Protokoll der Sitzung vom 16.05.2014

Sehr geehrte Kollegin von der CDU, bitte nehmen Sie endlich Folgendes zur Kenntnis: Im Rahmen der Schuldenbremse hat sich das Land SchleswigHolstein unter anderem verpflichtet, bis 2020 insgesamt 10 % des im Landesdienst stehenden Personals abzubauen. Bei einer Personalgesamtstärke von über 8.000 Menschen im Polizeidienst würde das also eigentlich den Abbau von mehr als 800 Stellen bei der Polizei bedeuten. Die Polizei in Schleswig-Holstein stellt den zweitgrößten Personalkörper des Landes dar. Er wird von der Zahl her nur noch von den Lehrerinnen und Lehrern übertroffen. Mit nur 122 Stellen ab 2018 wird dieser Personalkörper vom unumstritten notwendigen Personalabbau äußerst unterdurchschnittlich betroffen. Alle anderen Bereiche des öffentlichen Landesdienstes in Schleswig-Holstein müssen diese Zurückhaltung bei der Polizei mit entsprechend höheren Personalabbauzahlen kompensieren.

(Rainer Wiegard [CDU]: Ja!)

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sind Sie verpflichtet, den Menschen zu erklären, in welchen anderen Bereichen des öffentlichen Landesdienstes Sie den zusätzlichen Abbau von 122 Stellen bewerkstelligen wollen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Haben wir doch! - Volker Dornquast [CDU]: Das haben wir doch gemacht! - Klaus Schlie [CDU]: Liegt vor!)

Weil Sie regelmäßig auch noch die sogenannte strategische Lücke von 160 fehlenden Stellen im Polizeidienst hinzurechnen, müssen Sie ein Konzept vorlegen, in welchen anderen Bereichen der Landesverwaltung insgesamt 286 Stellen eingespart werden können, wenn der Bereich der Polizei vollständig ausgespart werden oder sogar ausgeweitet werden soll.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Mein Gott! Das kann man gar nicht mit anhören! Der Perso- nalabbaupfad liegt doch vor!)

Bei Lehrerinnen und Lehrern? In der Finanzverwaltung? Im Bereich der Landesstraßenverwaltung? Bei Richtern und Richterinnen, Staatsanwälten? Wo bitte soll das „ausgeschwitzt“ werden? Solange Sie auf diese Fragen keine Antwort geben, haben Sie den Anspruch auf eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Ihrem Antrag verwirkt. Wir werden ihn ohne Weiteres ablehnen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Die Landesregierung erkennt den hohen Stellenwert der Sicherheit in diesem Land sehr wohl an. Genau aus diesem Grund hat sie den erforderlichen Personalabbau bei der Polizei auf das Minimum reduziert. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Abgeordneten der FDP hat Herr Abgeordneter Kubicki das Wort.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Mal sehen, was jetzt kommt!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Peters, wenn Sie glauben, mit einer lustigen Rede die Besorgnisse der Menschen dieses Landes treffen zu können und insbesondere die Besorgnisse bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, dann sage ich Ihnen: Machen Sie so weiter!

(Beifall FDP und vereinzelt CDU - Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Herr Kollege Dr. Stegner, mit Ihnen möchte ich die Frage von geistvoll und nicht geistvoll gar nicht mehr diskutieren. Das lohnt sich einfach nicht.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Auch von lustig nicht! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das können Sie gar nicht!)

Herr Kollege Peters, ich empfehle Ihnen, da Sie ja auch archivarisch tätig sind, sich einmal anzugucken, was die Regierung aus CDU und FDP beim Personalabbaupfad bis 2020 vorgesehen hatte. Keine Stellenstreichungen bei der Polizei! Da können Sie nicht sagen, wir hätten keine Vorlagen. Die waren da.

Wer einen Zusammenhang zwischen Stellenabbau und einer Reduzierung der inneren Sicherheit verneint, der streut den Menschen Sand in die Augen.

(Beifall FDP)

Dass Innenminister Breitner auch diese Woche wieder sehr viele Termine bei den Betroffenen der Stellenabbaupläne der Landesregierung wahrnimmt, ist zwar im Großen und Ganzen positiv zu bewerten, ändert aber grundsätzlich nichts daran, dass er einem groben Irrtum unterliegt. Denn im November 2013 ließ Innenminister Breitner in einer Presseinformation verlauten, der Stellenabbau gefährde nicht die innere Sicherheit und komme nicht abrupt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Landespolizei klafft bekanntermaßen bereits jetzt eine strategische Lücke von 160 unbesetzten Stellen - 160 Stellen, zu denen nach den Plänen der Landesregierung weitere 122 Stellen zusätzlich bei der Landespolizei abgebaut werden sollen.

