Protokoll der Sitzung vom 16.05.2014

Herr Minister - ich komme damit zum Schluss -, stellen Sie sich endlich vor Ihre Polizei! Setzen Sie sich für sie ein!

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist eher pein- lich!)

Hören Sie auf damit, den Polizisten in GdP-Interviews zu versichern, Sie kämpften für sie. Das tun Sie bei der Stelleneinsparung, das haben Sie im Übrigen auch bei der Vorratsdatenspeicherung getan.

Es ist eine ziemlich einfache Angelegenheit, jedem das zu versprechen, was er gerade hören will. Sie können die Vorratsdatenspeicherung leicht befürworten und Stelleneinsparungen schlecht finden, wenn Sie ganz genau wissen, dass Sie das in Ihrem Kabinett sowieso nicht umsetzen müssen. Ich finde, das ist nicht gerecht, das haben unsere Polizisten nicht verdient. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun die Abgeordnete Simone Lange das Wort.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Weise diesen Un- sinn zurück! - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! - Vielleicht hören auch die Herren zu. Vielen Dank.

Der vorliegende Antrag der CDU-Landtagsfraktion löst nur scheinbar die Herausforderungen, vor denen wir stehen. In der Tat sollen Stellen eingespart werden. Das ist richtig. Es wird niemals das Ziel einer Landesregierung sein, Personal abzubauen. Das Ziel ist ein anderes. Wir alle stehen vor dem über

geordneten Ziel, unseren Haushalt so zu konsolidieren, dass wir in Zukunft wieder einmal darüber nachdenken können, Stellen aufzustocken. Diese Aufgabe haben nicht nur wir geerbt, die haben auch Sie in der Vorgängerregierung geerbt.

(Martin Habersaat [SPD]: Ein bisschen mehr Verantwortung! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das hatten wir auch! Trotzdem haben wir bei der Polizei nicht abgebaut!)

Wir sind - daran erinnere ich Sie - Konsolidierungsland. Wir sind in Berlin rechenschaftspflichtig darüber, wie wir in Schleswig-Holstein unseren Landeshaushalt auf die Füße stellen.

Sie argumentieren gern unternehmerisch. Wie soll ein Unternehmen, das 10 Milliarden € zur Verfügung hat, 28 Milliarden € Schuldenabbau betreibt, ohne unterzugehen, vorgehen? Es muss leider auch an Personaleinsparungen denken.

Richtig ist, dass es einen Personalabbaupfad geben soll, der 10 % der Landesverwaltung vorsieht. Sie haben den Innenminister angesprochen, der nicht für die Polizei gekämpft habe. Deshalb sage ich Ihnen: Die Polizei ist von diesen 10 % ausgenommen. Vorgesehen ist, bei der Polizei 3,5 % Personal abzubauen, was immer noch zu viel ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist ja toll!)

- Natürlich, auch ich würde lieber Aufbauen statt Abbauen. Aber ich finde es auch richtig, dass in diesem Prozess die strategische Lücke gleich mit bereinigt wurde. 3,5 % machen 282 Stellen, die wir eigentlich pflichtig gewesen wären. Die strategische Lücke umfasst 160 Stellen, die immer gefordert worden sind. Sie wird damit bereinigt und sogar abgezogen, sodass wir am Ende 122 Stellen abbauen - in drei Jahren. Es steht noch nicht einmal fest, wie viele das pro Jahr sind. Ich habe aber jetzt einfach einmal 40 Stellen pro Jahr gerechnet. Auf einen Personalkörper mit 1.308 Planstellen, den wir bei der Polizei haben, macht das pro Jahr 0,48 %. Herr Koch ist leider gerade nicht da, aber er rechnet ja so gern.

Auch wenn ich mir selber natürlich die Kritik seitens der Landespolizei zurechne, halte ich es für verantwortbar, eine Durststrecke von drei Jahren zu gehen, auf der wir pro Jahr 0,48 % Planstellen einsparen.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

(Astrid Damerow)

Ich bin sehr froh darüber - das will ich Ihnen auch sagen -, dass wir hier nicht wie in freien Unternehmen Personen auf die Straße setzen müssen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das geht bei Be- amten auch gar nicht! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das weiß sogar er!)

- Ja eben. Das wäre noch schlimmer. Aber ich bin sehr froh, dass wir Verfahrensweisen wählen können, bei der einzelne Beamtinnen und Beamten das gar nicht spüren.

