Protokoll der Sitzung vom 22.11.2013

Wir haben für die Zeit nach 2014 bei großen Projektentscheidungen bereits einen Kabinettsvorbehalt beschlossen. Damit gewährleisten wir die politische Steuerung für die großen Maßnahmen im Sinne unserer strategischen Ziele. Wir werden die laufenden Koordinierungen zwischen allen Ressorts ab 2014 weiterhin durch eine eigene interministerielle Arbeitsgruppe sicherstellen.

Zur Erinnerung: Das Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein war kein Programm, sondern im Wesentlichen ein Label für das Internet und für Briefköpfe. Das wollen wir ändern. Denn eine neue Politik braucht nicht nur hehre und allgemeine Ziele, sondern auch Instrumente und Verfahren, um eben diese Ziele auch durchzusetzen.

Unser zukünftiges Dach wird schlank und pragmatisch viele Schwerpunkte zusammenbinden und ein

Controlling installieren, damit sichtbar wird, wie sich die Mittelvergabe an den politischen Schwerpunkten ausgerichtet hat, und - auch das ist mir wichtig - um sicherzustellen, dass wir in diesem Prozess auch die Landesentwicklungsstrategie 2030 im Blick behalten.

Die Entwürfe der Operationellen Programme zu EFRE und ESF, die wir erst in dieser Woche im Kabinett verabschiedet haben, werden diesen Zielen Rechnung tragen. Gleiches gilt für die Eckpunkte der weiteren Programmierung des ELER, der erst im Laufe des Jahres 2014 vorliegen wird.

Mit diesen Kabinettsbeschlüssen haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass zentrale politische Reformvorhaben der Landesregierung auch umgesetzt werden können. Dazu möchte ich nur einige wenige Beispiele nennen:

Wir werden das Wegbrechen der Breitband- und Tourismusförderung verhindern. Zu Beginn der Diskussion mit der Kommission war überhaupt zweifelhaft, ob die Landesregierung in diesen Bereichen noch einen spürbaren Spielraum besitzt. Wir werden dafür etwa 25 Millionen € vorsehen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch dies darf man nicht vergessen: Neben EFRE stehen auch zukünftig Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ für den Breitbandbereich zur Verfügung.

Mit dem Ziel, rund 40 % der Fördermittel für Maßnahmen der Energiewende vorzusehen, schlagen wir einen neuen politischen Kurs ein.

(Beifall SSW)

Wir nutzen zum Beispiel das neue Instrument der „Integrierten Territorialen Investition“, um die „Tourismus- und Energiekompetenzregion Westküste“ aufzubauen. Damit setzen wir nicht nur einen eigenen regionalen Schwerpunkt, sondern machen auch deutlich, dass wir es ernst meinen mit unserer Initiative für die Westküste.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch ein Beispiel: Wir werden eine eigene GenderPrüfstelle für Förderanträge einrichten. Damit setzen wir ein weiteres wichtiges Zeichen für die Politik dieser Koalition. Gender-Gerechtigkeit ist eine Querschnittsforderung der EU-Kommission. Aber wir werden dafür sorgen, dass diese Forderung, wie

(Ministerin Anke Spoorendonk)

ich es vorhin bereits sagte, auch wirklich umgesetzt wird.

Ein besonderer Grund zur Freude ist für mich die kommende INTERREG-Förderung, weil wir dort zielgerichtet die Entwicklung der deutsch-dänischen Regionen voranbringen können. Das gilt auch für die Zusammenarbeit an der Ostsee. Wir konnten das INTERREG-B-Ostseeprogramm als eines der beiden größten Programme im deutschen Vergleich erfolgreich gegen große Widerstände der am neuen Donauraum beteiligten Bundesländer verteidigen.

(Vereinzelter Beifall SSW und SPD)

Hier wollen wir - wie Sie wissen - neue Schwerpunkte setzen. Kultur wird dazugehören. Damit werden wir auch zeigen: Europapolitik ist mehr als Wirtschaftspolitik.

