renz, zu einem moderneren Landtag und so weiter kommen wollen. Über diese Möglichkeiten haben wir bereits beraten. Aus der vergangenen Wahlperiode gibt es ein Papier des ehemaligen Landtagspräsidenten Geerdts, das viele Anregungen enthält, die man einmal prüfen sollte.
Wenn aber die sogenannten PGF-Runden zum Anlass genommen werden, Transparenz anzuzweifeln, dann muss man klar sagen, dass es keine standardisierten PGF-Runden gibt.
Es gibt diese Runden schlichtweg nicht. Sie treten nach Bedarf zusammen, und zwar in jeweils völlig unterschiedlicher Zusammensetzung, genauso wie sich Kollegen in der Mittagspause in der Kantine zusammensetzen und Fachfragen diskutieren. Das alles diskreditieren zu wollen, finde ich nicht akzeptabel.
Für mich gehört im Übrigen nicht nur im persönlichen Bereich Vertraulichkeit zu den elementaren Voraussetzungen im Umgang miteinander, sondern auch in der Politik.
Ich habe vorhin einen Beitrag im NDR gehört, in dem sehr deutlich wurde, dass Ihre Kollegen aus Nordrhein-Westfalen und aus Berlin das, was Sie hier vorhaben, für übertrieben und überzogen halten. Sie sehen es genauso wie wir, dass es auch geschützte Bereiche geben muss. Das gilt für Gespräche zwischen Fraktionen, aber auch für Beratungen im Ältestenrat. Es kann nicht sein, dass anschließend Einzelne über Gespräche informieren und damit die Deutungshoheit über bestimmte Aussagen übernehmen wollen.
Zum Abschluss noch zwei ergänzende Hinweise zur Transparenz in der Politik. Liebe Kollegen von den PIRATEN, so wichtig dieses Thema auch ist, ich würde mir von den PIRATEN wünschen, dass sie sich mit dem gleich großen Elan den wichtigen Zukunftsfragen des Landes Schleswig-Holsteins zuwenden. Zu den Fragen der Haushaltspolitik, der Wirtschaftspolitik und der Bildungspolitik haben Sie bisher keine einzige Antwort geliefert. Das trägt nicht zur Glaubwürdigkeit von Politik bei.
Manchmal kann Transparenz aber auch hilfreich sein. Dass das so ist, hat sich für mich gezeigt bei einem Gespräch des Ministerpräsidenten mit der PIRATEN-Fraktion vor der Wahl Herrn Albigs zum Ministerpräsidenten. Ich gehe einmal davon aus, dass dieses Gespräch im Einvernehmen als Livestream im Internet übertragen wurde. Wenn es dies nicht gegeben hätte, hätten wir nicht gewusst, dass sich Herr Albig schon vor der Wahl zum Ministerpräsidenten bei wesentlichen Festlegungen des Koalitionsvertrags vom Acker gemacht hat und den Regierungsfraktionen in den Rücken gefallen ist. Dies gilt zum Beispiel, wenn er hinsichtlich der Formulierung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten wörtlich sagt: Sie ist nicht so gemeint.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Stunde gibt Gelegenheit, zu drei Punkten etwas zu sagen. Lassen Sie mich damit beginnen, dass sich Parlamentarismus natürlich verändern muss, dass Transparenz natürlich sehr wichtig ist und dass natürlich eine neu gewählte Fraktion wie die Ihrige das Recht hat, Vorschläge zu machen und sich zu beteiligen.
Ich bin sehr frühzeitig bei Ihnen zu einem Gespräch gewesen. Sie wissen, dass wir aufgeschlossen sind für Veränderungen. Ich will ausdrücklich sagen, dass der Respekt all denjenigen gilt, die gewählt worden sind und nun Vorschläge und Ideen einbringen. Es ist gar keine Frage, dass man dabei immer noch besser werden kann. Wir sind dazu in jeder Weise bereit. Das möchte ich zunächst einmal ausdrücklich sagen, weil ich dem Eindruck widerspreche, es gebe eine generelle Abneigung dagegen; denn diese gibt es nicht.
Das Parlament ist übrigens gar nicht so schlecht, nicht nur was dieses Gebäude angeht, das Transparenz signalisiert, sondern auch was die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen und vieles andere mehr betrifft. Dabei können wir noch mehr tun. Das wollen wir auch gemeinsam. Dabei sehe ich über
haupt keinen Dissens zwischen den Fraktionen. Das ist der erste Punkt, den ich hier feststellen möchte.