Die Polizistinnen und Polizisten haben Respekt verdient für die Arbeit, die sie tagtäglich für die Bürgerinnen und Bürger leisten. Ich betone bewusst: leisten, denn es wird den Beamtinnen und Beamten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Kapazitäten sehr viel abverlangt. Die Aufgabenfelder werden nicht geringer, auch wenn es in Zukunft Schwerpunkte geben soll. Die originären Aufgaben der Polizistinnen und Polizisten werden sich nicht verändern.

Die Gesellschaft, also die Bürgerinnen und Bürger, sind auf eine funktionierende, belastbare und erreichbare Polizei angewiesen. Diese Kriterien kann die Polizei aber nur dann erfüllen, wenn die personellen Ressourcen bereitgestellt werden.

Innenminister Breitner betitelte am 22. Januar 2014 seine Rede anlässlich des Berichts zur Attraktivität der Landespolizei wie folgt: Die Gesellschaft soll Polizei mit Respekt und nicht mit dem ständigen Verdacht des unrechtmäßigen Handelns begegnen. - Damit kann er ja CDU und FDP nicht gemeint haben.

(Beifall FDP)

Zum einen ist es sehr schön, dass Sie, Herr Innenminister, als Dienstherr in erster Linie die Gesellschaft in der Pflicht sehen und nicht sich selbst. Zum anderen verschafft sich die Polizei vor allem Respekt, indem sie ihren Aufgaben pflichtbewusst und bürgernah nachkommt.

Ich sehe demnach vielmehr Sie in der Pflicht, die Polizei in diese Lage zu versetzen. Vor diesem Hintergrund bin ich auf die nächste Sitzung des Innenund Rechtsausschusses sehr gespannt, in der die jüngst bekannt gewordenen Gefahrengebiete in Schleswig-Holstein erörtert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die geplanten Stellenstreichungen forcieren das Personalproblem der Polizei im Land. Wenn sich diese dann nicht anders zu helfen weiß und mit der Errichtung von Gefahrengebieten versucht, den Problemen vor Ort Herr zu werden, dann müssen Sie sich nicht wundern, dass die Polizei in der öffentlichen Debatte plötzlich in Erklärungsnöte kommt. Die Polizei wird nämlich für die Lösung eines Problems kritisiert, für das Sie Verantwortung tragen, Herr Minister. Die Probleme sind hausgemacht. Ziehen Sie die richtigen Schlüsse, und stoppen Sie den Personalabbau!

(Beifall FDP)

Frau Kollegin Damerow, ich sage es ausdrücklich: Es wird den Menschen nicht gerecht, wenn man beispielsweise in Laboe mitteilt, man hätte einen Ansprechpartner, wenn man sagt: Wenn Sie ein Problem haben, dann rufen Sie diese Telefonnummer an. Herr Innenminister, es wird den Menschen auch nicht gerecht, wenn Sie sagen, im Kreis Plön ändere sich überhaupt nichts, obwohl zehn Planstellen von Plön nach Kiel verlagert werden. Wir werden später noch darauf zurückkommen. Das Polizeirevier in Preetz ist zum Beispiel nachts geschlossen. Dass die Preetzer an einer Nachtstreife teilnehmen, halte ich für selbstverständlich. Wenn man aber nur eine Nachtstreife hat, dann ist das Problem der inneren Sicherheit auf diese Art und Weise im Zweifel nicht zu bewältigen. Bei Einsatzzeiten von 40 oder 50 Minuten kann ich Ihnen sagen: Banden können ganze Straßenzüge leerräumen, bevor die

(Wolfgang Kubicki)

