Im Übrigens dürfen wir im Rahmen der von uns geführten Diskussion am Ende natürlich auch nicht vergessen, dass wir auch unsere Kommunen in die Lage versetzen müssen, entsprechend handeln zu können und die Probleme vor Ort lösen zu können.
Es muss aber auch sehr deutlich werden - das hat der Kollege Stegner eben angesprochen, und das teilen wir -: Die oberste Priorität muss nach wie vor die Stabilisierung der Lage im Irak haben. Insoweit gibt es durchaus aktuell erste Schritte, die Hoffnung machen. Wir werden abwarten müssen, wie sich die Situation dort weiterentwickeln wird.
Weiterhin müssen selbstverständlich humanitäre Hilfen vor Ort sichergestellt werden. Diese Maßnahmen erreichen nämlich kurzfristig erheblich mehr Menschen, als das jedes Aufnahmeprogramm im Moment könnte.
Darüber hinaus dürfen wir nicht vergessen, dass mit den Aufnahmekontingenten natürlich auch das Asylrecht ein Schutzmechanismus ist, der genutzt werden wird. Hinter jedem Flüchtling, der hierher kommt, hinter jedem Asylsuchenden steht ein schweres Schicksal. Die Aufnahme von Flüchtlingen und die Gewährung von Asyl funktionieren nicht ohne geordnetes Verfahren. Es muss in jedem Einzelfall eine Prüfung vorgenommen werden. Diese Prüfungsverfahren müssen zügig durchgeführt und beschleunigt werden. Das Bundesamt für Migration wird hierfür 300 zusätzliche Stellen schaffen. Dies wird auch dringend notwendig sein.
Wenn wir diese Diskussion führen - ich will das Thema an dieser Stelle wirklich nur streifen -, müssen wir auch darüber reden, wie wir mit Flüchtlingen aus Ländern umgehen wollen, die nicht dieser Gefährdung unterliegen. Ich spiele hierbei auf die Diskussion an, die im Bundestag geführt worden ist und die in der nächsten Woche auch im Bundesrat
anstehen wird, nämlich die Diskussion über die Entscheidung, Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Dies wird im Bundesrat von den Grünen blockiert, und auch hier habe ich Stimmen vernommen, dass sich Schleswig-Holstein gegen eine solche Regelung stemmen könnte.
Bevor Sie applaudieren, lassen Sie mich Folgendes sagen: Diese Blockade geht im akuten Fall zulasten der Menschen, die aus Bürgerkriegsländern zu uns kommen. Wer eine verantwortungsvolle Flüchtlingspolitik machen will, der darf auch diese Realitäten nicht ausblenden.
Wir fordern deshalb gemeinsame Lösungsansätze von Bund und Ländern, die auch die Kommunen einbeziehen. Am Ende eines solchen Prozesses kann unserer Ansicht nach durchaus auch ein Aufnahmekontingent stehen. Aber, wie gesagt, wir sollten die Verantwortung dafür nicht einfach nur auf den Bund schieben.
Lassen Sie mich noch etwas zu den Waffenlieferungen sagen. Auf Bundesebene ist darüber viel diskutiert worden. Ich will das auch nicht alles wiederholen, möchte aber sagen: Wir sehen das komplett anders, und das ist nicht wirklich überraschend. Ich glaube, niemand hat sich diese Entscheidung leicht gemacht. Niemand ist begeistert darüber, Waffen in den Irak und an die Kurden zu liefern. Wir alle kennen die Problematik aus den letzten Jahrzehnten. Aber ich glaube, es ist viel zu einfach und viel zu banal, wenn wir nun sagen: Wir machen die humanitäre Hilfe, und die USA liefern die Waffen. So einfach ist Politik nicht.
Das ist für die jeweiligen Politiker und für Sie persönlich sehr, sehr schwierig. Ich weise aber darauf hin -
Ich bin bei meinem letzten Satz. - Während wir diskutieren und uns darüber unterhalten, wer zuständig ist, sterben täglich Menschen. Deshalb sind wir gezwungen, auch einmal für uns persönlich sehr unangenehme Entscheidungen zu treffen.
(Astrid Damerow [CDU] verlässt das Red- nerpult - Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich hatte mich zu einer Zwischenfrage gemeldet!)
- Bei aller Liebe, aber es war nicht möglich, diese Zwischenfrage zu stellen. Ich glaube aber, Sie werden es anders hinkriegen, noch das zu sagen, was Sie haben sagen wollen. Es gibt ja auch die Möglichkeit von Dreiminutenbeiträgen.
Jetzt hat zunächst für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN die Frau Abgeordnete Eka von Kalben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ehe mir nachher am Ende meiner Rede die Zeit dazu fehlen könnte, möchte ich eine Klarstellung bezogen auf das Thema sichere Herkunftsstaaten machen, das eben so nebenbei hier eingeflossen ist.
Wir als Koalition wollen nicht, dass Flüchtlinge aus dem einen oder aus dem anderen Land als schlimmer betroffene Flüchtlinge und weniger schlimm betroffene Flüchtlinge gegeneinander aufgerechnet werden. Für uns haben auch die Menschen vom Balkan das Recht, hier Asyl zu beantragen. Deswegen haben wir in der Koalition verabredet, dass wir den dazu unternommenen Vorstoß der Bundesregierung ablehnen werden.
Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit. Die Entwicklung im Irak macht möglicherweise sprachlos, aber sie darf uns nicht handlungsunfähig machen. Dementsprechend haben wir die Initiative übernommen und fordern von der Bundesregierung, umgehend die humanitäre Aufnahme von irakischen Flüchtlingen zu beschließen, und zwar nicht nur für die, die es zu uns schaffen. Wir freuen uns sehr, dass unser Innenminister, Andreas Breitner, immer wieder öffentlich für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge eintritt und dies auch für irakische Flüchtlinge zuletzt auf der Innenministerkonferenz Ende August getan hat.
Ich will nicht verhehlen: Ein solcher Beschluss, nachdem wir gerade beschrieben haben, in welcher Not die Erstaufnahme in Neumünster ist und welche Kraftanstrengungen die Kommunen vornehmen, scheint absurd. Nicht nur die Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten befürchten, dass die Aufnahmekapazitäten für ein friedliches Miteinander ausgereizt sind. Ich gebe zu, gerade wir Grüne neigen dann dazu, mit dem moralischen Zeigefinger zu wedeln und zu sagen: „Stellt euch nicht so an! Habt ihr etwa kein Herz? Wer Waffen schickt, der muss auch Flüchtlinge aufnehmen.“
So einfach ist es aber nicht. Ich will, dass sich die Menschen, die hierher kommen, hier auch wohlfühlen. Dazu gehört, dass sie von der Gesamtbevölkerung oder mindestens von der großen Mehrheit aufgenommen werden. Das ist zurzeit so. Überall in kleinen Gemeinden und in großen Städten bilden sich Gruppen, die bei der Aufnahme der Flüchtlinge helfen wollen. Das gilt es zu stärken und zu stützen, damit es so bleibt und die Ängste der Menschen nicht überhand nehmen und in Fremdenfeindlichkeit umschlagen.
- Jetzt kriege ich auch noch Applaus. Ich lobe Herrn Kubicki ungern. Aber ich muss sagen, vor allem auch vor dem Hintergrund dessen, was Sie gestern im Rahmen der Debatte zum Antisemitismus gesagt haben: Wir dürfen die Augen nicht verschließen vor diesen Richtungen. Es nützt nichts, zu sagen, das seien alles Rechtspopulisten, die wir alle in einen Sack stecken können, sondern wir müssen die diesbezüglichen Ängste ernsthaft im Auge behalten, ohne sie selber zu übernehmen und ohne sie selber in unseren Sprachgebrauch zu integrieren.
tigen. Wir fordern auch den Einsatz der Bundesregierung. Der Einsatz für die Menschen im Irak darf sich nicht auf militärische und sicherheitstechnische Unterstützung beschränken. Es braucht hierzu eine umfassende humanitäre Strategie. Wenn Geld für militärische Unterstützung vorhanden sein soll, dann muss auch Geld für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen bereitgestellt werden.
Ich kann die vermeintliche Alternativlosigkeit dieser Handlung - trotz der dort stattfindenden Gräueltaten - nicht nachvollziehen. Und ja, es ist manchmal schrecklich, zuzuschauen. Aber ein Einsatz ohne UN-Mandat ist für uns nicht etwas, was wir unterstützen wollen.
Diese Haltung ist bei den Grünen wie bei so vielen in Deutschland umstritten, und es gibt in dieser Frage wohl Überzeugungen, aber kein klares „Richtig“ oder „Falsch“.
Klar ist: Wir wissen nicht, ob wir den Menschen vor Ort mit den Waffenlieferungen helfen werden oder den Konflikt perspektivisch sogar anheizen. Wir wissen hoffentlich, dass die Menschen bei uns vor dem Krieg sicherer sein werden, und deshalb bitte ich sie herzlich um Unterstützung unseres Antrags.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam Schülerinnen und Schüler der KlausGroth-Schule aus Neumünster auf der Tribüne zu begrüßen. - Seid uns herzlich willkommen hier im Kieler Landtag!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es gleich zu sagen: Die FDP-Fraktion stimmt dem Antrag der regierungstragenden Fraktionen zu, und zwar mit der Ergänzung aus dem Änderungsantrag der Piratenfraktion, dass Waffenlieferungen in Krisengebiete abgelehnt werden.
Zu diesem Thema hat der Kollege Dr. Stegner meines Erachtens bereits viel Richtiges gesagt. Ich möchte hinzufügen, dass ich es für nachvollziehbar halte, dass in dieser wirklich sehr schwierigen Abwägungsfrage manche auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Zur Begründung unserer ablehnenden Haltung, was solche Waffenlieferungen angeht, möchte ich auf Folgendes hinweisen und Sie bitten, diesen Gedankengang einmal mit mir nachzuvollziehen.
Wir schreiben heute den 11. September 2014. Jeder weiß, was vor genau 13 Jahren passiert ist. Man muss sich doch fragen, ob es dazu und auch zu all dem, was dann folgte, gekommen wäre, wenn ein Osama bin Laden in den 80er-Jahren nicht von der CIA in Afghanistan im Kampf gegen die Sowjetunion, gegen das „Reich des Bösen“, mit Waffen hochgepäppelt worden wäre.