Meine Damen und Herren! Ich eröffne die außerordentliche 24. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt ist Herr Abgeordneter Hauke Göttsch von der CDU-Fraktion. - Wir wünschen ihm von dieser Stelle aus gute Genesung!
Ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Wir werden heute bis circa 12 Uhr tagen, eine Mittagspause ist nicht vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, wir werden so verfahren.
Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne Gäste der MedEcole mit angehenden Rettungssanitätern aus Norderstedt sowie Gäste der Fraktionen, Angehörige der Staatskanzlei und der Ministerien, Vertreter von Verbänden sowie Bürgerinnen und Bürger. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Missbilligung des Verhaltens des Ministerpräsidenten und Aufforderung zur Entlassung von Ministerin Wende
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat der Oppositionsführer, Herr Abgeordneter Johannes Callsen, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schleswig-Holstein hat in der vergangenen Woche den größten Einsatz einer Staatsanwaltschaft im Regierungsviertel in Schleswig-Holstein erlebt. Al
Es geht um Bestechung, es geht um Bestechlichkeit, und es geht um Betrug. Im Zentrum der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft steht eine handlungsunfähige Bildungsministerin.
Statt für das Wohl des Landes zu handeln, reden der Ministerpräsident und die Koalitionsfraktionen die Vorwürfe klein und beschimpfen die Opposition. Kaum hatten wir am vergangenen Dienstag unseren Antrag vorgestellt, kam das, was wir auf unsere Initiativen immer hören: Der Antrag entbehre jeder Grundlage. Herr Stegner setzte dem Ganzen noch einen drauf. Er twitterte: Perfider ginge es nun wirklich nicht, die Opposition werfe einmal wieder mit Schmutz.
Ich will gern darauf hinweisen: Grundlage unseres Antrags sind offizielle Zitate des Ministerpräsidenten. Herr Dr. Stegner, auch ich finde diese Aussagen Ihres Ministerpräsidenten, mit denen wir Sie per Antrag - wie Sie sagen - „beworfen haben“, ungeheuerlich. Genau deshalb muss der Landtag sich damit befassen.
Für ihre Reputation als Bildungsministerin trägt einzig und allein Frau Wende durch ihr persönliches Verhalten die Verantwortung. Noch einmal: Mehr als üble Beschimpfungen derjenigen, die zur eigentlichen Aufklärung der Vorwürfe beigetragen haben, haben Sie nicht zu bieten.
Der Ministerpräsident wirft den Oppositionsfraktionen eine Schmutzkampagne vor. Die Kritik sei nicht mehr als Geschrei und Gekläff. Als oberster Dienstherr greift er sogar dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft vor: Die Staatsanwaltschaft könne nur zu einem einzigen Ergebnis kommen, nämlich der Einstellung des Verfahrens.
