Auf die Frage, ob es ein Dienstgeheimnis war, das möglicherweise gebrochen worden ist, will ich nicht näher eingehen. Es spricht einiges dafür, insbesondere weil taktische Erkenntnisse im konkreten Fall von Herrn Breyer veröffentlicht worden sind. Aber auch das wird, wenn überhaupt, eine juristische Frage sein.
Ich glaube, alle lernen aus diesem Fall, und alle haben daraus gelernt, wie der Kollege Stegner es vorhin treffend gesagt hat, dass 68 Abgeordnete nicht darunter leiden sollen - um es so zu formulieren -, dass ein Abgeordneter eine andere Sicht der Dinge hat oder einen Fehler gemacht hat oder sich aus sonstigen Gründen anders verhält als der Rest. Ich glaube, wir sollten immer schauen, dass wir versuchen, uns in gleicher Art und Weise zu verhalten.
Das Gleiche gilt im Übrigen bei der Akteneinsicht. Bei der Akteneinsicht geht es darum, dass das Parlament oder auch einzelne Abgeordnete oder auch Gruppen von Abgeordneten ein Recht haben, die Regierung zu kontrollieren. Das ist okay so, das muss auch so bleiben, auch das Verfahren muss so bleiben, wie wir es haben. Wenn man Rückschlüsse aus dem zieht, was man lesen kann, und bei jeder Güterabwägung, die eine Regierung macht, bei jeder Fragestellung, die eine Regierung beleuchtet,
sagt: „Das habt ihr schon immer gewollt!“, auch wenn es danach verworfen worden ist, dann ist das kein kluger Umgang mit diesem Recht, sondern dann wird dieses Recht politisch missbraucht. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Oppositionsarbeit muss immer so sein, dass man ein bisschen Kante gibt - das ist völlig in Ordnung -, aber dann, bitte schön, immer nur in Bezug auf das, was von einer Regierung wirklich beschlossen wird, und nicht auf das, was von der Regierung irgendwann einmal geprüft worden ist. Denn wenn man das immer wieder macht, hört eine Regierung irgendwann auf zu prüfen beziehungsweise macht die Prüfung in irgendwelchen dunklen Räumen, in denen man keine Akten führt. Das kann es eigentlich nicht sein.
Das Gleiche - abschließend - gilt für den Petitionsausschuss. Auch da kann es nicht sein, dass sich Bürgerinnen und Bürger an den Ausschuss wenden und dann möglicherweise erleben müssen, dass das von einer Partei oder auch von einzelnen Abgeordneten politisch genutzt wird. Vielmehr muss der Petitionsausschuss in seiner Gesamtheit arbeiten und muss sich in seiner Gesamtheit für seine Petenten einsetzen
- Ja, ich komme zum Schluss, Herr Präsident. durchaus auch parlamentarisch. Es kann sein, wenn alle sich darüber einig sind. Was nicht sein kann, ist, dass Petenten möglicherweise sagen: „Ich bin in Sorge, dass meine Petition von einer ganz bestimmten politischen Partei missbraucht wird“, und sich deswegen nicht mehr an den Petitionsausschuss wenden. Das wäre eine Katastrophe. Das wäre ein Abbau von Rechten von Bürgerinnen und Bürgern. Auch das fänden wir nicht gut.
Das, was der Kollege Stegner am Anfang sagte, dass wir erst einmal alles beim Alten lassen sollten, ist ganz, ganz wichtig. Das sollte unser aller Ziel sein. - Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne den Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Nordkirche, Herrn Gothard Magaard, sowie Repräsentantinnen und Repräsentanten des Erzbistums Hamburg, der Schura Schleswig-Holstein und der jüdischen Gemeinden. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Gestatten Sie mir eine ungewöhnliche Bemerkung: Es wäre schön, wenn einer der Vizepräsidenten mich gleich ablösen würde, sonst müsste ich mir selbst das Wort erteilen.
b) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/2115
c) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Sonderausschuss Verfassungsreform legt Ihnen nach einer etwa einjährigen Ar
beit einen Abschlussbericht mitsamt den Empfehlungen des Sonderausschusses zur Änderung der Landesverfassung vor.
Der Sonderausschuss ist auf Antrag aller Fraktionen durch Beschluss des Landtags vom 26. April 2013 eingesetzt worden. Sein Auftrag lautete, Vorschläge zur Änderung oder Ergänzung der Landesverfassung zu prüfen und dem Landtag vorzulegen. Ihm gehörten sieben Mitglieder - ein Mitglied je Fraktion sowie ich selbst als Vorsitzender - an. Die Arbeit des Sonderausschusses haben drei renommierte Staatsrechtlerinnen und Staatsrechtler als wissenschaftliche Berater unterstützt.
Der Ausschuss ist von der konstituierenden Sitzung am 3. Juni 2013 bis zum vorläufigen Abschluss seiner Arbeiten am 30. Juni 2014 zu zehn öffentlichen Ausschusssitzungen zusammengetreten und hat seine Beratungen in zehn weiteren internen Arbeitsgruppensitzungen vorbereitet. Der Ausschuss hat 66 schriftliche und sechs mündliche Stellungnahmen und 16 Gutachten und Beratungsbeiträge des Wissenschaftlichen Dienstes eingeholt. Bis zum Abschluss der Arbeiten hat sich der Ausschuss mit insgesamt 144 Beratungsunterlagen befasst. Zudem sind die Mitglieder des Ausschusses zu einer Klausurtagung zusammengetreten.
