Simone Lange

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Ich verweise auf die Vorlage.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Dr. Bernstein, um den letzten Punkt Ihrer Rede aufzugreifen: Ein Problem hätten wir, wenn wir an das anschließen würden, was die Vorgängerregierung, was die schwarz-gelbe Regierung gemacht hat; denn da kann ich unterm Strich nur feststellen: Null Verbesserungen innerhalb von drei Jahren. - Was wir innerhalb von vier Jahren gemacht haben, ist Teil meiner Rede, in die ich jetzt einsteigen will.
Da dies tatsächlich meine letzte Rede in diesem Hause ist und weil wir heute über die Ausstattung der Landespolizei debattieren, erlaube ich mir, den Blick zu weiten. Die Ausstattung der Landespolizei, sowohl personell als auch sächlich, ist - das ist meine Erfahrung aus viereinhalb Jahren hier als polizeipolitische Sprecherin - eines der meistdiskutierten Themen hier im Landtag. Auch heute liegen uns drei Anträge zum Thema „Ausstattung der Landespolizei“ vor, einer von der FDP mit dem Titel „Ausstattung der Landespolizei mit mobilen Endgeräten“ sowie zwei weitere Anträge. Es war nicht so,
dass der Antrag der CDU abgelehnt wurde, sondern er wurde durch einen Änderungsantrag der Koalition
überstimmt, ersetzt.
Wir sind uns einig darüber - das wird, glaube ich, in jeder Landtagssitzung von uns allen unterschrieben -: Ohne Polizei keine innere Sicherheit!
Die Polizei ist nicht nur in der deutschen Demokratie zentrales Element von Staatlichkeit. Sie ist als Teil der Exekutive mitverantwortlich für die Gewährung von Ordnung und Sicherheit, von Gefahrenabwehr und Strafverfolgung. In dieser Mitverantwortung stehend ist die Polizei auch Teil unserer sozialen Strukturen. Ich ergänze deshalb: Ohne Polizei keinen innere Sicherheit, ohne sozialen Frieden aber auch keine innere Sicherheit!
Als Teil der Exekutive ist die Polizei an Recht und Gesetz gebunden. Zum Kernbestand der Ausbildung von Polizeibeamtinnen und -beamten gehören deshalb Staatsrecht, Straf- und Strafverfahrensrecht, Verkehrs- und Eingriffsrecht. Dennoch darf sich die Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst nicht allein auf die ausführungsrelevanten Aspekte beschränken. Die Polizei muss sich jederzeit bewusst sein, wer Adressat ihres Handelns ist, und die Polizei muss sich jederzeit vergegenwärtigen, dass sie in ein politisches System eingebettet ist und der politischen Führung unterliegt.
Polizeiliches Handeln ist eben Handeln in und für die Gesellschaft. Deshalb ist es nicht nur so, dass das polizeiliche Handeln von der Gesellschaft in der wir leben, geprägt wird, sondern auch so, dass die Polizei selbst die Gesellschaft prägt. Wenn Polizeibeamte PEGIDA-Demonstranten viel Erfolg wünschen, dann ist das leider prägend für unsere Gesellschaft. Wenn Polizeibeamte in alten, klapprigen Fahrzeugen Streife fahren, ist das leider auch prägend für unsere Gesellschaft. Dass beides in Schleswig-Holstein nicht der Fall ist, fällt nicht vom Himmel. Das haben wir der rot-grün-blauen Landesregierung zu verdanken.
Jede Gesellschaft vollzieht einen sozialen Wandel. Gerade unsere hat im letzten Jahrzehnt einen ganz
besonderen sozialen Wandel vollzogen. Dieser beeinflusst die Arbeit der Polizei, fordert Anpassungen, Umorganisationen und veränderte Strategien.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte sozusagen ein letztes Mal um Ihre Aufmerksamkeit: Die Modernisierung der Pistolen durch die Anschaffung neuen Walther P 99, die Anschaffung der neuen Teleskop-Schlagstöcke, die Anschaffung des Stopp-Sticks, Videokameras an Streifenwagen, Anschaffungen neuer klappbarer Schutzschilde auf allen Fahrzeugen, Anschaffung neuer Schutzwesten mit verbessertem Stichschutz, Anschaffung neuer Außentragehüllen, flächendeckende Modernisierung des Fuhrparkes, 150 zusätzliche Polizeibeamte allein 2016, weitere - bis zu 500 - sind in Aussicht gestellt, zusätzlich 50 Stellen für Verwaltungsbeamte und Tarifangestellte, fünf zusätzliche Urlaubstage für geleistete Nachtdienste, 650 Beförderungen allein 2015, Anhebung des Einstiegsamtes, neue Organisationsleitlinien, die Anhebung der Erschwerniszulage, aktuell die Anschaffung von besonderer Schutzausrüstung für mögliche Terrorlagen und ein Innenminister, der mit einem Perspektivpapier genau weiß, wo er mit der Landespolizei hin will: Was bitte wollen Sie eigentlich noch?
Als ehemalige Polizeibeamtin, die hier viereinhalb Jahre polizeipolitische Sprecherin sein durfte, bedanke ich mich an dieser Stelle einfach einmal bei allen Kolleginnen und Kollegen, auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Opposition, für die oft durchaus konstruktive Zusammenarbeit. Ich bedanke mich aber ganz besonders beim Innenminister auch beim Vorgänger - und beim Innenministerium für das, was Sie wirklich tatkräftig angepackt haben. Ich bedanke mich ganz besonders bei der Landespolizei.
Lassen Sie mich eines anfügen: Wir haben im letzten Jahr ein Jahrhundertereignis in ganz Deutschland gehabt. Die Landespolizei Schleswig-Holstein hat in unserem Land mit ihrem Handeln eine wichtige Vorbildfunktion übernommen. Auch das war strategisch angelegt: Zu entscheiden, sofort eine besondere Aufbauorganisation einzurichten, die Erstaufnahmeeinrichtungen und die Landesunterkünfte nur in Verbindung mit Polizeidienststellen einzurichten, war strategisch die komplett richtige Entscheidung. Das zeigt nicht nur, dass die Polizei an der Stelle ihren Gesetzesauftrag erfüllt hat, das zeigt auch die Haltung der Landespolizei Schleswig-Holstein. Und darauf bin ich stolz. - Vielen Dank.
Ich verweise auf die Vorlage.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat gibt es im Moment diese Schlagwörter, die uns zunehmend beschäftigen. Das sind die Schlagwörter: Kinderehen, Kinderverlobung und Kinderbräute. Wir alle haben dann auch sofort
Bilder vor Augen, die wir entweder über die sozialen Medien oder auch über die Zeitungsblätter vor Augen gestellt bekommen. Das sind Bilder von sehr, sehr jungen Mädchen, von Achtjährigen, von Elfjährigen, die dann schon verheiratet werden, oft verhüllt sind.
Man darf nicht vergessen: Wenn wir von 15-jährigen oder 16-jährigen Mädchen sprechen, die, wenn sie Deutsche sind, nach der Ausnahmeregelung heiraten dürften, geschieht dies oft aus einer ganz anderen Intention heraus. Deutsche Mädchen sind ganz anders sozialisiert. Ihrer Heirat ist in der Regel keine Kinderverlobung im Alter von sechs Jahren vorausgegangen.
Ich gebe Ihnen vollkommen recht, das ist ein extrem ernstes Thema, aber es ist auch ein nicht weniger komplexes Thema. Denn das deutsche Recht stellt sozusagen auf eine andere Geschichte ab. Wir werden jetzt mit Konstellationen konfrontiert, die wir so nicht kennen. Diese Konstellationen gilt es in der Tat zu regeln.
An einer Stelle - muss ich sagen - gibt es Gott sei Dank eine eindeutige Regelung. Wenn wir nämlich tatsächlich eine verheiratete Elfjährige vor uns haben, ist durch den grundgesetzlich verankerten Minderjährigenschutz die Ehe hier in Deutschland zu versagen. Aber in der Tat gibt es einen Bereich, der - wie ich auch finde - neu justiert werden muss. Ich bin ganz dankbar dafür, dass Heiko Maas auf Bundesebene die Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt hat. Diese hat auch ein sportliches zeitliches Ziel, um genau diese Fragestellungen, die auch Sie, Frau Katja Rathje-Hoffmann, angesprochen haben, zu regeln.
Ich glaube, an einer Stelle sind wir uns wirklich alle einig - behaupte ich jetzt einmal, obwohl ich noch nicht alle Reden gehört habe -, nämlich dass Kinderehen auch religiös nicht begründbar sind. Kinderehen sind mit nichts begründbar und schlichtweg grausam.
