Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Strom als Antriebstechnologie im Verkehr hat auch ökonomische Vorteile. Im Bahnbetrieb ist er daher schon seit Langem etabliert. Zudem ist in den letzten Jahren eine starke Zunahme des elektrischen Fahrradverkehrs zu beobachten. Mehr als 2 Millionen verkaufte sogenannte Pedelecs im Fahrradverkehr sind eine deutliche - im doppelten Sinne des Wortes - Abstimmung mit den Füßen.

Der Systemwechsel vom Verbrennungs- zum Elektromotor bietet große Zukunftschancen. Minister Habeck hat der Landesregierung ein neues E-Mobilitätskonzept vorgelegt, in dem das deutlich wird. Minister Meyer hat in seiner Rede auf der E-Mobilitätsveranstaltung des Landes-Energie-Kompetenzzentrums in der letzten Woche in Neumünster - einige Kollegen waren dort anwesend - hervorgehoben, dass sich der Blick nicht nur auf den sich langsam entwickelnden Pkw-Bereich richten sollte, sondern dass der maritime Bereich in Schleswig-Holstein sehr wichtig ist. Weiter ist auch die sogenannte E-Train-Gruppe, die sich bei der WTSH gebildet hat, wichtig. Hier ist es genauer gesagt der „Arbeitskreis Oberleitungsfreie Elektrizierung des Bahnverkehrs in Schleswig-Holstein“.

Das ist für Schleswig-Holstein ein ganz großes Thema. Es laufen eben nicht nur Kühe auf den Weiden und Badegäste an den Stränden herum. Aus dem Arbeitskreis hat sich in Schleswig-Holstein ein Industriekonsortium gebildet, das bis 2017 neue elektrische Bahnantriebssysteme für den Markt bereitstellen will. Es gibt also eine Marktreife in doch sehr überschaubaren zeitlichen Dimensionen. Der Lokomotivhersteller aus Kiel, der Leistungselektroniker aus Flensburg, der Batteriehersteller aus Geesthacht und das Fraunhoferinstitut ISIT aus Itzehoe gehören dazu. Wir haben zwei Elektromotorenhersteller mit eigener Entwicklung in Flensburg und Eutin. Die CAU in Kiel will die induktive Beladung der Lokomotiven mit entwickeln. Die FH Kiel mit dem E-Mobilitäts-Kompetenzzentrum, die FH Heide, die FH Flensburg: Überall gibt es Beiträge zum Thema Elektromobilität. Das ist eine industriepolitische Chance.

(Detlef Matthiessen)

Herr Abgeordneter, Ihre zehn Minuten sind zu Ende.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. - In Schleswig-Holstein haben wir fast zwei Drittel nicht elektrifiziere Schiene, in Nordamerika praktisch das ganze Schienennetz.

Man kann es kaum glauben, aber wir sind bereits heute gut aufgestellt in Schleswig-Holstein beim Thema Elektromobilität und Energiewende. Deutschland ist ganz groß im Verschlafen und Verschenken von Innovationen. Lassen sie uns die Chancen für unser Land Schleswig-Holstein erkennen und nutzen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hans-Jörn Arp das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Matthiessen, herzlichen Dank für den Fachvortrag zum Thema E-Bikes und E-Fahrzeuge. Zum Thema E-Bikes ist natürlich nichts gesagt worden,

(Zurufe: Doch!)

dafür haben Sie über Lokomotiven und andere Antriebsmotoren gesprochen. - Entschuldigung, dann habe ich das vielleicht nicht gehört. Ich möchte mich trotzdem dafür bedanken und Ihnen noch einen Tipp geben, um Sie zu unterstützen - ich will das gar nicht kritisieren -: Auch Elektroautos brauchen vernünftige Straßen. Wenn wir uns darauf verständigen können, eine vernünftige Infrastruktur zu schaffen - denn diese ist auch bei diesen Fahrzeugen sehr wichtig -,

(Beifall CDU und FDP)

dann können wir vieles gemeinsam machen.

Wenn ich das richtig weiß, haben wir heute 104.000 Elektrofahrzeuge. In diesem Jahr kommen allein 16 neue Modelle dazu. Insofern ist es richtig, dass es hier eine Chance und einen zukünftigen

Markt gibt. Den wollen wir für uns auch gern mit aufnehmen und uns daran beteiligen.

Aber ehrlich gesagt weiß ich immer noch nicht, warum wir heute darüber diskutieren. Wenn die Landesregierung ein Konzept zu diesem Thema entwickeln möchte, steht es ihr frei. Beim Tourismuskonzept sind Sie auch von niemandem angesprochen worden und von niemandem aufgefordert worden. Sie haben es trotzdem gemacht, und keinen Menschen hat es interessiert, weil Sie es bis heute nicht umgesetzt haben. Also, was hält Sie davon ab, ein Konzept zu entwickeln, dies zu machen? Bitte schön: Machen Sie es, wir haben nichts dagegen. Wir haben aber ein Kompetenzzentrum für Elektromobilität in Schleswig-Holstein, genannt KESH, und die Landeskoordination Elektromobilität. Diese Institutionen haben bereits Konzepte - Sie haben ja sicherlich wie ich mit ihnen Kontakt aufgenommen, und sie werden sicherlich sagen, wie sie es konkret für Schleswig-Holstein sehen.

