Protokoll der Sitzung vom 10.07.2014

Es gibt vieles, was einer besseren handwerklichen Leistung der Landesregierung bedurft hätte. Dazu gehören nach wie vor die fehlenden Grundlagendaten. Die letzten Vorlagen aus dem Bildungsministerium waren kryptisch und fehlerhaft. Darüber hätte man in der Hektik der Zeit hinwegsehen können, wenn die Vorlagen inhaltsschwer gewesen wären. Uns haben unzählige Umdrucke, nachgereichte Unterlagen oder Briefe aus dem Haus Wende erreicht, die an keiner Stelle Klarheit erbringen konn

ten und die keine einzige substanzielle Frage beantwortet hätten. In der letzten Sitzung des Finanzausschusses hat die Wissenschaftsministerin lediglich deutlich machen können, dass sie zum Beispiel gar nicht weiß, was eine Wirtschaftlichkeitsanalyse ist.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt CDU)

In diesem Zusammenhang habe ich mich sehr über die Einlassung von Herrn Dr. Stegner gefreut, der im Rahmen der gestrigen Aktuellen Stunde etwa um 10:20 Uhr darauf hinwies, dass es originäre Pflichtaufgabe der Regierung sei, zu Herausforderungen oder Problemlagen unterschiedliche Alternativen zu prüfen. Es passiert nicht oft, aber an dieser Stelle sind wir uns hundertprozentig einig. Auf die Frage, ob es Alternativen zum vorgelegten Gesetzentwurf gebe, sagte die Wissenschaftsministerin in der letzten Sitzung des Finanzausschusses jedoch schlicht, dass Alternativen nicht geprüft und dargestellt wurden. Die Begründung dafür laute, dass sie diese politisch ablehne. - Frau Ministerin, mit dieser Basta-Politik gewinnt man die Zweifler nicht, sondern man bestärkt sie in ihren Zweifeln.

(Beifall PIRATEN und CDU)

Ein Gesetzentwurf, der mangels Wirtschaftlichkeitsanalyse und Bedarfsermittlung gegen die Landeshaushaltsordnung verstößt, ist für uns formal nicht zustimmungswürdig. Ein Gesetzentwurf, der inhaltlich nicht einen einzigen uneingeschränkten Befürworter findet, ist substanziell nicht zustimmungswürdig. Ein Gesetzentwurf, der mehr spaltet und entzweit, als dass er an dieser Stelle ein gemeinsames Ziel definiert, ist gesellschaftlich nicht zustimmungswürdig. Ein Gesetzentwurf, der offensichtlich keinen erkennbaren Mehrwert für beide lehrerbildenden Universitäten erbringt, ist hochschulpolitisch nicht zustimmungswürdig.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt CDU)

Ja, ganz viele Menschen unterstützen das Ziel von mehr Praxisanteilen. Leider ist das Praxissemester nicht überzeugend gemacht. Immer noch unbeantwortet ist die Frage, wo die angehenden Lehrer ihr Praxissemester absolvieren sollen, wenn doch die wenigsten Gemeinschaftsschulen eine Oberstufe vorhalten.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!)

Wir PIRATEN bezweifeln auch, dass die Entlastungsstunden von 0,5 Stunden pro Studierendem ausreichen, um eine so gute Betreuung zu gewähr

leisten, wie wir sie brauchen. Wir haben hier immer noch erhebliche Zweifel.

Es darf angemerkt werden, dass die Ministerin in der letzten Sitzung des Finanzausschusses erstmalig und offen zugegeben hat, dass sie über die Lehrerbildung Strukturpolitik machen will. Den Standort Flensburg stärken, das kann man machen.

Herr Abgeordneter!

Nein, ich lasse keine Zwischenfrage mehr zu. Ich glaube, davon hatten wir schon genug. - Frau Professor Wende, als wir Ihnen dies in der ersten Debatte vorgeworfen haben, haben Sie das weit von sich gewiesen und gesagt, es sei immer nur um Inhalte gegangen. Inzwischen haben Sie zugegeben, dass es eben nicht nur um Inhalte, sondern vorrangig um Strukturpolitik ging. Immerhin wissen wir jetzt von Ihnen persönlich, woran wir sind.