Ich möchte aber auch noch einmal Zahlen in den Raum stellen: In Deutschland gibt es die Regelung, dass Heiraten grundsätzlich erst ab dem 18. Lebensjahr möglich ist, mit Ausnahme auch schon darunter. Aber ich muss immerhin 16 Jahre alt sein. Jünger darf ich definitiv nicht sein. Immer mit bedenken muss man auch, dass juristische Regelungen für alle Ehekonstellationen gelten. Diese Regelung, die wir in Deutschland haben, entspricht einer Regelung, die viele europäische, auch nord
europäische Länder haben. Deshalb muss ein Weg gefunden werden, der ganz klar abgrenzt zu dem, was mit den Geflüchteten zu uns kommt.
Ich will auch sagen: In der Türkei ist es rechtlich verboten, unter 18-jährig zu heiraten. Es gibt in der Türkei eine Grenze bei 18 Jahren. Unter 18 Jahren darf man in der Türkei nicht heiraten. Was dort aber passiert, ist, dass die religiösen Gründe über die dortigen rechtlichen gestellt werden. In der Türkei ist offenbar - ich kann die Zahl überhaupt nicht glauben - jedes vierte minderjährige Kind versprochen, wird schon als Kind verlobt mit der Folge, dann auch als Kind verheiratet zu werden. Deshalb sage ich, dass diese religiösen Gründe für uns in Deutschland keine Gründe sein dürfen. Da sind wir ganz klar.
Wir in Deutschland selbst haben aber auch Minderjährigenehen. Von 385.000 geschlossenen Ehen im letzten Jahr sind 69 - also eine verschwindend geringe Zahl - minderjährig vollzogen worden, davon überwiegend von minderjährigen Frauen und nur von fünf Männern.
Ich will damit sagen: Natürlich kommen dann auch die Juristen und Experten mit ins Spiel. Das muss man alles bedenken.
Ein Aspekt ist mir an der Stelle auch wichtig: Wenn diese Kinderehen der geflüchteten jungen Mädchen und Frauen hier in Deutschland versagt werden, dann dürfen die daraus folgenden Rechtsfolgen nicht zulasten der Mädchen und Frauen gehen. Ich bitte darum, hier auch der Bund-Länder-Arbeitsgruppe tatkräftig zur Seite zu stehen, damit die Rechtsfolgen daraus nicht auch noch zulasten derer gehen, die schon zwangsverheiratet worden sind. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zehn Jahre ist es alt. Es ist noch immer ein Meilenstein. Seit Inkrafttreten des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes 2006 hat jede und jeder Einzelne ein Recht auf Gleichbehandlung im Arbeitsleben und bei Alltagsgeschäften.
Da wird einem jungen Mann mit osteuropäisch klingendem Namen die Aufnahme ins Fitnessstudio verweigert, der schwangeren Mitarbeiterin eines Unternehmens wird die Fortbildung verwehrt, eine Bewerberin aus Thüringen bekommt den Job nicht, weil sie aus dem Osten stammt oder einer 13-jährigen dunkelhäutigen Schülerin wird der Kauf einer Schülermonatskarte verwehrt und das Erwachsenenticket mit den Worten angerechnet: „Neger müssen eben mehr bezahlen“. - Das sind nur einige Fälle, die die Antidiskriminierungsstelle bearbeitet hat.
Jedem kann es passieren, dass er diskriminiert wird. Dem Ergebnis einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle zufolge erlebt dies jede dritte in Deutschland befragte Person - nur bezogen auf die vergangenen zwei Jahre.
Häufig genannt wurden demnach Benachteiligungen wegen des Alters, wegen des Geschlechts. Oft erlebt werden Diskriminierungen am Arbeitsplatz, bei Ämtern und Behörden, im Internet, auf dem Wohnungsmarkt und bei Freizeitaktivitäten.
Das AGG schützt vor Diskriminierungen aus rassistischen oder ethnischen Gründen, wegen des Geschlechts, der Religion und Weltanschauung, wegen Behinderung oder chronischer Krankheit, wegen des Alters oder der sexuellen Orientierung. Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt auf Beschäftigung und Beruf.
Nach Antritt der rot-grün-blauen Landesregierung war es deshalb eine der ersten Haushaltsentscheidungen, auch in Schleswig-Holstein eine Antidiskriminierungsstelle einzurichten, die seitdem für die Menschen in Schleswig-Holstein als Ansprech-, Beratungs- und Aufklärungsstelle dient. Sie ist angesiedelt bei der Bürgerbeauftragten. Ich bedanke mich an dieser Stelle ganz besonders bei Samiah El Samadoni und ihrem Mitarbeiter Herrn Bunge für ihren sehr engagierten Einsatz gegen Diskriminierungen in unserem Land.
In ihrem ersten Bericht legen Sie, liebe Samiah El Samadoni, nicht nur offen, dass auch in Schleswig-Holstein Diskriminierungen vorkommen, sondern Sie regen auch ganz konkrete Maßnahmen an, die wir heute sehr gern unterstützen und für die wir
mit unserem heutigen Beschluss eine Bundesratsinitiative veranlassen wollen.
So greift unser Antrag heute auf, den Entschädigungsanspruch anzuheben, die Anzeigefristen zu verlängern, das Maßregelverbot auszuweiten, auch den Gewerkschaften das Recht einzuräumen, sich für die Verwirklichung der Gesetzesziele einzusetzen, das Verbandsklagerecht einzuführen und die Sonderregelung zur Ungleichbehandlung des § 9 AGG auf den verkündungsnahen Bereich der Kirchen einzuschränken. Es ist wirklich nicht nachvollziehbar, weshalb kirchliche Einrichtungen Andersgläubige bei Stellenbesetzungen benachteiligen dürfen.
Wir meinen, dass eine Einschränkung auf den sogenannten verkündungsnahen Bereich, zum Beispiel auf Pastoren- oder Erzieherstellen, vorgenommen werden soll. Stellenausschreibungen allerdings für hauswirtschaftliche Hilfskräfte, Reinigungskräfte oder Gärtner sollen auch Anders- und Nichtgläubigen zugänglich sein.
Nun hört man allenthalben immer noch von der CDU: Gleichbehandlung und Gleichberechtigung erreiche man nicht mit Bürokratie und Klagewellen, sondern mit Bildung und Sprache. - So lassen Sie mich, liebe Samiah, heute Ihren Antidiskriminierungsbericht in „Bildungsbericht“ umbenennen, den jede und jeder mindestens einmal gelesen haben sollte. Durch diesen Bericht kann man unheimlich viel lernen, und es ist ausdrücklich erlaubt, viel darüber zu sprechen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte nimmt zu - sowohl in ihrer Anzahl als auch in ihrer Intensität. Gewalttaten nehmen mittlerweile Formen an, die einem die Sprache verschlagen. Auch in Schleswig-Holstein wurden im vergangenen Jahr Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte beleidigt, bespuckt und in einem Fall sogar
mit Kot beworfen. Schlimmer geht es wohl kaum, darin sind wir uns alle wohl einig.
Doch wenn es um die Frage geht, wie diese Gewaltentwicklung gestoppt und wie der Schutz von Polizeibeamtinnen und -beamten sichergestellt werden kann, scheiden sich durchaus die Geister. Auf der Suche nach dem richtigen Rezept stehen nach wie vor die Fragen im Raum, ob zur Eindämmung von Gewalt eine Spezialnorm notwendig ist, ob Strafen zum wiederholten Male aus Gründen der Abschreckung verschärft werden müssen oder ob nicht vielmehr andere Fragen auf die Tagesordnung gehören.
Der Auftrag der deutschen Landespolizeien ist die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und die Abwehr von Gefahren für die Öffentlichkeit. Es gehört zum Berufsalltag von Polizeibeamtinnen und -beamten, in akuten Konfliktlagen zu agieren, und es ist das Wesen des Polizeiberufes als Träger des Gewaltmonopols, im erforderlichen Fall Gewalt auszuüben. In jeder Polizeiuniform steckt ein Mensch, und es gilt, diesen Menschen ganz besonders vor Gefahren und Verletzungen im Beruf zu schützen.
Den strafrechtlichen Schutz bietet das Strafgesetzbuch in der Sondernorm des § 113 unter dem Titel „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“. Das Strafmaß beläuft sich auf bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Darüber hinaus sind Polizeibeamtinnen und -beamte durch das Strafgesetzbuch und die Tatbestände der Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit geschützt. Je nach Intensität der Tathandlung drohen einem Angreifer unter anderem Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Damit ist die körperliche Unversehrtheit auch von Polizistinnen und Polizisten vorrangig durch die Paragrafen zu den Körperverletzungsdelikten des Strafgesetzbuches geschützt, die schon immer gegenüber dem Widerstand die weit höheren Strafandrohungen vorsehen.
