Aber wir wissen, das allein reicht nicht. Um den Sanierungsstau abzuarbeiten, braucht das Land Geld. Wir werden also prüfen: Können wir von dem, was in Skandinavien gelernt wurde, auch aus anderen Finanzierungsformen lernen? Sind private Finanzierungsmodelle, die weiter gedacht sind als das schlechte ÖPP-Modell, für uns attraktiv? Können wir es so machen wie bei der FehmarnbeltQuerung?
Wir sollten das miteinander - ich glaube, dieses Miteinander ist wichtig - bei der Bundesregierung in die Diskussion bringen: Können wir zusätzliche Investitionen in diesem Bereich zeitweise auf unsere Konsolidierungsbemühungen anrechnen, wenn wir belegen können, dass damit Haushaltsmittel über einen festen Zeitraum auch tatsächlich eingespart werden?
Denn wenn ich in einigen Jahren das Zehnfache für eine Straßensanierung ausgeben muss, weil ich mir heute den einfachen Betrag mit Blick auf die Schuldenbremse erspare, dann ist das haushalterisch geradezu absurd.
Wenn ich jetzt nicht in die Straße investiere - das gilt für jede Infrastruktur, die verfällt -, rächt sich das später bei den Kosten, und es stellt uns vor schier unlösbare Aufgaben, dann die Schuldenbremse auch dauerhaft über 2020 einzuhalten.
Ich finde, wir sollten dies hier offen miteinander diskutieren. Es stärkt das „Schuldenbremsedenken“, und es stärkt die Konsolidierungsbemühungen.
Meine Damen und Herren, insgesamt geben Bund und Land in diesem Jahr 363 Millionen € für wirtschaftliche und wirtschaftsnahe Investitionen in die Infrastruktur aus, Jahr für Jahr 363 Millionen € an Investitionen in Schienenverkehr, in unsere Häfen, in Straßen und in Gewerbegebiete.
Entscheidend für unseren Wirtschaftsstandort wird es jedoch sein, dass es uns gelingt, den Nord-Ostsee-Kanal endlich wieder auszubauen, die B 5, die A 7 und die A 20 endlich voranzubringen, damit das, was wir uns in unserem Koalitionsvertrag vorgenommen haben, auch tatsächlich passiert.
Für den NOK haben wir dank der Hilfe aller in diesem Land beim Bund einen Investitions- und Maßnahmeplan mit einem Volumen von rund 1,4 Milliarden € erreicht. Ich sage allen, auch in diesem Haus allen, herzlich Dank dafür, dass wir dort mit einer Stimme gesprochen haben. Das war gut und richtig so und hat gezeigt, dass bei den wichtigen Maßnahmen in Schleswig-Holstein mit einer Stimme gesprochen wird.
Wir sind und bleiben mit unseren berechtigten Forderungen gegenüber dem Bund sehr beharrlich. Dass wir damit nicht ganz unerfolgreich sind, zeigt, dass Bundesminister Ramsauer nun auch erkannt hat, dass die Fehmarnsund-Brücke einer Lösung zugeführt werden muss, wenn das Projekt feste Fehmarnbelt-Querung nicht ein Misserfolg werden soll. Dafür braucht man Antworten. Man denkt endlich darüber nach.
Wir dürfen aber nicht nur - damit komme ich zum nächsten Bereich - bei der Förderung von Wirtschaft über Straßenasphalt nachdenken. Nein, wir brauchen auch bessere virtuelle Straßen in unserem Land. Die flächendeckende Breitbandversorgung muss kommen.
Die virtuellen Straßen sind die Verkehrswege der Zukunft. Sie nivellieren die Standortnachteile, die man dem ländlichen Bereich gern nachsagt. Mit Glasfaser ist es egal, ob Sie in Berlin oder auf Eiderstedt kreativ sind.
Mit unserer Breitbandstrategie haben wir uns vorgenommen, die flächendeckende Glasfaserversorgung bis spätestens 2030 zu erreichen.
Ja, wir wissen, wir sind Jahrzehnte zurück, wenn wir uns mit den baltischen Staaten vergleichen. Aber auch die haben dafür 15 Jahre gebraucht. Wir begingen dort, wo die vor 15 Jahren standen. Das müssen wir realistisch sehen, und wir sollten auch nicht mit unrealistischen Zahlen hantieren.
Ich glaube, das Ziel 2030 ist ehrgeizig. Aber es ist machbar, jedenfalls dann, wenn der Bund dem, was alle Länder von ihm fordern, nachkommt und ein unterstützendes Förderprogramm bereitstellt. Das Breitbandkompetenzzentrum des Landes berät derweil Bürger, Unternehmen und Kommunen, wie sie mit kreativem und gemeinschaftlichem Einsatz schneller zu Ergebnissen kommen. Die Bürgerbreitbandinitiative in Dithmarschen und Nordfriesland macht es vor. Für Planungs- und Beratungsleistungen stellen wir in diesem Jahr zusätzlich 3 Millionen € bereit.
Ich habe bei der Reise in die baltischen Staaten gesehen, wie positiv die Versorgung dort mit drahtlosem Internet auf die Wirtschaftskraft wirkt. Wenn wir WLAN bei uns in Dörfern und Städten erst einmal haben, dann werden diese Wachstumshemmnisse bei uns ebenfalls beseitigt werden - ebenso wie es in Estland, Lettland oder Litauen funktioniert.