Die Anhörung hat deutlich gemacht, dass die allermeisten Experten weitere Beratungszeit wünschen. Man hat die Baustellen ganz klar definiert. Der Landesrechnungshof hat zum Beispiel klar umrissen, welche Anforderungen erfüllt sein müssen, um der Landeshaushaltsordnung zu genügen, um wenigstens die Finanzpolitiker zu überzeugen. Im Rahmen der Anhörung hat man uns erneut darauf aufmerksam gemacht, dass eine Lehrerbedarfsprognose angesichts sinkender Schülerzahlen nötig sei, um die zukünftigen Strukturen zu rechtfertigen.

(Beifall PIRATEN)

Wir fordern diese Berechnung erneut von der Landesregierung ein. Im letzten Jahr hatte sie davon noch keine Ahnung. Wir gehen davon aus, dass die Ministerin das Jahr gut genutzt und sich schlaugemacht hat. Im Ausschuss hieß es, man verfüge über die Daten. Unseren Berichtsantrag haben wir aber auf Wunsch der SPD auf den Oktober verschoben. Wir sind hier entgegengekommen, wundern uns aber schon darüber, dass man vorhandene Daten nicht in der Sommerpause zusammenschreiben kann, wenn doch alles so seriös unterlegt ist.

(Beifall PIRATEN)

Sei es drum, eine Stimme entscheidet heute erneut genau wie beim Schulgesetz - über Wohl und Wehe. Ich verhehle nicht, dass viele PIRATEN ausdrücklich zur Gemeinschaftsschule stehen und die Gleichwertigkeit von Gymnasien und Gesamt

schulen sehen. Ich gehöre dazu. Allerdings gelingt der Anspruch, mit diesem Gesetz die tatsächliche Schullandschaft abzubilden, nicht. Es werden junge Menschen zur Berufsschulreife oder zu einem mittleren Bildungsabschluss geführt. Wir wünschen uns mit ihnen, dass unsere zukünftigen Lehrer pädagogisch hervorragend ausgebildet werden und dass die pädagogischen und die diagnostischen Fähigkeiten gezielt gefördert werden.

In manchen Fragen liegen wir nicht weit auseinander. Allerdings wollen wir keine inhaltliche Entscheidung ohne die gebotene Sorgfalt. Experten aus dem Lehrerbildungszentrum der CAU können einen Mehrwert dieses Gesetzes nicht erkennen. Sie fordern an dieser Stelle mehr, aber die Regierung verweigert dies. Konkretheit, Frau Ministerin, liegt Ihnen nicht. Das kann man so halten, aber dann darf man sich nicht darüber wundern, wenn einem viele nicht mehr folgen mögen.

Die Koalition hat versucht, aus dem grottenschlechten Gesetzentwurf das Beste zu machen: Sie hofft, sie nimmt an und glaubt. - Das reicht mir nicht.

(Beifall PIRATEN)

Darum kann ich die Hand dafür heute nicht heben. Im Gegenteil: Ich distanziere mich soweit es geht von diesem Gesetzentwurf, der für mich nach wie vor nicht seriös ist.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Sie, Frau Wende, haben in diesem miserablen Verfahren viel Vertrauen verspielt. Sie haben gute Verbindungen belastet, und vor allem - das ist besonders fatal - haben Sie der Universität Flensburg mehr geschadet als irgendein Wissenschaftsminister vor Ihnen.

Sie haben im Ausschuss zum TOP Akteneinsicht gesagt, dass Sie zu Ihrem Amtsantritt prüfen wollten, ob man aus Flensburg eine Pädagogische Hochschule machen kann. Das ist fatal, weil die heutige Universität seit 1946 besteht. Sie wurde dann zu einer erziehungswissenschaftlichen Universität weiterentwickelt und ist heute eine anerkannte Universität, deren Ansehen auch über unsere Landesgrenze hinaus Schaden genommen hat.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung?

(Torge Schmidt)

Darf ich meinen Satz vielleicht erst noch zu Ende führen? Dann bin ich nämlich auch fast durch mit meiner Rede.

Sie haben ihr Schaden zugefügt, weil Sie der Universität nicht zu qualitativem Ansehen verhelfen, sondern die Universität zum strukturpolitischen Prüfstein Ihrer Regierung machen. Dafür „danke“ ich Ihnen.

Herr Kollege, gestatten Sie nun eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Andresen?

Ich bin zwar durch, aber gern.