Im Endeffekt malen Sie hier den Koalitionsvertrag der Großen Koalition in Berlin ab. Mehr ist es nicht. Auch der hat sich ja damit beschäftigt.

Falls Sie es übrigens noch nicht mitgeschnitten haben: Es gibt eine Initiative der Bundesregierung, das sogenannte Schaufenster Elektromobilität, an dem die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Berlin, Brandenburg und Niedersachsen teilnehmen. Das sind die Länder, in denen die Automobilbauer zu Hause sind, und Schleswig-Holstein ist wohl aus dem Grunde nicht dabei, befürchte ich.

Wenn Sie etwas tun wollen, warum dann hier und jetzt im Alleingang? Was Sie hier vorschlagen, ist doch eigentlich nur halb sinnvoll, wenn wir es nicht gemeinsam mit den anderen Bundesländern zusammen machen.

Hier hat jetzt gerade vor einem Monat das Bundeswirtschaftsministerium das Projekt SLAM - Sie wissen, worüber ich rede -, das heißt Schnellladenetz für Achsen und Metropolen, gestartet. Der Bund fördert das Ganze mit 9 Millionen €. Warum sind wir nicht dabei? Das ist doch die Frage, die wir hier stellen müssten. Warum machen wir eigentlich nicht mit? Es ist doch Minister Gabriel, der das in seinem Haus leitet. Bei den Sozialdemokraten müsste er ja bekannt sein. Er wird ja ständig vom Wirtschaftsminister und vom Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins mit irgendwelchen Querschlägen genervt. Warum redet man nicht einmal mit ihm konkret über das Projekt SLAM und erarbeitet mit ihm gemeinsam geeignete Kriterien für unseren

Standort, für unser Land Schleswig-Holstein? Denn es ist alles nicht ganz so einfach. Der Antrag von Herrn Matthiessen hat sich vor allem mit der Technik befasst, aber weniger mit der eigentlichen Durchführung.

Denn wir müssen natürlich sehen: Wie ist das eigentlich, wenn man das vor Landesliegenschaften mit dem Laden, mit dem Abrechnen macht? Was passiert, wenn ein Elektrofahrzeug auf einem Parkplatz steht? Es darf nicht abgeschleppt werden. Vielleicht lädt das Fahrzeug gar nicht. Wie lange lädt es? Wie soll es bezahlt werden? Das sind Schnittpunkte, über die wir miteinander diskutieren müssen, die wir in das Gesamtkonzept der Bundesrepublik einbauen müssen. Das ist jetzt die Frage: Wie bekommen wir das hin?

Die öffentliche Hand ist noch nicht so weit. Schauen Sie sich das Auto von Herrn Garg an! Wenn die Entwicklung so weit wäre, würde auch er elektrisch fahren. Die Privatwirtschaft regelt solche Dinge schon. Auf den Citti-Parkplätzen in Flensburg oder Lübeck - man kann ruhig einmal ein bisschen Werbung machen - können Sie Ihre Elektrofahrzeuge heute schon aufladen. Warum soll das nicht auch bei der öffentlichen Hand möglich sein? Wenn das jemand macht, muss man fragen: Hat das einen geldwerten Vorteil, wie wird das steuerlich geregelt?

Das sind eine Menge Fragen, die wir gemeinsam im Ausschuss miteinander besprechen wollen. Ja, wir sollten es machen, aber wir sollten versuchen, gemeinsam mit dem Bund ein einheitliches Konzept zu entwickeln. Da ist mein Rat an den Verkehrsminister, der ja heute in Berlin ist: Er soll einmal Herrn Gabriel ansprechen, ob man das mit dem Projekt SLAM nicht bundesweit und auch in Schleswig-Holstein ausüben kann. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Olaf Schulze das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Arp, der Versuch, hier - obwohl wir uns politisch eigentlich einig sind - noch einmal politisch Gewürz reinzubringen und zu zeigen: „Wir sind Opposition“, ist wirklich nicht gut gelungen.

Aber gut, wir werden es ja vielleicht noch etwas sachlicher im Ausschuss beraten.

Die Energiewende ist eine der wichtigsten und größten Herausforderungen unserer Zeit. Nachdem wir im Stromsektor durch das EEG einen großen Schritt vorangekommen sind, müssen wir nun die nächsten Schritte vorbereiten und auch in den Bereichen der Mobilität und Wärme schnell die Herausforderungen annehmen und handeln. Die EMobilität wird hierbei eine wichtige Rolle spielen.

