Protokoll der Sitzung vom 09.07.2014

Eine klare Abgrenzung, was lokal sein soll und was eventuell regional wäre, fehlt im Entwurf vollkommen. Die vorgesehenen Gebiete sind zum Teil vollkommen anders geschnitten als das, was die MA HSH begutachtet hat.

Das politische Ziel mehr lokaler Meinungsvielfalt taucht überhaupt nicht mehr auf. Inhalte und Kriterien werden nicht definiert. Die ehrenamtlichen Initiativen, die sich zuhauf gemeldet haben - ob sie angehört wurden oder nicht -,- mahnen fehlende Aussagen zur Finanzierung an, beklagen willkürliche Gebietszuschneidungen und das Fehlen wichtiger Bereiche des Landes. Von Minderheitensprachen kann bei einer kommerziellen Frequenz im friesischen Gebiet vermutlich ohnehin keine Rede mehr sein und so weiter.

Der vorliegende Entwurf ist ungeeignet, er wird die Meinungsvielfalt nicht fördern, sondern ihr schaden, er wird Klagen provozieren, und er wird Ehrenamtler demotivieren.

Unser Angebot für eine Ermöglichung ausschließlich ehrenamtlicher Initiativen gilt nach wie vor.

Falsch gestellte medienpolitische Weichen können schlimme Spuren hinterlassen für die Zeitungen, für die Privatsender, auch für die öffentlich-rechtlichen Anbieter, die Zuhörer und die ehrenamtlichen Radiomacher. Wollen Sie das? Wir wollen das nicht.

(Beifall CDU)

Ich meine das Angebot sehr ernst. Lassen Sie uns die Zeit nehmen, in den nächsten Wochen im Landtag mit Fachleuten zu reden. Lassen Sie uns Meinungen hören und Warnungen verstehen. Lassen Sie uns Fragen stellen. Vielleicht ziehen wir am Ende doch alle an einem Strang. Sie müssen es nur wollen. Etwas in den Koalitionsvertrag zu schreiben, reicht allein nicht aus.

Noch ein Wort zum Änderungsantrag von heute. Sich sozusagen dafür zu bedanken, dass wir am Vortag der Beratungen 137 Seiten Anhörungsergebnisse kriegen - okay, das mag einer gewissen Loyalität zur Regierung geschuldet sein. Dann aber reinzuschreiben: „Beim nächsten Staatsvertrag wird alles besser, dann wollen wir mit der Parlamentsbeteiligung ernst machen“, kann man nicht ernsthaft zur Kenntnis nehmen. Wenn, dann machen wir das jetzt. Eine bessere Gelegenheit als einen Staatsvertrag, bei dem es nur zwei Partner gibt, werden wir nicht wieder bekommen. Bei 16 Partnern bin ich

(Dr. Axel Bernstein)

sehr gespannt auf die Verhandlungen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Peter Eichstädt das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Bernstein, nur damit hier etwas klar ist: Sie haben in Ihrem Antrag etwas schwer nachvollziehbar zwei Dinge miteinander vermischt, einerseits die Frage nach dem lokalen Rundfunk grundsätzlich, ob man ihn in Schleswig-Holstein zulassen soll, und andererseits die Frage nach der Beteiligung des Parlaments beim Aushandeln zukünftiger Staatsverträge. Da Sie so großen Wert darauf gelegt haben, dass die Landesregierung uns die Anhörungsergebnisse unaufgefordert zur Verfügung gestellt hat, und zwar erst gestern um 16:30 Uhr per E-Mail, will ich sagen: Herr Bernstein, manchmal hilft es, hineinzusehen, die EMails zu öffnen und zu lesen. Hätten Sie das bei der ersten E-Mail gemacht, hätten Sie festgestellt, dass die Unterlagen dem Landtag nicht gestern um 16:30 Uhr zugeleitet sind, sondern am 27. Juni 2014. Warum Sie das Parlament und die Abgeordneten nicht erreicht haben, müssen Sie mit der Vorsitzenden des zuständigen Ausschusses besprechen. Hier zu unterstellen, dass die Unterlagen erst gestern um 16:30 Uhr auf den Weg gegangen sind, wohl wissend, dass es anders ist - diese Information ist in dem ersten Schreiben in der Mail enthalten; ich kann Ihnen das gern vorlesen -, halte ich für nicht in Ordnung.