Vielen Dank. Ich habe auch mehr oder weniger nur eine Abschlussbemerkung. Da Sie sich gerade maximal von dem Gesetzentwurf und der Arbeit der Koalition in dem Punkt distanziert haben, möchte ich Ihnen zum Abstimmungsverhalten Ihrer Fraktion eine Frage stellen, weil Sie - anders als Ihre Kollegen im Bildungsausschuss in der letzten Woche - im Finanzausschuss den Gesetzentwurf nicht abgelehnt haben, sondern sich sogar mit einer persönlichen Erklärung der Stimme enthalten haben. Verstehe ich das jetzt so, dass Sie Ihr Abstimmungsverhalten nun verändern, weil Sie sich das noch einmal anders überlegt haben? Das wäre ja Ihr gutes Recht. Aber nichtsdestotrotz fände ich es transparenter, wenn wir auch hier das Abstimmungsverhalten vonseiten der PIRATEN von Ihnen noch einmal erklärt bekommen würden.

- Ich glaube, es ist gar nicht so schlecht, dass ich die Chance dazu bekomme, Herr Kollege Andresen, zumal Sie anscheinend nicht besonders gut darin sind, genau zuzuhören.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Herr Kollege Andresen, ich hatte im Finanzausschuss ausgeführt, dass wir aufgrund der beiden neuen Leitanträge in der Fraktion noch weiteren Beratungsbedarf hatten und die grundsätzliche Diskussion über diesen Gesetzentwurf noch einmal neu aufrollen wollten. Deshalb wollte ich mich im Finanzausschuss noch nicht für meine Fraktion festlegen. Das habe ich also nicht getan; deswegen habe

ich mich nämlich der Stimme enthalten. Ich verstehe insofern gar nicht, wo Ihr Problem nun ist.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Martin Habersaat.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, mir stehen 10 Minuten zur Verfügung und nicht nur 5.

Ja, es sind 10 Minuten. Wir üben noch.

Planwidrig muss ich meine Ausführungen mit einigen Bemerkungen zum Bildungsstaatssekretär Dirk Loßack beginnen. Dirk Loßack ist seit einigen Monaten Vorsitzender der KMK-Sportkommission. Wie wir im Rahmen der Akteneinsicht herausgefunden haben, gibt es von Dirk Loßack seit ungefähr Anfang 2012 eine Skizze darüber, nach welchem Zeitplan die Beratungen zum Lehrerbildungsgesetz verlaufen könnten. Was hat dieser Mann für einen Sport- und Fußballsachverstand, dass er bereits Anfang 2012 wusste, dass wir so glorreich ins Finale einziehen würden! Herr Loßack, chapeau!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

„Freude am Lernen wecken, um Leistungsbereitschaft zu erzeugen.“ Das war das Motto der langjährigen Leiterin einer Grundschule in meinem Wahlkreis. Sie wurde im letzten Jahr nach 22 Jahren als Schulleiterin verabschiedet. Mit dabei war als Überraschungsgast auch ein Schüler aus ihrer ersten Klasse, die sie im Jahre 1979 übernommen hatte.

„Wichtig ist, dass sich die Kinder ihrer Stärken bewusst werden. Dann können sie auch ihre Schwächen akzeptieren und an ihnen arbeiten.“ Von diesem Leitbild berichtete uns bei einem Schulbesuch die Schulleiterin der Anne-Frank-Schule in Bargteheide. - Ich weise darauf hin, dass die Uhr jetzt gar nicht läuft. Das irritiert mich wiederum auch.

(Heiterkeit)

- Vielen Dank.

Die Anne-Frank-Schule in Bargteheide ist eine Gemeinschaftsschule mit Oberstufe, die im letzten Jahr den Deutschen Schulpreis gewonnen hat. Diese Gemeinschaftsschule zählt zu ihren besonderen Stärken auch die Förderung besonders begabter Kinder.

Zu den Preisträgern 2014 des Deutschen Schulpreises gehörte das RBZ Wirtschaft in Kiel. In der Laudatio wurde besonders die „Kultur des wechselseitigen Vertrauens“ gelobt, die es erlaube, die Talente der Schülerinnen und Schüler zu entdecken und zu entfalten.

Vor einigen Wochen schließlich habe ich die Sachsenwaldschule in Reinbek besucht. Das ist das Gymnasium, an dem ich mein Referendariat absolviert habe. Derzeit laufen dort die Vorbereitungen zur Feier des 90-jährigen Bestehens dieser Schule mit Lehrern, Schülern und Ehemaligen. Mit der Schulleitungsrunde und dem Personalrat ging es einen ganzen Vormittag lang um verschiedene Themenfelder der Bildungspolitik. Ich räume ein: In der einen oder anderen Sachfrage gab es unterschiedliche Meinungen. Aber immer war klar: Es geht uns allen um die bestmögliche Entwicklung unserer Kinder.