Besonders schwerwiegende Folgen einer solchen Tat können sogar einen Verbrechenstatbestand begründen, bei dem die Freiheitsstrafe im Mindestmaß ein Jahr beträgt.
Da es mittlerweile auch häufig dazu kommt, dass Polizistinnen und Polizisten angegriffen und verletzt werden, ohne dass sie in Ausübung ihrer Gewaltbefugnisse einschreiten oder irgendeinen Anlass für einen unvermittelten Angriff gegen sie gesetzt hätten, gilt es zu prüfen, ob hier im Strafgesetzbuch im Zusammenhang mit § 113 eine Schutzlücke besteht, die es tatsächlich zu schließen gilt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, welche Abschreckung potenzieller Täter aber soll erreicht werden, wenn nun schon wieder die Erhöhung eines Strafrahmens auf eine Mindeststrafe von sechs Monaten gefordert wird? 2010 erreichte es eine Bundesratsinitiative aus Bayern, eine Strafverschärfung für den Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte auf den Weg zu bringen. Das ist gerade einmal sechs Jahre her, und die damaligen Befürworter, die auch heute noch im Landtag sitzen, sind den Nachweis schuldig geblieben,
dass die schon damals als Hauptargument ins Feld geführte Abschreckung auch nur einem Kollegen genutzt hätte.
Verzeihen Sie mir deshalb die Skepsis gegenüber einem weiteren Drehen an der Verschärfungsspirale, weil dies in fast sträflicher Weise die tatsächlichen Ursachen verdeckt.
Ob es Ihnen gefällt oder nicht, gegen Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte hilft am Ende nur gute Sozial- und Gesellschaftspolitik auf der einen Seite und eine moderne, gut ausgestattete und gut ausgebildete Landespolizei mit der richtigen Landesregierung, die das beherzigt.
Einer grundsätzlichen Diskussion, ob wir neben dem bestehenden § 113 StGB noch eine besondere Strafvorschrift für Angriffe auf Polizeibeamte außerhalb der eigentlichen Einsätze brauchen, verschließen wir uns nicht. Alle bisher aufgeführten Fälle allerdings waren von § 113 abgedeckt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU - das konnten wir vorhin in der Haushaltsdebatte hören -, auf Ihre nicht müde werdenden Vorwürfe, dass die Landesregierung der Landespolizei ihre Unterstützung versage, antworten wir munter und selbstbewusst, dass wir es waren, die 2012 die Stellenanhebungen auf zahlreichen Dienstposten vorgenommen, die Jubiläumszuwendungen wieder eingeführt, die Polizeizulage angehoben, die Erschwerniszulage aufgestockt, den Schmerzensgeldfonds eingeführt, zusätzliche Zusatzurlaubstage für geleistete Nachtdienststunden erhöht, Nachtdienststunden in das Folgejahr übertragbar gemacht, den Stellenabbau gestoppt und die Einstellungszahlen auf nie da gewesene Höhe erhöht haben. Wir haben das Einstiegsamt umgesetzt, die Dienstvereinbarung ,,Garantiertes 72-Stunden-Wochenende inner
halb 4 Wochen“ erreicht, neue Dienstwaffen angeschafft, neue Schutzschilde, neue Teleskopschlagstöcke, neue Außentragehüllen, einen modernen Fuhrpark geschaffen, Videoüberwachung an Fahrzeugen eingeführt. Wir haben den „Stopp-Stick“ angeschafft. Wir haben persönliche Schutzausstattungen um einen Stichschutz ergänzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich stehe für Anregungen, Kritik und Fragen gern zur Verfügung, liebe CDU. Aber nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass wir mindestens 19 Schritte voraus sind und weitere Schritte gehen werden.
Gestatten Sie mir einen Satz in Anlehnung an ein Zitat der Kanzlerin, das mich durchaus ein bisschen beeindruckt hat: All diejenigen, die ihre Argumentation allein auf Gefühlen aufbauen, werde ich wohl nicht mit Fakten überzeugen können. Darum lassen Sie mich mit einem Gefühl antworten: Ich bedaure es, Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, das sagen zu müssen. Aber Sie treten auf der Stelle mit Tendenz zur Seite. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Bemerkungen vorab: Kollege Bernstein, wenn Sie hier vortragen, dass wir sozusagen unter größtem Druck die schlimmsten Missstände in der Landespolizei behoben hätten
- ich habe übrigens keine schlimmsten Missstände vorgefunden -, müssen wir leider darauf zurückverweisen, dass wir diese schlimmsten Umstände von Ihnen übernommen haben.
Ich sage aber gleichfalls, dass „schlimmste Missstände“ weit überzogen ist und will Ihnen das nicht einmal anlasten.
Uns liegen in der Tat heute in verbundener Debatte Themenbereiche vor, bei denen man sich zunächst fragt: Passen die überhaupt in der Debatte zusammen? - Ich sage: Ja, sie passen sehr gut zusammen. Wir haben auf der einen Seite die Errichtung und den Betrieb eines Rechen- und Dienstleistungszentrums, eines länderübergreifenden Dienstleistungszentrums zur Telekommunikationsüberwachung der Polizeien, und wir haben auf der anderen
Seite zwei Anträge zur Ausstattung der Landespolizei. Beide Themenbereiche passen deshalb gut in eine Debatte, weil sie damit zu tun haben, wie wir Polizei zukunftsfähig machen beziehungsweise wie wir sie weiterhin zukunftsfähig machen.
Denn wir müssen uns stets fragen - diese Fragen stehen über beiden Themen -: Wohin entwickelt sich unsere Gesellschaft? Wohin entwickelt sich Kriminalität? Wie und auf welchen Feldern kann und muss auch in Zukunft Prävention geleistet werden? Wie und mit welchem Rüstzeug kann ich den sich ständig ändernden Kriminalitätsformen begegnen?
Schon jetzt nimmt internetbasierte Kommunikation einen nicht mehr wegzudenkenden Raum in unserer Gesellschaft ein. Dieser Raum wächst ständig und wird auch noch lange weiter anwachsen. Und das ist eben auch Raum für Kriminalität und wird auch von Kriminellen schon sehr stark genutzt.
Ich nenne nur drei Stichworte: internetbasiert, mobil und verschlüsselt. Das sind nur drei Merkmale, die auch gerne von Kriminellen genutzt werden. Erschwert wird das Ganze von bandenmäßigem grenzüberschreitendem Vorgehen. Hier muss die Landespolizei mit klugen Strukturen fit für die Zukunft sein. Durch die Zentralisierung der Telekommunikationsüberwachung werden Maßnahmen in Zukunft effizienter und kostengünstiger sein.
Ich finde es klug, dass sich die norddeutschen Länder hier gemeinsam auf den Weg machen, einen gemeinsamen Dienstleister zu nutzen. So können länderübergreifende Fragestellungen länderübergreifend gelöst werden, realisiert durch den vorliegenden Staatsvertrag. Ich halte das für einen zukunftsweisenden Schritt.
Eine ebenfalls wachsende Herausforderung ist die Frage nach der richtigen Ausstattung der Landespolizei, wobei ich ausdrücklich anmerken möchte, dass ich die Frage nach zum Beispiel der richtigen Bewaffnung von Polizeibeamtinnen und -beamten nicht reflexhaft führen möchte. Ich möchte sie auch nicht im Kontext eines Wettrüstens mit anderen Bundesländern führen.
Fakt ist, dass während der Regierungszeit von CDU und FDP null zusätzliche Stellen für die Landespolizei geschaffen wurden - keine einzige Stelle. Das Einzige, was in der Regierungszeit von CDU und FDP verlängert wurde, war die Lebensarbeitszeit,
übrigens ohne Anpassung des Beförderungssystems.
Diesen Beförderungsstau haben wir dann aufgelöst.
Fakt ist, dass die rot-grün-blaue Landesregierung bereits in den ersten beiden Regierungsjahren 200 Planstellen mehr erreichte und seit 2014 nochmal mehr Anstrengungen unternommen hat, um zusätzliche Stellen zu schaffen. Ehrlich gesagt, habe ich schon fast den Überblick verloren und muss jedes Mal in der Fachabteilung wieder nachfragen: Wie viele hundert Stellen haben wir eigentlich 2014, 2015, 2016 und so weiter geschaffen beziehungsweise haben wir vor zu schaffen?
