Protokoll der Sitzung vom 20.05.2015

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 32. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. - Herr Minister Meyer ist von 13 bis 16 Uhr beurlaubt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Zu Beginn dieser Tagung wollen wir uns an den früheren Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Peter Aniol, erinnern, der am 5. April im Alter von 77 Jahren verstorben ist.

1938 in Christinenberg, Kreis Naugard, geboren, kam Peter Aniol nach dem Zweiten Weltkrieg wie so viele Heimatvertriebene aus Pommern nach Schleswig-Holstein. Nach Mittlerer Reife und Verwaltungslehre bei einer Krankenkasse trat er 1958 als Offiziersanwärter der Luftwaffe in die Bundeswehr ein. Hier wurde er unter anderem als Staffelchef, Personalstabsoffizier und stellvertretender Kommandeur einer Fliegerhorstgruppe eingesetzt. Nach seiner Wahl in den Landtag 1979 schied Peter Aniol, inzwischen Oberstleutnant, aus der Bundeswehr aus.

Peter Aniol, der 1966 in die CDU eintrat, wirkte über 30 Jahre als Kreistagsabgeordneter und von 1998 bis 2003 als stellvertretender Landrat des Kreises Nordfriesland.

Von 1979 bis 1992 gehörte er für vier Wahlperioden dem Schleswig-Holsteinischen Landtag an. Hier vertrat er den Wahlkreis Südtondern, den er dreimal direkt gewann.

Peter Aniol, ab 1985 auch stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, legte den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Innen- und Rechtspolitik. Von 1984 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Landtag 1992 war er Vorsitzender des Innen- und Rechtsausschusses und 1989/90 auch stellvertretender Vorsitzender des Sonderausschusses Verfassungs- und Parlamentsreform. Gerade hier hat Peter Aniol Akzente gesetzt, die unser Land geprägt haben und weiter prägen.

Peter Aniol war ein überaus engagierter und selbstbewusster Parlamentarier, einer jener „Macher“, die sich mit großem Pflichtbewusstsein und dem Mut, auch unbequeme Themen aufzugreifen, Respekt und Anerkennung erworben haben. Für seine

großen Verdienste um unser Land wurde Peter Aniol mit dem Verdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Am 12. April 2015 verstarb eine weitere ehemalige Kollegin: Die frühere Landtagsabgeordnete Marion Sellier aus Viöl, die dem Schleswig-Holsteinischen Landtag in der 17. Wahlperiode als Mitglied der SPD-Landtagsfraktion angehörte.

Marion Sellier wurde am 17. Juli 1957 in Grödersby geboren. Nach der Mittleren Reife machte sie zunächst eine Ausbildung zur Erzieherin, dann zur Heilpädagogin und schließlich zur Arzthelferin. Frau Sellier war dann als Praxismanagerin tätig.

Kommunalpolitisch engagierte sich Marion Sellier seit 2008 als Kreistagsabgeordnete in Nordfriesland. Dort war sie gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Kreistagsfraktion und stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Von 2009 bis 2012 war sie auch Mitglied im Hauptausschuss. 2009 wurde Marion Sellier dann in den Schleswig-Holsteinischen Landtag gewählt. Hier war sie Mitglied im Wirtschaftsausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Umwelt- und Agrarausschuss.

Meine Damen und Herren, der Schleswig-Holsteinische Landtag gedenkt seiner früheren Landtagsabgeordneten Peter Aniol und Marion Sellier in Dankbarkeit. Unsere Anteilnahme gilt ihren Familien und allen Angehörigen. Ich bitte Sie nun, einen Moment im Gedenken an unsere Verstorbenen innezuhalten.

Sie haben sich zu Ehren Peter Aniols und Marion Selliers von Ihren Plätzen erhoben; ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 8, 9, 10, 11, 14, 18, 19, 20, 24, 39, 46, 53, 55, 57 sowie 61 bis 63 ist eine Aussprache nicht geplant.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 4, 7, 22, 29, 34, 35, 64, 65, 66 und 67.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte: 5, 26 und 59, Nachtrag für das Haushaltsjahr 2015 und Bericht über das öffentliche Rechnungswesen, 13, 15, 41, 47 und 60, Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein, 21 und 45, Bürokratiekosten für die schleswig-holsteinische

Wirtschaft, 23 und 52, Errichtung einer LNG-Infrastruktur in Brunsbüttel und Energieversorgung von Schiffen in den Häfen Kiel und Lübeck, 25, 27 und 56, Folgen des G-7-Außenministertreffens in Lübeck, 37 und 40, Zukunft der Mehrgenerationenhäuser, 44 und 48, Umsetzung des Flüchtlingspaketes, sowie die Tagesordnungspunkte 49 und 50, Haltung Schleswig-Holsteins im Bundesrat zur Infrastrukturabgabe/Pkw-Maut.