Wer die Presse richtig liest, der sieht: Selbst Bundesrichter außer Dienst sind irritiert und entsetzt über diese - wie sie sagen - Intervention des obersten Dienstherren in die Staatsanwaltschaft. Ich finde das bemerkenswert. Auch darüber reden wir heute.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bildungsministerin erdreistet sich sogar, der Staatsanwaltschaft auf ihrem offiziellen Briefbogen die nötige
Kompetenz abzusprechen, überhaupt einen Anfangsverdacht gegen sie zu formulieren. Ich hoffe wirklich, Sie haben in der heutigen Debatte mehr zu bieten als in den letzten Tagen, denn tatsächlich geht es um vier ganz zentrale Fragen, deren Antwort Sie bisher beharrlich verweigern:
Erstens. Darf eine offensichtlich handlungsunfähige Bildungsministerin im Amt bleiben? Zweitens. Dürfen Minister, darf ein Ministerpräsident, quasi regierungsamtlich feststellen, dass eine Staatsanwaltschaft zu Unrecht ermittelt? Drittens. Darf ein Ministerpräsident, darf eine Ministerin, in Kenntnis der Aktenlage die Unwahrheit sagen und damit - es tut mir leid, dass ich diesen Ausdruck verwenden muss - lügen? Viertens. Darf ein Ministerpräsident die Opposition und Menschen, Demonstranten, die von ihrem Grundrecht Gebrauch machen, erniedrigen und verunglimpfen? - Um diese Fragen geht es in dieser Debatte, und zu diesen Fragen müssen die Regierungsfraktionen heute endlich Stellung beziehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erleben seit Monaten eine Bildungsministerin, die jeder öffentlichen Sachdebatte über ihre Politik ausweicht, die nicht mit Demonstranten redet und mit der mehrere wichtige Vertreter aus Bildung und Wissenschaft gar nicht mehr bereit sind zu verhandeln, weil sie sich nicht an Verhandlungsergebnisse hält. Frau Wende hat als Bildungsministerin in diesem Land jedes Vertrauen verloren; bei den Hochschulen im Land, bei den Schülerverbänden, bei den Elternverbänden und bei den Lehrergewerkschaften. Sie alle haben dieser Bildungsministerin den Rücken zugekehrt.
Nun laufen gegen diese schon nach außen handlungsunfähige Ministerin auch noch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen Bestechung, Bestechlichkeit und Betrug. Ich sage: Eine Ministerin, gegen die die Staatsanwaltschaft wegen derart schwerwiegender Vorwürfe ermittelt, kann ihre Amtsgeschäfte gar nicht mehr ausüben. Daran kann es doch wirklich nicht den geringsten Zweifel geben.
Es ist für mich völlig unvorstellbar, dass die Bildungsministerin morgens Schulen besucht und mit Lehrern und Schülern über Bildungsziele und Bildungsinhalte wie Lesen, Schreiben und Rechnen redet, auch über Begriffe wie Ehrlichkeit und Auf
richtigkeit in den Schulen spricht und nachmittags selbst auf der Anklagebank Platz nehmen muss. Das ist ein unvorstellbares Bild, das ich da vor Augen habe.
- Herr Habersaat, Entschuldigung, das ist genau das, was der Ministerpräsident sagt, wenn die Ministerin bis zu einem Urteil im Amt bleiben darf. Genau das ist die Konsequenz.
Statt Schleswig-Holstein ein solches Trauerspiel zu ersparen, stärkt der Ministerpräsident Frau Wende öffentlich den Rücken. Selbst im Falle eines Gerichtsverfahrens darf sie im Amt bleiben. Jeder normale Beamte in diesem Land würde auch zu seinem eigenen Schutz von seinen Dienstpflichten entbunden. Herr Albig, was haben Sie eigentlich für Maßstäbe an die politische Kultur in diesem Land?
Wie lange soll das so gehen, bis zum Urteil, bis zur Berufung, bis zum Bundesverfassungsgericht? Das ist eine spannende Frage.
Noch einmal zur Erinnerung: In Kenntnis der Aktenlage hat unser Kieler Sonnenkönig hier im Landtag erklärt und später im Bildungsausschuss behauptet, Frau Wende habe ja an dem entsprechenden Beschluss des Präsidiums der Uni Flensburg nicht mitgewirkt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Anfangsverdachts des Betrugs, weil eben Frau Wende gegenüber dem Präsidium unzutreffende Angaben über eine angebliche positiv ausgefallene Rechtmäßigkeitsprüfung gemacht haben soll, um - ich zitiere:
Eines belegen die Akten und der E-Mail-Verkehr von Frau Wende doch ganz eindeutig. Es geht nicht mehr darum, ob, sondern es geht darum, wie - und zwar nur noch darum, wie - Frau Wende an diesem Beschluss mitgewirkt hat. Damit ist doch völlig klar, dass der Ministerpräsident, der ja die Akten zum Zeitpunkt seiner Aussage kannte, die Unwahr