Bis 2023 haben wir zusätzlich zu den vielen hundert Stellen, die wir ohnehin schaffen, 500 Stellen geplant. An diesem Ziel werden wir definitiv festhalten. Eines steht allerdings schon jetzt fest: Wir haben schon jetzt so viele Polizeibeamtinnen und -beamte im Land wie noch nie.
Fakt ist auch, dass wir mit der Anhebung des Einstiegsamtes den ersten Schritt für eine bessere Besoldung des sogenannten mittleren Dienstes vorgenommen haben. Wir sind diesen Schritt gegangen, der jahrelang gefordert worden ist. Wir haben damit Wort gehalten. Wir werden auch die weiteren Schritte gehen und entsprechend im System anpassen.
Fakt ist auch, dass wir die Jubiläumszulage sogar rückwirkend wieder eingesetzt haben. An der Stelle möchte ich auch noch einmal sagen, welche Wirkung das hat, und warum wir das gemacht haben. Ich meine, dass der Polizeiberuf ein außergewöhnlicher Beruf ist und wir denjenigen, die täglich unter Einsatz ihrer Gesundheit und ihres Leben Dienst für das Land Schleswig-Holstein tun, nicht genügend Dankbarkeit und Respekt zollen können.
Fakt ist auch, dass wir die Erschwerniszulage angehoben haben, den Schmerzensgeldfonds eingesetzt und die Ausstattung der Landespolizei mit modernen Fahrzeugen und einer modernen Handfeuerwaffe vollzogen haben.
Der Fuhrpark der Landespolizei kann sich sehen lassen. Der Fuhrpark und die Einführung der P 99 so heißt die von allen Polizeibeamtinnen und -beamten zu tragende Pistole - sind Ergebnisse der aktuellen Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir wissen, dass Ereignisse wie die jüngsten Terroranschläge in Nizza und Würzburg nicht nur das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung verunsichern. Auch die schleswig-holsteinische Landespolizei nimmt solche Ereignisse zum Anlass, um zu hinterfragen und zu überprüfen - selbstverständlich, wobei ich, das wiederhole ich gern, keine Debatte übers Wettrüsten zwischen den Bundesländern führen möchte.
Entscheidend ist für mich die Frage: Welche Gefahren sind in Zukunft zu erwarten, und wie begegne ich diesen Gefahren? Habe ich es in Zukunft mit Amokläufern zu tun, die plötzlich, unmotiviert und wahllos Gewalt ausüben? Oder wächst die Gefahr terroristischer Anschläge, die sehr planvoll vorgehen und gezielt sind, die gezielt Angst und Schrecken in der Gesellschaft verbreiten wollen? Diese Taten scheinen oft willkürlich, sind es aber nicht. Oder haben wir es - das ist die Frage zu den aktuellen Ereignissen - mit einer Mischung aus beidem zu tun?
Und genau hier muss unsere Debatte ansetzen, nämlich bei der Frage: Was brauchen unsere Sicherheitsbehörden, um einerseits die Taten zu verhindern, andererseits aber im Falle des Falles die Täter schnellstmöglich dingfest zu machen?
Was wir auf gar keinen Fall tun sollten, ist, dem Ansinnen der Terroristen zu entsprechen. Meine Damen und Herren, bitte lassen wir uns nicht verunsichern. Wir werden weiterhin in Zusammenarbeit mit unseren Expertinnen und Experten aus der Landespolizei für eine gute Ausstattung und Ausrüstung sorgen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe zwar eine Rede vorbereitet, möchte aber spontan auf das eingehen, was hier gesagt worden ist.
Ich glaube, dass wir in der Sache gar nicht auseinander liegen. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir in dieser Sache und in diesen Herausforderungen, die uns gestellt werden, beieinander sind.
Der Punkt ist doch, dass tatsächlich mit dem Vorfall in Würzburg die Terrorgefahr oder die Gefahr eines Amoklaufes - ich möchte gleich auf beides fachlich eingehen - noch einmal ein Stück näher an uns herangerückt sind. Jeder hat schon viel früher gewusst, dass die Gefahr auch vor unserer Haustür ist. Ich glaube, dass nie jemand dies geleugnet hat.
Ich betone gern noch einmal: Noch nie hat eine Landesregierung innerhalb von vier Jahren die Sicherheitsbehörden so massiv modernisiert und zusätzlich ausgerüstet, wie es die jetzige Landesregierung getan hat. Das ist schlichtweg Fakt!
Ich will die Sicherheitsbehörden noch einmal lobend hervorheben. Dem will ich jetzt keinen Abbruch tun. Wir müssen genau dort weitermachen.
Das ist aber der Bereich Sicherheitsbehörden. Wir diskutieren solche Vorfälle, wie wir sie leider in letzter Zeit häufiger haben, immer innenpolitisch und nie sozialpolitisch. Das ist ein Aspekt, den ich
in den Fokus nehmen will: Wir können nicht weggucken.
Es geht um junge Menschen - vorwiegend. Ich kann nicht behaupten, dass es nur junge Menschen sind, die sich radikalisieren lassen. Ich weiß es nicht. Insofern ist der Ansatz, das durch eine Studie zu hinterfragen, durchaus ein interessanter Ansatz, keine Frage.
Aber es geht - da gleichen sich im Übrigen die Muster von Amokläufern und Menschen, die sich radikalisieren lassen - um junge Menschen, die Perspektivlosigkeit erfahren, die vielleicht auf der Suche nach einer religiösen Orientierung keine Orientierung erfahren, um junge Menschen, die aus unserem Blickfeld verloren gegangen sind. Dort hat auch die Sozialkontrolle am Ende nicht mehr funktioniert.
- Wir wissen das noch gar nicht! Sie haben doch im Eingang Ihrer Rede selbst gesagt, dass wir, was den Fall Würzburg angeht, noch nicht genügend Erkenntnisse haben. Das war die Einleitung, und im gleichen Atemzug haben Sie Dinge über den jungen Mann behauptet, von denen ich mich gerade fragte, woher Sie das denn wissen.
Noch einmal zurück zum Einzelfall Würzburg. Ich kann nicht darauf schließen, dass alle Täter so sind. Es war in Nizza anders, es war in Paris anders, es war in Kopenhagen anders. Und ich will nicht ausschließen - und Sie dürfen das auch nicht tun, Herr Kubicki -, dass auch junge deutsche Männer zu Fanatikern werden. Wir dürfen das nicht ausschließen, denn dann würden wir eine Gruppe von potenziellen Täterinnen und Tätern ausblenden.
Gern.
kussion genommen haben, alles, was dieser Staat an Integrationsleistungen, an Perspektive für solche Menschen zu bieten hat, all diese Angebote wurden angenommen. Er war in einer Pflegefamilie. Er wurde permanent entsprechend betreut. Er hat ein Praktikum mit der Perspektive auf einen Ausbildungsplatz absolviert. Das ist der Punkt, der uns so ratund fassungslos macht.
Deswegen würde ich mich nicht dagegen wehren, auch den sozialpolitischen Aspekt herauszustellen. Gerade in diesem Fall müssen wir aber weitere Antworten finden und nicht nur darauf verweisen, dass wir genauso wie Frankreich integrationspolitisch in den vergangenen Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten eklatante Fehler gemacht haben. Ich glaube, das hilft an dieser Stelle nicht weiter.
- Aber es macht schon Sinn, strukturell zu denken und nicht bezogen auf den Einzelfall. Wir haben einen Einzelfall, der auch weiter analysiert werden muss. Trotzdem müssen wir strukturell auf die Problematik schauen. Wir können nicht nur auf Würzburg schauen. Wir müssen insgesamt die Fragen auch strukturell beantworten.
Den Ansatz, den Herr Kubicki wählt, finde ich durchaus interessant. Wir können aber nicht immer nur bezogen auf den Einzelfall argumentieren, sondern wir müssen insgesamt hinschauen. Wir dürfen auch nicht einfach nur eine Gruppe von Menschen, nämlich die Flüchtlinge, wieder in den Fokus nehmen, sondern wir müssen insgesamt zusehen, dass kein junger Mensch irgendwo verlorengeht. An irgendeiner Stelle wird auch dieser Mensch verlorengegangen sein; denn sonst hätte er es nicht gemacht, oder wir hätten es verhindern können.
Ich will noch einmal auf die Strategie der FDP eingehen, die ich nicht nachvollziehen kann. Wenn wir Sicherheitsbehörden so gut ausstatten wollen, dass wir durch Telekommunikationsüberwachung solche Taten beziehungsweise Verdachtsmomente für solche Taten früher erkennen, verstehe ich Ihre Ablehnung nicht. Im gleichen Atemzug fordern Sie jedoch eine bessere Ausstattung durch Schutzwesten, Helme und Schusswaffen,
damit die Beamten im Falle einer Tat bessere Einsatzmöglichkeiten haben.