Ziel war es auszuloten, welche politischen und gesellschaftlichen Weiterentwicklungen eine Verfassungsänderung erfordern und welche Verfassungsänderungen konsens- und mehrheitsfähig sind.
Wie im Einsetzungsbeschluss vorgesehen, hat der Sonderausschuss Verfassungsreform auch die Bürgerinnen und Bürger des Landes Schleswig-Holstein an seiner Arbeit beteiligt. Die Öffentlichkeit erhielt für einen längeren Zeitraum Gelegenheit, sich schriftlich oder per E-Mail mit Vorschlägen zur Verfassungsreform an den Sonderausschuss zu wenden. Die eingegangenen Vorschläge hat der Sonderausschuss ausgewertet und in seine Beratungen einbezogen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Änderungsvorschläge, die detailliert im Abschlussbericht erläutert werden, stehen in einem größeren Zusammenhang. Die Schleswig-Holsteinische Landesverfassung ist am 12. Januar 1950 als „Landessatzung“ in Kraft getreten. Sie sollte zunächst lediglich ein Organisationsstatut mit vorläufigem Charakter sein, da man einer Neuordnung der Länder nicht vorgreifen wollte.
Erst als sich Schleswig-Holstein längst als lebenskräftiges Land in der Bundesrepublik Deutschland erwiesen hatte, erhielt die bisherige Landessatzung
die Bezeichnung „Landesverfassung“. Sie schrieb die Eigenstaatlichkeit des Landes fest und nahm erstmals Staatszielbestimmungen auf.
Seit 1950 sind 15 weitere Verfassungsänderungen vorgenommen worden. Darunter waren Meilensteine wie die Errichtung des Landesverfassungsgerichts und die Rezeption der Grundrechte des Grundgesetzes, die damit in Schleswig-Holstein unmittelbar als Landesrecht gelten.
Wir sehen aus dieser Entwicklungsgeschichte unserer Verfassung: Es gibt keinen Stillstand. Nur ein dynamisches Verfassungsverständnis schafft den Brückenschlag zwischen politischer Theorie und demokratischer Praxis. Deshalb müssen auch Verfassungen immer wieder überprüft und angepasst werden.
Der Sonderausschuss hat sich der Aufgabe gestellt, die Landesverfassung auf ihre Zeitgemäßheit hin zu überprüfen und - wo geboten - Modernisierungen vorzuschlagen.
Richtig ist: Verfassungsänderungen sind nur vorsichtig und sparsam vorzunehmen. Hat sich aber die Wirklichkeit verändert, sich vielleicht sogar von der Verfassungsnorm weg- oder weiterentwickelt, verliert die Verfassung ihren prägenden Charakter.
Bevor ich auf einzelne Punkte eingehe, lassen Sie mich eines vorwegschicken: Auch wenn der Ausschuss nicht in allen Punkten Übereinstimmung erzielen konnte, herrscht doch in ganz wesentlichen Punkten Einigkeit; Einigkeit darüber, gemeinsam eine bürgernahe und moderne Landesverfassung zu schaffen.
Wir empfehlen deshalb, die Orientierung der Verwaltung an den Grundsätzen der Bürgernähe, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit als Grundsatz in der Verfassung festzuschreiben. Was dies konkret bedeuten kann, ergibt sich auch aus einer Reihe weiterer Bestimmungen, die wir zur Aufnahme in die Landesverfassung empfehlen.
So greifen wir neue, digitale Herausforderungen auf. Wir empfehlen, dass das Land digitale Basisdienste der Verwaltung gewährleistet, die den Bürgerinnen und Bürgern die digitale Kommunikation mit der Verwaltung und die elektronische Abwicklung von Vorgängen erleichtern. Wir empfehlen, bereits jetzt den elektronischen Zugang zu den Behörden und Gerichten in der Landesverfassung gleichwertig neben dem persönlichen und schriftlichen Zugang - zu verankern. Bundesweit wird das Land Schleswig-Holstein damit zum Vorreiter einer
Wir empfehlen darüber hinaus, dem bereits hohen Standard des Informationszugangsgesetzes mit einer neuen Verfassungsbestimmung über „Transparenz“ Verfassungsrang zu verschaffen. Eine bürgernahe Verwaltung lebt ganz maßgeblich davon, dass sie den Bürgerinnen und Bürgern amtliche Informationen zur Verfügung stellt. Diese Grundregel kann aber eingeschränkt werden, soweit entgegenstehende öffentliche oder schutzwürdige private Interessen überwiegen.
Wir wollen aber auch, dass die Bürgerinnen und Bürger die Gesetzgebung leichter und schneller nachvollziehen können.
Wir wollen aber auch, dass die Bürgerinnen und Bürger die Gesetzgebung leichter nachvollziehen können, wie gesagt. Deshalb empfiehlt der Ausschuss, die elektronische Veröffentlichung von Gesetzen und Rechtsverordnungen unmittelbar nach ihrer Verkündung vorzusehen. Es handelt sich um einen Online-Zugang auf das Gesetz- und Verordnungsblatt, der sicherstellen soll, dass Gesetzesänderungen schnell und niedrigschwellig nachvollzogen werden können.
In einer Zeit, in der mobile Kommunikation, die elektronische Speicherung von Daten und das Internet unverzichtbarer Bestandteil der privaten Lebensgestaltung geworden sind, beschäftigt die Sicherheit in der digitalen Welt vor allem die Bürgerinnen und Bürger. Welchen Nachholbedarf Recht und Politik hier gegenüber den technischen Möglichkeiten haben, können wir seit Monaten täglich den Nachrichten entnehmen.