(Beifall SPD und SSW)

Lesen Sie das besser nach. Im Übrigen ist Ihre Argumentation ein weiterer Beleg dafür, dass es Ihnen eigentlich um etwas anderes geht. Darauf komme ich aber noch.

SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW haben in ihrem Koalitionsvertrag eine Weiterentwicklung der Beteiligung des Parlaments bei Staatsverträgen vereinbart. Darüber haben wir hier im Landtag auch bereits gesprochen. Völlig richtig zitieren Sie in Ihrem Antrag:

- die Küstenkoalition

„wollen eine bessere Beteiligung des Parlaments beim Aushandeln zukünftiger Staatsverträge erreichen.“

Nun finde ich allerdings, dass Sie mit dem 5. Medienänderungsstaatsvertrag - ganz anders, als Sie das hier dargestellt haben -, mit dem die Landesregierung gemeinsam mit der Hansestadt Hamburg auch in Schleswig-Holstein als letztem Bundesland lokalen Hörfunk ermöglichen wird, ein denkbar schlechtes Beispiel für die Forderung nach mehr Parlamentsinformation gefunden haben. Denn gerade bei diesem Staatsvertrag hat die Landesregierung dem Parlament nun wirklich sehr rechtzeitig Gelegenheit gegeben, sich daran zu beteiligen.

Allerdings, Herr Kollege Bernstein, muss das Parlament dann auch die Gelegenheit ergreifen und seine Wünsche und Anregungen formulieren. Das können Sie nicht auch noch von der Regierung erwarten. Da müssen Sie dann auch schon selbst einmal ran. Aber - den Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen - von Ihnen ist noch nichts gekommen, und zwar trotz mehrerer Debatten und Erörterungen hier im Landtag. Sie haben das in den Ihnen zur Verfügung stehenden 10 Minuten ja ausführlich dargelegt. Trotz der ganzen Debatten, die Sie selbst zitiert haben, ist immer noch nicht klar: Wollen Sie lokalen Hörfunk? Wollen Sie ihn nicht? Welche Änderungen streben Sie an? - Da ist einfach Sendepause bei Ihnen, und das schon seit mehr als einem Jahr.

Bereits am 20. Juni 2013 hat es einen mündlichen Bericht des Ministerpräsidenten in der Landtagssitzung gegeben. Am 22. Mai 2013 und am 5. Februar 2014 hat es einen Bericht der Staatskanzlei und des Direktors der MA HSH in der Sitzung des Innenund Rechtsausschusses gegeben. Umdrucke vom 11. November 2013, nämlich das Gutachten der MA HSH, und vom 7. Februar 2014 haben das Gesamtbild abgerundet, sodass jeder und jede hier im Haus sich ein Bild darüber machen konnte, welche Absichten die Landesregierung verfolgt. Die regierungstragenden Fraktionen haben auch überhaupt keinen Zweifel daran gelassen, dass sie vom Grundsatz her die Einführung von lokalem Rundfunk unterstützen und begrüßen.

Last, but not least - darüber haben wir eben schon gesprochen - gibt es die von der Regierung bereitgestellten Anhörungsergebnisse, 137 Seiten, seit dem 27. Juni 2014 zugeleitet. Dass das hier im Haus aus irgendwelchen Gründen nicht geklappt hat, kann passieren. Aber das der Landesregierung anzulasten, ist nicht fair. Das habe ich ausgeführt.

(Dr. Axel Bernstein)

Meine Damen und Herren, im Parlamentsinformationsgesetz heißt es:

„Will die Landesregierung einen Staatsvertrag abschließen, so unterrichtet das fachlich zuständige Ministerium den Landtag mindestens vier Wochen vor der Unterzeichnung des Staatsvertrags.“

Das ist geschehen - nicht vier Wochen, sondern viele Monate vorher. Weiter steht da:

„Erfolgt eine Stellungnahme des Landtags, so berücksichtigt die Landesregierung diese...“

Es gibt nur wenige Ausnahmen, bei denen die Landesregierung das ablehnen kann; sie muss sie berücksichtigen.