Ich bevorzuge, frühzeitiger Verdachtsmomente zu erkennen, möglicherweise auch durch moderne Te
lekommunikation, weil dadurch Taten eher verhindert werden können als wenn man - ich drücke mich jetzt vereinfachend aus - den Kollegen einfach einen Helm aufsetzt und sagt: Dann müssen wir mit der Tat leben. - Insofern passen Ihre Strategie und Ihr politischer Ansatz nicht zueinander.
Zurück zur Problematik. Ich habe das vorhin schon angerissen. Wir stehen heute vor der Frage - in den Pressemeldungen werden oft beide Begriffe genannt -, ob es ein Amoktäter oder ein Terrorist ist. Beides sind unterschiedliche Ansätze. Ich habe es vorhin schon gesagt.
Der Amoktäter ist jemand, der sich in einem psychischen Ausnahmezustand befindet, der wahllos, meistens kurzfristig, überläuft und eine Tat ziemlich ziellos vornimmt. Der Terrorist hingegen tut das in der Regel nicht. Wir sind in der Vergangenheit immer davon ausgegangen, dass diese Menschen sehr lange zuvor Kontakt zum IS aufnehmen, möglicherweise sogar dorthin fahren und radikalisiert zurückkommen. Wir wissen, dass sie mittlerweile nicht mehr dorthin fahren müssen. Das erfolgt alles über das Internet.
Die Taten in Nizza und Würzburg stellen die Fachleute deshalb vor besondere Fragen, weil sie festgestellt haben, dass sie sich offenbar so schnell radikalisiert haben wie noch nie zuvor. Das ist im Moment eine Vermutung. Die Ermittlungen laufen. Ich glaube, das ist das neue Phänomen, und dem müssen wir uns sicherlich stellen. Warum geht es so schnell? Ist es nicht vielleicht eher so, dass wir gewisse Einzeltäter haben, die zur Fangemeinde des IS gehören und der IS immer rückwirkend sagt, dass sei deren Tat gewesen?
Insofern muss dieses Phänomen sehr genau analysiert werden. Wir müssen überlegen, wie wir an diese jungen Menschen herankommen, damit diese jungen Menschen nicht dorthin laufen und nicht ihren einzigen Ausweg darin sehen, suizidal Täter zu werden. Sie gehen ja suizidal in diese Tat hinein. Sie wissen ja ganz genau, dass sie das nicht überleben. Das sind junge Menschen, die überhaupt keine Perspektive mehr in ihrem Leben sehen.
Deshalb mahne ich an, dass wir dieses Thema nicht immer nur unter sicherheitspolitischen Aspekten diskutieren, sondern unseren Blick viel weiter öffnen.
Dazu gehört, dass wir Präventionsarbeit weiter finanzieren. Unsere Landesregierung war es, die 300.000 € in die Hand genommen und gesagt hat:
Wir machen Präventionsarbeit im Bereich religiös motivierten Extremismus. - Das hat es vorher nie gegeben. Genau diese Ansätze müssen wir weiter verfolgen.
Ich meine nur - und deswegen schließe ich jetzt mit dem, mit dem ich angefangen haben -: Wir sind gar nicht so weit auseinander. Wir sollten nicht reflexhaft Hysterie verbreiten, die wir hier nicht verbreiten müssen. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein homosexueller Mann zu sein und seine Homosexualität zu leben, war in der Bundesrepublik unter wechselnden Tatbestandsvoraussetzun
gen bis 1994 strafbar - das ist gerade einmal 22 Jahre her! Das nun vorliegende Gutachten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt es endlich schwarz auf weiß: Hier ist Unrecht geschehen, und dies ist zu entschädigen.
Der von den Nazis 1935 verschärfte Straftatbestand § 175 Reichsstrafgesetzbuch war nach der Gründung der Bundesrepublik übernommen worden. Das hatte zur Folge, dass Homosexuelle weiterhin verfolgt und verurteilt wurden. Heiner Garg hat es gesagt: Das waren in der Zeit von 1949 bis 1969 50.000 Menschen, 50.000 Verurteilungen. Auch in der 1948 gegründeten DDR wurde die Kriminalisierung Homosexueller fortgesetzt, zwar in weniger scharfer Form, sodass das Verurteilungsrisiko in der DDR niedriger war, aber das ist doch völlig unerheblich bei der Feststellung, dass beide Staaten hier nicht wiedergutzumachende Schuld auf sich geladen haben.
Die Straftatbestände § 175 der Bundesrepublik sowie der DDR waren von Anfang an verfassungswidrig und verletzten die Menschenwürde.
Alle hierzu gefällten Urteile sind Unrecht, und deshalb sind wir verpflichtet, und es ist das Mindeste, was wir heute tun können, die Opfer zu rehabilitieren, sie um Entschuldigung zu bitten und Entschädigung anzubieten.
Wer sich dem entgegenstellt, verletzt meines Erachtens die Würde der Opfer erneut, und das ist aus meiner Sicht absolut inakzeptabel.
Umso stärker möchte ich hervorheben und mich bei allen Fraktionen dieses Landtags bedanken, dass von Schleswig-Holstein ein ganz klares und unzweifelhaftes Signal ausgeht, wir mit einer Stimme sprechen und unsere Haltung ganz klar zum Ausdruck bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren: Schleswig-Holstein steht zu seiner Verantwortung sowohl für vergangenes als auch für zukünftiges Handeln. Die Anerkennung und Entschädigung der Opfer ist mehr als der Versuch einer Wiedergutmachung. Wir wollen und müssen zeigen, dass wir die Erklärung der Vereinten Nationen, die jede Art der Dis
kriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität verurteilen, mit allem Nachdruck umsetzen. Wir wollen und müssen zeigen, dass wir Vorbild und in unserer Haltung gegen jede Art von Diskriminierung unerschütterlich sind.
Ich nehme ganz bewusst Bezug auf aktuelle Äußerungen von AfD-Abgeordneten. Wir müssen aktuellen homofeindlichen Tendenzen von AfD, PEGIDA und Co. gemeinsam couragiert und laut entgegentreten.
Wer Homosexuelle ernsthaft ins Gefängnis stecken will, weil sie eine Gefahr für unsere Gesellschaft sein sollen, sollte zum Arzt gehen, aber nicht in die Politik!
Wir wollen eine gerechte Gesellschaft, die frei von Diskriminierung ist, die bereit ist, geschehenes Unrecht anzuerkennen und Opfer zu rehabilitieren. Die Zeit dafür ist überfällig.
Ich bedanke mich ausdrücklich für dieses einstimmige Votum heute.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für den durch Innenminister Studt gegebenen Bericht. Es ist so, dass im vergangenen Jahr 35.106 Menschen nach SchleswigHolstein gekommen sind. Etwa ein Viertel dieser Menschen waren Frauen. Die Anzahl der Frauen wächst in diesem Jahr enorm an. Das hat sicherlich auch mit dem Familiennachzug zu tun.
Es trifft zu, wie die Frau Abgeordnete Nicolaisen eben dargestellt hat, dass sich die Situation in den Erstaufnahmeeinrichtungen entspannt. Falsch ist aber, dass es keine getrennten Sanitäranlagen geben würde; das ist komplett falsch. Vielmehr waren die Standards sehr schnell so aufgenommen worden, dass genau auch auf die geschlechterspezifischen Rahmenbedingungen geachtet wurde.
Familien sind getrennt untergebracht. Alleinreisende Frauen sind getrennt untergebracht. Auf die räumlichen Rahmenbedingungen hat das Innenministerium von Anfang an sehr geachtet. Dafür bedanke ich mich angesichts der Situation, wie wir sie im letzten Jahr unter Hochdruck vorgefunden haben. Das ist ganz besonders viel wert.
Neben den getrennten Unterbringungsangeboten, getrennten Sanitärangeboten, also alles das, was man räumlich und technisch machen kann, braucht es aber auch personelle Ausstattung. Ich weiß, dass wir auch insoweit auf einem sehr guten Weg sind; denn es geht in der Tat darum, von Anbeginn gute Betreuung zu leisten.
Ich will auch die Zahlen noch nennen: Unter den Menschen, die zu uns kommen, sind in der Regel 70 % Erwachsene und 30 % Kinder. Die Anzahl der Frauen im ersten Quartal 2016 ist um 30 % angestiegen. Das heißt, wir müssen uns dieser Gruppe in diesem Jahr wirklich noch einmal ganz besonders widmen. Ganz besonders wichtig ist auch die Verweildauer in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Diese wird sich möglicherweise weiter verkürzen.