Polizei auch nur vor Ort ist. Das kann nicht die Gewährleistung der inneren Sicherheit in SchleswigHolstein sein.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Damerow, es gab in der letzten Legislaturperiode in der CDU Persönlichkeiten. Der Kollege Koch ist jetzt bedauerlicherweise nicht da. Er und der damalige Staatssekretär im Finanzministerium, Herr Bastian, seines Zeichens Landrat, waren wie die jetzige Landesregierung der Auffassung, man könne bei den Polizeibeamtinnen und bei den Polizeibeamten ordentlich einsparen. Es ist dem gemeinsamen Kampf des damaligen Innenministers Klaus Schlie und mir im Hinblick auf den Finanzminister definitiv zu verdanken, dass wir dies verhindert haben. Ich sage Ihnen voraus: Die Aufgaben der Polizei werden weiter zunehmen. Die Erwartung an polizeiliches Handeln wird weiter zunehmen. Das können Sie nur mit Personal und nicht mit technischer Aufrüstung oder mit rechtlichen Regelungen wie der Vorratsdatenspeicherung bewältigen, die den Menschen ebenfalls Sand in die Augen streut, ohne etwas zu bewirken. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Peters, Sie haben recht. Die Kollegin Damerow ist an dieser Stelle beharrlich. Sie ist vielleicht in einer Beharrlichkeit, die ich selbst nicht so verfolgen würde, aber ich finde, sie stellt die richtigen Fragen. Im Übrigen unterscheidet sie sich in ihrer Beharrlichkeit durch nichts von der Beharrlichkeit, die unser Innenminister zeigt, wenn er das Internet und seine kriminellen Gefahren nach meiner Auffassung hin und wieder dramatisierend darstellt.

Die richtigen Fragen sind von Frau Damerow gestellt, das ist keine Frage. Wir müssen uns auch daher mit ihnen beschäftigen, weil wir nichts Genaues wissen. Wir wissen nicht, was wo abgebaut wird. Wir können höchstens anhand des Reiseplans des Innenministers Kaffeesatzleserei betreiben. Tatsächlich wissen wir nichts. Wir hören im Buschfunk, dass im Zusammenhang mit der Verkehrsüberwachung überlegt wird, diese zu einer kommunalen Aufgabe zu machen, und wir hören, dass der

Wasserschutz reduziert werden soll. Wir hören, dass die IT des Landes bei der Polizei ausgegliedert werden soll. Genaues wissen wir nicht. Frau Lange, Sie haben die Zahl von 0,48 % pro Jahr genannt. Diese Zahl ist mir neu. Ich verfolge dies aufmerksam. Diese Zahl kannte ich bisher nicht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir könnten beim Personenschutz sparen, weil die alle hier so beliebt sind!)

- Ich verstehe Sie nicht.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung der Kollegin Lange?

Ja, gern.

Gestatten Sie mir die Bemerkung, dass dies ganz einfache Mathematik ist. Dem Stellenplan können Sie entnehmen, wie viele Planstellen wir haben. Sie wissen, wie viele wir einsparen wollen. So einfach ist das.

- Ja, es hätte besser gepasst, wenn der Minister so konkret geworden wäre.

(Zurufe Dr. Ralf Stegner [SPD] und Wolf- gang Kubicki [FDP])

- Er hatte genug Zeit, vorher konkret zu werden, Herr Kollege Dr. Stegner.

Wir wissen trotzdem nicht, was passieren wird. Die in Rede stehenden 282 Stellen sind zum Teil schon von der CDU hausgemacht. Das ist an diesem Antrag etwas inkonsequent. Ich stelle mir jetzt vor diesem Hintergrund vor, dass Ihr Lieblingskind, nämlich die Vorratsdatenspeicherung, eingeführt wäre. Diese wäre vor dem Hintergrund des Personalplans, den wir haben, Vollwaise, Herr Minister. Sie sprechen von exorbitanten Zuwachsraten bei den Straftaten im Internet und bei Betrugsstraftaten. Sie tun das völlig zu Recht. Die Landespolizei wäre nicht in der Lage, dieses Thema auch nur ansatzweise zu bedienen. Sie muss zurzeit ihre Rechner auslagern und an Privatfirmen abgeben, um die forensischen Daten staatsanwaltschaftlich aufzubereiten. All das geht nicht.

Mit dem Trainingszentrum in Norderstedt haben Sie einen richtigen Schritt gemacht, das ist keine Frage. Aber auch diese Stellen und die Ausbildungszeiten sind aus dem Korpus geschnitzt, sie

(Wolfgang Kubicki)

wurden nicht neu geschaffen. Aufgaben oder Personal zu reduzieren, sehe ich schon vor dem Hintergrund nicht, den Sie selbst dargestellt haben, nämlich dass die Gewalt im Alltagseinsatz der Polizei zugenommen hat und vielfältig geworden ist.