Wir brauchen in Deutschland bundesweit Rechtssicherheit, damit Privat- und Geschäftsleute ihre Zugänge gefahrlos für die Nutzung öffnen können.
Diese Rechtssicherheit streben wir an, und mit Ihrer Hilfe werden wir Schritt für Schritt vorankommen. Ich will das Prinzip des offenen HotSpots in ganz Schleswig-Holstein zur Geltung bringen.
Wir wollen nicht nur im Café an der Holtenauer Straße, sondern auch im Bauernhof in Bönningstedt oder Gammellund WLAN haben und damit arbeiten können.
Sie haben im Baltikum übrigens sehr schöne Beispiele dafür, was das beim Abbau von Bürokratie bringt. Vieles kann man dort online erledigen. Man muss eben nicht extra aufs Amt gehen.
- Es ist interessant, dass immer die lachen, die in den letzten Jahren da nichts getan haben. Wir finden das vor, was wir vorfinden.
- Herr Kubicki, lassen Sie uns gucken, wo wir heute stehen. Wir stehen heute in einem extremen Wettbewerbsnachteil mit den baltischen Staaten, weil es diese Gesellschaft insgesamt nicht verstanden hat -
Wir finden das vor, was Sie uns hinterlassen haben. Irgendwann werden Sie auch einmal akzeptieren, dass Sie vor uns dran waren, dass Sie etwas übergeben haben und dass das Defizite hat.
Dass es vor Ihnen dann andere waren, geschenkt, Herr Kubicki, geschenkt! Heute ist es das, was wir vorfinden.
Und diese drei kleinen baltischen Staaten sind uns um Lichtjahre voraus. Das ist das, was wir vorfinden, und das ist das, was wir verändern wollen, meine Damen und Herren.
Das, was wir dort erlebt haben, ist für mich lebensnaher Bürokratieabbau. So etwas hilft den Bürgern, und es hilft den Unternehmen. Ich will mit meiner Regierung die Bürokratiekosten für Unternehmen in Zeit und in Geld bis Ende des Jahrzehnts halbieren, indem wir E-Government-Lösungen entwickeln, weiterentwickeln und für sie werben. Der einheitliche Ansprechpartner des Verfahrens E-Gewerbe, der Zuständigkeitsfinder, der Geo-Server, das Umweltinformationssystem und IMI, das Europäische Binnenmarkt-Informationssystem, sind nur erste Angebote, mit denen Bürger, Verwaltung, Unternehmen Zeit und Kosten sparen können.
Wir werden auch auf die Zukunftsmärkte dieser Welt gehen. Ja, Schleswig-Holstein und Hamburg sind Partner, Schleswig-Holstein und Dänemark allemal. Aber wir wollen unsere Zusammenarbeit über diesen Bereich hinaus forcieren, meine Damen und Herren. Wir werden noch stärker über die Grenzen Europas blicken. Wir schauen uns zum Beispiel die BRICS-Staaten an, von denen ich glaube, dass sie für Wachstum in Schleswig-Holstein von großer Bedeutung sind. Unsere WTSH ist hier bereits sehr intensiv aktiv. Sie ist gerade für viele kleinere Unternehmen das Scharnier zwischen Schleswig-Holstein und den BRICS-Staaten. Wir werden dieses Scharnier gut pflegen, damit unserer Wirtschaft die Chancen auf die Zukunftsmärkte eben nicht entgehen.
Ich werde im Herbst mit einer Wirtschaftsdelegation in China sein. Und wir planen gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium eine ähnliche Reise nach Südamerika. Wir werden dort für unser Land und für unsere Wirtschaft werben, unser KnowHow durch die Energiewende, unsere Stärken im Gesundheitssektor, der maritimen Wirtschaft oder im Tourismus vorstellen und zeigen, dass Schleswig-Holstein ein guter Ort ist, um zu investieren. Ich bin sicher, wir werden dort Widerhall finden.
Meine Damen und Herren, all die strategischen Überlegungen und Ziele, die ich Ihnen vorgestellt habe, werden wir schrittweise konkretisieren. Wir werden den Ansatz des nachhaltigen Wachstums auch in unsere Landesentwicklungsstrategie Schleswig-Holstein 2030 einfließen lassen. Das heißt, wir werden den Landesentwicklungsplan Mitte des Jahres fortschreiben und ihn dann um wesentliche Zukunftskomponenten ergänzen. Damit erhält der Plan eben nicht nur Visionen und Planungen, wie das Land 2030 aussehen könnte; er erhält auch Strategien und Handlungsansätze, damit aus der Vision Wirklichkeit werden kann.
Wir leiten damit eine Debatte über die Zukunft des Landes ein. Der Bürgerkongress am 8. Juni 2013 wird den Auftakt zur gemeinsamen Arbeit aller gesellschaftlichen Gruppen an der Zukunft unseres Landes bilden.
Die Landesentwicklungsstrategie Schleswig-Holstein 2030 wird Orientierungsrahmen und Entscheidungshilfe für die Landesregierung und für die Akteure im Land sein. Sie wird auf Freiwilligkeit, auf Verantwortungsbewusstsein und auf eine fach- und grenzenübergreifende Zusammenarbeit setzen. Sie
soll Antworten auf die Fragen geben: Wo wollen wir gemeinsam hin in diesem Land? Was macht dieses Land stark? Was können, und was müssen wir besser machen?