Wichtig dabei ist, auch die Kommunen mit in den Blick zu nehmen. Es gibt bereits einen Leitfaden, um den Kommunen das Handeln zu erleichtern. Aber da noch einmal Hilfestellung zu leisten, ist, glaube ich, etwas, was wir aus Landessicht auch weiterhin tun sollten und tun können. Denn bei der Unterbringung der Frauen und Kinder und der Familien in den Kommunen müssen unbedingt Standards eingehalten werden. Da braucht es eben auch sofortige gute Betreuung, gute Integrationskurse und gute Angebote, gute Sozialberatung, gute Hausprävention, Gewaltprävention. Das alles braucht insbesondere die Gruppe der Frauen.
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen darf nicht nur in den Erstaufnahmen in den Blick genommen werden. Vielmehr müssen auch wir die Kommunen weiterhin dabei unterstützen. Das alles werden wir in diesem Jahr tun.
Ich bedanke mich für den Bericht, der sicherlich in den Ausschuss überwiesen wird und den wir dort auch weiter beraten werden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute liegt in zweiter Lesung das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten vor, mit welchem eine unabhängige Stelle für alle Angelegenheiten, die im Zusammenhang mit polizeilichem Handeln stehen, eingeführt wird. So können sich nicht nur Bürgerinnen und Bürger an den zukünftigen Polizeibeauftragten oder die zukünftige Polizeibeauftragte wenden, sondern auch Polizeibeamtinnen und -beamte selbst, die sich, in welchem Kontext auch immer, ungerecht behandelt sehen.
Die Ansprechstelle soll bestehende Konflikte möglichst frühzeitig lösen und bestehende Unklarheiten und Fragestellungen möglichst schnell beseitigen. Um dies leisten zu können, ist es von Bedeutung, dass dieses Angebot möglichst niedrigschwellig gehalten wird. Deshalb sieht der Gesetzentwurf vor, dass sich jede und jeder unabhängig von der Art des Konfliktes an die Ansprechstelle wenden kann. Die Ansprechstelle ist nach dem vorliegenden Gesetzentwurf stark mediativ ausgerichtet, gibt aber, sofern der Anlass dafür gegeben ist, auch die Möglichkeit, selbst Initiativen einzuleiten.
Die beziehungsweise der Polizeibeauftragte ist für die Polizeibeamtin und den Polizeibeamten neben der innerdienstlichen Möglichkeit, sich an den Personalrat wenden zu können, ein zusätzliches Instrument, bestehende Konflikte zu lösen. Polizeibeamtinnen und -beamte können sich mit einer Eingabe an die Beauftragte oder den Beauftragten wenden, wenn sie Missstände oder Fehler aufzeigen wollen oder im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in soziale oder persönliche Konfliktsituationen geraten oder Probleme mit ihrem Dienstherrn vorliegen.
Bürgerinnen und Bürger können sich mit einer Beschwerde an die Beauftragte oder den Beauftragten für die Landespolizei wenden, wenn sie bei einer polizeilichen Maßnahme den Eindruck haben, dass ein persönliches Fehlverhalten einer Polizeibeamtin oder eines Polizeibeamten vorliegt oder dass eine Polizeimaßnahme rechtswidrig war.
Dass eine Ansprechstelle außerhalb der Polizei dabei sehr hilfreich sein kann, zeigen nicht nur die Ergebnisse des ersten Berichts des Polizeibeauftragten aus Rheinland-Pfalz, aus dem ganz deutlich hervorgeht, dass sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Polizeibeamtinnen und -beamten selbst den Beauftragten aufsuchen. Bereits im ersten Jahr wurden insgesamt mehr als 80 Fälle bei ihm angezeigt, 54 Beschwerden durch Bürgerinnen und Bürger und 29 Eingaben durch Polizeibeamtinnen und -beamte.
Wir haben anhand der Vorfälle, die sich vor nicht allzu langer Zeit in der Polizeidirektion für Ausund Fortbildung in Eutin in Schleswig-Holstein zugetragen haben, bei denen es sich um Sexismusvorwürfe und Vorwürfe von Rassismus und Diskriminierung handelt, zu denen der Sachverhalt vor wenigen Wochen im Innen- und Rechtsausschuss erläutert werden musste, selbst feststellen können, dass es einen Bedarf einer solch unabhängigen mediativen Stelle gibt.
Trotz des eingeleiteten Straf- und trotz des eingeleiteten Prüfungsverfahrens zum Disziplinarverfahren, die übrigens beide eingestellt wurden, bleibt der Konflikt. Es bleibt eine ungelöste und unbefriedigende Situation nicht nur zwischen den Auszubildenden, sondern auch zwischen den Auszubildenden und Ausbildern zurück nebst der Erkenntnis, dass hier die Funktion eines unabhängigen Polizeibeauftragten geholfen hätte. Das nämlich stellte der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium sogar selbst fest.
(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD], Rasmus An- dresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], (Dr. Axel Bernstein)
Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ja.
Möglicherweise hätte das so sein müssen. Ich will ja nur sagen, dass das zusätzliche Element eines Polizeibeauftragten hier hätte hilfreich sein können. Ich stelle anheim: Möglicherweise wäre auch ein eingeleitetes Disziplinarverfahren nicht erfolgreich gewesen. Was ja zurückbleibt, ist - Stand heute die ungelöste Situation unabhängig der formellen Verfahren. Da meine ich: Als zusätzliches Instrument hätte es in jedem Fall geholfen.
Nach einer schriftlichen und mündlichen Anhörung haben wir noch zwei Aspekte in den vorliegenden Gesetzentwurf aufgenommen und ihn geändert. Die
Beschwerde- und Eingabefrist wird von sechs Monate nun auf 12 Monate verlängert und die Berichtspflicht von zweijährig auf jährlich verändert, also verkürzt. Damit entsprechen wir der notwendigen Niedrigschwelligkeit und Transparenz, die wir von einer solchen Stelle wünschen, denn nur so - da bin ich mir ganz sicher - wird das Vertrauen in polizeiliches Handeln gestärkt.
Ich will hinzufügen, Herr Dr. Bernstein: Ich bin mir ganz sicher, dass diese Stelle auch von Polizeibeamtinnen und -beamten angelaufen werden wird, denn es sind nicht pauschal alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte gegen die Einrichtung einer solchen Stelle. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Internet ist schon lange kein Neuland mehr. Das Internet ist weit darüber hinaus gewachsen, Informations- und Unterhaltungsmedium zu sein. Es ist ganz besonders ein nicht mehr wegzudenkendes Kommunikationsmedium geworden, das heute in fast alle Lebens- und Geschäftsstrukturen integriert ist. Ohne das Internet geht beinahe gar nichts mehr. Das Internet ist ein Lebensraum und längst auch Großraum von Kriminalität geworden.
Schon jetzt spüren wir die Anstrengungen, Schritt zu halten mit den Vorgehensweisen Krimineller, und können kaum erahnen, wie sich das Internet in Zukunft entwickeln wird. Es ist anzunehmen, dass Internetkommunikation in Zukunft noch mobiler, noch verschlüsselter und noch internationaler geführt wird. Das bedeutet ein höheres Datenaufkommen und wesentlich mehr Möglichkeiten für alle, auch für Kriminelle.
Da ist es nur folgerichtig, sich zukunftsorientiert aufzustellen. Bereits 2008 hat die Innenministerkonferenz von Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bremen die Errichtung eines Telekommunikationsüberwachungszentrums Nord beschlossen. Die fünf norddeutschen Bundesländer haben Mitte April 2016 den Weg für dieses gemeinsame Rechen- und
Dienstleistungszentrum Telekommunikationsüberwachung Polizei freigemacht. In dem uns vorliegenden Staatsvertrag haben sich die Länder auf die Errichtung einer zentralen Dienstleistungsstelle beim Landeskriminalamt in Hannover geeinigt. Dort soll spätestens ab 2020 die Telekommunikationsüberwachung der beteiligten Polizeibehörden zentralisiert werden.
Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrmaßnahmen bedürfen durch sich stetig ändernde Verschlüsselungsmöglichkeiten ständig neuer Überwachungstechniken. Mit der Zunahme von Internetkommunikation steigt auch die Anzahl der Überwachungsmaßnahmen, was eine Herausforderung an sich ist.
Durch die nun länderübergreifende Kooperation kann - der Innenminister hat es ausgeführt - Wissen gebündelt und Geld gespart werden. Die Ausstattung mit Telekommunikationstechnik und die jeweils verfügbare Anschlusszahl sollen vermehrt werden - das ist eines der Ziele.