Meine Damen und Herren, wir werden in Zukunft nicht mehr alles fördern können, was wir wollen. Aber wir werden unser Land weiter nach vorne bringen. Wir haben eine Idee für Schleswig-Holstein. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, die Regierung hat die verabredete Redezeit um 5 Minuten überzogen. Das steht jetzt allen Fraktionen zu. - Zunächst hat für die SPD-Fraktion die Frau Abgeordnete Regina Poersch das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das waren arbeitsreiche Monate für die Landesregierung und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen. - Herzlichen Dank, Frau Ministerin Spoorendonk, für Ihren heutigen Bericht!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bitte richten Sie unseren Dank all jenen in den Ministerien aus, die in den zurückliegenden Monaten mit viel Fleiß und Engagement aus EU-Mitteln Schleswig-Holsteins Zukunft gestrickt haben und daran auch noch weiter arbeiten werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Europa 2020, das ist Schleswig-Holstein 2020. Europas 2020-Strategie ist auch unsere. Daher werden sich die Opera

tionellen Programme nicht nur deshalb daran orientieren, weil es Vorgabe der Europäischen Kommission ist, sondern vor allem auch deshalb, weil diese Ziele für die Entwicklung unseres Landes wichtig und richtig sind. Das heißt, wir werden mit den europäischen Fördermitteln Menschen in Arbeit bringen. Die EU peilt das Ziel von 75 % der 20- bis 64-Jährigen an. Deshalb werden wir einen Schwerpunkt bei der Fachkräftesicherung setzen. Gemeint sind die Fachkräfteinitiative ebenso wie FRAU & BERUF, die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung und die Existenzgründungen. Damit tragen wir auch dem EU-Ziel Rechnung, die Zahl der armutsgefährdeten Personen europaweit um 20 Millionen zu senken.

Stichwort: Existenzgründungen. Wer wie ich gestern bei den Nordzentren war, konnte sich über deren Angebot freuen, bei der Innovationsstrategie des Landes mitzuwirken.

Der Anteil der Schulabbrecher soll auf unter 10 % sinken. Wir legen den Schwerpunkt auf den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt und die erfolgreiche Arbeit der Produktionsschulen.

Europas Klimaschutzziele sind ambitioniert. Wir wollen die europäischen Mittel einsetzen, um die Energiewende in unserem Land entscheidend und zielgerichtet voranzubringen. Wachstum hat Priorität, und zwar intelligent, nachhaltig und integrativ. Das ist die Wachstumsstrategie für unser Land.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Jede energetische Sanierung, zum Beispiel von Krankenhäusern, führt zu Aufträgen für das Handwerk. Besser geht es doch wohl nicht!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Europäische Parlament hat am Dienstag dem im Trilog ausgehandelten Kompromiss zum mehrjährigen Finanzrahmen zugestimmt; die Frau Ministerin hat es angesprochen. Damit wird es in der Zeit von 2014 bis 2020 insgesamt 960 Milliarden € geben. Das ist deutlich weniger als in der jetzt auslaufenden Förderperiode. Ich will nicht verhehlen, dass der doch eher zweifelhafte Ruhm dafür nicht zuletzt auch der noch amtierenden Bundesregierung gebührt.

Dass wir in Schleswig-Holstein noch ganz gut davonkommen, haben wir unserer Landesregierung, namentlich Wirtschaftsminister Meyer, Landwirtschaftsminister Dr. Habeck und auch unserer Europaministerin Frau Spoorendonk zu verdanken. Gut gemacht!

(Ministerin Anke Spoorendonk)

Dennoch müssen wir die Mittel klug bündeln. In der Wirtschafts- und Sozialpolitik die Mittel nicht in Potenzialanalysen für Autohäuser zu verkleckern, sondern passgenau für die Entwicklung unseres Landes einzusetzen, das ist moderne, das ist rot-grün-blaue Förderpolitik.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn selbst der CDU-Landesvorsitzende und Europaabgeordnete Reimer Böge im Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Europäischen Parlament beklagt, die Projektförderung in den letzten Jahren sei doch wenig nachhaltig, dann ist es höchste Zeit, das in der nächsten Förderperiode besser zu machen.