Der zweite Punkt: Natürlich können wir auch darüber reden, was man an Endergebnissen - und der Ältestenrat hat nun wenig Geheimnisvolles, was die Ergebnisse angeht - öffentlich machen kann. Aber die Vertraulichkeit der Beratungen ist in allen Lebensbereichen wichtig, was man übrigens nicht nur in Regierungskreisen, sondern in vielen anderen auch wahrt. Wenn die nicht mehr gegeben ist, verlieren wir eine ganze Menge an Respekt untereinander und auch an Möglichkeiten, zu Kompromissen zu kommen. Die Öffentlichkeit gewinnt übrigens nichts. Sie stellt allenfalls fest, dass wir Menschen sind wie alle anderen auch mit den gleichen Bedürfnissen, mit den gleichen Regeln.
Wenn ich das als etwas lebensälterer Kollege zu Ihnen sagen darf: Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich eher mit den Streitfragen des Landes auseinandersetzen und nicht gleich über die Spielregeln reden, obwohl Sie die eigentlich hier im Haus gar nicht kennen.
Ein bisschen eigene Erfahrung im Umgang mit den Dingen führt auch dazu, dass man manche Sachen vielleicht auch ein Stückchen anders sieht und nicht gleich von vornherein sagt: „Wir wollen das aber alles anders machen!“, bevor man es wirklich kennt. Das ist auch ein Stück, das man lernen kann. Wichtig finde ich übrigens noch etwas anderes, nämlich, dass wir, wenn wir uns Regeln setzen, uns auch gemeinsam an sie halten. Jeder, der hier sitzt, war schon in der Mehrheit oder in der Minderheit jedenfalls die meisten - und weiß, dass es nicht schön ist, in der Minderheit zu sein. Aber zur Demokratie gehört auch die Achtung des Mehrheitsprinzips und dass, wenn Regeln gesetzt werden, sie von allen eingehalten werden und man nicht sagt: Das gilt aber für mich nicht.
Der wichtigste Punkt ist mir aber der dritte. Der Kollege Callsen hat es mit angesprochen. Das ist einer, den ich wirklich ausgesprochen ernst finde. Im Zuge dieser Debatte wird auch versucht, tagespolitischen Gewinn zulasten dieses Parlaments zu erzielen, und das zu einer Zeit, wo es wohlfeil ist, antiparlamentarische Dinge zu sagen. Man bekommt
dafür ganz schnell Applaus. Die Leserbriefspalten sind voll: Die predigen Wasser und trinken Wein. Das ist eine wirklich völlig falsche Ansicht. Die Kollegen hier im Haus arbeiten alle sehr hart. Ich will Ihnen sagen: Wir haben im letzten Jahr die Fraktionsmittel um 10 % gekürzt, wir geben 2,7 Millionen € weniger aus, weil der Landtag kleiner geworden ist. Alle Abgeordneten müssen mehr arbeiten. Repräsentative Demokratie kostet Geld. Darauf sollten wir stolz sein und nicht den Eindruck erwecken, das ginge auch alles anders.
Und ich bin jetzt Vertreter einer Regierungsfraktion, ich sage aber trotzdem - auch aus Respekt -: Wenn man eine Regierung aus dem Parlament heraus begleiten und kontrollieren will, dann geht das nicht, ohne dass man eine bestimmte Ausstattung hat, ohne dass wir ordentliche wissenschaftliche Mitarbeiter haben, ohne dass wir auch mit den Bürgern reden können und uns für Recherchen nur im Hause aufhalten, anderes aber gar nicht mehr zustande bekommen. Alle leisten hier etwas und müssen etwas leisten. Das ist eine Stärke der repräsentativen Demokratie. Dafür müssen wir gemeinsam werben, sonst wird das immer schlechter werden.
Und zur politischen Bildung gehört übrigens auch, nicht zu behaupten, der Rechnungshof - wie ich es gelesen habe - gehöre zu den Verfassungsorganen. Ich achte einen unabhängigen Rechnungshof wirklich sehr, ich stelle aber fest: Handlungsperspektiven für den Rechnungshof werden durch das Parlament definiert, nicht umgekehrt. Wir haben schon bestimmte Regeln in der parlamentarischen Demokratie, die gelten müssen. Das gilt hier für alle.
