Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

Meine Damen und Herren, ich eröffne die 9. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Auf der Besuchertribüne begrüße ich seine Exzellenz Herrn Dr. Werner Thissen, den Erzbischof von Hamburg. - Seien Sie uns ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, die Fraktion der CDU hat im Wege der Dringlichkeit die Drucksache 18/648 vorgelegt:

Schuldenbremse ohne Steuererhöhung und Gehaltsverzicht der Beamtinnen und Beamten einhalten

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/648

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich erteile Herrn Abgeordneten Tobias Koch das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die formale Begründung für unseren Dringlichkeitsantrag ergibt sich aus zweierlei Tatsachen: Nach Ablauf der Antragsfrist für den Landtag ist zum einen der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst bekannt gegeben worden. Zum anderen hat die Landesregierung in der vergangenen Woche ihre Haushaltseckwerte für das Jahr 2014 vorgelegt. Auf beide Ereignisse nach Ablauf der Antragsfrist geht unser Dringlichkeitsantrag ein und nimmt darauf Bezug. Ich denke, damit ist die formale Dringlichkeit hinreichend begründet.

Inhaltlich ergibt sich die Dringlichkeit aus der Tatsache, dass die Landesregierung auf Basis dieses Haushaltseckwertebeschlusses jetzt beginnen wird, den Haushaltsentwurf für das Jahr 2014 aufzustellen. Sie wird dabei den Konsolidierungsschritt des nächsten Jahres einzig und allein durch Steuererhöhungen und Investitionskürzungen realisieren wollen. Wenn wir als Parlament unser Königsrecht, nämlich das Haushaltsrecht, ernst nehmen, dann müssen wir dieser Regierung zum jetzigen Zeitpunkt Vorgaben dahin gehend erteilen, wie sie den kommenden Haushalt aufstellen soll. Im Rahmen der Parlamentsberatungen, der Ausschussberatungen und der Fraktionsanträge wird es

nicht gelingen, eine derartige Fehlentwicklung im Rahmen der Haushaltsberatungen wieder zu korrigieren, wenn der Entwurf erst einmal so aufgestellt worden ist.

Wenn wir eine wachstumsfeindliche Politik verhindern wollen, dann muss der Landtag jetzt einschreiten. Der Landtag muss der Regierung jetzt entsprechende Vorgaben machen, nicht nur Steuererhöhungen und Investitionskürzungen vorzusehen sowie nicht darauf zu verzichten, entsprechende Besoldungsanpassungen bei den Beamten einzuplanen. Deshalb: Wer für eine Wachstumspolitik in Schleswig-Holstein ist, wer unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine faire und angemessene Bezahlung zubilligen will, den bitte ich nicht nur um Zustimmung zu der Dringlichkeit zum jetzigen Zeitpunkt, sondern insbesondere auch um die inhaltliche Zustimmung zu unserem Antrag im Rahmen der späteren Beratungen. Das gilt gerade für den Herrn Ministerpräsident, der sich immer für Wachstumspolitik und faire Löhne eingesetzt hat. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und Wolfgang Kubicki [FDP] - Zuruf)

Herr Abgeordneter, ich will gern auf den Zwischenruf eingehen. Wir haben - was die Begründung der Dringlichkeit angeht - eine neue Regelung. Sie haben beschlossen, dass es auch inhaltliche Aussagen geben darf. Da dieser Punkt schon mehrfach angesprochen wurde, wollte ich das gern klarstellen. Zur Dringlichkeit hat jetzt Frau Abgeordnete Herdejürgen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund der Begründung des Kollegen Koch hat sich uns nicht erschlossen, woraus sich die Dringlichkeit ergibt. Wir haben den ersten Punkt des Antrags schon auf der Tagesordnung. Diesen werden wir gleich im Rahmen der Aktuellen Stunde behandeln.

Der zweite Teil des Dringlichkeitsantrags befasst sich mit dem Haushaltsentwurf. Dieser wird im Sommer vorgelegt. Wenn Sie nach draußen schauen, dann sehen Sie, dass noch nicht Sommer ist. Wir haben insofern noch reichlich Zeit, dieses Thema zu behandeln und entsprechende Anträge und Vorgaben vorzulegen, bis der Haushaltsentwurf tatsächlich im August/September 2013 vorgelegt wird. Dann haben Sie reichlich Zeit, über Ände

rungsanträge und Haushaltsberatungen Einfluss zu nehmen. Aus diesem Grund werden wir der Dringlichkeit nicht zustimmen. - Danke.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Ich lasse über die Dringlichkeit des Antrags, Drucksache 18/648, abstimmen. Es gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die Dringlichkeit hat die erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht und wird somit abgelehnt. Der Antrag wird daher in dieser Tagung nicht beraten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 5 bis 8, 13, 24 bis 27, 29, 32, 35, 41 sowie 43 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 12, 16, 18 mit 46, 19, 33 und 42.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 4, 10, 28, 34, Änderung des Mitbestimmungsgesetzes, Entwurf eines Mindestlohngesetzes, Anträge zu allgemein verbindlichen Lohnuntergrenzen und zum Equal Pay, sowie die Tagesordnungspunkte 14 und 37, Anträge zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften. Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 9. Tagung. Wir werden jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause heute längstens bis 18 Uhr tagen. Morgen wird die Sitzung um 9 Uhr beginnen und längstens bis 18 Uhr dauern. Am Freitag wird der Herr Bundespräsident um 10 Uhr im Schleswig-Holsteinischen Landtag sprechen. Eine Landtagssitzung wird an diesem Tag nicht stattfinden. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir Mitglieder der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung aus Eutin und unsere ehemalige Kollegin und ehemalige Landtagsvize