Der Ältestenrat hat sich darauf verständigt, den Gesetzentwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes, Tagesordnungspunkt 12, in erster und zweiter Lesung in dieser Tagung zu beraten. - Widerspruch sehe ich nicht, dann werden wir so verfahren.

Anträge zu einer Fragestunde oder zu einer Aktuellen Stunde liegen nicht vor.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 32. Tagung. Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist keine Mittagspause vorgesehen. Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir den Landesvorsitzenden des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Herrn Dr. Volkram Gebel, Angehörige der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung Eutin - Anwärterinnen und Anwärter - sowie Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Elmschenhagen. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Landesplanungsgesetzes (Windenergieplanungssicherstel- lungsgesetzes - WEPS)

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/2983 (neu)

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/3016

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich gehe davon aus, dass der Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/3016, durch die Mitantragstellung zum gemeinsamen Gesetzentwurf seine Erledigung gefunden hat. - Ich sehe keinen Widerspruch.

Dann eröffne ich die Grundsatzberatung. Ich erteile das Wort dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein ist das Energiewendeland. Wir sind und bleiben bundesweit spitze beim Ausbau der Windkraft und bei der Versorgungsquote mit Strom aus erneuerbaren Energien. Das ist nicht nur mit Blick auf Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit entscheidend; das ist auch ein wichtiger Antriebsmotor für unsere Wirtschaft und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Schleswig-Holstein. Die Balance zwischen den Interessen der Umwelt und der Wirtschaft einerseits, aber auch die Akzeptanz des Ausbaus der Windenergie durch die Bürgerinnen und Bürger sind und bleiben die Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende in Schleswig-Holstein.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 20. Januar dieses Jahres hat uns diesbezüglich vor eine neue Herausforderung gestellt. Die Fortschreibung von Regionalplänen wurde ebenso wie die darin enthaltene Ausweisung von Windenergieflächen für unwirksam erklärt. Die Pläne sollten sicherstellen, dass Windräder nur auf genau abgegrenzten Flächen errichtet werden. Täten wir nichts, wäre nach dem Urteil die Errichtung von Windkraftanlagen praktisch überall möglich. Beschränkungen beispielsweise unter Raumordnungsgesichtspunkten gäbe es nicht mehr.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Völliger Unsinn!)

Nun nutzt die Feststellung wenig, dass mir das Urteil nicht gefällt. Wir werden darüber sprechen müssen, wie wir die Raumplanung künftig organisieren und welchen Stellenwert wir dabei der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Eindruck aus der Debatte ist, dass die Küstenkoalition und die Unionsfraktion in diesem Hause angesichts dieser Situation zwei gemeinsame Anliegen haben:

(Präsident Klaus Schlie)

Erstens. Wir müssen einen Wildwuchs beim Ausbau der Windenergie verhindern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Den gibt es doch gar nicht!)

Zweitens. Wir wollen die Energiewende weiter umsetzen. Einen Stillstand darf und wird es nicht geben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Der Wind treibt manchen Propeller an, Herr Kollege Weber.

(Heiterkeit)

In den nächsten zehn Jahren will und kann Schleswig-Holstein den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf mindestens 300 % steigern.

Wir wollen die Energiewende und die behutsame Gestaltung unserer Umwelt. Wir wollen Hightech und Naturschutz und Datenschutz. Wir wollen wirtschaftlichen Erfolg und Akzeptanz durch die Menschen in Schleswig-Holstein.

Für die notwendige Neuaufstellung der Landesplanung geht die Staatskanzlei von rund zwei Jahren Dauer aus. Mit dem Gesetz, über das wir in dieser Tagung beraten, soll diese Zeit überbrückt werden. Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich für die konstruktiven Gespräche zwischen den Fraktionen und den gemeinsamen Willen, mit dieser Herausforderung klug umzugehen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Vielleicht springt auch die FDP über ihren - in den beiden Hansestädten etwas größer gewordenen Schatten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der vorgeschlagenen Ergänzung darf die Landesplanungsbehörde raumbedeutsame Planungen nicht nur individuell, sondern auch generell untersagen. Da wir aber keinen Stillstand bei der Energiewende wollen, gibt der Entwurf die Möglichkeit, per Ausnahmeentscheidung Windenergieanlagen zu genehmigen. Das soll immer dann der Fall sein, wenn in dem betreffenden Gebiet erkennbar Windenergieanlagen ohnehin geplant und vorgesehen sind.

Lassen Sie mich angesichts der vielen besorgten Schreiben, die wir von Bürgerinnen und Bürgern bekommen, eines noch einmal deutlich sagen: Wenn wir dies jetzt so beschließen, kann es auch künftig einen geregelten Ausbau der Windkraft