Die Politik ist wirklich sehr viel besser als ihr Ruf. Das ist der Teil, den ich Ihnen wirklich ein Stück weit vorwerfe, dass Sie sozusagen mit Blick darauf, dass man dafür schnellen Applaus bekommt, mit dazu beitragen, diese Umfrage, die Sie zitiert haben, noch zu verschärfen.
- Nein, es ist nicht so. Die meisten Kolleginnen und Kollegen - völlig unabhängig, welcher Fraktion sie angehören - sind Leute, die wollen, dass das Gemeinwohl beachtet wird, dass man etwas tut, dass man fleißig ist, dass man sich dafür einsetzt. Ich bin
wirklich jemand, der leidenschaftlich streitet. Wir werden das ab dem nächsten Tagesordnungspunkt in der Sache auch tun. Aber wir sollten nicht darüber streiten, ob wir hier gemeinsam etwas für das Gemeinwohl tun wollen und uns anstrengen und eben nicht überversorgt sind, sondern ganz im Gegenteil. Manchmal sind wir hart am Rande der Schäbigkeit, wenn ich manche Dinge mit anderen Ländern vergleiche, was Gastfreundschaft und solche Dinge angeht. Auch das ist ein Punkt, über den wir reden müssen.
Also bitte, lassen Sie uns viel stärker über die Zukunft dieses Landes streiten und darüber, was wir in der Sache tun sollten, und nicht so tun, als sei es ein intransparenter Haufen von Leuten, die eigentlich nur Machtpolitik wollen, nur an sich selbst denken und sich selbst versorgen. Das ist so weit von der Wirklichkeit entfernt.
Ich glaube wirklich im Ernst: Unsere gemeinsame Aufgabe muss ein, dass sich wieder mehr Menschen für Politik interessieren. Es ist nicht so, dass die Politiker schlechter seien als die Wirtschaftsleute, die Medienleute, die Wissenschaftler oder wer auch immer. Wir haben eine repräsentative Demokratie, die vom Engagement und vom Respekt für die Regeln, vom Respekt voneinander und vom Streit um die Sache lebt. Dieses Parlament ist ein gutes Parlament. Ich bin leidenschaftlicher Parlamentarier, und Sie sind das doch alle auch. Also lassen Sie uns den Kinderkram lassen, was solche Punkte angeht, vernünftige Regeln miteinander beschließen und in der Sache um die Zukunft des Landes streiten!
(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Hans-Jörn Arp [CDU]: So habe ich noch nie bei Ihnen ge- klatscht! - Weitere Zurufe)
Meine Damen und Herren! Die Fraktion der PIRATEN hat das Thema der Transparenz zur Aktuellen Stunde angemeldet, ein wichtiges Thema und immer aktuell, auch wenn ich an dieser Stelle den aktuellen Anlass für das Ansetzen einer Aktuellen Stunde nicht sehe. Ich hätte lieber mit Ihnen - und
das werden wir hoffentlich auch noch tun - über die Änderung der Geschäftsordnung konkret anhand eines Antrags diskutiert. Das würde Sinn machen. Diese Aktuelle Stunde, nur um allgemein über ein Thema zu diskutieren, ist aus meiner Sicht eher populistisch und führt uns nicht weiter im Zusammenarbeiten.
Das Thema der Transparenz und der Informationsfreiheit ist ein wichtiges und urgrünes Thema. Wir haben zusammen mit der SPD 2006 das Informationsfreiheitsgesetz eingebracht. Wir haben Gremien, die grundsätzlich für alle Mitglieder und Nichtmitglieder öffentlich sind. Jeder kann an unseren Sitzungen teilnehmen. Aber das reicht nicht. Wir wollen noch mehr. Wir wollen nicht nur, dass man das Recht hat, sich zu informieren, wir wollen auch eine Pflicht der Behörden, Menschen zu informieren. Wir planen daher zurzeit auch die Einführung eines Transparenzgesetzes.
Doch meines Erachtens kann man Transparenz nicht damit durchsetzen, dass man seitenlange Wortprotokolle veröffentlicht oder Sitzungen livestreamt. Wer soll das bitte schön alles noch verfolgen? Wir haben gerade eben am Beispiel von Herrn Callsen festgestellt, wie aus dem Zusammenhang etwas herausgezogen werden kann, wenn man eben genau diese Form der Veröffentlichung wählt. Ich halte das für falsch. Das halte ich tatsächlich sehr viel stärker für elitär, weil das nämlich eine Form von Demokratie und Beteiligung ist, die sich nur sehr wenige Menschen leisten können. Nur wenige Menschen können den ganzen Tag vor dem Computer sitzen.