(Tobias Koch)

präsidentin, Herlich Marie Todsen-Reese, sowie die Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes Schleswig-Holstein, Frau Schwitzer. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich gebe weiterhin bekannt, dass seitens der Landesregierung der Innenminister, Herr Andreas Breitner, und Herr Reinhard Meyer, Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, ganztätig beurlaubt sind.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde Übertragung des Tarifabschlusses auf die Beamten

Antrag der Fraktion der CDU

Zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifabschlusses auf Beamtinnen und Beamte

Antrag der Fraktion der FDP

Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag zur Worterteilung: Erst die CDU-Fraktion zu dem zuerst eingereichten Antrag, dann die FDP-Fraktion zum zweiten Antrag, dann die Fraktionen nach ihrer Stärke, dann die Landesregierung. - Ich sehe keinen Widerspruch.

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Oppositionsführer, der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete Johannes Callsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle wissen vielleicht noch, Herr Albig hat im Wahlkampf gesagt: „Wir arbeiten für ein Land, in dem niemand zurückgelassen wird.“ Was das bedeutet, das haben in den letzten Tagen unsere Landesbeamten schmerzlich erfahren.

Herr Ministerpräsident, ich will Ihnen sagen, das, was wir heute Morgen erleben, ändert hieran überhaupt nichts.

(Beifall CDU und FDP)

Zehn Minuten vor Sitzungsbeginn diesem Parlament mitzuteilen, in welcher Form Sie Tariferhöhungen bei den Beamten vollziehen werden, ist unglaublich und entbehrt jeder parlamentarischen Beratungsmöglichkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Das ist schon ein merkwürdiger Stil im Umgang mit diesem Schleswig-Holsteinischen Landtag.

Aber ich finde, es ist ein bemerkenswerter Stil auch im Umgang mit den Menschen, mit denen Sie ja so gern den Dialog führen. Sie sitzen gestern Abend mit den Gewerkschaften, mit den Vertretern, die sich dort engagieren, zusammen und verhandeln. Offenbar sind die Verhandlungen nicht so weit gekommen, und die Gewerkschaften und Sie erklären die Gespräche für beendet. Sie treffen dann heute Morgen in Ihrem stillen Kämmerlein eine Entscheidung über die Köpfe dieser Beteiligten hinweg. So, Herr Ministerpräsident, geht es nicht. Dieser Dialog ist gescheitert.

(Beifall CDU und FDP)

Deswegen bleibt es richtig: Wenn der Ministerpräsident von vorsorgender Finanzpolitik spricht, dann klingt das in der Tat mittlerweile wie ein Witz, denn Vorsorge wird im Haushalt dafür nicht getroffen. Sie machen mehr Schulden als nötig, Sie schieben die Einhaltung der Schuldenbremse nach hinten. Die einzige Vorsorge dabei ist, dass die Beamten - auch das ist Ergebnis Ihrer heutigen Entscheidung - mit ihrem Gehaltszettel Vorsorge für rot-grün-blaue Wahlversprechen treffen sollen.

(Beifall CDU und FDP)

Wo wir schon dabei sind: Vorsorge für Ihre Wahlversprechen sollen auch junge Familien treffen, denen Sie nämlich mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer den Traum vom eigenen Haus noch einmal erschweren.

(Beifall CDU und FDP)

Die Finanzministerin, die gesagt hat, das liege an den niedrigen Zinsen am Markt, muss irgendwann die Frage beantworten: Was machen Sie denn, wenn die Marktzinsen wieder steigen, senken Sie dann die Grunderwerbsteuer, oder wie geht es dann weiter?

(Christopher Vogt [FDP]: Dann werden die Grünen zur Steuersenkungspartei!)

Meine Damen und Herren, sicher, die Finanzlage des Landes ist angespannt, da hat die Finanzministerin recht, und Schleswig-Holstein braucht einen Konsolidierungskurs, auch das ist richtig. Aber leider ist es eben auch so: Sie gehen diesen Konsolidierungskurs nicht, Sie schaffen mehr Ausgaben, und Sie setzen falsche Schwerpunkte. Genau das ist Ihr Problem. Sie senken die Investitionsausgaben auf den niedrigsten Wert, Sie tun alles, um das

(Präsident Klaus Schlie)

Wirtschaftswachstum zu behindern, Sie hoffen auf Steuererhöhungen im Bund - Ihre einzige Hoffnung -, und Sie erhöhen bei einer Fülle von Positionen die Ausgaben für Ihre Wahlgeschenke und machen mehr Schulden als erforderlich.

Deswegen sagen wir ganz deutlich: Auch unsere Beamten sind 100 % wert,

(Beifall CDU und FDP)