Neue Wege gehen wir an der Westküste. Die Westküsteninitiative wird mit rund 30 Millionen € unterfüttert. Diese integrierte territoriale Investition ermöglicht es gleichzeitig, die für unser Land so wichtigen weiteren Teilziele Kultur und Tourismus in allen Teilen des Landes mit EU-Mitteln zu fördern. Das ist neu und pfiffig und wird das ganze Land stärken.

(Beifall SPD und SSW)

Die Entwicklung unserer ländlichen Räume ist ohne Internetzugang, ohne Breitbandversorgung nicht vorstellbar. 20 Millionen € sehen wir dafür vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind für die kommenden sieben Jahre gut aufgestellt. Lassen Sie uns gemeinsam die EU-Förderperiode 2014 bis 2020 zu Schleswig-Holsteins Erfolgsgeschichte machen. Das ist jetzt nicht mehr bloß Europapolitik. Von jetzt an, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir es mit Landespolitik zu tun. Lassen Sie uns die detaillierte Ausgestaltung der Programme und den schriftlichen Bericht der Landesregierung, der - wir hatten Sie gewarnt - nur einen Zwischenstand von vor zweieinhalb Wochen darstellen kann, in den Ausschüssen diskutieren und begleiten. Unser Vorschlag ist, das federführend im Finanzausschuss und mitberatend in allen Ausschüssen zu machen. Europa 2020, das ist Schleswig-Holstein 2020: modern, innovativ und eben sehr europäisch. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Astrid Damerow das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die EU-Strukturfonds waren in der Vergangenheit und sind auch in der neuen Förderperiode selbstverständlich wichtige Säulen der Strukturförderung in unserem Land. Mehr als eine Dreiviertel Milliarde € wird mit den verschiedenen EU-Fonds in der neuen Förderperiode nach Schleswig-Holstein fließen. Neue Maßnahmen und Projekte können umgesetzt werden und zusätzliche Investitionen auslösen. All dies ist ein guter Grund, einen Bericht der Landesregierung für die zukünftige Ausgestaltung der EU-Strukturfonds zu fordern. Wir wollten ihn auch schriftlich haben, damit wir uns intensiver mit ihm auseinandersetzen können. Zuvorderst danke ich natürlich allen Mitarbeitern, die an diesem Bericht mitgewirkt haben.

(Beifall CDU und Dr. Gitta Trauernicht [SPD])

Das EU-Parlament hat am Dienstag dieser Woche die Frau Ministerin sagte es bereits - dem mehrjährigen Finanzrahmen zugestimmt. Die erforderlichen Verordnungen sind im Wesentlichen bekannt. Der Rahmen steht, und vieles kommt für die Akteure nun auch nicht wirklich völlig überraschend.

Der vorliegende Bericht zu den EU-Strukturfonds beschreibt die Rahmengebung, die Entwicklung und insbesondere auch die Zielsetzungen der Landesregierung in der allgemeinen Darstellung recht ausführlich. Die EU hat eine neue Prioritätensetzung vorgenommen, um insbesondere Schwachstellen vergangener Strukturprogramme zu beseitigen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen und verehrte Mitglieder der Landesregierung, das wäre eine gute Gelegenheit gewesen, in Schleswig-Holstein eine Strukturdebatte zu führen, um sich auf neue Rahmenbedingungen einzustellen,

(Beifall CDU)

und zwar eine breite Strukturdebatte, an der alle teilnehmen können. Was aber macht die Landesregierung? Es gibt keine breite Diskussion. Es gibt nur zögerliche Informationen, die wir jedes Mal explizit abfragen müssen. Das Ganze ist eine Closedshop-Veranstaltung.