Die eigentliche Aufgabe ist nämlich eine andere. Da würde ich mir auch in Zukunft Ihre konstruktive Mitarbeit wünschen, statt jetzt drei Jahre lang immer den gleichen Antrag zu stellen. Die eigentliche Aufgabe, die wir haben - und da müssen wir Mut beweisen -, ist, die Polizei tatsächlich von Aufgaben zu befreien. Ich habe jetzt leider nur noch 1 Minute und 30 Sekunden Redezeit, sonst könnte ich Ihnen ein paar Aufgaben aufzählen. Da geht mein Appell zum Beispiel an Bundesverkehrsminister Dobrindt: Wie sieht es denn mit der Begleitung von Schwerlasttransportern aus?

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Zum Beispiel!)

Da sind wir auf Berlin angewiesen. Ich hoffe, dass wir da Ihre Unterstützung bekommen,

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Aber das können wir doch gemeinsam hinkriegen!)

und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das war sehr gut und vernünftig!)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Burkhard Peters.

(Zurufe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Peters, Moment einmal. Ich möchte doch einmal feststellen, dass nichts und kein Wort - möglicherweise abgesehen von diversen Zwischenrufen -, das Kolleginnen und Kollegen hier am Mikrofon sagen, verdient „peinlich“ genannt zu werden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Diese Einseitig- keit ist ja frappierend! - Hans-Jörn Arp [CDU]: Unerträglich! - Weitere Zurufe)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Damerow, ihr Lamento über die sicherheitsgefährdende Personalpolitik dieser Landesregierung im Bereich der Polizei bewegt sich in einer Endlosschleife. Mittlerweile fühle ich mich an den Titel des Filmklassikers „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert. In immer neuen Landtagsanträgen, Ausschussanträgen, Kleinen Anfragen und Pressemitteilungen variieren Sie das ewig gleiche Thema: Schleswig-Holstein wird wegen fehlender Polizistinnen und Polizisten in Kriminalität, Chaos und Anarchie versinken, und schuld daran hat die gegenwärtige Landesregierung.

(Beifall und Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

In Ihrer Beharrlichkeit kommen Sie mir vor wie Cato der Ältere. An Ihrer Stelle hätte er gefordert: Ceterum censeo numerum lictorum esse servandum. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Anzahl der Polizistinnen und Polizisten zu erhalten ist.

(Beifall und Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Nur dass Cato vor seinem „ceterum censeo“ - dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Zerstörung Karthagos - in seinen Senatsreden noch durchaus anderes zu sagen hatte.

(Heiterkeit)

Frau Kollegin Damerow, vor Kurzem brachten Sie es sogar fertig, die Ausweitung von Gefahrengebieten nach dem Landesverwaltungsgesetz durch die Polizei in Schleswig-Holstein mit dem erst ab 2018 wirksam werdenden Abbau von 122 Stellen in der Polizei in einen Zusammenhang zu bringen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf so etwas muss man erst einmal kommen.

(Heiterkeit und Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung der Frau Abgeordneten Damerow?

(Simone Lange)

Sehr gern.

Herr Kollege Peters, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass Cato mit seinem Ausspruch am Ende durchaus erfolgreich war?

(Beifall Volker Dornquast [CDU] - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Aber erst nach seinem Tod, Frau Kollegin! - Heiterkeit)

- Das ist richtig, Frau Kollegin Damerow. Ob Ihnen das beschienen sein wird, wage ich zu bezweifeln.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gefahrengebietsvorschrift des § 180 Abs. 3 Landesverwaltungsgesetz wurde unter Schwarz-Rot 2007 eingeführt und erfreute sich schon damals bei der Polizei unter der christdemokratisch geführten Landesregierung großer Beliebtheit. Eine Folge der Gefahrengebietsausweisung ist übrigens, dass man in dem betroffenen Gebiet mehr Polizei losschickt. Der von Ihnen behauptete Kausalzusammenhang zwischen gehäufter Gefahrengebietsausweisung und Personalabbau bei der Polizei ist also gleich aus mehreren Gründen denkbar abwegig.

Sehr geehrte Kollegin von der CDU, bitte nehmen Sie endlich Folgendes zur Kenntnis: Im Rahmen der Schuldenbremse hat sich das Land SchleswigHolstein unter anderem verpflichtet, bis 2020 insgesamt 10 % des im Landesdienst stehenden Personals abzubauen. Bei einer Personalgesamtstärke von über 8.000 Menschen im Polizeidienst würde das also eigentlich den Abbau von mehr als 800 Stellen bei der Polizei bedeuten. Die Polizei in Schleswig-Holstein stellt den zweitgrößten Personalkörper des Landes dar. Er wird von der Zahl her nur noch von den Lehrerinnen und Lehrern übertroffen. Mit nur 122 Stellen ab 2018 wird dieser Personalkörper vom unumstritten notwendigen Personalabbau äußerst unterdurchschnittlich betroffen. Alle anderen Bereiche des öffentlichen Landesdienstes in Schleswig-Holstein müssen diese Zurückhaltung bei der Polizei mit entsprechend höheren Personalabbauzahlen kompensieren.