Die Verantwortung über jede einzelne Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme bleibt in der Hoheit des jeweiligen Landes. Dem RDZ stehen bezüglich Anordnung, Durchführung und Löschung von TKÜ-Maßnahmen keine eigenen Entscheidungskompetenzen zu, und das ist auch gut so.
Die Einrichtung eines solchen gemeinsamen Rechen- und Dienstleistungszentrums steht auch nicht im Widerspruch zu den erforderlichen Datenschutzmaßnahmen. Hier gilt die gute alte Weisheit: Nichts ist schlimmer als Stillstand. Stillstand bedeutet immer Rückschritt. Denn auch zum Schutz von Daten braucht ein moderner Staat moderne Strukturen, Techniken zum Datenschutz, und muss sich ständig weiterentwickeln. Wir brauchen dafür ein entsprechendes Datenschutzkonzept. Das wird es geben.
Wir brauchen auch die kontinuierliche Sicherstellung von unabhängigen Kontrollrechten. Auch die wird es geben.
Insofern bin ich zuversichtlich, dass mit dem zukünftigen Rechenund Dienstleistungszentrum moderne Telekommunikationsüberwachung einerseits und Datenschutz andererseits in der richtigen Balance stattfinden werden. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt durchaus Themen, die wir im Landtag nicht kontrovers zu diskutieren brauchen. Ich gebe meinem Vorredner recht: Das ist ein Thema, mit dem wir uns nicht erst jetzt, sondern länger beschäftigen mussten.
Der Antrag der FDP-Fraktion besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil spielt auf die flächendeckende Verfügung von schnellen Internetzugängen an. Es ist ein Verdienst unserer Landesregierung, dass wir mittlerweile eine flächendeckende Verfügbarkeit haben. Es gibt in Schleswig-Holstein keine Dienststelle, die keinen Internetzugang hat. Das will ich einmal betonen. Was die Dienststellen in der Tat nicht haben, ist, dass jeder Arbeitsplatz einen Zugang hat. Da muss man durchaus differenzieren.
Wir haben uns vorgenommen, die Schnelligkeit deutlich zu erhöhen. Ich bin jetzt im vierten Jahr außerhalb des Polizeidienstes. Ich habe jahrelang selber die Erfahrung gemacht, dass man mit dem Eindruck des schnellen Internets von zu Hause - da sind wir alle hochmodern ausgestattet - morgens die Behörde betritt und dann das Gefühl hat, man werde ausgebremst. Wir müssen uns da ganz klar zukunftsmäßig ausrichten. Wir haben das Thema Internet heute schon einmal in anderem Zusammenhang debattiert.
Dafür steht unsere Landesregierung definitiv. Ich habe keine Sorge, dass sie das sicherlich anpacken wird.
Dem zweiten Ansinnen Ihres Antrags greife ich jetzt nicht vor, sondern überlasse es dem Minister, gleich entsprechende Ausführungen zu machen.
- Ich glaube, es wird heute eine sehr befriedigende Auskunft geben. Insofern herzlichen Dank.
Im Übrigen haben auch wir mit der JUNGEN GRUPPE gesprochen. Wir haben uns diesem Thema schon viel früher gewidmet. Ich weiß, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums alles tun, um an der Stelle für Verbesserungen zu sorgen.
Das Thema WLAN hat zwei verschiedene Blickwinkel. Das eine ist, die Ausbildungsstätte in Eutin attraktiver zu machen, indem ich den Auszubildenden in ihrer Freizeit WLAN anbiete. Das ist eine ganz andere Aufgabe, als das WLAN für die Fachausbildung zur Verfügung zu stellen. Da geht es um Sicherheitsstandards. Wir gehen das stufenweise an.
Sie haben eben versucht, die Auskunft des Ministeriums ein bisschen ins Lächerliche zu ziehen. Der erste Schritt - wahrscheinlich der einfachere - ist natürlich, WLAN für Freizeitzwecke zur Verfügung zu stellen. Der zweite Schritt ist etwas schwieriger umzusetzen, ein WLAN in der Ausbildungsstätte mit Sicherheitsstandards für die Unterrichtung der Auszubildenden und für die Fachlehrerschaft zur Verfügung zu stellen. Ich bin sicher, dass sich die Landesregierung diesem Thema bereits widmet. Das wird im nächsten Schritt sicherlich zur Vereinfachung der Ausbildung beitragen.
Mehr will ich an dieser Stelle nicht sagen. Wie gesagt, das ist ein Thema, bei dem wir uns alle einig sind. Wir unterstützen die Überweisung an den Ausschuss, und ich freue mich auf die Diskussion im Innenausschuss. - Danke.
Ich verweise auf die Vorlage.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kubicki, tut mir leid, aber das sehe ich vollkommen anders.
In Schleswig-Holstein sind im vergangenen Jahr die polizeiliche Kriminalstatistik ist soeben veröffentlicht worden - 253 Strafanzeigen wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung erstattet worden. Insgesamt sind 1.600 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erstattet worden. Man geht davon aus, dass die Dunkelziffer bei über 90 %, wahrscheinlich bei nahezu 100 % liegt.
Das würde bedeuten, dass von zehn Taten nur eine angezeigt wird. Das würde bedeuten, dass wir statt 1.600 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung 16.000 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in diesem Land zu verzeichnen hätten.
- Ich habe Ihnen ganz still und leise zugehört und würde mich freuen, wenn Sie das auch tun.
Die Frage ist, warum das Anzeigeverhalten gerade in diesem Bereich so gering ist. Möglicherweise
liegt das auch daran, dass unser Strafrecht an einem ganz entscheidenden Punkt meines Erachtens eine Lücke aufweist, die wir gern geschlossen sehen wollen. Unser Strafrecht stellt nämlich beim Straftatbestand des § 177 StGB auf eine aktive Gegenwehr des Opfers ab oder auf eine schutzlose Lage oder auf eine Bedrohung für Leib und Leben. Das ausgesprochene Nein reicht für eine Strafbarkeit der Handlung im Moment nicht aus. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das entspricht unserer Meinung nach nicht der gebotenen Achtung gegenüber dem Opfer, die sich auch im Strafrecht widerspiegeln müsste.
Mehr noch: Die sexuelle Selbstbestimmung erfährt nämlich erst dann einen strafrechtlichen Schutzrahmen, wenn sie sich nur durch körperliche Gegenwehr verteidigen kann, was dazu führt, dass das, was nicht unter Strafe gestellt wird, als legal und legitim angenommen wird. Wir sagen: Wer die sexuelle Selbstbestimmung achten will, muss das Wort achten. Das muss auch im Strafrecht gelten.
Ich habe fünf Jahre lang als Kriminalbeamtin im Bereich der Sexualstraftaten gearbeitet. Ich habe zu häufig erlebt, dass Anzeigen erstattet wurden und dass Opfer - zumeist weibliche Opfer, ich will aber betonen, dass wir hier nicht nur über weibliche Opfer sprechen - dann zu mir sagten: „Aber ich habe doch Nein gesagt!“ - Diesen Menschen muss man erklären, wo die Strafbarkeit anfängt und welche Tatbestandsmerkmale erfüllt sein müssen.
Da ist man auch als Kriminalbeamtin an einem Punkt, bei dem man wirklich nicht mehr plausibel erklären kann, warum das so ist. Es sind gerade die Situationen, in denen Opfer in Angst und Verzweiflung geraten. Es sind Schocksituationen und auch Situationen, in denen sich das Opfer körperlich unterlegen fühlt und gerade deshalb vielleicht nicht in der Lage ist, diese aktive körperliche Gegenwehr auszuüben.
Was ist an dem Wort Nein eigentlich nicht zu verstehen? Wir finden, dass das Wort das gleiche Gewicht haben muss wie andere Tatbestandsmerkmale, zum Beispiel in § 177 StGB. Deshalb werden auch wir - der Landtag Schleswig-Holstein - wie auch schon die Länder Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen der Bundesratsinitiative zur Reform des Sexualstrafrechts im Sinne der Initiative „Nein heißt Nein“ beitreten.
Wir glauben, dass man nur dadurch der im Mai 2011 von der Bundesrepublik Deutschland unter
zeichneten Istanbul-Konvention gerecht werden kann, wonach sich alle Vertragsstaaten verpflichtet haben, die Vornahme nicht einverständlicher sexueller Handlungen unter Strafe zu stellen. Wenn ich es immer unter der Prämisse beurteile, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Nachweises dieser Straftat ist, dann komme ich aus der falschen Richtung. Das ist der Grund unseres Vorschlags. - Vielen Dank.
