoalition einen Antrag zur gerechten Kostenverteilung eingebracht.
Der dringend notwendige Ausbau der Stromnetze geht voran. Die Kosten für die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen müssen bundesweit gerecht umgelegt werden.
Dann liegt noch ein dritter Antrag auf dem Tisch. Der ist auch deshalb nötig, um die hervorragende Arbeit der Landesregierung und ihren Dialog weiter zu ermöglichen und gleichzeitig der fahrlässigen Beliebigkeit des Herrn Oppositionsführers zu begegnen. Denn man muss ja sagen: Die bisherige Flächenplanung der Landesplanung ist an objektiven Kriterien ausgerichtet. Ich glaube, der Oppositionsführer will das über den Haufen werfen. Das ist unverantwortlich. Das, was Herr Günther stets verschweigt, sind nämlich die Folgen. Eine Möglichkeit für die CDU wäre die Rückkehr zur Atomkraft und zu klimaschädlichen fossilen Energieträgern. Das war der Merkelsche Zick-Zack-Kurs, den wir erfreulicherweise beenden konnten. Die Küstenkoalition steht nicht für den Ausbau, nicht für den Einschluss als Stilllegungsoption, sondern nur für den Rückbau von Atomkraftwerken.
Eine weitere Möglichkeit wäre ein unkontrollierter Wildwuchs der Windenergie, den der Herr Oppositionsführer entfesseln würde. Denn genau das ist die Folge, wenn man immer jedem alles verspricht wie Sie das tun. Sie verweigern sich der Realität. Sie erkennen das OVG-Urteil nicht an. Sie erkennen die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen nicht an. Das würde zu Kontrollverlusten führen. Wir würden Präzedenzurteile kriegen, die das Land um Jahrzehnte zurückwirft.
Die CDU hat nicht erklären können, wie sie ihre „Ich-erzähle-allen-alles-was-sie-hören-wollen-undschaue-mal-was-am-Ende-rauskommt-Politik“ umsetzen will, ohne die Energiewende, ohne Klimaschutz und den Atomausstieg zu gefährden. Ich kann Ihnen nur sagen: Der Bestandsschutz, den die CDU mit den landesweit einheitlichen Kriterien zusammenbringen will, die das OVG gefordert hat,
kriegen Sie doch gar nicht hin. Deswegen muss ich Ihnen sagen: Wenn wir das so machen würden, wie Sie es wollen, würden wir die Akzeptanz der Energiewende im Land wirklich aufs Spiel setzen. Das wollen wir nicht.
Herr Oppositionsführer, Sie sind ja intelligent genug, um das zu begreifen. Deshalb vermute ich mal, dass Sie wissen, dass Sie nicht Regierungschef werden. Deshalb können Sie sich solche Aussagen leisten. Als Opposition kann man das ja machen. Es wäre jedoch unverantwortlich, wenn eine Regierung das machen würde. Diese handelt nämlich anders. Sie hat nämlich von Anfang an auf den Konsens gesetzt. Sie hat gesagt: Wir wollen die Bürger beteiligen. Nicht Planzahlen sind unser Ziel, sondern objektive Kriterien leiten den Ausbau. Und wir schlagen eine Verlängerung des Moratoriums vor. Auch das ist vernünftig.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Was wir machen, ist eine sehr intensive Form von Anhörung der Menschen, wie es sie überhaupt noch nie gegeben hat. Das ist der richtige Weg, um Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Wenn wir „Anhörung“ sagen, meinen wir auch Anhörung, sodass auf Dinge auch eingegangen werden kann, wenn sie denn am Ende vernünftigerweise berücksichtigt werden sollten.
Deswegen muss der Gesetzentwurf, durch den das Moratorium verlängert werden soll, in den Innenund Rechtsausschuss überwiesen werden.
Wir bleiben das Energiewendeland. Dafür steht die Küstenkoalition. Dafür steht der Energiewendeminister Robert Habeck. Dafür stehen der Ministerpräsident und die in diesem Punkt hervorragend arbeitende Staatskanzlei. Ich kann Ihnen nur sagen: Rot-grün-blaue Energie ist nachhaltig, sicher und bezahlbar. Wir machen das, und zwar in aller Konsequenz. Sie versprechen jedem alles. Heraus kommen tut dabei nichts. Sie werden in der Opposition bleiben. - Herzlichen Dank.