Sie haben also seit vielen Monaten die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben oder diese hier zu erwirken, die die Landesregierung nach dem Parlamentsinformationsgesetz im Verfahren berücksichtigen würde und müsste. Das haben Sie aber bis heute nicht getan. Da müssen Sie sich sagen lassen: Es reicht eben nicht, Beteiligungsinstrumente zu fordern, wie Sie das gemacht haben, sondern man muss sie dann auch noch anwenden.

(Beifall SPD und SSW)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie zum Schluss Ihrer Rede eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Bernstein?

Bitte schön.

Herr Kollege Eichstädt, da wir davon ausgehen, dass wir auf fundierten Grundlagen zu Ergebnissen kommen wollen - stimmen Sie mir zu, dass es notwendig ist, die Ergebnisse der Anhörung zu kennen, bevor man eine solche Stellungnahme verabschiedet? Es ist unerheblich, welches Datum auf dem Brief steht. Für mich als Mitglied der Opposition, der keinen vorzeitigen Zugang zu diesen Unterlagen

hatte, ist entscheidend, wann ich sie in der Hand hatte: gestern 16:30 Uhr. Wenn ich mir angucke, dass der Staatsvertrag Anfang August unterzeichnet werden soll, stelle ich fest, es besteht faktisch keine Möglichkeit mehr, in eine inhaltliche Beratung unserer Gremien einzutreten, geschweige denn, eine Stellungnahme abzugeben.

(Beifall CDU)

- Das sehe ich anders. Herr Bernstein, den Vertragsentwurf haben Sie schon ein bisschen länger. Er ist nicht erst gestern um 16:30 Uhr gekommen. Auch den Brief vom Vorsitzenden des Medienrates, Herrn Hay, den Sie vorhin der kurzfristigen Übermittlung zugeordnet haben, haben Sie schon länger. Unter dem Brief steht, dass er zeitgleich auch den Fraktionen zugeleitet worden ist. Den haben Sie auch schon eine ganze Zeit länger. Man kann natürlich auch immer auf alles warten. Manche Informationen bekommt man auf unterschiedlichen Wegen. Ich weiß auch, dass wir bei mehreren Diskussionsrunden über den lokalen Rundfunk gesprochen haben.

(Zuruf Rainer Wiegard [CDU])

Wir verstehen uns dabei häufig recht gut, solange wir nicht über Politik reden. Von daher sage ich: Ein bisschen aktive Beteiligung daran, dass man vielleicht auch einmal sagt: „Jetzt wollen wir das auf die Tagesordnung haben“, wenn Sie diesen Bedarf und weiteren Informationsbedarf haben, kann man erwarten.

Ich will gleich etwas dazu sagen, wo ich Ihre Gründe dafür vermute, dass Sie die Geschichte etwas in die Länge ziehen wollen.

(Rainer Wiegard [CDU]: Du eierst da ganz schön rum!)

Meine Fraktion - das habe ich kurz angedeutet steht dem Vorhaben der Landesregierung, dass in Schleswig-Holstein in Zukunft auch lokaler Rundfunk kommerziell und nicht kommerziell ermöglicht wird, grundsätzlich positiv gegenüber. Das ist bekannt. Wir werden es deshalb auch nicht zulassen, dass Sie jetzt vor die weiteren Verhandlungen mit der Hansestadt Hamburg einen Malefizstein setzen

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Peter Eichstädt)

- ich komme zum Schluss -, da die Gründe dafür nur allzu leicht zu durchschauen sind. Eine weitere Verzögerung des Verfahrens würde die Vertragsverhandlungen direkt in die Bürgerschaftswahl Hamburgs hineinführen und die Verhandlungen erschweren. Das wollen wir nicht.

Herr Präsident, ich kürze meine Rede ein bisschen ab: Eine Verbesserung des Verfahrens der Beteiligung des Parlaments an Staatsverträgen haben wir nicht nur in unseren Koalitionsvertrag geschrieben, sondern wir wollen diese tatsächlich und streben sie an. Daher haben wir diesen Änderungsantrag formuliert. Nach meiner Rede wird es Sie nicht überraschen, dass wir diesem Änderungsantrag zustimmen.

Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt definitiv zum Schluss kommen.

Herr Präsident, in großer Demut bringe ich diesen Satz noch zu Ende: Ihren ursprünglichen Antrag werden wir ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)