Ob Mobilität mit Elektro- oder Wasserstofffahrzeugen, wichtig wird es sein, dass wir ein Tankstellennetz aufbauen. Die Technik für Elektrofahrzeuge ist vorhanden, wie BMW gerade eindrucksvoll zeigt. Auch VW ist dabei, in der E-Mobilität voranzukommen. Jetzt müssen wir dazu beitragen, dass die Infrastruktur geschaffen wird. Das Land Schleswig-Holstein unterstützt das Vorhaben der Bundesregierung, in den nächsten Jahren die Zahl der Elektroautos zu erhöhen. Wir müssen auch sehen, inwieweit es möglich ist, in Schleswig-Holstein eine Modellregion zu schaffen, damit wir neue Wege in der Mobilität gehen können.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, lieber Kollege Arp, wir sind uns doch einig darüber, dass zur Energiewende auch gehört, dass wir uns mit neuen Formen der Mobilität befassen. Das, was ich gerade gehört habe, war nicht gerade sehr vorausschauend. Wir werden nicht die gleichen Wege wie heute zurücklegen, aus den gleichen Gründen und mit den gleichen Verkehrsmitteln.

Die Anforderungen an Mobilität verändern sich. Die Elektromobilität ist eine spannende Entwicklung. Dafür gibt es viele gute Argumente. Nicht zuletzt eignen sich die Batterien der Fahrzeuge als Energiespeicher, wenn das Laden zu verbrauchsarmen, aber erzeugungsintensiven Zeiten stattfindet. Diese Fahrzeuge sind auch tagsüber unterwegs, und für ihre Akzeptanz wird es nötig sein, dass man unterwegs aufladen kann. Das ist nötig, weil die Reichweite, wie wir wissen, noch sehr begrenzt ist. Es ist auch sinnvoll, weil die Leerzeit gut genutzt werden kann. Vielleicht sollten Sie jetzt einfach zuhören, damit Sie begreifen, warum wir diesen Antrag heute stellen.

Wie das genau funktionieren könnte, welche Rahmenbedingungen wir brauchen, ob und wie die Landesliegenschaften dafür genutzt werden können und wie Unternehmen in Schleswig-Holstein dafür eingesetzt werden können, soll die Landesregierung in einem Konzept darlegen.

(Hans-Jörn Arp)

Lieber Kollege Arp, wir haben vielleicht unterschiedliche Auffassungen, was Parlamentarismus ist, aber ich finde es schon gut und richtig, dass auch aus dem Parlament heraus Initiativen an die Landesregierung gebracht werden und sie aufgefordert wird, etwas zu tun, was wir als Parlament wollen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dass die Landesregierung natürlich auch eigene Konzepte vorlegt, was sie für wichtig und sinnvoll erachtet, ist auch richtig, aber ich finde, es ist nicht unsere Aufgabe, darauf zu warten, was die Landesregierung macht. Das haben Sie vielleicht in der Vergangenheit so getan, wir tun es nicht.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Sie zwingen sie zum Handeln!)

Nein, wir zwingen sie nicht zum Handeln, sondern wir sagen einfach: Das möchten wir politisch gern umsetzen. Es gibt noch eine gewisse Parlamentsarbeit, die Sie natürlich anders sehen. Sie möchten wahrscheinlich lieber Akten studieren, um herauszufinden, was die Regierung gemacht hat. Wir sagen im Vorweg, was wir gern möchten.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das habe ich nicht gesagt!)

Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein bietet gute Voraussetzungen für eine ganze Reihe von Firmen, die im Bereich der Energiewende tätig sind. Das Kompetenzzentrum für Elektromobilität an der Fachhochschule Kiel leistet hervorragende Arbeit, in dem es um ein Angebot für Technologieund Wissenstransfer von der Wissenschaft in die unternehmerische Anwendung geht.

Ein wichtiger Aspekt ist für uns alle - das sage ich ausdrücklich auch als Wirtschaftspolitiker - die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Industrie durch Wissenstransfer. Energetische Nachhaltigkeit nimmt auch bei den Investitionen des Landes eine wichtige Rolle ein. Ich erinnere an unser Sondervermögen zur energetischen Sanierung. Um die Nachfrage nach innovativen Mobilitätslösungen zu stärken, wollen wir prüfen, wie wir die Landesliegenschaften nutzen können.

Schleswig-Holstein gehört zur Spitze, wenn es um die Umsetzung der Energiewende geht. Dazu gehört auch, dass wir Strukturen schaffen, mit denen wir die Energiewende lebbar und erlebbar machen. Gute Elektromobilität ist ein Teil davon, mit innovativen Unternehmen, mit Forschung und Entwicklung und mit Strukturen, die die Akzeptanz fördern.

Man sollte nicht versuchen, die Welt von morgen mit den Ideen von gestern zu gestalten. Deshalb sind Konzepte rund um die Mobilität von morgen so wichtig.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir wissen: Für eine neue Mobilität braucht es eine kritische Masse. Das trifft auf alle Verkehrsmittel und Strukturen zu.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag beziehungsweise um die Überweisung in den Ausschuss, damit wir zeitnah ein Konzept vorliegen haben, das aufzeigt, wie die Landesliegenschaften für Elektromobilität genutzt werden können und wie wir die Akzeptanz der E-Mobilität erhöhen können. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die FDP-Fraktion hat ihren Redebeitrag zu Protokoll gegeben. Damit hat jetzt für die Piratenfraktion der Abgeordnete Uli König, das Wort.