Ich möchte noch einmal zusammenfassend fragen, ob Ihnen bewusst ist, dass wir im Bereich Ü 3 eine Betreuungsquote von 96 % bis 98 % haben und dass wir deshalb enorme Anstrengungen im U-3-Bereich vornehmen, weil wir dort eine Betreuungsquote von 35 % erreichen wollten, was Sie nicht geschafft haben. Der Anspruch, eine 35-prozentige Betreuungsquote zu erreichen, hat auch schon in Ihrer Regierungszeit bestanden. Deshalb ist es richtig, hier anzusetzen. Ihnen ist auch bewusst, dass der Elternbeitrag zwischen U 3 und Ü 3 extrem differiert und die Belastungen bei den unter Dreijährigen um ein Vielfaches höher liegen als im Bereich der über Dreijährigen. Deshalb ist es im Rahmen der Chancengleichheit - das ist der politische Ansatz, bei dem wir uns unterscheiden - richtig im U3-Bereich stark zu investieren.
Nein, das politische Ziel ist eine Chancengleichheit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An Flüchtlinge vermieten wir nicht, weil die immer die Wohnungen verwüsten; HIV haben eh nur die Schwulen; den Frauen fehlt die Härte fürs Geschäft, und damit sind wir nicht kompetent für Führungspositionen. - Warum sage ich das? Weil das nur drei von unzähligen Grundannahmen sind, die nicht nur einen aktuellen Bezug haben, sondern die, wenn wir ihnen nicht wiedersprechen, auch zu sozialen und in der Folge zu strukturellen Diskriminierungen heranwachsen und zu einer ausgrenzenden Haltung unserer Gesellschaft führen. Solche Aussagen werden dazu benutzt, zu rechtfertigen, warum manche Menschen besser oder schlechter behandelt werden dürfen als andere. Das ist aber falsch; denn jeder Mensch ist einzigartig und darf nicht aufgrund irgendeiner persönlichen Eigenschaft in eine Gruppe gesteckt oder diskriminiert werden.
Wer schon einmal selbst Diskriminierungserfahrungen gemacht hat, der weiß, dass Diskriminierung nicht nur zu einem Gefühl führen kann, Mensch zweiter Klasse zu sein, sondern dass das auch zu Unsicherheiten und Angst führt. Das wirkt sich deutlich auf die Psyche der Betroffenen aus. Man fühlt sich nicht nur herabgewürdigt, man ist herabgewürdigt.
Das Verbot jedweder Art von Diskriminierung finden wir in der UN-Menschenrechtscharta wieder. In der deutschen Gesetzgebung ist dies nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ebenso verboten. Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern und zu beseitigen.
Mit diesem Anspruch müssen wir fortwährend unsere in der Praxis bestehenden Regelungen und Abläufe überprüfen und sie entsprechend unserem Ziel einer diskriminierungsfreien Gesellschaft ausrichten.
Auch in Deutschland gilt ein Blutspendeverbot für homosexuelle Männer, für alle homosexuellen Männer. Richtig ist, bei Blutprodukten und Bluttransfusionen keine Kompromisse in Sachen der Sicherheit zu machen. Deshalb ist es richtig, mit ge
eigneten Verfahren alle Risiken rational zu ermitteln, allerdings ohne Vorsichtsmaßnahmen, die sich an Vorurteilen festmachen.
Vielen Dank. - Wer in Schleswig-Holstein Blut spenden geht, wird auf seinem Selbstauskunftsbogen die Frage wiederfinden, ob er homosexuellen Kontakt zu einem Mann hat, also ob er schwul ist. Wird dies bejaht, führt dies automatisch zum Ausschluss von der Blutspende, ohne dass das Blut untersucht wird. Dabei sind es ja nicht die Schwulen, die ein höheres HIV-Risiko haben. Vielmehr betrifft das alle Menschen, die ungeschützten Sexualverkehr mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern oder -partnerinnen haben. Fakt ist auch, dass seit einigen Jahren die Zahl der Infizierten unter den Heterosexuellen stetig zunimmt. Hinzu kommt, dass sich die Testmöglichkeiten seit der gehäuften Übertragung von HIV durch Blutprodukte in den späten 80er-Jahren deutlich verbessert haben.
In der Diskussion über die Aufhebung des generellen Blutspendeverbotes habe ich hin und wieder gehört, dass eine solche Abfrage, ob man solche Kontakte hatte, doch eigentlich gar nicht schlimm sei. Es sei doch nun einmal so, dass die Schwulen ein höheres HIV-Infektionsrisiko hätten. Genau solche Aussagen müssen wir hinterfragen; denn die Größe einer Gruppe ist unerheblich. Stelle ich eine Gruppe, unabhängig von ihrer Größe, unter Generalverdacht, schreibe ich allen Menschen dieser Gruppe pauschal ein Merkmal zu, und das ist ganz klar eine Diskriminierung, wie wir sie nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz eben nicht wollen.
Auch die Intensität, mit der die Diskriminierung wirkt, ist für mich unbedeutend. Diskriminierung bleibt Diskriminierung. Nur ein bisschen Diskriminierung gibt es nicht. Es ist richtig, dass wir auch über das generelle Blutspendeverbot diskutieren,
um eine diskriminierungsfreie Formulierung bei der Anamnese im Rahmen der Blutspende zu finden.
Ich freue mich auf die Überweisung in den Fachausschuss und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Günther, wenn ich Ihre Mutter wäre, würde ich jetzt sagen: So richtig um die Sache ging’s dir nicht, min Jung, aber eine gute Bewerbungsrede gegenüber dem Liebing hast du hier gehalten.
Ich halte es da eher mit dem Hinweis von Herrn Kubicki, für den ich sehr dankbar bin. Ich hoffe, wir beherzigen das in Zukunft noch öfter. Ich glaube, in der Tat wollen die Menschen draußen so etwas wie das, was wir gerade gehört haben, nicht mehr hören. Es kommt uns allen doch aus den Ohren raus.
Ich halte es da mehr mit dem Faktencheck. Ich weiß, Fakten mögen Sie nicht so gern hören. Aber nun müssen Sie auch mir 17 Minuten lauschen. Ich beginne etwas spannend mit einem Rätsel. Vielleicht lösen Sie es ja selbst.
Die einen verlängern die Lebensarbeitszeit von Polizeibeamtinnen und -beamten, die anderen heben das Einstiegsamt von A 7 auf A 8. Die einen streichen die Jubiläumszulage, die anderen führen sie wieder ein und erhöhen nach jahrelangem Stillstand die Erschwerniszulage gleich mit.
Die einen schaffen während ihrer Regierungszeit keine einzige Personalstelle mehr bei der Landespolizei, es waren am Ende ihrer Regierungszeit sogar 74 weniger, die anderen schaffen im selben Zeitraum mehr als 400 neue Planstellen. Die einen
fordern eine Dezentralisierung der Landespolizei. Mhm!
- Darauf komme ich gleich! Herr Dr. Garg, ich ziehe diesen Punkt vor. Jetzt wird es ganz spannend: Während der Regierungszeit der einen stieg die Einbruchsquote um 23 %,
im selben Zeitraum der anderen stieg sie nur um 10 %.
Um noch einmal auf den Anfang zurückzukommen: Die einen fordern eine Dezentralisierung der Landespolizei, die anderen wundern sich über diese Forderung schon sehr, denn die Landespolizei ist mit ihren sieben Flächendirektionen, der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung, dem Landeskriminalamt und dem Landespolizeiamt dezentral organisiert.
Wissen Sie, was Sie schreiben und was Sie sagen?
Wir wollen Transparenz, und ich danke dem Innenminister an dieser Stelle sehr für seinen Mut, sehr frühzeitig, offen und transparent darzulegen, wie die Lage im Land ist. Denn wenn wir uns dem Thema und in Verantwortung für die Menschen unseres Landes wirklich angemessen verhalten wollen, dann müssen wir aufhören, alten Reflexen zu folgen, die ihre Zeit eigentlich überdauert haben und die hier niemand im Land mehr hören will.
Ich habe mithilfe des Kollegen Dolgner ein bisschen im Archiv kramen dürfen. 1983 - das Jahr, in dem ich eingeschult wurde - zählte die Kriminalstatistik in Schleswig-Holstein 9.376 Einbruchstaten. Diese Zahl stieg bis 1986 auf fast 10.000 Taten pro Jahr an.
Einige Jahre später, nämlich 1993, titeln die Zeitungen - das kann ich gern noch einmal zeigen - mit denselben Schlagzeilen wie heute: „Einbrecher treiben die Statistik in die Höhe“ oder „Einbrecher haben Hochkonjunktur“. Denn es waren damals sage und schreibe 11.300 Einbruchstaten in einem Jahr.